Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hoch als Schriftführer in der Strafsache gegen Horst A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 3. Juli 1981, GZ 16 Vr 557/80-18, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18. Dezember 1947 geborene Landwirt Horst A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 8. September 1979 in Strobl in Gesellschaft des bereits rechtskräftig verurteilten Helmut B als Beteiligten (§ 12 StGB) der Erika C einen Bargeldbetrag von etwa DM 20,-- und eine Flasche Magenbitter im Wert von S 528,-- durch Einbruch in das Bahnhofsbuffet mit dem Vorsatz weggenommen hatte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 4 und 5 (der Sache nach auch Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO
Einen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seiner in der Hauptverhandlung (S 103) gestellten Anträge auf Vernehmung von Melitta A (seiner Ehegattin) und Theresia D als Zeugen zum Beweise dafür, daß er zur Tatzeit zu Hause gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Ablehnung der Beweisaufnahme erfolgte zu Recht:
Die Ehegattin des Beschwerdeführers hatte (worauf in der im Urteil - S 112 - nachgetragenen Begründung für das abweisliche Zwischenerkenntnis aktengetreu hingewiesen wird) nach dem Inhalt der Anzeige bereits im Zuge der Sachverhaltserhebungen der Gendarmerie angegeben, sie könne sich nicht daran erinnern, ob ihr Mann in der fraglichen Nacht zu Hause war oder nicht (S 9). Warum zu erwarten sei, daß sie sich nunmehr - fast zwei Jahre später - plötzlich besser erinnern und eine (verläßliche) positive Aussage zu dieser Frage ablegen könne, wurde bei Stellung des Beweisantrages in keiner Weise (auch nur) angedeutet. Insoweit der Beschwerdeführer hiezu geltend macht, Melitta A sei sich jetzt dessen bewußt, daß ihm am Vortag der Tat (7. September 1979) im Krankenhaus Bad Ischl ein Handgips abgenommen wurde, und es diene ihr dies als zeitlicher Anhaltspunkt für ihre Rückerinnerung, so war hievon bei der Antragstellung in der Hauptverhandlung keine Rede. Nur auf Grund des damaligen Vorbringens (und daher ohne Rücksicht auf die in der Rechtsmittelschrift erstmals ins Treffen geführte Neuerung) konnte das Erstgericht über die Relevanz der Beweisaufnahme absprechen und allein die zur Begründung des Beweisantrags seinerzeit gemachten, dem Gericht bei seinem Zwischenerkenntnis schon vorgelegenen Angaben vermochten die Basis für dessen überprüfung durch den Obersten Gerichtshof abzugeben (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 40, 41 zu § 281 Abs 1 Z 4).
Die Vernehmung der Theresia D - einer Wohnungsnachbarin - hat der Angeklagte sinngemäß mit der - erst über Befragen durch den Vorsitzenden gegebenen - Argumentation beantragt, die Zeugin hätte ihn hören müssen, wenn er in der Tatnacht nach Hause gekommen wäre. Damit erweist sich dieser (rein spekulative) Beweisantrag (zu einer hypothetischen Frage) aber - bereits mangels eines (auch nur) behaupteten ständigen Beisammenseins mit der Zeugin (sowie aus der im Urteil angestellten Erwägung - S 112 unten) -
von vornherein als untauglich, dem Beschwerdeführer ein Alibi für die Tatzeit zu verschaffen.
Der Beschwerdeführer wurde sohin durch das angefochtene Zwischenerkenntnis in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt. Die Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) releviert zunächst mit Bezug auf die Feststellung, wonach das vom Zeugen Heinrich E in unmittelbarer Nähe des Tatortes gesichtete Moped das auf den Namen der Mutter des Angeklagten zugelassene und von letzterem regelmäßig benützte, einen Begründungsmangel (Unvollständigkeit) dahin, daß sich das Schöffengericht nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt habe, daß der Zeuge die (notierte) Kennzeichennummer mit O 243.645 angegeben habe, wohingegen die Kennzeichennummer des vom Angeklagten gebrauchten Mopeds O 243.652 laute.
Das Erstgericht hat sich aber - entgegen diesem Vorwurf - mit der mangelnden übereinstimmung der beiden letzten Ziffern des sechsstelligen Kennzeichens ohnedies befaßt (S 108) und sich (dabei) auf das Ergebnis der Gendarmerieerhebungen bezogen. Hienach ist das Moped mit der durch den Zeugen angegebenen Kennzeichennummer (O 243.645) für einen gewissen Georg F in Scharnstein zugelassen, der als Täter nicht in Brtracht kommt; bezüglich des auf den Namen der Mutter des Angeklagten, Romana G, zugelassenen Mopeds besteht zwar hinsichtlich der beiden letzten Ziffern der Kennzeichennummer die aufgezeigte Divergenz, doch entspricht es der durch E (vom Fahrzeug) sonst gegebenen Beschreibung (Type KTM Pony, grün lackiert, Zugehörigkeit der Kennzeichennummer zur Serie O 243.000) vollkommen. Das Schöffengericht konnte bei dieser Sachlage ohne besondere Erörterung des ersichtlich berücksichtigten offenkundigen Wahrnehmungsfehlers des Zeugen E hinsichtlich der beiden letzten Kennzeichenziffern von der Identität ausgehen. Der insofern behauptete Begründungsmangel liegt daher nicht vor. Die der Sache nach als nicht begründet gerügte (weitere) Urteilsfeststellung, daß sich am Tatort (und zwar im Lokal) eine Fußspur fand, 'wie der Angeklagte sie auf seinen Schuhen hat' (gemeint ist eine Spur jener Art, wie sie aus einem Sohlenabdruck der durch den Angeklagten getragenen Schuhe entstehen konnte), wird mit dem Hinweis des Erstgerichts auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens zwar knapp, aber nach Lage des Falles doch noch zureichend begründet. Denn aus der in der Hauptverhandlung verlesenen (S 104) Gendarmerieanzeige ON 2 ergibt sich, daß am Tatort der Eindruck eines Schuhes mit einer 'Profilsohle' (Profil eines Kletterschuhes) vorgefunden wurde und der Beschwerdeführer stets Schuhe solcher Art trägt (S 9). Hierüber geht die Beschwerde mit ihrem Einwand hinweg.
Wenn der Beschwerdeführer ferner meint, aus der bereits erfolgten Verurteilung des Helmut B (wegen des in seiner Gesellschaft als Beteiligten begangenen vorliegenden Diebstahls) 'könne' in bezug auf ihn selbst 'nichts gewonnen werden', zumal Helmut B vor der Hauptverhandlung zu dieser Tat nicht vernommen worden sei, so übersieht er, daß der Genannte sich in dem gegen ihn durchgeführten Strafverfahren 23 Vr 340/80 des Landesgerichtes Linz in der Hauptverhandlung vom 18. Juni 1980 - wenngleich nur sehr kursorisch vernommen - jedenfalls ausdrücklich und ohne etwa bezüglich der Beteiligung des Beschwerdeführers an der Tat irgendeine Einschränkung zu machen unter anderem auch des gegenständlichen, gemeinsam mit dem Beschwerdeführer verübten Einbruchs (Punkt B/2 der in dieser Hauptverhandlung ausgedehnten Anklage) schuldig bekannte (S 49).
Das Erstgericht durfte dieses Geständnis des Komplizen Helmut B zur Begründung seiner Feststellungen über die Beteiligung des Beschwerdeführers an der Tat heranziehen, zumal im vorliegenden Verfahren in der Hauptverhandlung sowohl unmittelbar aus dem angeschlossenen Akt 23 Vr 340/80 des Landesgerichtes Linz die wesentlichen Feststellungen getroffen, als auch die im gegenständlichen Akt erliegenden Kopien aus dem genannten Akt, namentlich die das Hauptverhandlungsprotokoll vom 18. Juni 1980 betreffende, verlesen wurden (S 104) und damit hier ebenfalls eine Urteilsgrundlage bildeten (§ 258 Abs 1 StPO).
Auch in diesen Belangen vermag die Mängelrüge demnach nicht durchzuschlagen.
Soweit der Beschwerdeführer aber dem Erstgericht - formal ebenfalls in deren Rahmen - (auch) zum Vorwurf macht, es habe jedwede Feststellung über die Rollenverteilung zwischen ihm und Helmut B bei der Tatbegehung unterlassen, weshalb die erforderliche Tatsachengrundlage für die rechtliche Annahme seiner Mittäterschaft fehle, behauptet er (damit) sachlich Feststellungsmängel im Sinne des materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, dies jedoch zu Unrecht. Die Sachverhaltsfeststellungen des Schöffengerichtes lassen nämlich keinen Zweifel an einer derartigen 'Verübung' des Diebstahls durch den Beschwerdeführer zusammen mit seinem Freund Helmut B (S 111), daß er (Beschwerdeführer) nicht bloß in der unmittelbaren Nähe des Tatorts anwesend war (wo das Moped gesehen wurde), sondern - wie insbesondere aus der Konstatierung über die 'am Tatort' (di in den Räumen des Buffets) festgestellte Fußspur sowie aus dem Ausspruch erhellt, es deute alles auf die 'Arbeitsweise' des Angeklagten hin, weil nur Bargeld und alkoholische Getränke gestohlen wurden, wie er dies bei früheren Einbrüchen (wo er andere Sachen ebenfalls unberührt ließ) machte (S 109) -
auch selbst in das Objekt eindrang und sich dort aktiv am Diebstahl beteiligte. Solcherart hat das Erstgericht als erwiesen angenommen und mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte persönlich im Buffet (gleichfalls) Sachen weggenommen, mithin Ausführungshandlungen iS der § 127 ff StGB gesetzt hat. An diesem als erwiesen erachteten Sachverhalt, der die Annahme einer 'Mittäterschaft' des Angeklagten A rechtfertigt, hält die Rechtsrüge bei der Geltendmachung von Feststellungsmängeln (über eine unmittelbare Mitwirkung an der direkten Tatausführung) nicht fest; der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund gelangt daher nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, daß § 127 Abs 2 Z 1 StGB eine dem (allgemeinen) Begriff der 'Mittäterschaft' (welcher - iS des bereits Gesagten - nur auf jene von mehreren bei der Tatverübung einverständlich zusammenwirkenden Personen Anwendung findet, die eine Ausführungshandlung setzen) entsprechende Vorgangsweise gar nicht verlangt. Diese Gesetzesstelle normiert eine - von jenem Begriff streng zu unterscheidende (10 Os 4/ 81) - (deliktsspezifische Sonder-)Täterschaftsform bei der schon ein bloßer (ortsanwesender) 'Beteiligter', also eine Person, welche selbst keinerlei Ausführungshandlungen unternimmt, trotzdem als unmittelbarer Täter im Sinne der ersten Alternative des § 12 StGB angesehen wird (vgl Leukauf-Steininger, Komm2, RN 14 letzterer Vorschrift sowie RN 74 und 75 zu § 127 StGB).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 a Z 2, 285 d Abs 1 Z 1 StPO), teils offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. über die Berufungen ist hingegen abgesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E03574European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00146.81.1117.000Dokumentnummer
JJT_19811117_OGH0002_0100OS00146_8100000_000