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10/10 Datenschutz;Norm
DSG 2000 §1 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Mag. H L in W, vertreten durch Dr. Ludwig Riemer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 9, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 4. Juni 2002, Zl. K120.810/005-DSK/2002, betreffend Ansprüche nach dem Datenschutzgesetz 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bewarb sich als Rechtspraktikant um die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst und nahm im Zuge des Auswahlverfahrens am 25. und 29. Jänner 2002 an verschiedenen Tests teil, auf deren Grundlage das Testinstitut Dr. F. ein psychologisches Gutachten erstellte und dem Oberlandesgericht Wien auf Papier übermittelte. Das Oberlandesgericht Wien beantwortete Begehren des Beschwerdeführers auf Einsichtnahme in dieses in seinem Personalakt einliegende Gutachten abschlägig bzw. nur durch Vorlesen einzelner Textpassagen.
Mit Schreiben vom 29. März 2002 (welches bei der belangten Behörde am 8. April 2002 einlangte) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen das Präsidium des Oberlandesgerichtes Wien als Organ der Justizverwaltung und stellte den Antrag, dem Präsidium des Oberlandesgerichtes Wien die Offenlegung des über ihn im Zuge des Auswahlverfahrens für den richterlichen Vorbereitungsdienst im Jänner 2002 eingeholten psychologischen Gutachtens (samt den dazugehörigen Tests) aufzutragen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Beschwerde gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1, § 26 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, idF BGBl. I Nr. 136/2002 (DSG 2000), als unbegründet ab und ging dabei von dem eingangs festgestellten Sachverhalt aus. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergebe sich, dass sich das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht nur auf Daten beziehe, die in strukturierten Datensammlungen, nämlich automationsunterstützten Datenanwendungen oder manuellen Dateien, enthalten oder zur Verarbeitung in solchen bestimmt seien. Die subjektiven Rechte gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3 DSG 2000 seien, wie e contrario zu schließen sei, auf andere Formen der Daten- bzw. Informationssammlung nicht anwendbar, dies gelte insbesondere für Papierakten. Das DSG 2000 verleihe also kein subjektives, vor der Datenschutzkommission geltend zu machendes Recht auf Akteneinsicht.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sehe sinngemäß keinen Unterschied zwischen seinem Recht auf Einsicht in das Gutachten und dem von der belangten Behörde stattgebend entschiedenen Fall der Einsichtnahme in Tachographenscheiben und Tagesarbeitsblätter eines Buslenkers sei entgegen zu halten, dass nach der Legaldefinition in § 4 Z. 6 DSG 2000 eine "Datei" (als Übergriff zu "Datenanwendung" in § 4 Z. 7 leg. cit., der auch manuell geführte, aber strukturierte Datensammlungen wie Karteien uä. umfasse) eine strukturierte Sammlung von nach mindestens einem Suchkriterium zugänglichen Daten sei. Dies treffe auf Tachographenscheiben und Tagesarbeitsblätter zu, weil diese eine genau festgelegte Struktur von Datenarten hätten und nach einem Suchkriterium (Name des Buslenkers) geordnet aufbewahrt worden seien. Auf einen Personalakt und das darin enthaltene psychologische Gutachten könne dies hingegen nicht zutreffen. Der Personalakt selbst sei ein Konvolut verschiedener Papieraktenstücke und werde zwar wohl nach einem Suchbegriff geordnet aufbewahrt, habe aber keinen fest strukturierten Inhalt. Ein Gutachten, das darin auf Grund bestimmter individueller Umstände, wie hier einer Stellenbewerbung der im Akt beschriebenen Person, einliege, enthalte wiederum im Wesentlichen schriftlich niedergelegte, eigenständige Schlussfolgerungen des Sachverständigen, die definitionsgemäß weder strukturiert noch ihrem (Daten-)Inhalt nach vorhersehbar sein müssten. Schon allein deshalb, weil nicht jeder in Frage kommende Personalakt ein gleich strukturiertes Gutachten enthalten müsse, könne es sich weder bei der Gesamtheit noch bei den betreffenden einzelnen Akten um eine Datei bzw. um Dateien handeln.
Weiters führte die belangte Behörde aus, dass das in § 26 Abs. 1 DSG 2000 verankerte subjektive Recht darauf beschränkt sei, schriftlich Auskunft über seine Daten zu erhalten, ein subjektives Recht auf die Einsicht in Daten ergebe sich daraus nicht.
Der Beschwerdeführer sei durch das gerügte Verhalten des belangten Organs daher nicht in seinem Recht auf Auskunft über eigene Daten gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 und § 26 Abs. 1 DSG 2000 verletzt worden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 26. November 2002, B 1187/02, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In seiner ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Auskunftsrecht gemäß § 26 DSG 2000 verletzt. Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, aus der Ablehnung der Behandlung seiner Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof sei die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die belangte Behörde in ihrem Spruch das Auskunftsrecht nach § 26 DSG 2000 unzulässigerweise mit der Verfassungsbestimmung des § 1 leg. cit. in Verbindung gebracht habe. Es stelle sich daher nicht die Frage, ob eine manuelle Datei im Sinne des § 1 leg. cit. vorliege, sondern es sei sein Auskunftsbegehren rein nach § 26 leg. cit. zu beurteilen. In dieser Bestimmung werde jedoch der Begriff "manuelle Datei" überhaupt nicht erwähnt, sodass ihm ein Auskunftsrecht nach dieser Gesetzesbestimmung zustehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086, ausgeführt, dass sich die in den §§ 26, 27 und 28 DSG 2000 eingeräumten Rechte auf Auskunft, Richtigstellung, Löschung und Widerspruch nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen zwar auf (im § 4 Z. 1 des Gesetzes definierte) "Daten" beziehen; jedoch sei aus der Entstehungsgeschichte des DSG 2000 und dem systematischen Zusammenhang mit § 2 DSG 2000 zu erschließen, dass diese Rechte (anders als das Recht auf Geheimhaltung) in Ausführung und im Rahmen des in (richtig:) § 1 Abs. 3 DSG 2000 normierten Gesetzesvorbehaltes genauer betrachtet nur auf die in dieser Verfassungsbestimmung angeführten, zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell geführten Dateien bestimmte Daten zu beziehen seien. Die belangte Behörde habe daher zutreffend darauf abgestellt, ob die (im damaligen Beschwerdeverfahren) gegenständlichen, nicht automationsunterstützt verarbeiteten (konventionellen) Daten in einer Datei gespeichert seien oder gespeichert werden sollten. In der im damaligen Beschwerdefall zu klärenden Frage, ob es sich bei dem in Rede stehenden "Papierakt" bzw. "Kopienakt" um eine "manuelle Datei" im Sinne des § 1 Abs. 3 bzw. des § 58 DSG 2000 handle, gelangte der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass der fragliche "Kopienakt" betreffend den damaligen Beschwerdeführer mangels der erforderlichen Strukturierung nicht als "manuelle Datei" im Sinne des DSG 2000 anzusehen sei. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Die in diesem Erkenntnis angestellten Überlegungen zur Bestimmung des Begriffes "strukturierte Datei" bzw. zur Umschreibung des Begriffes "Datei" gelten in gleicher Weise für den verfahrensgegenständlichen Personalakt des Beschwerdeführers, in dem sich das in Rede stehende schriftliche Gutachten befindet. Abgesehen davon ergibt sich aus § 26 Abs. 1 DSG 2000 kein Recht auf Einsicht in Daten - wie dies der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall geltend gemacht hat -, sondern immer nur ein Recht auf schriftliche Auskunft über eine Person betreffende Daten. Auch aus diesem Grund kam der vorliegenden Beschwerde keine Berechtigung zu. Die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003060021.X00Im RIS seit
17.06.2005