TE OGH 1981/11/18 11Os162/81

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Veröffentlicht am 18.11.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schlögl als Schriftführer in der Strafsache gegen Smajil A wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 9. Juli 1981, GZ 17 Vr 3.214/80-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in seinem Spruch wie folgt ergänzt: 'Gemäß dem § 38 Abs 1 StGB wird die Vorhaft vom 22.11.1980, 11.00 Uhr, bis 22.11.1980, 21.00 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.' Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12. Mai (im Urteil unrichtig - vgl. S 103 - Juli) 1943 geborene Smajil A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs 1, Abs 2 erster Fall (im Urteil unrichtig auch § 83 zitiert) StGB schuldig erkannt, weil er am 22. November 1980 in Golling-Torren den Marko B dadurch, daß er ihm mit einem Messer mit feststehender, 8 bis 10 cm langer Klinge eine ca. 25 cm lange Schnittwunde vom linken Jochbein bis zum Ansatz des Halses nahe dem Schlüsselbein zufügte, die eine Berufsunfähigkeit von über 24 Tagen zur Folge hatte, absichtlich körperlich schwer verletzte, wobei die Tat durch eine ca. 25 cm lange, teils eingezogene, teils vorgewälbte Narbe von 4 bis 5 mm Breite eine schwere Dauerfolge durch auffallende Verunstaltung zur Folge hatte. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5

und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nur teilweise berechtigt. Zunächst rügt der Beschwerdeführer die Feststellungen des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite als unzureichend begründet. Aus der hiefür - dem Beschwerdevorbringen nach - als Feststellungsgrundlage dienenden Aussage des Zeugen Budo C ergebe sich nämlich das Bemühen des Beschwerdeführers, die Streitteile zu trennen, daß er selbst einen Fußtritt von Marko B erhielt und insbesondere, daß er mit dem Messer nur einmal zustach, was gegen eine absichtliche Verletzung spreche, während die Verwendung eines Messers und die Ausdehnung der damit zugefügten Wunde den Gesetzen der Logik nach nicht auf absichtliches Handeln schließen lasse. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß das Erstgericht seine Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht auf die Angaben des C stützte, der dazu allerdings nichts auszusagen vermochte, sondern auf die Vorgangsweise des Beschwerdeführers selbst, der mit dem Messer unter starker Krafteinwirkung auf das Gesicht seines Gegners einstach, was gewÄhnlich schwere Verletzungen nach sich zieht (S 137). Der so gezogene Schluß aus der Art des Vorgehens auf die diese Handlungsweise bestimmende Absicht des Täters entspricht den Denkgesetzen; die Begehungsweise ist ein Indiz für die Art des Vorsatzes, zu dessen Feststellung freilich Konstatierungen über die innere Tatseite hinzutreten müssen, wie vorliegend auch geschehen. Daß der Geschehensablauf auch andere Schlußfolgerungen zugelassen hätte, bewirkt keinen formellen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils; die auf der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) beruhende Feststellung der Absichtlichkeit ist somit im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren, dem eine Schuldberufung fremd ist, aus diesem Aspekt nicht weiter anfechtbar. Die Feststellung des Erstgerichtes, daß er nicht in Notwehr handelte, bekämpft der Beschwerdeführer in weiterer Ausführung der Mängelrüge, weil der Ausspruch des Gerichtes über entscheidende Tatsachen mit sich selbst in Widerspruch sei: das Erstgericht stelle einerseits fest, daß Marko B ihm unmittelbar vor dem Messerstich einen Tritt in den Unterleib versetzte, verneine anderseits aber das Vorliegen eines im Tatzeitpunkt gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Angriffs. Vielmehr sei aus den vorangegangenen Angriffen des B auf Bahrija D (die freilich nach den Urteilsannahmen von letzterem, der selbst als Angreifer auftrat, provoziert waren) und den Beschwerdeführer zu ersehen, daß ein weiterer Angriff auf dessen körperliche Sicherheit unmittelbar drohte.

Auch hier zeigt der Beschwerdeführer jedoch keinen Begründungsmangel im Sinn des behaupteten Nichtigkeitsgrundes auf, sondern versucht lediglich, die genannte Feststellung des Schöffensenates in Art einer Schuldberufung zu bekämpfen. Die oben wiedergegebenen Urteilsannahmen können nämlich ohne Widerspruch nebeneinander bestehen; vorangegangene Angriffe mögen unter Umständen weitere befürchten lassen; nach der - abermals auf der freien Beweiswürdigung des Schöffensenates beruhenden - Urteilsfeststellung war dies vorliegend aber nicht der Fall, sondern der Angriff des Marko B abgeschlossen, sodaß ihm der Beschwerdeführer den Messerstich nicht zur Abwehr weiterer Angriffe versetzte (siehe S. 138 d.A.).

Die Mängelrüge versagt daher.

Dagegen erweist sich das auf den § 281 Abs 1 Z 11

StPO gestützte Beschwerdevorbringen als berechtigt. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Salzburg (ON 2 des Aktes), daß der Angeklagte wegen des Verdachtes der ihm im Schuldspruch angelasteten Tat am 22. November 1981 gegen 11 Uhr 'festgenommen' (S 9 d.A.) und am selben Tag um 21 Uhr wieder auf freien Fuß gestellt wurde (S 23 d. A.). Dieser durch einen formellen Akt der Festnahme eingeleitete polizeiliche Gewahrsam des Angeklagten (Verwahrung im Sinn des § 4 des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit) entspricht dem Begriff der verwaltungsbehördlichen Verwahrungshaft, die gemäß dem § 38 Abs 1 StPO ohne Zeitbegrenzung (nach oben oder unten) auf die später verhängte Strafe anzurechnen ist (siehe hiezu auch EvBl 1981/6).

Mithin war über die Nichtigkeitsbeschwerde wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 87 Abs 2 StGB unter (allerdings nur in den Urteilsgründen kenntlich gemachter) Anwendung des § 41 StGB eine zehnmonatige Freiheitsstrafe, die es gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend nichts, als mildernd das Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit und eine gewisse auf Alkoholkonsum zurückzuführende Enthemmung des Angeklagten, sowie ein nicht auszuschließendes Mitverschulden des Verletzten durch Provokation.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig angeführt. Den in der Berufung geltend gemachten besonderen Aspekten der Tat trug das Erstgericht ohnedies - insbesondere mit der Zubilligung eines Mitverschuldens des Verletzten durch Provokation - ausreichend Rechnung. Die Strafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des Angeklagten, weshalb zu ihrer Minderung kein Anlaß besteht. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03459

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00162.81.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19811118_OGH0002_0110OS00162_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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