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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Faber, über den Antrag des KH in G, auf Wiederaufnahme des mit hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2005, Zl. 2004/12/0019, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Der am 24. Oktober 1953 geborene Antragsteller steht als Amtsdirektor (Leiter der Stipendienstelle G) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 beantragte er gemäß § 22g Abs. 1 des Bundesbediensteten-Sozialplangesetzes, BGBl. I Nr. 138/1997 (im Folgenden: BB-SozPG) seine Versetzung in den Ruhestand "zum Wirksamkeitstermin 30. November 2008", somit nach dem Ablauf des Monats, in dem er sein 55. Lebensjahr vollendet haben werde.
Mit weiterem Schreiben vom 28. Oktober 2003 beantragte er nach § 22g Abs. 4a BB-SozPG die Vorverlegung der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand auf den 30. November 2003.
Mit dem im hg. Verfahren Zl. 2004/12/0019 angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 17. Dezember 2003 wurde die Abweisung dieser Anträge durch die Studienbeihilfenbehörde als Dienstbehörde erster Instanz gemäß § 22g in Verbindung mit § 24 BB-SozPG, BGBl. I Nr. 6/2001 in der Fassung des Art. 20 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, bestätigt.
Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 23. Februar 2005, Zl. 2004/12/0019, die dagegen erhobene Beschwerde des (nunmehrigen) Antragstellers als unbegründet ab. Hiezu führte er in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat Folgendes aus:
"§ 22g BB-SozPG wurde durch Art. 1 Z. 24 der 2. Dienstrechts-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 155/2001, innerhalb des neu geschaffenen sechsten Abschnittes dieses Gesetzes eingefügt und stand in dieser Fassung auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:
'Abschnitt 6
...
Vorzeitiger Ruhestand
§ 22g. (1) Der Beamte ist auf seinen schriftlichen Antrag, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, frühestens mit Ablauf des Monats, in dem er sein 55. Lebensjahr vollendet, in den Ruhestand zu versetzen, wenn kein wichtiger dienstlicher Grund entgegensteht. Der Antrag ist spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Wirksamkeitstermin abzugeben und hat bei sonstiger Unwirksamkeit den beabsichtigten Wirksamkeitstermin der Versetzung in den Ruhestand zu enthalten.
...
(3) Der Antrag auf Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1 kann vom Beamten nicht zurückgezogen werden.
... '
Durch Art. 1 Z. 25 dieser Novelle wurde § 24 BB-SozPG durch einen dritten Absatz ergänzt, dessen letzter Satz, wie er auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung in Kraft stand, anordnet, dass Abschnitt 6 des BB-SozPG mit Ablauf des 31. Dezember 2003 außer Kraft tritt.
Mit BGBl. I Nr. 71/2003 wurde Abs. 4a in den § 22g BB-SozPG aufgenommen. Dieser Absatz hat folgenden Wortlaut:
'(4a) Hat ein Beamter seine Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1, nach § 207n BDG 1979, nach § 13a des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 oder nach § 13a des land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 zu einem nach dem 30. November 2003 liegenden Termin beantragt, so hat er wahlweise Anspruch auf
1. Vorverlegung der Versetzung in den Ruhestand auf 30. November 2003 oder
2. Aufhebung des Ruhestandsversetzungsbescheides.
Ist am 1. Juli 2003 noch kein rechtskräftiger Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand nach Abs. 1 ergangen, so kann der Beamte den Ruhestandsversetzungsantrag abweichend von Abs. 3 bzw. den entsprechenden Bestimmungen der oben angeführten Bundesgesetze auch zurückziehen. Sowohl die Anträge nach Z. 1 oder Z. 2 als auch die Zurückziehung des Ruhestandsversetzungsantrages sind bei sonstiger Unwirksamkeit bis spätestens 31. Oktober 2003 einzubringen. Mit Aufhebung des Ruhestandsversetzungsbescheides erlischt auch der Anspruch auf Sonderurlaub nach § 115f des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984.'
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die vom Beschwerdeführer beantragte Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 30. November 2008 gemäß § 22g Abs. 1 BB-SozPG abgewiesen, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass ein solcher Antrag nur dann erfolgreich gestellt werden könne, wenn der Antragsteller das 55. Lebensjahr bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 vollendet habe.
Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2003/12/0120, mit näherer Begründung dargelegt. Aus den dort angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, steht der erste Teil des angefochtenen Bescheides in Übereinstimmung mit der Rechtslage (wenn man mit den Verfahrensparteien davon ausgeht, dass der Antrag nicht durch den Vorverlegungsantrag abgeändert wurde). Ergänzend wird bemerkt, dass die später erfolgte Einfügung des Abs. 4a in den § 22g BB-SozPG auf Abs. 1 dieser Bestimmung und damit auf die im zitierten Vorerkenntnis vertretene Rechtsansicht keinen Einfluss hat.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auch der Antrag des Beschwerdeführers auf Vorverlegung der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand auf 30. November 2003 gemäß § 22g Abs. 4a BB-SozPG abgewiesen. Auch dies steht in Übereinstimmung mit der Rechtslage, weil ungeachtet dieser Bestimmung im Fall des Beschwerdeführers, in Ansehung dessen noch kein Ruhestandsversetzungsbescheid ergangen war, eine Ruhestandsversetzung zum 30. November 2003 nur dann in Betracht gekommen wäre, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits das 55. Lebensjahr erreicht hätte (vgl. in diesem Zusammenhang die grundsätzlichen Ausführungen zu dieser Bestimmung im hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/12/0222). Der hier vorliegende Antrag des Beschwerdeführers nach § 22g Abs. 1 BB-SozPG war in diesem Sinn kein berechtigter Antrag; § 22g Abs. 4a BB-SozPG fand daher im Fall des Beschwerdeführers keine Anwendung (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl. 2003/12/0240).
Der Beschwerde ist es nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen."
Der Antragsteller begründet sein auf § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG gestütztes Wiederaufnahmebegehren damit, dass ihm die einschlägige Vorjudikatur, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2003/12/0120, nicht nach § 33 Abs. 2 leg. cit. vorgehalten worden wäre. In diesem Fall hätte er die Gelegenheit zur Begründung der Unrichtigkeit der dieser Rechtsprechung zu Grunde liegenden Rechtsansicht wahrgenommen (wird inhaltlich ausgeführt). Insbesondere sei die Unrichtigkeit der genannten Judikatur aus dem hg. Beschluss vom 26. Jänner 2005, Zl. 2003/12/0159, abzuleiten. Auch in dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Verfahren sei die Versetzung in den Ruhestand zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem das BB-SozPG keinerlei Rechtswirkung mehr entfaltet habe.
Aus diesem Vorbringen kann, sodass das Fehlen der nach § 24 Abs. 2 VwGG gebotenen anwaltlichen Fertigung des Wiederaufnahmeantrages ohne Bedeutung bleibt, der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG nicht schlüssig abgeleitet werden:
Nach dieser Gesetzesstelle ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.
Beruht die Beschwerde auf einer Rechtsansicht, die der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht, so kann der Berichter nach § 33 Abs. 2 VwGG den Beschwerdeführer mit Zustimmung des Vorsitzenden unter Hinweis auf die einschlägigen Erkenntnisse oder Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes und unter Anberaumung einer angemessenen Frist auffordern, die Beschwerde durch Angabe von Gründen zu ergänzen, aus denen er die der bisherigen Rechtsprechung zu Grunde liegende Rechtsansicht für unrichtig hält; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung.
Der Antragsteller macht (zusammengefasst) geltend, dass die vom Verwaltungsgerichtshof im genannten Vorverfahren vertretene Rechtsansicht unrichtig und Teil einer widersprüchlichen Judikatur gewesen wäre. Bei Einräumung rechtlichen Gehörs hätte er dies aufzeigen und dem von ihm vertretenen Standpunkt zum Durchbruch verhelfen können.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Nichtbeachtung des § 33 Abs. 2 VwGG stelle schlechthin einen Wiederaufnahmegrund nach § 45 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. dar, verkennt die Bedeutung jener Bestimmung. Das Vorhalteverfahren nach § 33 Abs. 2 VwGG dient nämlich dazu, in einem frühen Prozessstadium (d.h. vor Einleitung eines Vorverfahrens nach § 36 VwGG) vorab eine Klärung herbeizuführen, ob es überhaupt zu einer Sachentscheidung über die zulässige Beschwerde zu kommen hat oder ob die Beschwerde nicht bloß auf der Unkenntnis des Beschwerdeführers betreffend die für seinen Beschwerdefall relevante bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beruht und bei deren Kenntnis von ihm gar nicht erhoben worden wäre. Deshalb hat der Gesetzgeber bei Nichtbeantwortung des Vorhaltes die Zurückziehung der Beschwerde fingiert (vgl. zu dieser durch die Novelle BGBl. Nr. 61/1952 eingeführten Bestimmung allgemein die Ausführungen von Ringhofer, Der Verwaltungsgerichtshof (1955), S. 196, sowie Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit (1983), 145 f).
Wird - wie im Beschwerdefall - das Vorverfahren nach § 36 VwGG eingeleitet, scheidet die Geltendmachung der Nichtgebrauchnahme von der Möglichkeit nach § 33 Abs. 2 VwGG als Wiederaufnahmegrund nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG jedenfalls aus. Eine solche käme für den (im Beschwerdefall nicht vorliegenden) Fall in Betracht, dass unter Berufung auf § 33 Abs. 2 VwGG eine Einstellung erfolgt wäre, ohne dass dem ein Vorhalt im Sinne dieser Bestimmung (etwa auf Grund einer unwirksamen Zustellung) vorangegangen wäre.
Dies stimmt auch mit der ständigen Rechtsprechung überein, dass die im § 45 Abs. 1 VwGG taxativ aufgezählten Wiederaufnahmegründe (insbesondere auch dessen Z. 4) nicht der Überprüfung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Ziel ihrer allfälligen Korrektur dienen. Eine behauptete unrichtige Rechtsanwendung stellt somit ebenso wenig einen Wiederaufnahmegrund dar wie die Behauptung, die Judikatur sei widersprüchlich (vgl. die in Mayer, B-VG3 (2002), § 45 VwGG I, und die dort wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Im Übrigen beruft sich der Antragsteller zur Untermauerung seines Standpunktes zu Unrecht auf den hg. Beschluss vom 26. Jänner 2005, Zl. 2003/12/0159. Damit wurde nämlich jenes Beschwerdeverfahren gegen den dort angefochtenen Bescheid, mit dem die belangte Behörde den (ersten) Antrag des dortigen Beschwerdeführers nach § 22g Abs. 1 BB-SozPG abgewiesen hatte, als gegenstandslos eingestellt, weil ihn die belangte Behörde auf Grund eines (zweiten) Antrages nach § 22g leg. cit. in der Zwischenzeit (mit einem im Jahr 2004 liegenden Zeitpunkt) in den Ruhestand versetzt hatte. Diese Einstellung erfolgte im Hinblick auf die ausdrückliche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren abgegebene Erklärung des betroffenen Beschwerdeführers, dass sein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über seine (seit September 2003 anhängige) Beschwerde wegen seiner zwischenzeitig erfolgten Ruhestandsversetzung (nachträglich) weggefallen sei. Ob diese im Jahr 2004 wirksam gewordene, auf § 22g BB-SozPG gestützte Ruhestandsversetzung dem Gesetz entsprach, war bei dieser Lage des Falles vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen. Der vom Antragsteller behauptete Judikaturwiderspruch liegt daher nicht vor.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage ist nicht erkennbar, dass den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen worden wäre. Da auch keiner der anderen Wiederaufnahmegründe des § 45 Abs. 1 VwGG vorliegt, war in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am 20. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005120072.X00Im RIS seit
17.08.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008