TE OGH 1981/11/24 9Os16/81

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.11.1981
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. November 1981 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schlögl als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 erster Deliktsfall StGB über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. November 1980, GZ 1 a Vr 8835/80-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Genralanwalt Dr. Stöger, sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Drach zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Franz A wegen Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 erster Deliktsfall StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Franz A ist schuldig, er hat in der Zeit zwischen 11. Oktober 1977 und 30. September 1978 in Perchtoldsdorf die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zugefügt, wobei der durch die Tat herbeigeführte Schaden 5.000 S übersteigt, indem er als Bevollmächtigter seines Dienstgebers Firma E-MaschinenvertriebsGesmbH diesen in insgesamt 63 Fällen, nämlich am 11. Oktober 1977, am 28. Oktober 1977, am 14. Dezember 1977, am 15. Dezember 1977, am 30. Dezember 1977, am 31. Jänner 1978, am 8. Feber 1978, am 16. März 1978, am 20. März 1978, am 28. März 1978, am 5. April 1978, am 6. April 1978, am 10. April 1978, am 21. April 1978, am 24. Mai 1978, am 29. Mai 1978, am 5. Juni 1978, am 7. Juni 1978, am 8. Juni 1978, am 9. Juni 1978, am 12. Juni 1978, am 16. Juni 1978, am 28. Juni 1978, am 10. Juli 1978, am 11. Juli 1978, am 14. Juli 1978, am 18. Juli 1978, am 23. August 1978, am 24. August 1978, am 28. August 1978, am 1. September 1978, am 28. September 1978 und am 29. September 1978 sowie am 31. Oktober 1977, am 2. November 1977, am 11. November 1977, am 16. November 1977, am 22. November 1977, am 20. Dezember 1977, am 3. Jänner 1978, am 16. Jänner 1978, am 18. Jänner 1978, am 13. Feber 1978, am 15. Feber 1978, am 7. März 1978, am 10. März 1978, am 14. März 1978, am 15. März 1978, am 22. März 1978, am 20. April 1978, am 28. April 1978, am 6. Juli 1978, am 7. Juli 1978, am 12. Juli 1978, am 17. Juli 1978, am 21. Juli 1978, am 28. Juli 1978, am 30. August 1978, am 4. September 1978, am 7. September 1978, am 11. September 1978, am 14. September 1978 und am 30. September 1978

anläßlich des Bezuges von Treibstoff bei der Tankstelle der Firma Josef B GesmbH zur Bezahlung einer jeweils um ca 15 Liter größeren als der tatsächlich getankten Treibstoffmenge verpflichtete und dadurch die Firma E-MaschinenvertriebsGesmbH um insgesamt ca 5.700 S schädigte.

Franz A hat hiedurch das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB begangen und wird hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 153 Abs. 2

StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Monaten sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 29-jährige Schlossergeselle Franz A des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1

und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 erster Deliktsfall StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Inhaltlich des Schuldspruchs hat der Angeklagte in der Zeit vom 11. Juli (richtig: Oktober) 1977 bis zum 30. September 1978 in Perchtoldsdorf in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Tankwarte Karl C und Hubert D als Beteiligte (§ 12 StGB) der Tankstellenfirma Josef B GesmbH in insgesamt 63 Zugriffen unter jeweils wechselnder Beteiligung der vorgenannten Tankwarte gewerbsmäßig Geldbeträge von insgesamt etwa 5.700 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Von dem Anklagevorwurf, darüberhinaus auch am 15. Dezember 1977, am 17. Jänner 1978 und in der Zeit vom 10. Mai 1978 bis zum 27. Juni 1978 in Perchtoldsdorf in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Tankwarte Karl C und Hubert D als Beteiligte unter jeweils wechselnder Beteiligung der Genannten gewerbsmäig der Firma Josef B GesmbH in 14 weiteren Zugriffen noch weitere Geldbeträge von insgesamt etwa 1.300 S gestohlen zu haben, wurde Franz A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Weiters wurde der Genannte aber auch von der (weiters) wider ihn erhobenen Anklage, er habe zu den vorerwähnten (im Schuldspruch und im Freispruch wegen Diebstahls angeführten) Tatzeiten in Perchtoldsdorf im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Tankwarten Karl C und Hubert D gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich und die jeweils an der Tat beteiligten Tankwarte unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte seines Arbeitgebers Firma E-MaschinenvertriebsGesmbH durch Täuschung über Tatsachen, nämlich dadurch, daß er in den einzelnen, von den genannten Tankwarten anläßlich der Tankvorgänge ausgefüllten Lieferscheinen über die tatsächlich getankten Treibstoffmengen hinaus jeweils den Bezug von weiteren, in Wahrheit nicht getankten 15 Liter Treibstoff mit seiner Unterschrift bestätigte, wobei er den darauf entfallenden Gegenwert mit den Tankwarten teilte, zu Handlungen, nämlich zur Bezahlung (auch) der tatsächlich nicht bezogenen Treibstoffmengen an die Firma Josef B GesmbH verleitet, wodurch die Firma E-MaschinenvertriebsGesmbH an ihrem Vermögen um insgesamt etwa 6.720 S geschädigt wurde, und er habe hiedurch das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster Fall StGB begangen, ebenfalls gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes war der Angeklagte ab 26. September 1977 bis zu seiner Entlassung am 20. Oktober 1978 bei der Firma E-MaschinenvertriebsGesmbH in Perchtoldsdorf als Monteur beschäftigt, wobei ihm ein firmeneigener LKW zur Verfügung stand. Den für den Betrieb dieses Fahrzeuges erforderlichen Treibstoff hatte der Angeklagte über Weisung der Firmenleitung jeweils bei der Mobil-Tankstelle der Firma Josef B GesmbH in Perchtoldsdorf zu beziehen.

Nach einer zwischen der Firma E und dem Tankstelleninhaber Josef B getroffenen Vereinbarung wurden die für den der erstgenannten Firma gehörenden LKW bezogenen Treibstoffmengen monatlich abgerechnet. Zu diesem Zweck wurde bei jedem einzelnen Tankvorgang ein Lieferschein ausgestellt und weiters die bezogene Treibstoffmenge auf einer bei der Tankstelle aufliegenden Sammelliste eingetragen; der Angeklagte hatte dabei auf dieser Sammelliste die Menge des bezogenen Treibstoffes mit seiner Unterschrift zu bestätigen. Auf Grund der (solcherart vom Angeklagten als richtig bestätigten) Eintragungen in der Sammelliste wurden sodann jeweils zu Monatsbeginn die im Vormonat für die Firma E bezogenen Treibstoffmengen dieser von der Firma B in Rechnung gestellt und von der Firma E sogleich an die Firma B bezahlt. Schon kurze Zeit nach seinem Eintritt in die Firma E vereinbarte der Angeklagte, um sich ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen, mit den bei der Firma B als Tankwarte beschäftigten Karl C und Hubert D, daß bei jedem Tankvorgang jeweils eine etwa 15 Liter über den tatsächlich getankten Treibstoff liegende Menge in den einzelnen Lieferscheinen sowie in die Sammelliste eingetragen und der dieser Treibstoffmenge (von jeweils 15 Liter) entsprechende Gegenwert von rund 90 S zwischen dem Angeklagten und dem jeweiligen Tankwart geteilt werden sollte. Entsprechend dieser Vereinbarung wurden ab dem 11. Oktober 1977 bis zuletzt am 30. September 1978 in insgesamt 63 Fällen bei den einzelnen Tankvorgängen zunächst jeweils ca 15 Liter Dieseltreibstoff mehr auf den Lieferscheinen und die Sammelliste eingetragen als tatsächlich getankt wurde; die Sammelliste wurde vom Angeklagten unterfertigt, anschließend entnahmen die betreffenden Tankwarte aus der Kasse einen Betrag von jeweils ca 90 S, der dem Wert der als getankt ausgewiesenen, in Wahrheit aber nicht bezogenen Treibstoffmenge von jeweils ca 15 Liter entsprach, und teilten diesen mit dem Angeklagten derart, daß der Angeklagte 70 S erhielt, während 20 S der Tankwart behielt. Auf diese Weise wurde insgesamt der Bezug von rund 940 Liter Dieseltreibstoff zu Lasten der Firma E in Rechnung gestellt, wiewohl diese Menge in Wahrheit nicht getankt worden war; der auf diese Menge entfallende Gegenwert wurde zwischen dem Angeklagten und den beiden Tankwarten nach dem oben erwähnten Schlüssel aufgeteilt. Da die Malversationen lange Zeit unentdeckt blieben, bezahlte die Firma E jeweils (auch) diese Menge an die Firma B, wodurch sie um insgesamt rund 5.700 S geschädigt wurde. In rechtlicher Beziehung beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt - insoweit der in der Hauptverhandlung durch den öffentlichen Ankläger vorgenommenen Ausdehnung der ursprünglich nur in Richtung des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster Deliktsfall StGB erhobenen Anklage (vgl ON 10 d. A) auch auf das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 erster Deliktsfall StGB (vgl S 245 d. A) folgend - nur als Diebstahl im Sinne der zitierten Gesetzesstellen, während es eine Unterstellung des (insgesamt) inkriminierten Tatverhaltens (auch) unter den Tatbestand des Betruges ablehnte und den Angeklagten - ersichtlich ausgehend von einer seitens der Anklagebehörde angenommenen Realkonkurrenz zwischen Diebstahl und Betrug im gegebenen Fall - von der Anklage in Richtung des Betruges gemäß § 259 Z 3 StPO freisprach.

Während der Schuldspruch wegen Diebstahls sowie der (Teil-)Freispruch vom weitergehenden Diebstahlsvorwurf unangefochten blieben, bekämpft die Staatsanwaltschaft den Freispruch des Angeklagten von der in Richtung des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster Deliktsfall StGB erhobenen Anklage mit einer auf die Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher der Sache nach nur der erstbezeichnete Nichtigkeitsgrund geltendgemacht wird.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil, soweit der Angeklagte wegen Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 erster Deliktsfall StGB schuldig gesprochen wurde, zum Nachteil des Angeklagten mit einer Nichtigkeit gemäß der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, die weder vom Angeklagten selbst noch (zu seinen Gunsten) von der Staatsanwaltschaft geltendgemacht worden ist und die daher von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 StPO wahrzunehmen ist. Denn rechtsrichtig ist das gesamte, dem Angeklagten vom öffentlichen Ankläger teils als (schwerer und gewerbsmäßiger) Diebstahl (zum Nachteil der Firma B GesmbH), teils als (schwerer und gewerbsmäßiger) Betrug (zum Nachteil der Firma E) angelastete Tatverhalten insgesamt (nur) als Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2

(erster Fall) StGB zu beurteilen, mithin einem für den Angeklagten

milderen Strafgesetz zu unterstellen.

Dies aus folgenden Erwägungen:

Nach den (unbekämpft gebliebenen) Konstatierungen des Schöffengerichtes erfolgte die Verrechnung des von der Firma E für ihren LKW bei der Tankstelle B bezogenen Treibstoffes nach der getroffenen Vereinbarung ausschließlich auf Grund der Eintragungen in der Sammelliste, sofern und soweit der Angeklagte darin (namens seines Dienstgebers) die Richtigkeit der als getankt angeführten Treibstoffmengen jeweils mit seiner Unterschrift bestätigt hatte. Das heißt, die Firma E anerkannte und bezahlte jene Treibstoffmengen, deren Bezug der Angeklagte in der Sammelliste als tatsächlich getankt bestätigte.

Erst durch diese Bestätigung entstand somit die Schuld der Firma E. Da der Angeklagte zufolge der internen Vereinbarung mit seinem Dienstgeber zu dieser Bestätigung ermächtigt war, war ihm solcherart die Befugnis eingeräumt, durch diese Bestätigung seinen Dienstgeber nach außen hin, nämlich gegenüber der Firma B GesmbH, im Einzelfall unmittelbar rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Eine solche rechtsgeschäftlich, wenn auch allenfalls nur konkludent (vgl SSt 36/35; EvBl 1974/105) eingeräumte Befugnis zur rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des Machtgebers, mithin zur Vornahme einer Rechtshandlung zu Lasten des Machtgebers, stellt aber auf Seiten des Machthabers eine Befugnis im Sinne des § 153 StGB dar, den anderen, nämlich den Machtgeber, zu verpflichten. Daran ändert nichts, daß der Angeklagte an sich bei der Firma E nur in einer untergeordneten Funktion beschäftigt war, weil auch einem untergeordneten Angestellten für einen bestimmten Wirkungsbereich eine rechtliche Vertretungsmacht eingeräumt werden kann (vgl Liebscher, Wiener Kommentar, RN 11 zu § 153), ebensowenig wie der Annahme einer Vertretungsbefugnis im Sinne des § 153 StGB entgegensteht, daß sie auf einen eng umgrenzten Wirkungsbereich, nämlich den Bezug von Treibstoff für die Fahrzeuge des Machtgebers, beschränkt war. Entscheidend ist nur, daß der Machthaber, hier also der Angeklagte, vom Machtgeber, demnach der Firma E, in diesem Wirkungsbereich zu einer selbständigen rechtsgeschäftlichen Tätigkeit ermächtigt war. Eine solche Ermächtigung lag aber nach den Urteilskonstatierungen zufolge der internen Vereinbarungen zwischen der Firma E und dem Angeklagten in Ansehung des Treibstoffbezuges und seiner Abrechnung vor.

So gesehen war daher dem Angeklagten durch Rechtsgeschäft die Befugnis eingeräumt, einen anderen, nämlich seinen Dienstgeber, rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Diese Befugnis hat der Angeklagte mißbraucht, indem er in der Sammelliste den Bezug von Treibstoff bestätigte, der in Wahrheit nicht für den firmeneigenen LKW bezogen worden war.

Solcherart verpflichtete der Angeklagte seinen Dienstgeber zur Bezahlung von Treibstoff, der gar nicht bezogen worden war, und fügte ihm dadurch einen Vermögensnachteil zu.

Dadurch hat aber der Angeklagte den objektiven Tatbestand der Untreue erfüllt. In subjektiver Hinsicht ergibt sich aus den Feststellungen des Schöffengerichtes, daß sich der Angeklagte über Inhalt und Umfang seiner Befugnis im Zusammenhang mit dem Treibstoffbezug für den firmeneigenen LKW bewußt war und auch wußte, daß seine Vorgangsweise, nämlich die Bestätigung des Bezuges einer in Wahrheit nicht für seinen Dienstgeber getankten Menge an Treibstoff, durch die ihm von seinem Dienstgeber erteilte Befugnis nicht gedeckt ist. Demnach hat der Angeklagte seine Befugnis wissentlich mißbraucht; er hat aber auch, nach den weiteren Feststellungen des Erstgerichtes, den dadurch bewirkten Vermögensnachteil auf Seiten seines Dienstgebers vorsätzlich bewirkt, sollte doch nach dem gesamten Tatplan die Schädigung bei der Firma E eintreten.

Der Angeklagte hat daher durch das inkriminierte Verhalten objektiv und subjektiv den Tatbestand der Untreue erfüllt. Daß er dabei Angestellte der Firma B GesmbH zu seinen Komplizen machte, ändert an der mißbräuchlichen Vertretung des Dienstgebers bei Abschluß der einzelnen Rechtsgeschäfte nichts; es ist vielmehr eine solche Vorgangsweise bei Durchstechereien von vertretungsbefugten Angestellten zum Nachteil ihres Dienstgebers eher typisch. Dabei richtet sich die strafrechtliche Haftung dieser Komplizen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, nach den Grundsätzen über die Beteiligung mehrerer an einem Sonderdelikt (§ 14 StGB).

Der nach dem festgestellten Tatplan des Angeklagten für die strafrechtliche Beurteilung seines gesamten Tatverhaltens entscheidende Deliktsakt liegt in der mißbräuchlich erfolgten Bestätigung der jeweils (angeblich) getankten Treibstoffmenge; durch diesen Befugnismißbrauch verpflichtete der Angeklagte die Firma E zur Bezahlung einer in Wahrheit nicht bestehenden Schuld, woraus ihre Vermögensschädigung resultiert. Daß der Angeklagte im Zusammenwirken mit dem jeweils tätigen Tankwart nach Erteilung der Bestätigung in der Sammelliste (vgl S 259 d.A) sogleich den Gegenwert der überhöht eingetragenen Treibstoffmenge aus der Kasse der Tankstelle an sich nahm, stellt ledlglich die Realisierung der von ihm von vornherein ins Auge gefaßten, durch den Befugnismißbrauch und die (schon) dadurch bewirkte Schädigung der Firma E ermöglichten Erlangung eines eigenen Vermögensvorteils (zu Lasten seines Machtgebers) dar, die als solche lediglich einen Teilakt des insgesamt als Untreue zu qualifizierenden Gesamttatverhaltens bildet, dessen Unwert vom Schuldspruch wegen Untreue mitumfaßt ist, sodaß dieses Verhalten dem Angeklagten nicht gesondert anzulasten ist.

Aus den angeführten Erwägungen war daher der Schuldspruch wegen schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls aufzuheben und der Angeklagte wegen des gesamten unter Anklage gestellten Sachverhalts wegen Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB schuldig zu sprechen.

Die Staatsanwaltschaft war hingegen mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen.

Bei der durch die getroffene Sachentscheidung erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die Wiederholung der Untreuehandlungen durch längere Zeit, als mildernd dagegen das Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel und die erfolgte Schadensgutmachung.

Unter Berücksichtigung dieser besonderen Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung ist eine Freiheitsstrafe in der aus dem Spruch ersichtlichen Dauer tatschuldangemessen und täterpersönlichkeitsgerecht. Da bereits das Erstgericht eine bedingte Freiheitsstrafe verhängt hatte, war auch die nunmehr ausgesprochene Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen. Die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe kam nicht in Betracht, zumal der Angeklagte die Tathandlungen oftmals wiederholt hat, was auf eine intensive Einstellung des Angeklagten zu deliktischen Verhaltensweisen schließen läßt, sodaß der (bedingt erfolgte) Ausspruch einer Freiheitsstrafe spezialpräventiv notwendig erscheint, um den Angeklagten während der Probezeit entsprechend positiv beeinflussen zu können (vgl Nowakowski ÖJZ 1973, 34). Aber auch generalpräventive Erwägungen gebieten im vorliegenden Fall zur Erhaltung der allgemeinen Normtreue die Verhängung einer Freiheitsstrafe.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Da die getroffene Sachentscheidung von amtswegen zugunsten des Angeklagten erfolgte und nur der Ankläger zum Nachteil des Angeklagten gegen das Urteil ein Rechtsmittel ergriffen hatte, mit welchem er auf die Sachentscheidung verwiesen wurde, ist der Angeklagte nicht verpflichtet, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen, sodaß ein diesbezüglicher Ausspruch zu entfallen hatte (Mayerhofer-Rieder StPO Nr 13 und 14 zu § 390 a).

Anmerkung

E03619

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00016.81.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19811124_OGH0002_0090OS00016_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten