Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. November 1981
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hoch als Schriftführer in der Strafsache gegen Sylvia A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Juli 1981, GZ 2 c Vr 581-68, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Peisteiner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Nurscher zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagte verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 13. Dezember 1944 geborene kaufmännische Angestellte Sylvia A des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I des Urteilsspruches) und des Vergehens der Untreue nach dem § 153 Abs 1, Abs 2 erster Deliktsfall StGB (II des Urteilsspruches) schuldig erkannt. Darnach hatte sie in Wien in der Zeit von August 1978 bis Mitte März 1979 unter Vortäuschung der Zahlungsfähigkeit und des Zahlungswillens Angestellte des F-Zeitungsverlages zur Einschaltung von Inseraten - teilweise unter dem Namen (ihres Lebensgefährten) Peter B als Auftraggeber - verleitet, woraus ein Schaden in der Höhe von ca. 50.000 S erwuchs (I 1 des Urteilssatzes), ferner am 1. März 1979 die (77-jährige) Pensionistin Emma C unter der Vorspiegelung, ihr die Hauptmietrechte an einer Wohnung zu vermitteln, zur Ausfolgung eines Betrages von 165.000 S (für Abläse und Provision) veranlaßt (I 2 des Urteilssatzes) und schließlich vom 4. Jänner 1978 bis 12. Juli 1978 unter mißbräuchlicher Verwendung ihrer Scheckkarte zwälf ungedeckte Schecks begeben, wodurch die D einen Schaden von 21.962 S erlitt (II des Urteilssatzes).
Über sie wurde deshalb nach dem § 147 Abs 3 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil (richtig: die Strafverfügung) des Strafbezirksgerichtes Wien vom 19. März 1979, GZ 1 U 172/79-5, eine Zusatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von vierzehn Monaten verhängt.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die Fortsetzung des Betruges durch längere Zeit, die Gewinnsucht im Untreuefaktum sowie den Umstand, daß eine ältere Frau unter schamloser Ausnützung ihrer Unerfahrenheit und Gutgläubigkeit um ihre Ersparnisse gebracht worden war, als mildernd aber den bisher ordentlichen Lebenswandel und die teilweise Schadensgutmachung.
Gegen dieses Urteil erhob die Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde bereits mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 4. November 1981, GZ 11 Os 159/81-6, zurückgewiesen.
Gegenstand des Gerichtstages bildete somit nur noch die Berufung, mit der eine Strafminderung und die Gewährung bedingter Strafnachsicht angestrebt wird.
Rechtliche Beurteilung
Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig angeführt. Die unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf den Ausspruch einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 100 S bemessene Zusatzstrafe kann nicht als überhäht angesehen werden.
Insoweit war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen. Dagegen ist die Berufungswerberin mit ihrem weiteren Begehren im Recht.
Bei der Prüfung, ob die - qualifizierten - Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB hier zu bejahen sind, darf nicht übersehen werden, daß alle Straftaten der Angeklagten (auch jene Verfehlung, die dem Parallelverfahren AZ 1 U 172/79 des Strafbezirksgerichtes Wien zugrundeliegt) offenkundig ihre Wurzel im Niedergang des von ihr geführten Unternehmens, der Realitätenvermittlung 'Wilfried E GesmbH' haben, deren alleinige Gesellschafterin die Angeklagte auch war. Sie wurden allem Anschein nach - wenigstens zum Teil - in der Hoffnung begangen, damit das Unternehmen doch noch retten zu können. Seither ist längere Zeit (mehr als zweieinhalb Jahre) verstrichen, während der sich die Berufungswerberin tadellos führte. Sie steht auch - wie der vorgelegten Bestätigung des Arbeitsamtes für Angestellte vom 25. November 1981 entnommen werden kann - im Begriff, ihr berufliches Fortkommen auf neuer Basis zu suchen. Dazu kommt, daß sie zwei Kinder im Alter von 11 und 17 Jahren zu versorgen hat. All dies in Verbindung mit ihrem zuvor ordentlichen Lebenswandel läßt ungeachtet der (im Ersturteil dargelegten) negativen Begleitumstände ihrer Delinquenz doch mit einer dem Begriff der Gewähr im § 43 Abs 2
StGB entsprechenden hohen Wahrscheinlichkeit (sh ÖJZ-LSK 1978/90) erwarten, daß sich die Berufungswerberin künftig wohlverhalten wird. Angesichts der besonderen Lage dieses Falles stehen auch generalpräventive Überlegungen einer bedingten Strafnachsicht nicht entgegen.
Somit war in teilweiser Stattgebung der Berufung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03480European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00159.81.1125.000Dokumentnummer
JJT_19811125_OGH0002_0110OS00159_8100000_000