TE OGH 1981/10/22 12Os119/81

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Veröffentlicht am 22.10.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Oktober 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Oberhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Erika A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 3. März 1981, GZ 22 Vr 1811/79-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Zach und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Diebstahl sei unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen, der ihn hilflos machte, begangen worden, weiters in der rechtlichen Unterstellung der der Angeklagten zu Punkt I. des Urteilssatzes angelasteten Diebstahlstat (auch) unter die Bestimmung des § 128 Abs 1 Z 1 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Erika A wird hinsichtlich der verbleibenden Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB nach §§ 28, 147 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 8. September 1938 geborene Prostituierte Erika A I./ des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 1 StGB und II./ des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Während die Angeklagte den unter Punkt II des Urteilssatzes erfolgten Schuldspruch wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (betrügerische Herauslockung von Fernseh- und Haushaltsgeräten in 4 Fakten im Jahr 1977 mit einem Schadensbetrag von 49.679,-- S) unangefochten ließ, bekämpft sie mit einer ziffernmäßig ausschließlich auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 (der Sache nach auch auf jenen der Z 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich den Punkt I./ dieses Schuldspruches, mit dem ihr zur Last gelegt wurde, am 31. Mai 1979 in Linz in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Beteiligten Ingeborg B und Erna C fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Herrenarmbanduhr 'Oriosa Digital' im Wert von 1.400 S sowie rund 3.000 S Bargeld, drei Bücher im Gesamtwert von 480 S und ein 2,5 m langes Elektro-Spiralkabel im Wert von 181 S dem Friedrich D unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen, der ihn hilflos machte, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich die Beschwerdeführerin zunächst dagegen wendet, daß der Wert des oben erwähnten Elektrokabels den mehrfachen Wertangaben des Geschädigten (vgl S 95, 128) zuwider mit 181 S anstatt mit 101 S angenommen wurde, gehen ihre bezüglichen Ausführungen allerdings schon deshalb ins Leere, weil ihr die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 4

StGB ohnedies nicht angelastet wurde, weswegen die - möglicherweise nur infolge eines Schreibfehlers unrichtig zitierte - Bewertung des Kabels keine entscheidende Tatsache betrifft.

Aus demselben Grund kommt auch der genauen, vom Erstgericht zugunsten der Angeklagten ohnedies nur mit 'rund 3.000 S' angenommenen (vgl S 333) Höhe des gestohlenen Bargeldbetrages keine (entscheidende) Bedeutung zu. Daß aber dem Zeugen Friedrich D in etwa eine solche Summe weggenommen worden war, wurde vom Erstgericht mit dem Hinweis auf dessen zeugenschaftlichen Angaben (vgl S 305) durchaus ausreichend und mängelfrei begründet, wogegen es sich bei den in der Nichtigkeitsbeschwerde angestellten Erwägungen darüber, wie das Geld anderweitig ausgegeben worden sein könnte, um unbeachtliche Spekulationen handelt.

Den Beschwerdebehauptungen zuwider ist das Erstgericht aber auch keineswegs eine Begründung dafür schuldig geblieben, daß die Angeklagte dem Friedrich D (unter anderem) dessen Herrenarmbanduhr gestohlen hat.

Denn die im angefochtenen Urteil bezogenen Angaben des Bestohlenen vor der Polizei - bei der Zitierung des Datums der Vernehmung, die nicht am 14. September 1980, sondern am 14. September 1979 stattfand (vgl S 203), handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler - und in der Hauptverhandlung (vgl insbes S 306), vermögen diese Feststellungen in jeder Beziehung zu tragen, zumal die Uhr bei einem Bekannten der Angeklagten sichergestellt werden konnte (vgl S 199- 201) und im Urteil auch ausführlich erörtert wird, warum die wechselhafte (vgl S 202, 204, 215, 299 ff) Verantwortung der Beschwerdeführerin, soweit sie einen Diebstahl leugnete, keinen Glauben verdient. Da sich das erkennende Gericht demnach, ohne auf alle Details eingehen zu müssen - insbes ist die in der Beschwerde betonte Frage, ob die Uhr vom Handgelenk oder aus der Tasche gestohlen wurde, nicht entscheidungswesentlich, sodaß sie keiner besonderen Erörterung bedurfte - ohnedies mit den wesentlichen bezughabenden Verfahrensergebnissen auseinandergesetzt und dem Gesetz entsprechend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) in 'gedrängter Darstellung' angegeben hat, welche (entscheidenden) Tatsachen aus welchen (denkrichtigen) Gründen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen worden sind, erschöpft sich das bezügliche Beschwerdevorbringen, mit dem lediglich der Versuch unternommen wird, die Beweismittel anders (nämlich für die Beschwerdeführerin günstiger) zu deuten, als dies das Erstgericht getan hat, in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der freien erstgerichtlichen Beweiswürdigung. Dies gilt auch für jene Beschwerdeeinwände, mit denen Begründungsmängel hinsichtlich der Annahme geltend gemacht werden, daß die Angeklagten (auch) insgesamt drei Bücher und ein Elektrokabel gestohlen und sämtliche Diebstähle in Gesellschaft der abgesonderten Beteiligten Ingeborg B und Erna C verübt hat. Denn dem angefochtenen Urteil ist sowohl schlüssig zu entnehmen, warum das (auch in dieser Beziehung durch die Verfahrensergebnisse gedeckte) Erstgericht zu der Überzeugung gelangt ist, daß die genannten Personen bei dem am 31. Mai 1979

verübten Diebstahl (soweit auf S 332 vom Abend des 31. Mai 1981 die Rede ist, handelt es sich abermals ersichtlich um einen Schreibfehler) als Gesellschaftstäter zusammengewirkt hatten, als auch, warum es der Beschwerdeführerin (unter anderem) den (Gesellschafts-)Diebstahl von drei Büchern und einem Elektrokabel angelastet hat. Wie sich aus den - dem Erstgericht als Feststellungsgrundlage dienenden - Angaben des Friedrich D (vgl insbes S 128-130, 304 ff) ergibt, wurden diesem nämlich die bereits erwähnte Uhr, das Bargeld, insgesamt drei Bücher - von denen später eines bei der Angeklagten sichergestellt werden konnte (vgl S 134) - und ein Elektro-Spiralkabel - das später bei Erna C (nunmehr E) gefunden wurde (S 50) - bei derselben Gelegenheit gestohlen, sodaß weder der Frage, wo die beiden restlichen - nach den Urteilsannahmen jedenfalls uno actu entfremdeten - Bücher hingekommen sind, noch dem beim Gesellschaftsdiebstahl nachrangigen Umstand, wer von den mehreren bei der Tatausführung zusammenwirkenden und daher für alle Ausführungshandlungen wechselweise haftenden Beteiligten die einzelne Sachentziehung (etwa in bezug auf das Elektrokabel) gesetzt hat, entscheidende Bedeutung zukommt.

Da es schließlich auch keine entscheidende (einer besonderen Erörterung bedürftige) Tatsache betrifft, ob Friedrich D schon mehrmals in einschlägigen Lokalen gesehen wurde, ist die Mängelrüge nach keiner Richtung hin zielführend.

Soweit sich die Beschwerdeführerin - damit der Sache nach auch den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend machend - dagegen wendet, daß der ihr angelastete Diebstahl wegen der Alkoholisierung des Friedrich D im Sinne des § 128 Abs 1 Z 1 StGB qualifiziert sei, kann ihrer Nichtigkeitsbeschwerde allerdings Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Friedrich D hat mehrmals behauptet, zur Tatzeit nicht alkoholisiert gewesen, jedoch im Lokal - vermutlich weil man ihm etwas in den Kaffee gegeben habe -

eingeschlafen und im Schlaf bestohlen worden zu sein (vgl S 129, 130, 203, 211, 306). Demgegenüber hat das Erstgericht zwar festgestellt, daß D reichlich (S 329) alkoholisiert und deshalb in seiner Aufmerksamkeit so beeinträchtigt war, daß er den Diebstahl nicht bemerkt hat (S 328), jedoch die Verabreichung eines Beruhigungsmittels - und sinngemäß auch einen zur Tatzeit (sei es durch das Beruhigungsmittel oder durch den Alkoholgenuß) bei ihm eingetretenen Schlafzustand - ausdrücklich ausgeschlossen (S 332). Die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 1 (letzter Fall) StGB setzt nun voraus, daß der Diebstahl unter Ausnützung eines Zustandes des Bestohlenen begangen wird, der ihn hilflos macht, dh das Opfer zur Zeit der Tat - verschuldet oder unverschuldet, physisch oder psychisch - außerstande setzt, seinen Besitz zu schützen (vgl ÖJZ-LSK 1978/212).

Dies könnte etwa bei einem durch Drogen oder durch schwere Alkoholisierung bedingten Schlaf des Bestohlenen - den aber das Erstgericht im vorliegenden Fall gerade nicht angenommen hat - zutreffen. Hingegen bewirkt natürlicher Schlaf und in der Regel auch eine (der Volltrunkenheit nicht nahekommende, keinen Schlafzustand bewirkende) Alkoholisierung des Opfers noch keine so tiefgreifende Ausschaltung des menschlichen Bewußtseins, daß deswegen schon von einer Hilflosigkeit im Sinne der zitierten Gesetzesstelle gesprochen werden könnte (vgl ÖJZ-LSK 1979/379).

Da Friedrich D nach den erstgerichtlichen Feststellungen zur Tatzeit zwar reichlich, aber keineswegs in einem Ausmaß alkoholisiert war, das die Annahme einer solchen tiefgreifenden Bewußtseinsausschaltung zuließe - das Erstgericht spricht selbst nur von einer Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit des Bestohlenen (S 332), der ansonsten durchaus orientiert war, den Diebstahl spätestens bei Verlassen des Lokals bemerkte und anschliessend ohne Schwierigkeiten einen weiten Fußmarsch zu seiner Unterkunft unternehmen konnte (vgl S 329) - war es mithin verfehlt, das Tatverhalten der Beschwerdeführerin (auch) der Bestimmung des § 128 Abs 1 Z 1 StGB zu unterstellen.

Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge zu geben und im übrigen wie im Spruche zu entscheiden.

Bei der erforderlich gewordenen Strafneubemessung, die nunmehr nach § 146 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB erfolgen mußte, wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier Vergehen, die Wiederholung des Betruges und die zahlreichen, auch einschlägigen Vorstrafen sowie die beinahe 50.000 S erreichende Schadenssumme beim Betrug, als mildernd hingegen das teilweise Gständnis, die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand, daß die Betrugsfakten längere Zeit zurückliegen.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe und der Täterpersönlichkeit erweist sich eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten als tatschuldangemessen, zumal beim Diebstahl eine gewichtige Qualifikation weggefallen ist.

Bedingte Strafnachsicht kam im Hinblick auf das getrübte Vorleben der Angeklagten nicht in Betracht, weil nicht anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Vollstreckung der Strafe genügen werde, um sie vor weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Anmerkung

E03429

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00119.81.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19811022_OGH0002_0120OS00119_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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