Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hoch als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter Günter A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4. September 1981, GZ. 3 Vr 1077/81-17, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Freispruch unberührt bleibt, im Schuldspruch aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter Günter A (von einem Teilfreispruch abgesehen) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er am 14. Februar 1981
in Graz Erika B durch die Übermittlung einer 'Blitzlichtfalle' auf dem Postweg gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und lit b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt Berechtigung zu.
Durch ein plötzliches, kurzfristiges 'Schrecken' des Tatopfers allein kann das Vergehen nach § 107 StGB.
nur dann verwirklicht werden, wenn damit zugleich auch eine (darin gelegene) Drohung, also die Ankündigung eines bevorstehenden Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluß zu haben vorgibt, verbunden ist. Diese Voraussetzung einer auf das Bevorstehen eines Übels hinweisenden Tathandlung erhellt ganz unmißverständlich schon aus dem Erfordernis einer Eignung der Drohung zur Erweckung gegründeter Besorgnisse, somit unangenehmer Vorausempfindungen (bestimmten Inhalts); ebenso muß die deliktsessentielle Absicht, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, schon begrifflich auf die Vermittlung der (zu den damit umschriebenen Auswirkungen führenden) Vorstellung vom Herannahen eines Übels (bestimmter Art) abzielen. Eine bloße 'Schreck'-Reaktion allein dagegen bezieht sich ihrem Wesen nach lediglich auf ein bereits vorgefallenes Ereignis. Insoweit läßt das Urteil - welches über weite Strecken hin nur die seitenlange Wiedergabe von Verfahrensergebnissen enthält, jedoch gerade in den entscheidenden Belangen nicht klar und deutlich zum Ausdruck bringt, welche Tatsachen das Jugendschöffengericht nun eigentlich als erwiesen annahm und welche nicht - jegliche Feststellung darüber vermissen, inwiefern der Erika B vom Angeklagten vorsätzlich ein bevorstehendes Übel angedroht worden sein sollte. In ihrem bloßen Erschrecken durch ein (mit dem Öffnen des ihr zugesandten Pakets verbundenes) gleichzeitiges Zünden mehrerer Blitzlichtlampen allein könnte nach dem zuvor Gesagten eine derartige Drohung keinesfalls gelegen sein; daß aber der Angeklagte solcherart der Genannten etwa durch das Andeuten der Möglichkeit eines Attentats in Verbindung mit früheren Drohanrufen, die sie erhalten hatte - und von denen das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang ohne jede Begründung (ungerügt) annahm, daß sie 'zweifellos' von ihm stammten (S. 135), wogegen es dies eingangs nicht mit Sicherheit feststellen zu können erklärte (S. 121) -, eine 'Erwartungsangst' in bezug auf künftige tatsächliche Verletzungen am Körper oder am Vermögen auszulösen beabsichtigt hätte, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Ebensowenig hat das Jugendschöffengericht zur Frage Stellung genommen, ob der Angeklagte allenfalls jene Furcht und Unruhe auszulösen beabsichtigt hat, in die Erika B tatsächlich dadurch versetzt wurde, daß der Zündmechanismus im Paket nicht funktionierte, sodaß sie beim teilweisen Abheben des Deckels die darin befindlichen Drähte und Lampen etc. wahrnahm und einen Sprengstoffanschlag befürchtete; ein dahingehend bloß bedingter Vorsatz (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB.) würde - wie der Volltändigkeit halber bemerkt sei - nur dann genügen, wenn er dergestalt lediglich die Art der Drohung beträfe, die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB.), B in Furcht und Unruhe zu versetzen, aber unabhängig davon jedenfalls als erwiesen angenommen würde.
Wegen dieser vom Beschwerdeführer (im Kern) zutreffend aufgezeigten Feststellungsmängel (Z. 9 lit a) ist eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, zumal eine (außerdem angestrebte) - verläßliche -
Beurteilung der Tat in Richtung § 42 StGB. eine ausreichende Sachverhaltsfeststellung (auch zur subjektiven Tatseite) voraussetzen würde, die im gegebenen Fall (wie dargelegt) nicht erfolgt ist. Nach Anhörung der Generalprokuratur war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO.).
Anmerkung
E03422European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00175.81.1117.000Dokumentnummer
JJT_19811117_OGH0002_0100OS00175_8100000_000