TE OGH 1981/11/4 11Os95/81

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Veröffentlicht am 04.11.1981
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Der Oberste Gerichtshof hat am 4.November 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs 1 Z 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 23.März 1981, GZ. 12 a Vr 1.367/79-34, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Strigl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Strasser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der Angeklagte Rudolf A war Geschäftsführer und Gesellschafter zunächst der 'Rudolf A Weinhandlung GesmbH' mit dem Sitz in Hinterbrühl und einem Stammkapital von 100.000 S, welche am 3.März 1976 ins Handelsregister eingetragen worden war (Zeuge Dr. B ON 33 S 662 d.A) und zuletzt Ende 1976/Anfang 1977 einen Schuldenstand von etwa 1,000.000 S aufwies, der vorwiegend aus Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten der Gesellschaft resultierte. Daher wurde vom Angeklagten die - am 14.Februar 1977 in das Handelsregister eingetragene - 'A-Weine GesmbH' mit dem Sitz in Altach und einem Stammkapital von neuerlich (nur) 100.000 S gegründet, deren geschäftsführender Gesellschafter abermals der Angeklagte war (Verantwortung des Angeklagten ON. 30 S 641, 644 f, ON 33 S 661 d.A und S 4

der Urteilsausfertigung). Zur Erreichung eines größtmöglichen Absatzes der von der Gesellschaft vertriebenen Weine und Spirituosen hatte der Angeklagte ein Netz von Verkaufsstellen oder sogenannten Depots organisiert, deren Inhaber (Weiterverkäufer) für die von der 'A-Weine GesmbH' an sie gelieferten Waren Wechsel akzeptierten, welche ihnen nach Weiterverkauf wieder zurückgegeben wurden. Der Versuch, die Verbindlichkeiten der früheren Gesellschaft abzudecken, führte alsbald zur Verschuldung der neuen Gesellschaft und in zunehmendem Maße zu Exekutionen sowohl gegen die 'A-Weine GesmbH' als auch gegen den Angeklagten selbst, die - erstere zum Teil und letzterer zur Gänze - die Schulden der alten Gesellschaft übernommen hatten (S 4 f und 7 der Urteilsausfertigung; Zeuge Dr. B ON 33 S 663 f d.A). Gegen die neue Gesellschaft waren, offenbar wegen der Ähnlichkeit des Firmenwortlautes und der Identität des Geschäftsführers, von Anfang an von Lieferanten der ersten Gesellschaft Klagen eingebracht worden, deren Forderung der Angeklagte, um die Geschäftsverbindungen mit diesen Lieferanten aufrechterhalten zu können, erfüllen mußte (S 7 der Urteilsausfertigung; Zeuge Dr. B und Verantwortung des Angeklagten ON 33 S 663 - 665

d. A). Letztlich waren die Lieferanten der 'A-Weine GesmbH' auch mit der Finanzierung der Bestellungen der Weiterverkäufer durch Wechsel nicht mehr einverstanden (S 4 f der Urteilsausfertigung). In den Beschlüssen des Landesgerichtes Feldkirch vom 7.Dezember 1978 und vom 10.Mai 1979, 8 Nc 440/78-4 und 8 Nc 112/79-5, wurden jeweils die Konkursvoraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigermehrheit in Ansehung der 'A-Weine GesmbH' bejaht, doch wurde mangels kostendeckenden Vermögens und mangels Erlages eines Kostenvorschusses die Einleitung eines Konkursverfahrens abgelehnt. Das mit Beschluß vom 28.Mai 1979 zu S 15/79 des Landesgerichtes Feldkirch über das Vermögen des Angeklagten selbst eröffnete Konkursverfahren wurde mit Beschluß desselben Gerichtes vom 4.Juni 1980 mangels Deckung der Kosten aufgehoben.

Ausgehend von diesem, vom Angeklagten nicht bestrittenen, Sachverhalt erblickte das Erstgericht das dem Angeklagten im Sinn des Tatbildes der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs 1 Z 1 StGB vorzuwerfende Kridaverhalten insbesondere (vgl. den Urteilsspruch) in der Gründung und Führung der 'A-Weine GesmbH' trotz Mangels von (ausreichendem) Eigenkapital und abzudeckender Verbindlichkeiten der 'Rudolf A Weinhandlung GesmbH' in der Höhe von rund 1,000.000 S sowie in der Unterlassung buchhalterischer Vorkehrungen, welche ihm einen Überblick über die Gebarung des - auch nach der Verantwortung des Angeklagten buchhaltungs- und belegintensiven (ON 30 S 643, ON 33 S 661

d. A) - Geschäftsbetriebes der zweiten Gesellschaft ermöglicht hätten, und erkannte Rudolf A demgemäß des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs 1 Z 1

StGB schuldig, weil er in der Zeit von 1976 (richtig wohl: Anfang 1977) bis 28.Mai 1979 als Schuldner mehrerer Gläubiger seine Zahlungsunfähigkeit und als Geschäftsführer der 'A-Weine GesmbH', die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, auch deren Zahlungsunfähigkeit fahrlässig herbeigeführt hatte. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Rudolf A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1

StPO rügt der Angeklagte die Abweisung des von seinem Verteidiger (in der Hauptverhandlung vom 23.März 1981) gestellten Antrages auf Einholung des Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers, wodurch bewiesen werden sollte, daß die 'A-Weine GesmbH' auf Grund der geschäftlichen Tätigkeit und ihrer Entwicälung ein durchaus lebensfähiges Unternehmen gewesen wäre und ihr mangelnder Geschäftserfolg (nur) darauf zurückzuführen sei, daß sie Schulden der 'Rudolf A Weinhandlung GesmbH' in einer Größenordnung von ca. 800.000 S übernehmen mußte bzw. übernahm (ON 33 S 665 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung dieses Beweisantrages wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt:

Der Tatbestand der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs 1 Z 1 StGB pönalisiert die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch den Schuldner mehrerer Gläubiger. Daß die letzteren beiden Tatbildvoraussetzungen - Zahlungsunfähigkeit und Gläubigermehrheit - sowohl in Ansehung des Angeklagten als auch der 'A-Weine GesmbH' vorlagen, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.

Die Verfahrensrüge und die weiteren noch zu erörternden Beschwerdeeinwendungen unter den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO beziehen sich vielmehr der Sache nach lediglich auf die Fahrlässigkeit des dem Angeklagten angelasteten Kridaverhaltens und auf dessen Kausalzusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit (vgl. Leukauf-Steininger2, RN 7 a zu § 159 StGB) der 'A-Weine GesmbH'. Nun ist, was der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge übersieht, für das Vorliegen dieser beiden Tatbestandsvoraussetzungen objektiver und subjektiver Natur die Frage, ob die 'A-Weine GesmbH' für sich allein lebensfähig gewesen wäre oder nicht, im konkreten Fall ohne entscheidungswesentliche Bedeutung, weil ja, auch nach dem Willen des Angeklagten, die neue Gesellschaft zur Abdeckung der Schulden der alten Gesellschaft dienen sollte und daher diese Schulden schon von Beginn der Unternehmenstätigkeit an auch auf die wirtschaftliche Gebarung der neuen Gesellschaft von maßgeblichem Einfluß waren; dies umsomehr, als beide Gesellschaften, wie teils auch in der Beschwerde ausdrücklich erwähnt wird, im selben Geschäftszweig errichtet wurden (S 4 der Beschwerdeausführungen = S 682 d.A) und die Lieferanten zum Großteil ident waren (ON 24 S 618 a, ON 33 S 661 d.A), sodaß der Angeklagte, um die Geschäftsverbindung mit ihnen aufrechterhalten zu können, deren Forderungen begleichen mußte (so auch Zeuge Dr. B ON 33 S 663 d.A). Fehl geht aber nicht nur die (keinen entscheidenden Umstand betreffende) Verfahrensrüge, sondern es erweisen sich auch die weiteren Beschwerdeausführungen, in denen der Angeklagte unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO der Sache nach eine unvollständige und unzureichende Begründung für die Annahme der Ursächlichkeit der mangelnden Ausstattung der 'A-Weine GesmbH' mit Eigenkapital und des Unterbleibens der Heranziehung eines Buchhalters für die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens geltend macht und aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO mangelnde Tatbildlichkeit des unter Anklage gestellten Verhaltens reklamiert, weil sich die Zahlungsunfähigkeit aus der Unternehmenstätigkeit der 'Rudolf A Weinhandlung GesmbH' ergeben habe und ihm im Zusammenhang mit der, zum Zweck der Abdeckung der früheren Schulden gegründeten, 'A-Weine GesmbH' nicht vorzuwerfen sei, daß die Gläubiger der 'Rudolf A Weinhandlung GesmbH' Befriedigung nunmehr auch bei der 'A-Weine GesmbH' verlangt hätten und eine Unterscheidung, daß es sich um verschiedene Rechtspersönlichkeiten handelte, nicht stattgefunden habe. Denn bei der konkreten Fallgestaltung waren die Gründung und die Führung der 'A-Weine GesmbH', welche deren Zweckbestimmung zufolge auch die Mittel zur Abdeckung der Schulden der alten Gesellschaft in der beträchtlichen Höhe von rund 1,000.000 S hätte erwirtschaften sollen, ohne entsprechendes Eigenkapital und ohne Heranziehung eines Buchhalters zur Gewährleistung des erforderlichen geschäftlichen Überblickes (welch letztgenannte Annahme ihre Deckung in der Verantwortung des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter /S 618 c - ON 24 d.A / findet, die durch Verlesung des hierüber aufgenommenen Protokolls /S 661 d.A /

zum tauglichen Beweismittel wurde) wesentliche Ursachen für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sowohl der zweiten Gesellschaft als auch des Angeklagten selbst. Einer noch eingehenderen (Urteils-) Begründung bedurfte es der vom Beschwerdeführer in der Mängelrüge vertretenen Auffassung zuwider nicht.

Es kann aber auch - wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt - keinem Zweifel unterliegen, daß dieses für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kausale Verhalten zum einen, weil in grobem Widerspruch zu einer in Anbetracht der konkreten wirtschaftlichen Gesamtsituation vertretbaren Geschäftsgebarung stehend (vgl. Kienapfel BT II RN 7 zu § 159 StGB), objektiv sorgfaltswidrig war und zum anderen dem Angeklagten, unter Zugrundelegung des objektiviert-subjektiven Maßstabes der gehörigen Sorgfalt eines verantwortungsbewußten Kaufmannes mit entsprechendem Erfahrungs- und Wissensstand (vgl. neuerlich Kienapfel aaO, RN 24), in subjektiver Beziehung als fahrlässig zuzurechnen ist.

Daß die Wurzeln der Zahlungsunfähigkeit bereits in der Geschäftstätigkeit der 'Rudolf A Weinhandlung GesmbH' gelegen waren, vermag an der Sorgfaltswidrigkeit und Vorwerfbarkeit des inkriminierten, für die Zahlungsunfähigkeit sowohl der 'A-Weine GesmbH' als auch des Angeklagten selbst - also zweier von der erstgenannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung verschiedener Rechtssubjekte - kausalen Kridaverhaltens des Angeklagten nichts zu ändern.

Seine Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen. Der Angeklagte meldete nach Urteilsverkündung fristgerecht 'Berufung wegen Strafe' an (ON 33 S 666), führte dieses Rechtsmittel jedoch nicht aus.

Da er somit die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert erachtet, weder bei der Anmeldung noch in einer Ausführung der Berufung deutlich und bestimmt bezeichnete, war auf dieses Rechtsmittel keine Rücksicht zu nehmen (§ 294 Abs 2 StPO) und hierüber spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03431

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00095.81.1104.000

Dokumentnummer

JJT_19811104_OGH0002_0110OS00095_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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