TE OGH 1981/11/11 11Os141/81

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Veröffentlicht am 11.11.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführers in der Strafsache gegen Harald A und andere wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Harald A, Herbert B und Klaus C sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichtes vom 26.Mai 1981, GZ. 12 Vr 604/81-31, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kächl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Klaus C wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, gemäß dem § 290 Abs 1 StPO. auch hinsichtlich der Angeklagten Harald A und Herbert B, in der rechtlichen Unterstellung des zu Punkt 1. des Urteilssatzes beschriebenen Tatverhaltens als Verbrechen der vollendeten Nötigung zum Beischlaf und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Harald A, Herbert B und Klaus C haben zu Punkt 1. des Schuldspruches das Verbrechen der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach den §§ 15, 202

Abs 1 StGB. begangen und werden hiefür sowie für das ihnen weiterhin zur Last fallende Vergehen der Schändung nach dem § 205 Abs 2 StGB., der Angeklagte Herbert B auch für das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB., nach dem § 202 Abs 1 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu folgenden Strafen verurteilt: Harald A und Klaus C je 8 (acht) Monate und Herbert B 10 (zehn) Monate Freiheitsstrafe. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 11.Feber 1961 geborene Installateur Harald A, der am 19.Dezember 1960 geborene Kfz-Mechaniker Herbert B und der am 13.Jänner 1961 geborene Installateur Klaus C 1. des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB., A und B als Beteiligte nach dem dritten Fall des § 12 StGB., und 2. des Vergehens der Schändung nach dem § 205 Abs 2 StGB., diesfalls Klaus C als Beteiligter nach dem dritten Fall des § 12 StGB., sowie schließlich 3. der Angeklagte Herbert B auch noch des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB. schuldig erkannt.

Die gegen dieses Urteil ergriffenen, auf den § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. gestützten (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A und C richten sich der Sache nach lediglich gegen den zu Punkt 1. des Urteilssatzes ergangenen Schuldspruch wegen (vollendeter) Nötigung zum Beischlaf; der Angeklagte Herbert B bekämpft unter Bezugnahme auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO. sowohl den Schuldspruch wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf (Punkt 1. des Urteilssatzes) als auch jenen wegen des Vergehens der Schändung (Punkt 2. des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Angeklagte Klaus C eine Urteilsnichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. darin erblickt, daß er wegen vollendeter Nötigung zum Beischlaf anstatt nur wegen des Versuches verurteilt wurde, kommt seiner Nichtigkeitsbeschwerde Berechtigung zu:

Nach den bezüglichen erstgerichtlichen Feststellungen kam es nämlich zwischen diesem Angeklagten und der hiezu genötigten Nina D nur zu einer Berührung der Geschlechtsteile, nicht aber zur Vollziehung eines Beischlafs. Da das Verbrechen nach dem § 202 Abs 1 StGB. erst vollendet ist, wenn der Täter wenigstens den Beginn der Vollziehung des Beischlafs erreicht (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 11 zu § 202; Pallin in Wiener Kommentar, RN. 11 zu § 202), im vorliegenden Fall mangels genügender Steifung des Gliedes des Angeklagten C (vgl. S. 153) eine conjunctio membrorum jedoch nicht eintrat, wurde somit durch das im Punkt 1. des Urteilssatzes beschriebene Tatverhalten von Klaus C (als unmittelbarem Täter) und von den beiden anderen Angeklagten (als Gehilfen) lediglich der Versuch des Delikts nach dem § 202 Abs 1 StGB. verwirklicht.

Da bei - wie hier - rechtsirrtümlich unterbliebener Subsumtion einer in Wahrheit (nur) versuchten Tat unter die Bestimmung des § 15 StGB. der (vom Verurteilten rügbare) Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. vorliegt, war das angefochtene Urteil - und zwar nicht nur in Ansehung des Beschwerdeführers Klaus C, sondern gemäß dem § 290 Abs 1, zweiter Satz, zweiter Fall StPO.

auch in Ansehung der mitbetroffenen Angeklagten Harald A und Herbert B - in der rechtlichen Beurteilung des im Punkt 1. des Urteilssatzes beschriebenen Tatverhaltens als das Verbrechen der vollendeten Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 (§ 12) StGB. und demgemäß auch in den Strafaussprüchen aufzuheben und in der Sache selbst zu erkennen, daß den drei Angeklagten zu Punkt 1. des Urteilssatzes dieses Verbrechen nur in der Erscheinungsform des Versuchs nach den §§ 15, 202 Abs 1

(§ 12) StGB. anzulasten ist.

Im übrigen waren die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten

allerdings zu verwerfen:

Der Beschwerdeführer Klaus C vermeint in weiterer Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 10 StPO., der Schuldspruch wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf (Punkt 1. des Urteilssatzes) sei (auch) deshalb verfehlt, weil Nina D nach den erstgerichtlichen Feststellungen weder unmittelbar mit einer Gefahr für Leib oder Leben bedroht noch von den Angeklagten widerstandsunfähig gemacht worden sei.

Dabei übersieht er zunächst, daß der Tatbestand des § 202 Abs 1 StGB. nicht eine (vorliegend daher auch nicht angenommene) Widerstandsunfähigkeit, sondern eine Nötigung, d.h. eine Beugung des dem Beischlafsvorhaben des Täters entgegenstehenden Willens des Opfers voraussetzt, das sich unter dem Druck von Gewalt oder Drohung entschließt, den außerehelichen Beischlaf zu dulden. Daß aber auf Nina D ein solcher - gewaltsamer - Druck, und zwar dadurch, daß die Angeklagten sie gegen ihren Willen im Personenkraftwagen in das abgelegene Krastal (Bezirk Villach) brachten und dort in barschem Ton aufforderten, sich (zwecks Durchführung eines Geschlechtsverkehrs mit Klaus C) auszuziehen, wozu die Angeklagten gleichfalls Hand anlegten, ausgeübt wurde, kommt in den Urteilsfeststellungen sehr wohl zum Ausdruck (S. 152, 155). Da das Erstgericht in diesem Zusammenhang ohnedies auch den Umstand berücksichtigte, daß Nina D, genötigt durch die von allen Angeklagten ausgeübte Gewalt - an deren Eignung, beim Opfer eine entsprechend tiefe willensbeugende psychische Wirkung zu erzeugen, mit Rücksicht auf die Verhältnisse und nach Lage des Falles nicht gezweifelt werden kann (vgl. auch Pallin im Wiener Kommentar, RN. 7 zu § 202) -, dem Angriff keinen weiteren Widerstand entgegensetzte, sich teilweise selbst entkleidete und zum Geschlechtsverkehr bereit war, schlagen des weiteren auch jene auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützten Ausführungen des Beschwerdeführers Herbert B nicht durch, mit denen behauptet wird, das angefochtene Urteil leide infolge der Nichtbeachtung des Fehlens eines solchen Widerstandes der Nina D an einem Begründungsmangel.

In Wahrheit ist die bekämpfte Entscheidung weder mit einem relevanten Begründungsmangel noch, wie der Beschwerdeführer Herbert B auch mit ziffernmäßiger Beziehung auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO. darzutun sucht, mit einem Feststellungsmangel (sei es zur objektiven, sei es zur subjektiven Tatseite) behaftet. Vielmehr läßt das Urteil seinem Wortlaut und seinem Sinngehalt nach mit schlüssiger (auf ausreichender Feststellungsgrundlage beruhender) Begründung keinen Zweifel daran, daß die Angeklagten nicht etwa subjektiv der Meinung waren, Nina D lasse sich freiwillig mit ihnen ein, sondern daß vielmehr Nina D zunächst durch die beschriebene Gewalt zur Einwilligung in den von Klaus C versuchten Beischlaf genötigt, und daß sie in weiterer Folge durch fortgesetzte Tätlichkeiten, abwechselndes Festhalten, j gewaltsames Auseinanderziehen der Beine und schmerzhafte Angriffe gegen die Genitalgegend geschwächt und in diesem Zustand zur Unzucht mißbraucht wurde (vgl. insbesondere S. 153, 156).

Soweit die Angeklagten bei Ausführung ihrer Nichtigkeitsbeschwerden diese (mängelfreien) Feststellungen übergehen, bringen sie die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Dies gilt auch für die Behauptung des Beschwerdeführers Herbert B, sein Schuldspruch wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB. als Beteiligter nach dem § 12,

3. Fall StGB. sei deshalb verfehlt, weil er auf die Handlungsweise des (unmittelbaren Täters) Klaus C keinen Einfluß genommen habe. Denn den bezüglichen Urteilskonstatierungen zufolge wurde der Angeklagte Herbert B (den Ausführungen in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zuwider) einerseits durchaus nicht zu jenem Zeitpunkt, in dem Klaus C versuchte, den außerehelichen Beischlaf zu vollziehen, sondern erst später (vgl. S. 153) von Nina D sexuell befriedigt, wogegen er darnach andererseits zur erwähnten Tat des Klaus C zumindest dadurch beitrug, daß er sich - ebenso wie der Angeklagte Harald A - an den mehrfach beschriebenen (gewaltsamen) Nötigungshandlungen beteiligte.

Demnach trifft aber auch die Behauptung des Beschwerdeführers Harald A nicht zu, er habe in bezug auf die (versuchte) Nötigung zum Beischlaf keine Ausführungshandlungen gesetzt. Lag doch in der im einvernehmlichen Handeln mit den übrigen Angeklagten auch von ihm gegen Nina D geübten Nötigung ungeachtet des Umstandes, daß der Beischlaf nur von Klaus C vollzogen werden sollte, eine unmittelbare Mitwirkung an der Tatausführung. Die erstgerichtlichen Feststellungen rechtfertigen daher - ganz abgesehen davon, daß das Erstgericht das bezügliche Tatverhalten nur als 'sonstigen Tatbeitrag' im Sinn des dritten Falls des § 12

StGB. wertete, bei der eine Tatbeteiligung des Gehilfen in der Ausführungsphase gar nicht erforderlich wäre -

sogar eine (rechtlich gegenüber den anderen Beteiligungsformen des § 12 StGB. allerdings gleichwertige) Haftung des Angeklagten Harald A (und auch des Angeklagten Herbert B) als unmittelbare (Mit-)Täter am Verbrechen der (versuchten) Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB. im Sinn des ersten Falls des § 12

StGB. (vgl. ÖJZ-LSK 1977/348).

Bei der sohin - wegen Abänderung der rechtlichen Beurteilung des zu Punkt 1 des Urteilssatzes beschriebenen Verhaltens - vorzunehmenden Strafneubemessung ging der Oberste Getichtshof von folgenden Strafzumessungsgründen aus: Bei allen Angeklagten wurden das Zusammentreffen von zwei bzw. (bei B) drei strafbaren Handlungen und die (leichte) Verletzung der Nina D, beim Angeklagten B auch die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe als erschwerend gewertet. Hingegen wurden die Umstände, daß die Nötigung zum Beischlaf nur bis ins Versuchsstadium gedieh und die Taten (zwar nach Vollendung des 18., jedoch) vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen wurden, bei den Angeklagten A und C auch der bisherige ordentliche Lebenswandel und schließlich bei A auch das vor dem Untersuchungsrichter abgelegte Geständnis als mildernd berücksichtigt. Dieses Geständnis trug nämlich trotz späteren Widerrufes (wesentlich) zur Wahrheitsfindung bei, weil sich das Schöffengericht bei seiner Sachverhaltsermittlung u.a. darauf stützte (s. S. 154).

Auf der Basis dieser (besonderen) Strafzumessungsgründe und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB.) erachtete der Oberste Gerichtshof für die Angeklagten A und C je eine achtmonatige und für den Angeklagten B eine zehnmonatige Freiheitsstrafe als angemessen.

Da der Oberste Gerichtshof die Strafen selbst (neu-) bemaß, waren die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03443

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00141.81.1111.000

Dokumentnummer

JJT_19811111_OGH0002_0110OS00141_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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