TE OGH 1981/11/12 12Os148/81

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Veröffentlicht am 12.11.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. November 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fabrizy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens des schweren Betruges unter Ausnützung einer Amtsstellung nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 313 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. April 1981, GZ 4 d Vr 994/81-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Dr. Subarsky, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Peter A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 25. März 1977 in Wien als Vizeleutnant des Österreichischen Bundesheeres, sohin als Beamter unter Ausnützung einer ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Beamte der Wirtschaftsstelle der Luftschutztruppenschule durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung verfälschter Urkunden, nämlich dadurch, daß er vortäuschte, ein nach den einschlägigen Vorschriften zu Lasten der 'Forterhaltungsgebühr' verrechenbares Bekleidungsstück gekauft zu haben, wobei er die durch Hinzufügen der Worte 'Hemd-weiß' verfälschte Rechnung der Firma B & C vom 25. März 1977 über '1 Maduson' zum Preis von S 159,-- vorlegte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von S 159,-- verleitet, wodurch die Republik Österreich um den genannten S 5.000,-- nicht übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde und hiedurch das Vergehen des schweren Betruges unter Ausnützung einer Amtsstellung nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 313 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. Mai 1919 geborene Vizeleutnant des Österreichischen Bundesheeres Peter A des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Ihm wird zur Last gelegt, am 25. März 1977 in Wien als Beamter (unter Ausnützung einer ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit im Sinne des § 313 StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Beamte der Wirtschaftsstelle der Luftschutztruppenschule durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung einer verfälschten Urkunde, nämlich durch Vorlage einer von ihm durch Beifügung der Worte 'Hemdweiß' verfälschten Rechnung der Wiener Herrenmodenfirma D und E (richtig: B & C, vgl S 109 d.A) über den Ankauf eines Hemdes zum Preis von S 159,--, wodurch er den Kauf eines unter dem Titel der sogenannten 'Forterhaltungsgebühr' verrechenbares Kleidungsstück vorspiegelte, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung eines Betrages von S 159,-- verleitet zu haben, wodurch die Republik Österreich um den vorerwähnten Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurde.

Nach den wesentlichen, diesem Schuldspruch zugrunde liegenden Urteilsfeststellungen war auf Grund der vom Bundesministerium für Landesverteidigung gewährten sogenannten 'Forterhaltungsgebühr', derzufolge den im Aktivstand befindlichen Offizieren und Unteroffizieren des Österreichischen Bundesheeres zwecks Instandhaltung und laufender Erneuerung der ihnen als Erstausstattung zugewiesenen Uniform und Bekleidung jährlich - nach Abzug eines Pauschales - ein bestimmter Betrag ua zur Ergänzung von unbrauchbar gewordenen Teilen ihrer Erstausstattung durch Ankauf im freien Handel zur Verfügung steht, der Angeklagte Peter A als Vizeleutnant des Österreichischen Bundesheeres zur Anschaffung von bestimmten Kleidungsstücken (ua von zwei weißen, zur Uniform passenden Hemden pro Jahr) befugt. Beim Ankauf solcher Bekleidungsstücke im freien Handel stand ihm ein Anspruch auf Rückersatz des hiefür ausgelegten Betrages aus dem Titel der vorerwähnten 'Forterhaltungsgebühr' zu. Diesen durch Vorlage einer entsprechenden Rechnung nachzuweisenden Anspruch hatte er bei der Wirtschaftsstelle der Luftschutztruppenschule geltend zu machen, die nach Überprüfung der Rechnung den Rechnungsbetrag - sofern dieser bestimmte Richtlinien nicht überschritt - in bar refundierte. Der Angeklagte, der am 25. März 1977 in einem Wiener Herrenmodengeschäft der Firma B & C ein rotkariertes Hemd zum Preis von S 159,-- gekauft hatte, von dem er wußte, daß er es zu Lasten der 'Forterhaltungsgebühr' nicht verrechnen durfte, weil es nicht zur Uniform paßte, verfälschte die auf 1 (Hemd der Marke) 'Maduson' lautende Rechnung der vorgenannten Firma durch eigenhändige Beifügung der Worte 'Hemd-weiß' (vgl S 109 d.A), um den Rechnungsbetrag von S 159,-- ersetzt zu erhalten.

Er legte sodann die solcherart verfälschte Rechnung der Wirtschaftsstelle der Luftschutztruppenschule zwecks Refundierung des Rechnungsbetrages vor und erhielt in der Folge diesen Betrag (von S 159,--) auch ausbezahlt.

Der dieses Sachverhaltes an sich voll geständige Angeklagte stellte in der Hauptverhandlung in Abrede, bei Vorlage dieser verfälschten Rechnung mit Schädigungs- (und Bereicherungs-)vorsatz gehandelt zu haben und berief sich in diesem Zusammenhang darauf, kurz vorher - im Rahmen einer Aktion des Österreichischen Gewerkschaftsbundes - ein (zur Rückverrechnung im Rahmen der 'Forterhaltungsgebühr' geeignetes) weißes Hemd zum Preis von S 216,-- gekauft, jedoch keine Rechnung zum Nachweis dieses Kaufs erhalten zu haben. Um seinen Anspruch auf Rückersatz des für das weiße Hemd aufgewendeten Betrages 'auszugleichen', habe er die das rot-karierte Hemd betreffende Rechnung der Firma B & C am 25. März 1977 durch den Beisatz 'Hemd-weiß' verfälscht und diese verfälschte Rechnung vorgelegt, um den darin ausgewiesenen Betrag von S 159,-- refundiert zu erhalten (S 129/130 d.A).

Das Erstgericht folgte bei der Sachverhaltsfeststellung auch dieser Darstellung des Angeklagten, hielt aber den Umstand, daß er vorher tatsächlich ein weißes (im Uahmen der sogenannten 'Forterhaltungsgebühr' verrechenbares) Hemd ohne Rechnung gekauft und an dessen Stelle die von ihm verfälschte Rechnung der Firma B & C vom 25. März 1977 zwecks Refundierung des dort aufscheinenden Betrages von S 159,-- aus dem Titel der 'Forterhaltungsgebühr' der Wirtschaftsstelle der Luftschutztruppenschule vorgelegt hatte, bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes (als Betrug) für bedeutungslos (S 139 d.A).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Peter A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In seiner einen Freispruch anstrebenden Rechtsrüge verweist der Beschwerdeführer im wesentlichen darauf, daß der - entsprechend seiner Verantwortung festgestellte - Urteilssachverhalt den Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Betruges nicht zu tragen vermag, weil es nach seiner vom Erstgericht ausdrücklich für richtig befundenen Verantwortung an dem für den Tatbestand des Betruges essentiellen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz mangle.

Rechtliche Beurteilung

Damit ist der Beschwerdeführer im Recht.

Mit der Anerkennung der Richtigkeit auch dieses Teils der Verantwortung des Angeklagten vermeinte nämlich das Erstgericht der Sache nach letztlich ein zur Erfüllung der subjektiven Tatseite des Betruges erforderliches Handeln mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, läuft doch die laut Ersturteil auch in diesem Belang als Feststellungsgrundlage herangezogene Verantwortung des Angeklagten darauf hinaus, bloß einen ihm seiner Überzeugung nach zustehenden Anspruch auf Rückersatz des von ihm zur Anschaffung eines weißen (und daher nach der sogenannten 'Forterhaltungsgebühr' verrechenbaren) Hemdes tatsächlich aufgewendeten Betrages (von S 216,--), wenn auch unter Anwendung des Mittels der Täuschung (nämlich durch Vorlage einer verfälschten Rechnung betreffend ein an sich aus dem Titel der 'Forterhaltungsgebühr' nicht verrechenbares Hemd) geltend gemacht zu haben. Zufolge der dieser Verantwortung des Angeklagten folgenden Urteilsannahme handelte sohin der Angeklagte jedenfalls ohne den zur Erfüllung des Tatbestandes des Betruges nach dem § 146 StGB erforderlichen Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, stand ihm doch nach seiner auch vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Überzeugung für das von ihm tatsächlich um S 216,-- angeschaffte und den Voraussetzungen für einen Rückersatz nach der 'Forterhaltungsgebühr' entsprechende weiße Hemd ein Refundierungsanspruch zu.

Allein der Umstand, daß er bei Durchsetzung dieses Anspruchs zum Mittel der Täuschung griff, begründet entgegen der Meinung des Erstgerichtes, das sich in diesem Zusammenhang auf die einen völlig anders gelagerten Problemkreis betreffenden und demnach auf den vorliegenden Fall nicht anwendbaren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 12 Os 26/72 (= EvBl 1972/340) und 10 Os 10/80 stützt, noch nicht Betrug; denn es fehlt das für den Tatbestand des Betruges essentielle Moment der unrechtmäßigen Bereicherung, wenn der Angeklagte auf die - obgleich durch Täuschung - erstrebte geldwerte Leistung tatsächlich Anspruch hat oder zumindest zu haben glaubt (ÖJZ-LSK 1975/25). Ein solcher 'Selbsthilfebetrug' stellt daher in Wahrheit keinen Betrug im Sinne des § 146 StGB dar (vgl Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, BT II, RN 226, 227, 229 und 234 zu § 146 StGB; Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 44 zu § 146; ÖJZ-LSK 1975/25 = EvBl 1975/231). Da die beim Betrug geforderte, auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete Tendenz des Täters, die auf eine günstigere Gestaltung seiner Vermögenslage (oder jener eines Dritten) abzielt, das Korrelat zu der zur Erfüllung des Betrugstatbestandes weiters erforderlichen Schadenszufügung darstellt, die vom Täter erstrebte (unrechtmäßige) Bereicherung also die Kehrseite des von ihm zugefügten (Betrugs-)Schadens bildet (vgl ÖJZ-LSK 1976/30; Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 45 zu § 146), mangelt es nach dem Vorgesagten im Hinblick auf die vorerwähnte, der Verantwortung des Angeklagten folgenden Urteilsannahme, der entgegen der Auffassung des Erstgerichtes in rechtlicher Beziehung entscheidende Bedeutung zukommt, letztlich aber auch an einem auf Zufügung eines Vermögensschadens abzielenden Vorsatz des Angeklagten.

Der Schuldspruch des Angeklagten wegen Betruges beruht sohin auf einem Rechtsirrtum.

Davon unberührt verbleibt allerdings die Prüfung der Frage der Strafbarkeit des im Gebrauch der verfälschten Rechnung der Firma B & C vom 25. März 1977

gelegenen Tatverhaltens des Angeklagten, das für sich gesehen - sofern es, wie im vorliegenden Fall, als Qualifikationsumstand zum schweren Betrug nach § 147 Abs 1 Z 1

StGB ausscheidet - der im § 223 Abs 2 StGB beschriebenen Begehungsform einer Urkundenfälschung entspricht, weil der Angeklagte die von ihm verfälschte Rechnung, sohin eine Urkunde, im Rechtsverkehr zum Beweise seines Anspruches auf Rückvergütung des Rechnungsbetrages aus dem Titel der 'Forterhaltungsgebühr' gebrauchte. In bezug auf diesen infolge Wegfalls des Betruges als dessen Qualifikationsmerkmal (nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB) nicht in Betracht kommenden und sohin nach § 223 Abs 2 StGB selbständig strafbaren Gebrauch der verfälschten Urkunde durch den Angeklagten ist jedoch bereits Verjährung eingetreten:

Die Verjährungfrist für dieses Delikt beträgt nach der hiefür im § 223 StGB vorgesehenen Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) gemäß § 57 Abs 3 StGB drei Jahre, zumal die bloß fakultativ anzuwendende Strafbemessungsvorschrift des § 313 StGB keine Veränderung der gesetzlichen Strafsätze bewirkt und daher keinen Einfluß auf die Dauer der Verjährungsfrist hat (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 16 zu § 313). Der Lauf dieser Verjährungsfrist setzte bereits im März 1977 mit dem Gebrauch der verfälschten Urkunde durch den Angeklagten ein, womit seine (gemäß dem § 223 Abs 2 StGB) mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen war bzw sein nach § 223 Abs 2

StGB strafbares Verhalten aufgehört hatte (§ 57 Abs 2 StGB). Der im § 58 Abs 2 StGB angeführte, den Ablauf der Verjährung hindernde Fall der neuerlichen Begehung einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, mit Strafe bedrohten Handlung durch den Angeklagten während der Verjährungsfrist liegt nach der Aktenlage nicht vor (vgl Strafregisterauskunft, S 111 d.A). Es kommt im vorliegenden Fall aber auch eine Fortlaufhemmung der Verjährung nach der Bestimmung des § 58 Abs 3 Z 2 StGB, derzufolge die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei Gericht anhängig ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird, nicht in Betracht. Gerichtsanhängigkeit im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle liegt erst vor, wenn irgendeine gerichtliche Maßnahme (in Form einer richterlichen Verfügung) gegen den Täter getroffen wird (Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 20, 21 und 22

zu § 58). Eine solche gegen den Angeklagten Peter A gerichtete, den Fortlauf der Verjährungsfrist hemmende richterliche Verfügung erging aber erstmalig am 13. August 1980 durch die vom Untersuchungsrichter angeordnete Vorladung des Angeklagten als Verdächtigen gemäß dem § 38 Abs 3

StPO (vgl S 3 m/n des Antrags- und Verfügungsbogens). Der Zeitpunkt der erst dadurch eingetretenen Gerichtsanhängigkeit des Strafverfahrens gegen den Angeklagten (August 1980) liegt demnach bereits außerhalb der schon im März 1977 in Lauf gesetzten dreijährigen Verjährungsfrist, sodaß angesichts der bereits (im März 1980) abgelaufenen Verjährungsfrist deren Fortlaufhemmung nach der Bestimmung des § 58 Abs 3 Z 2 StGB nicht mehr bewirkt werden konnte.

Nur am Rande sei noch bemerkt, daß die dargelegten Erwägungen zur Frage der Verjährung auch bei einer allfälligen Tatbeurteilung als Täuschung im Sinne des § 108 Abs 1 StGB im Hinblick auf die dort vorgesehene gleiche Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) ebenso wie auch bei einer allfälligen Tatbeurteilung nach § 228 Abs 1

StGB zum Tragen kämen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.

Mit seiner (gegenstandslos gewordenen) Berufung war der Angeklagte Peter A auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03413

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00148.81.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19811112_OGH0002_0120OS00148_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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