TE OGH 1982/1/14 13Os183/81

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Veröffentlicht am 14.01.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Jänner 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Franz als Schriftführers in der Strafsache gegen Günther A wegen des Verbrechens des schweren Raubs nach § 142 Abs 1, 143 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 29.September 1981, GZ 20 Vr 1097(richtig: 1907)/81-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Nesvadba und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 29.Dezember 1961 geborene, zur Zeit des Raubs noch jugendliche Angeklagte Günther A wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des schweren Raubs nach § 142 Abs 1, 143 StGB und des Vergehens der unerlaubten Abwesenheit nach § 8 MilStG.

schuldig erkannt. Die Geschwornen hatten die an sie gerichtete Hauptfrage 1, ob der Angeklagte schuldig sei, Ende 1979 in Wien in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Jugendlichen Josef B als Beteiligten dadurch mit Gewalt gegen eine Person einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, daß sie einen namentlich nicht bekannten Mann zu Boden schlugen, ihn dort festhielten, seine Kleidung durchsuchten und ihm eine Geldbörse mit mindestens 200 S abnahmen, im Stimmenverhältnis 5 : 3 bejaht. Die auf die Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 1 StGB gerichteten Eventualfragen 1 und 2 ließen sie folgerichtig unbeantwortet. Die Hauptfrage 2, ob der Angeklagte schuldig sei, als Wehrmann seine Truppe in Zwölfaxing verlassen zu haben und sich dadurch, wenn auch nur fahrlässig, vom 8. bis 9.Mai 1981 seinem Dienst länger als 24 Stunden entzogen zu haben, hatten sie stimmeneinhellig bejaht.

Den Schuldspruch wegen Raubs bekämpft der Angeklagte mit seiner auf § 345 Abs 1 Z. 12 und 13 StPO, der Sache nach aber nur auf Z. 12 gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Wie der Beschwerdeführer vermeint, gehöre 'zum Tatbild des Raubs jedenfalls ... das Nötigungselement', und müsse die Gewaltausübung auf den sofortigen übergang einer Sache des Angegriffenen in den Besitz des Täters abzielen.

Im vorliegenden Fall seien aber nach seiner Verantwortung Körperverletzung und anschließende Sachwegnahme voneinander unabhängige Vorgänge gewesen, die daher nur den Tatbeständen der Körperverletzung und des Diebstahls unterstellt werden könnten.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Beschwerdevorbringen wiederholt die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, der die Geschwornen jedoch keinen Glauben schenkten, und weicht solcherart vom durch den Wahrspruch der Geschwornen festgestellten (und demnach der Rechtsrüge zugrundezulegenden) Sachverhalt ab, wonach der Angeklagte einem Unbekannten mit Gewalt gegen dessen Person und mit Bereicherungsvorsatz eine Sache wegnahm. Darin ist eindeutig der vom Beschwerdeführer - an sich zu Recht - geforderte Zusammenhang zwischen der Gewaltausübung als Mittel zur unmittelbar anschließenden Sachwegnahme festgestellt. Dieser Teil der Rechtsrüge ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Ferner bekämpft die Beschwerde die Annahme der Qualifikation nach dem ersten Fall des § 143 StGB, weil eine Verabredung zum Raub nicht vorgelegen sei. Sinngemäß wird damit zum Ausdruck gebracht, daß ein den überfall zum schweren Raub qualifizierendes Gesellschaftsverhältnis nur angenommen werden könne, wenn die Tat von Raubgenossen in verabredeter Verbindung ausgeführt werde, was vorliegend nicht festgestellt sei. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden:

Wie beim Gesellschaftsdiebstahl genügt zur Annahme eines Gesellschaftsraubs, daß sich der in Betracht kommende Raubgenosse (§ 12 StGB), dessen Vorsatz auf die Verwirklichung der Merkmale des Raubtatbestands gerichtet ist, auf dem Tatort oder in dessen unmittelbaren Nähe aufhält, ohne daß es erforderlich wäre, daß er auch - was hier allerdings nicht zu bezweifeln ist - unmittelbarer Täter sein muß. Eine die Raubausführung bloß fördernde Tätigkeit in der Art eines sonstigen Tatbeitrags (Beihilfe) genügt, wobei ein spontanes Einverständnis der Raubgenossen vor oder bei der Begehung der Tat ausreicht;

eine verabredete Verbindung wird nicht vorausgesetzt. Mit der Bejahung des Gesellschaftsverhältnisses haben die durch eine zutreffende Rechtsbelehrung unterwiesenen Geschwornen somit einen Sachverhalt festgestellt, der rechtsrichtig dem § 143 StGB zu unterstellen ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach den § 28

und (dem ersten Strafsatz des) 143 StGB

unter Anwendung des § 11 JGG. (und - faktisch - des § 41 Abs 1 Z. 4 StGB) eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten. In ihrer Bemessung erachtete es als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen zweier Delikte, als mildernd hingegen (in Auswirkung auf das Militärdelikt) das Alter unter 21 Jahren, das teilweise Geständnis und den Umstand, daß der abgesondert verfolgte Mittäter der treibende Teil beim Raub war.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte, das Strafmaß herabzusetzen sowie 'die Vollziehung der Strafe und den Eintritt der Rechtsfolgen gemäß § 43 StGB auf eine Probe aufzuschieben'. Strafbestimmend war vorliegend die Jugendstraftat, (EvBl 1964 Nr. 154, 1972 Nr. 117, SSt. XXII/21, 10 Os 136/73 u.a.), die eine Anwendung des § 11 JGG. bedingt.

Der führt zu einer Reduzierung der Untergrenze des ersten Strafsatzes des § 143 StGB auf zweieinhalb Jahre, die in faktischer Anwendung des § 41 Abs 1 Z. 4 StGB durch Verhängung einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe noch deutlich unterschritten wurde. Selbst unter Berücksichtigung aller von der Berufung für eine Herabsetzung des Strafmaßes ins Treffen geführten überlegungen wäre eine weitergehende Reduzierung desselben nicht vertretbar. Bleibt es aber bei diesem Strafmaß, dann wäre eine bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe nur unter den verschärften Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB zulässig, die jedoch nicht angenommen werden können. Es fehlen schon deshalb besondere Gründe, die die Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten des Berufungswerbers böten, weil seine signifikante Arbeitsscheu (S. 77 in Verbindung mit S. 212, S. 205, 206) und seine aus dem Vorstrafakt hervorgehende Verstrickung in ein kriminelles Milieu bei seinem labilen und beeinflußbaren Charakter (S. 183 in Verbindung mit S. 212) einen Rückfall als nicht unwahrscheinlich absehen lassen. Das Begehren, 'den Eintritt der Rechtsfolgen gemäß § 43 StGB auf eine Probe auf(zu)schieben' geht schon deshalb fehl, weil eine bedingte Rechtsfolgennachsicht nur zulässig ist, wenn die Hauptstrafe bedingt nachgesehen wurde (S. 44 Abs 2 StGB), was hier aber nicht zutrifft.

Der Berufung war daher in keiner Richtung Folge zu geben.

Anmerkung

E03508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00183.81.0114.000

Dokumentnummer

JJT_19820114_OGH0002_0130OS00183_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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