Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fabrizy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bernhard A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengerichtes vom 10. März 1981, GZ 9 Vr 683/80-50, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. Juli 1941 geborene Kunstmaler Bernhard A, ein deutscher Staatsangehöriger, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1 (soll richtig heißen Abs 2), 84
Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt. Nach den für den Schuldspruch maßgeblichen Urteilsfeststellungen überfuhr der Angeklagte nach vorangegangenen wörtlichen und tätlichen Auseinandersetzungen am 2. September 1980 bei Schickenhof die in Längsrichtung neben der Fahrbahn einer Straße liegende Margit B (seine Lebensgefährtin) in Mißhandlungsabsicht teilweise mit dem Vorderteil des PKW der Marke Citroen DS 23, somit mit einem solchen Mittel und auf eine solche Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist und fügte ihr dadurch fahrlässig an sich schwere Verletzungen, nämlich einen Beckenbruch, eine Zerreißung der Harnblase, eine Zerreißung der straffen Gelenksverbindung zwischen dem rechten Schlüsselbein und dem Brustbein, Hautabschürfungen und Rißquetschwunden am Kopf, einen Bluterguß unter dem rechten Auge, eine Beschädigung des Schneidezahngebisses und Abschürfungen am Rumpf, am rechten Arm und an den Händen zu.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welche im Ergebnis eine Beurteilung des Tatgeschehens als fahrlässige Körperverletzung im Sinne des § 88 Abs 1 und 4, erster Fall, zum Ziele hat.
In Ausführung der Mängelrüge wirft der Beschwerdeführer dem Urteil eine unvollständige, undeutliche, zum Teil auch aktenwidrige Begründung vor. Dies allerdings zu Unrecht.
Rechtliche Beurteilung
Im Gegensatz zur Auffassung des Angeklagten ist es nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, welchen Eindruck der Beschwerdeführer anläßlich eines am Tage nach der Tat beim Bezirksgericht Zwettl statthabenden Vergleichsversuch auf den Richter dieses Bezirksgerichtes, den Zeugen Dr. C gemacht hat. Denn abgesehen davon, daß der betreffende Zeuge seinen Angaben zufolge keinen Anlaß hatte, mangels Wissen von den Vorgängen der Tat besonders darauf zu achten (S 409 d.A), kommt dem subjektiven Eindruck kein Beweiswert über das innere Vorhaben des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat zu, sodaß das Erstgericht zur Erörterung dieser Aussage keinen Anlaß hatte. Ebensowenig ist es entscheidungswesentlich, ob die Zeugin Margit B vom Angeklagten selbst auf die Straße gestoßen wurde oder ob sie zufolge ihrer starken Alkoholisierung selbst zu Boden stürzte und am Straßenrand liegenblieb.
Eine undeutliche, richtig wohl widersprüchliche Begründung erblickt der Angeklagte ferner darin, daß das Erstgericht davon ausgehe, er habe zum Sachverhalt keine Stellung genommen, andererseits der Verantwortung selbst jeden Beweiswert abspreche. Dieser Vorwurf trifft insoweit nicht zu, als der Angeklagte tatsächlich zum Tathergang im Sinne der erhobenen Anklage zufolge angeblicher Berauschung keine Angaben gemacht hat; soferne er aber in Abrede stellte, selbst in diesem Zustande vorsätzlich gehandelt zu haben, wurde diese Verantwortung durch die Gutachten der Sachverständigen im Rahmen freier Beweiswürdigung vom Erstgericht als widerlegt angesehen (vgl S 474 d.A). Wenn er im Zusammenhang damit andeutet, das Erstgericht habe nicht mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt, welche Absicht er beim teilweisen Überfahren der Zeugin B hatte, ist ihm entgegenzuhalten, daß der Angeklagte nach den zureichend begründeten Urteilsannahmen in Mißhandlungsabsicht über die Zeugin B (gezielt) bis zu jener Stelle vorfuhr, wo das Schutzblech unter der Front des PKWs den tiefsten Punkt erreicht (vgl S 471 d.A).
Einzuräumen ist der Beschwerde allerdings, daß das Erstgericht im Urteilsspruch davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer die Zeugin vorsätzlich am Körper verletzt hat (§ 83 Abs 1 StGB), während es in den Gründen - wie angeführt - Mißhandlungsvorsatz im Sinne des § 83 Abs 2
StGB annimmt. Da es sich aber bei den in Abs 1 und 2 des § 83 StGB beschriebenen Begehungsweisen der Körperverletzung um rechtlich gleichwertige Begehungsweisen ein- und desselben Deliktes handelt, ist dem Beschwerdeführer hiedurch kein Nachteil erwachsen (vgl Leukauf-Steininger2 RN 10 zu § 83).
Als nicht zielführend erweist sich die Mängelrüge, soweit sie (zusammengefaßt) vorbringt, daß bei den mehrfachen Reversieraktionen mit dem Kraftwagen ein Übersehen der am Boden liegenden Zeugin Margit B durchaus möglich gewesen wäre und eher den Lebenserfahrungen entsprechen würde, als die vom Erstgericht angenommene vorsätzliche Tat, zumal wesentliche Umstände des Beweisverfahrens für diese Auffassung sprechen. Alle in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen und Spekulationen erschöpfen sich aber in einer Kritik der Lösung der Beweisfrage durch das Schöffengericht sowie in Darlegung der Möglichkeit anderer, für den Angeklagten A günstigeren Schlußfolgerungen.
Das Erstgericht ist unter aktengetreuer Wiedergabe der von ihm verwerteten Beweisergebnisse, insbesondere der schlüssigen und für überzeugend erachteten Gutachten der kraftfahrtechnischen Sachverständigen Dr. D und Dr. E in Verbindung mit dem Gutachten des Gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. F zu der Annahme gelangt, daß der Angeklagte die Zeugin B mit dem PKW gezielt teilweise überfuhr, um sie auf diese Art zu mißhandeln (vgl S 473, 474 der Akten), wobei es aus diesem Grunde auch ein Überfahren der Genannten nur wegen mangelnder Aufmerksamkeit ausschloß (S 473 der Akten). Insoweit stellt sich die Mängelrüge ihrem Vorbringen und ihrer Zielsetzung nach als eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige und daher unbeachtliche Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar, ohne einen formalen Mangel der Begründung im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzeigen zu können. Die abschließend als 'Aktenwidrigkeiten' angeführten Einzelheiten in der Beschwerde betreffen teils Wiederholungen des bisherigen Vorbringens, teils keine entscheidungswesentlichen Umstände. In Ausführung der auf die Z 10 des § 281 Abs 1
StPO gestützten Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß bei Reversieren eines Kraftfahrzeuges auf enger Straße ein mehrfaches Vor- und Zurückfahren in der Natur des Vorganges liege und schon deswegen eine nur fahrlässige Körperverletzung nach den Denkgesetzen möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlicher wäre, so daß ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 88 Abs 1, Abs 4 Z 1
StGB zu fällen gewesen wäre.
Damit wird aber der angeführte Nichtigkeitsgrund nicht zu einer gesetzmäßigen Darstellung gebracht, welche einen Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz zur Voraussetzung hat, um aus diesem allenfalls einen Subsumtionsfehler aufzuzeigen, sondern es wird im wesentlichen nur unter Wiederholung der bereits zur Z 5 des § 281 Abs 1 StPO vorgebrachten Kritik die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes neuerlich bekämpft.
Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet im Sinne des § 285 d Abs 1 Z 2
StPO, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt im Sinne der Z 1 der angeführten Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a StPO, sodaß sie schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E03486European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00130.81.1105.000Dokumentnummer
JJT_19811105_OGH0002_0120OS00130_8100000_000