Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Jänner 1982
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hoch als Schriftführers in der Strafsache gegen Dr. Istvan A wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a und b FinStrG.
und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen des Angeklagten und der Haftungsbeteiligten Raab-Ödenburg-Ebenfurter Eisenbahn sowie die Berufung des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 15.Mai 1981, GZ. 6 d Vr 2.045/81-63, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers und Vertreters der Haftungsbeteiligten, Rechtsanwalt Dr. Stern, der Ausführungen des Vertreters des Zollamtes Wien, Mag. Neumann, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (siehe aber auch Punkt II) unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe das ihm angelastete Finanzvergehen des Schmuggels gewerbsmäßig begangen und demgemäß in der Unterstellung dieser Tathandlungen (auch) unter die Bestimmung des § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG., im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Verhängung eines Wertersatzes), sowie im Kostenersatzausspruch aufgehoben und im Fall des Angeklagten gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Dr. Istvan A wird für die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Urteils weiterhin zur Last fallenden Finanzvergehen des bandenmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. b FinStrG. und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach dem § 44 Abs. 1 lit. c FinStrG., jeweils zum Teil als Beteiligter nach dem § 11 FinStrG., gemäß dem § 38 Abs. 1 FinStrG.
unter Anwendung des § 21 FinStrG. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 (achtzehn) Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 250 (zweihundertfünfzig) Millionen S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 10 (zehn) Monaten Ersatzfreiheitsstrafe sowie gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens erster Instanz verurteilt.
Gemäß den §§ 19 Abs. 1 lit. a, Abs. 3, 4, 5, 17
Abs. 1, Abs. 2 lit. a FinStrG. in Verbindung mit den §§ 38, 35 Abs. 4, 44 Abs. 3 FinStrG. wird hinsichtlich der nicht ergriffenen 537,770.400 Stück Zigaretten ein (anteilsmäßiger) Wertersatz in der Höhe von 100 (einhundert) Millionen S, im Fall der Uneinbringlichkeit 1 (ein) Jahr Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Die Aussprüche über die Anrechnung der erlittenen Vorhaft und den Verfall werden aus dem Ersturteil übernommen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verworfen.
II. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Haftungsbeteiligten wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Haftung der Raab-Ödenburg-Ebenfurter Eisenbahn aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
III. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte, die Haftungsbeteiligte und das Zollamt Wien auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO hat der Angeklagte auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.November 1936 geborene Angestellte der X Dr. Istvan A, ein ungarischer Staatsbürger, der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a und b FinStrG. und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach dem § 44 Abs. 1 lit. c FinStrG., jeweils zum Teil als Beteiligter nach dem § 11, dritter Anwendungsfall, FinStrG.
schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten sowie zu einer Geldstrafe in der Höhe von 450 Millionen Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt.
8,986.000 Stück Zigaretten wurden für verfallen erklärt; für die nicht ergriffenen 537,770.400 Stück Zigaretten wurde über den Angeklagten eine (im Hinblick auf die Tatbeteiligung anderer anteilsmäßige) Wertersatzstrafe in der Höhe von 100 Millionen Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit ein Jahr Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
Ferner wurde ausgesprochen, daß gemäß dem § 28 Abs. 3 FinStrG. die X für die über den Angeklagten verhängten Geld- und Wertersatzstrafen 'zur ungeteilten Hand' mit dem Verurteilten hafte.
Dem Angeklagten wird angelastet, er habe als Abteilungsvorstand der X gewerbsmäßig und als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung anderer Bandenmitglieder durch die insbesondere Kalman B als Leiter des Zollagers der X in Sopron erteilte Anweisung, den zumeist durch Johann C übermittelten, Menge und Art der Verladung der zu versendenden Waren sowie den Inhalt der hiefür zu erstellenden Frachtbriefe betreffenden Aufträgen des Reinhold D und des Wolfgang E zu entsprechen, und durch die Erwirkung der ungarischen Ausfuhrabfertigung dieser Sendungen mit inhaltlich unrichtigen Frachtpapieren, in insgesamt 66 Fällen als unmittelbarer Täter veranlaßt, in weiteren 20 Fällen als sonstiger Tatbeteiligter (§ 11, dritter Anwendungsfall, FinStrG.) dazu beigetragen, daß heimlich zugeladene Zigaretten im Eisenbahnverkehr in das (österreichische) Zollinland verbracht, die Zigarettenladungen jeweils durch geringe Mengen anderer, in der Umgebung der Türen der Eisenbahnwaggons verstauter Waren getarnt und die Tarnwaren in den als Stellungspapier dienenden Frachtbriefen und sonstigen Transportpapieren fälschlich als Gesamtladung angeführt wurden, sohin eingangsabgabenpflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen und in Tateinheit damit zu seinem oder anderer Personen Vorteil Gegenstände des Tabakmonopols einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt wurden. Dieses Urteil bekämpfen der Angeklagte und die Haftungsbeteiligte mit gemeinsam ausgeführten, auf die Z. 4, 5, 9 lit. a, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
Rechtliche Beurteilung
Als eine den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichende Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten wird die Abweisung des von den Beschwerdeführern zum Beweis dafür, daß der Angeklagte von den Straftaten überhaupt nichts gewußt habe, in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Dr. Gyula F, des Dr. Tibor G und des Dr. Geza H gerügt; dies jedoch schon deswegen zu Unrecht, weil vom Erstgericht im Hinblick darauf, daß das Strafverfahren ausschließlich Fiskaldelikte betrifft, gemäß dem Art. 2
des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 25.Februar 1975, BGBl. 1976/339, weder die (nur im Rechtshilfeweg durch das zuständige ausländische Gericht zulässige) Vorladung der unter einer Soproner Anschrift namhaft gemachten (vgl. S. 351/III) Zeugen aus Ungarn, noch die Vernehmung dieser Personen durch eine ungarische Behörde erwirkt werden konnte (vgl. auch §§ 71
und 72 in Verbindung mit 51 Abs. 1 Z. 1 ARHG.; Linke-Epp-Dokoupil-Felsenstein, Internationales Strafrecht, Erläuterung 3 zu § 71 ARHG.). Daß die genannten Zeugen allenfalls über eine österreichische Anschrift erreichbar wären oder ohne förmliche Ladung zur Hauptverhandlung erscheinen würden, wurde - auch nach Kenntnisnahme der sich auf den angeführten Vertrag stützenden Begründung des den Beweisantrag abweisenden Zwischenerkenntnisses - in erster Instanz gar nicht vorgebracht (sh. S. 301 und 351/III). Als im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO mangelhaft begründet rügen die Beschwerdeführer die Annahme, wonach der Angeklagte auf die im Urteilsspruch näher bezeichnete Weise an den Schmuggeltransporten aktiv mitgewirkt, für eine Durchführung und Koordinierung gesorgt und den Kontakt mit den gesondert verfolgten Reinhold D und Wolfgang E aufrecht erhalten habe, weil diese Feststellung weder in den Zeugenaussagen des Wolfgang E und Johann C, noch in anderen Beweisergebnissen gedeckt sei; überdies habe das Schöffengericht den Angeklagten entlastende Angaben des Wolfgang E unerörtert gelassen.
Die Mängelrüge hält einer überprüfung nicht stand.
Auf die Aussage des Wolfgang E berief sich das Erstgericht insofern, als dieser Zeuge in der Hauptverhandlung, konform mit seinen Angaben vor dem Zollamt Wien, bekundete, er habe - ausschließlich - mit dem Angeklagten die Lagerung von Zigaretten im Zollager Sopron besprochen und vereinbart und von ihm die Bewilligung zum Betreten des Zollagers erhalten, sodaß der Angeklagte - entgegen seiner Verantwortung - jedenfalls gewußt habe, daß es sich bei der gelagerten Ware um Zigaretten handelte, die zur Reexpedierung nach Italien bestimmt waren (vgl. Band III, S. 317 und 334 ff.d.A.) und unter solchen Umständen in das Zollager eingebracht wurden, welche die Annahme eines Schmuggels geradezu zwingend nahelegten, auch wenn über einen Schmuggel zwischen dem Angeklagten und E, wie letzterer behauptete, nicht ausdrücklich gesprochen wurde. Daß in den Urteilsgründen die Zeugenaussage des Wolfgang E nicht vollständig wiedergegeben und im Detail daraufhin untersucht wurde, inwieweit einzelne - aus dem Zusammenhang gelöste - Angaben auch für die Verantwortung des Angeklagten herangezogen werden könnten, stellt keine Unvollständigkeit im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO dar. Auf die Aussage des Johann C vor dem Zollamt Wien bezog sich das Erstgericht als Grundlage seiner Feststellungen über den Umfang der Schmuggeltransporte sowie die Art ihrer Durchführung (in Zusammenarbeit u.a. mit Kalman B) und mit dem Hinweis, C habe den Angeklagten als den für die Zigarettenverladung zuständigen Mann bezeichnet (vgl. u.a. S. 137, 181, 195/I; 349/II).
Darüber hinaus zog das Schöffengericht, ausgehend von der Erwägung (vgl. auch S. 399 und 401/II), daß die umfangreichen Schmuggeltransporte 'nur mit Wissen, Billigung und tatkräftiger Mitwirkung von Mitarbeitern und Organen der X' geschehen konnten und einer koordinierten Durchführung und Mitwirkung nicht bloß untergeordneter Eisenbahnbediensteter, sondern einer höheren Stelle bedurften, noch weitere Tatumstände heran, die ihm die überzeugung verschafften, daß der Angeklagte an der bandenmäßig organisierten Schmuggeltätigkeit maßgebend mitwirkte. Es verwies in diesem Zusammenhang auch auf die zwischen den österreichischen Zollbehörden und Vertretern der X am 27.Februar 1975 abgehaltene Besprechung, bei der unter anderem der Angeklagte - wie er selbst zugibt (vgl. u.a. S. 285/II; 308 f./III) - von der Schmuggeltätigkeit des Reinhold D und des Wolfgang E offiziell in Kenntnis gesetzt wurde, die daraufhin stattgefundene Umleitung des nächsten Schmuggeltransports über Polen nach Hohenau und die Fortsetzung der (intensiven) geschäftlichen, aber auch persönlichen Kontakte des Angeklagten mit Reinhold D und Wolfgang E, ungeachtet seiner (angeblichen) Enttäuschung über eine durch das Auffliegen der Schmuggelaffäre eingetretene Störung der gutnachbarlichen Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn nach Flucht in die Schweiz (vgl. Band III, S. 417 ff. d.A.).
So gesehen stellt aber die vom Erstgericht aus der Gesamtheit der Verfahrensergebnisse schlüssig und mit (noch) zureichender Begründung abgeleitete Schlußfolgerung, derzufolge der Angeklagte - auf Grund der mit D und E getroffenen Absprachen - von Anfang an für die Durchführung der Schmuggeltransporte (mit-)verantwortlich war und hiezu Aufträge an ihm untergebene Bedienstete der X erteilte, einen Akt der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung dar, der einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen ist.
Dem Schuldspruch des Angeklagten haftet demnach eine Urteilsnichtigkeit gemäß der Z. 5 des § 281 Abs. 1
StPO nicht an.
Verfehlt ist auch der unter Hinweis auf die Bestimmungen des übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM), BGBl. 1974/744, aus dem Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Vorwurf einer unrichtigen Gesetzesanwendung, wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt: Gegenstand dieses Abkommens sind die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien (der Eisenbahn als Frachtführer und des Absenders bzw. des Empfängers des Frachtgutes) aus dem Eisenbahnfrachtvertrag im grenzüberschreitenden Frachtverkehr (Art. 1), mithin ausschließlich zivilrechtliche Vorschriften des Eisenbahnfrachtrechtes.
Auch der (mit 'Zoll- und sonstige verwaltungsbehördliche Vorschriften' überschriebene) Art. 15 des Abkommens regelt lediglich die Verpflichtungen der Parteien zur Erfüllung zoll- und verwaltungsrechtlicher Vorschriften und enthält keine zollrechtliche Sonderregelung, der (als lex specialis) eine Vorrangstellung gegenüber den Bestimmungen des österreichischen Zollgesetzes zukommen könnte. Daß der Absender des Frachtgutes für die Richtigkeit seiner Angaben im Frachtverkehr allein verantwortlich ist und das Eisenbahnunternehmen keine (zivilrechtliche) Mitverantwortung trägt, wenn es einen Frachtbrief mit unrichtigen Parteieintragungen übernimmt, und auch nicht zur Nachprüfung dieser Parteieintragungen verpflichtet ist (Art. 13), schließt nicht aus, daß die (ausländische) Eisenbahnunternehmung als jeweils verfügungsberechtigte Gewahrsamsträgerin eine zollrechtliche Stellungs- und Erklärungspflicht gegenüber der österreichischen Zollbehörde treffen kann (vgl. Fellner, Kommentar zum FinStrG., RN. 2 zu § 35 FinStrG.) und Absender und Bahnbedienstete bei der Begehung eines Schmuggels bewußt und gewollt zusammenwirken. Ein solches einverständliches Zusammenwirken zwischen dem Angeklagten und anderen Tatbeteiligten auf Grund einer vorangegangenen Verbindung zur fortgesetzten Begehung des Zigarettenschmuggels nahm das Erstgericht aber im vorliegenden Fall als erwiesen an (vgl. im gegebenen Zusammenhang u.a. auch S. 195/I; 413, 417, 429/II; 89, 91, 304, 305/III). Im übrigen stellte das Erstgericht alle für das Erkenntnis in der Schuldfrage wesentlichen Tatsachen fest:
Daß in den Urteilsgründen die durchwegs gleichartigen Tathandlungen nicht in allen Einzelheiten geschildert, sondern daß dort auf die Darstellung im Schlußbericht des Zollamtes Wien verwiesen wurde, vermag nach Lage des Falls einen Feststellungsmangel nicht zu begründen, zumal der Angeklagte das Tatgeschehen als solches gar nicht in Zweifel zog, sondern seine Beteiligung an den Straftaten in Abrede stellte.
In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO wendet sich der Angeklagte dagegen, daß ihm für einen Teil der inkriminierten Tathandlungen unmittelbare Täterschaft und nicht bloß - mangels einer ihn persönlich treffenden zollrechtlichen Erklärungs- und Stellungspflicht - Tatbegehung in der Erscheinungsform der Bestimmungstäterschaft oder eines sonstigen Tatbeitrages angelastet wurde.
Er übersieht, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/231 u.a.).
im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 11 FinStrG. eine irrige Annahme des ersten anstatt des zweiten oder dritten Anwendungsfalles des § 11 FinStrG. eine Urteilsnichtigkeit nicht bewirken konnte. Aus diesem Grund kann die Frage, ob und in welchen Deliktsfällen der Angeklagte als unmittelbarer Täter oder als Bestimmungstäter oder sonstiger Tatbeteiligter zu haften hat, unerörtert auf sich beruhen. Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 11, sachlich der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO bekämpfen die Beschwerdeführer ferner die Annahme gewerbsmäßiger und bandenmäßiger Tatbegehung. Zu Unrecht vermissen sie indes Feststellungen über einen Zusammenschluß des Angeklagten mit zwei oder mehreren Personen zur fortgesetzten Begehung eines Schmuggels und über eine Tatverübung unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds. Denn abgesehen davon, daß diese Konstatierung in den Entscheidungsgründen - wenn auch erst bei Erörterung der Straffrage - ausdrücklich enthalten ist (vgl. Band III, S. 426 d.A.), ergibt sich aus der Gesamtheit der Urteilsannahmen, daß der Angeklagte nach überzeugung des Gerichtes von Anfang an - in Ausführung eines gemeinsamen Tatplanes - für die koordinierte Durchführung der in kurzen zeitlichen Abständen wiederkehrenden Schmuggeltransporte vorsorgte, mithin sich mit Reinhard D, Wolfgang E und anderen (zum Teil namentlich nicht bekannten) Personen zur fortgesetzten Begehung gleichartiger, im einzelnen noch unbestimmter Schmuggelaktionen verband und bei der Durchführung als Bandenmitglied tätig wurde.
Berechtigung kommt hingegen der gegen die Qualifikation des § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. gerichteten Rechtsrüge zu: Das Erstgericht stellte zwar - gleichfalls erst im Rahmen der Strafzumessungsgründe - fest, es sei dem Angeklagten darauf angekommen, 'durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen'. Um die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung decken zu können, hätte es jedoch der Feststellung bedurft, daß die Absicht des Angeklagten darauf gerichtet war, sich und nicht bloß einem Dritten oder seiner Dienstgeberfirma, der X, aus der wiederholten Begehung oder Förderung derartiger Abgabenverkürzungen wirtschaftliche Vorteile in Form eines fortlaufenden Mittelzuflusses zuzuwenden. Konstatierungen, daß der Angeklagte mit einer solchen inneren Tendenz an der Tat mitwirkte und sich durch seinen Tatbeitrag, über fallweise Geschenke geringwertiger Uhren hinaus (vgl. Band III, S. 341 d.A.), wirtschaftliche Vorteile verschaffen wollte, wurden vom Erstgericht - ersichtlich von der irrigen Auffassung ausgehend, es sei für die erhöhte Strafbarkeit gewerbsmäßiger Deliktsbegehung unerheblich, wessen Vermögen die erzielten fortlaufenden Einnahmen zufließen - jedoch nicht getroffen und konnten mangels eines konkreten aktenmäßigen Hinweises in dieser Richtung auch gar nicht getroffen werden.
Der bekämpfte Ausspruch war sonach in teilweiser Stattgebung der Beschwerden aus dem Urteil auszuschalten.
Auch die Beschwerde der Haftungsbeteiligten gegen den (mit Beschluß vom 15.September 1981, Band IV, S. 7 f.
d. A. berichtigten) Ausspruch gemäß dem § 28 Abs. 3 FinStrG. ist im Recht.
Nach dieser Bestimmung haften Dienstgeber für Geldstrafen und Wertersätze, die einem ihrer Dienstnehmer - der zum Unterschied gegenüber der Haftung nach dem § 28 Abs. 1 FinStrG. keine Organfunktion innehaben muß - wegen eines Finanzvergehens auferlegt werden, wenn der Dienstnehmer das Vergehen im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten beging und den Dienstgeber hieran ein Verschulden (im Sinn des Abs. 4 dieser Gesetzesstelle) trifft.
Gegen diesen Ausspruch kann zwar nicht ins Treffen geführt werden, daß die Tatbeteiligung des Angeklagten als eines Dienstnehmers der X nicht im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten geschehen wäre, weil er als stellvertretender Leiter der Abteilung für Verkehrs- und kommerzielle Angelegenheiten in der Generaldirektion und Leiter der Werbegruppe nur für die Hereinbringung von Speditionsaufträgen, nicht aber für die Lagerung von Frachtgut und für die Zollabfertigung zuständig gewesen sei. Von einer Tatbegehung im Rahmen dienstlicher Obliegenheiten kann allerdings nur gesprochen werden, wenn das inkriminierte Verhalten des Dienstnehmers, sieht man von der Rechtswidrigkeit im konkreten Fall ab, an sich in seinen ihm vertraglich oder faktisch eingeräumten Zuständigkeitsbereich fällt (vgl. auch Lager-Komarek-Wais, FinStrG. 93). Nach den - insoweit zureichend begründeten -
tatsächlichen Urteilsannahmen trifft dies jedoch auf den Angeklagten zu, weil nach den im Dienstbetrieb der X (tatsächlich) bestehenden Verhältnissen die Verkehrs- und kommerzielle Abteilung der Generaldirektion gegenüber der Direktion in Sopron und diese wiederum gegenüber der Abteilung für kommerzielle Angelegenheiten in Sopron, der auch das Zollager unterstand (vgl. S. 413/II), weisungsberechtigt war (vgl. Band III, S. 417 f.d.A.) und der Angeklagte als stellvertretender Leiter der erstgenannten Abteilung in der Generaldirektion bei der Erteilung von Anweisungen an Bedienstete des Lagers in Sopron hinsichtlich der Verladung von Frachtgut und dessen Verbringung ins Zollinland tätig wurde. Zudem stellt schon die Akquisition von Speditionsaufträgen, welche die Haupttätigkeit des Angeklagten bildete (vgl. S. 155/III und die Beschwerdeausführungen auf S. 509 (2. Absatz)/III), in Kenntnis, daß ihre Durchführung von vornherein auf Grenzüberschreitung unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht abgestellt war, einen als Phase eines einheitlichen Deliktsgeschehens zu wertenden Teilakt im Rahmen des auf die Begehung eines (Durchfuhr-) Schmuggels gerichteten Gesamtvorhabens der Schmuggelbande dar. Insoweit das Erstgericht jedoch weiter feststellte, die vom Angeklagten im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten begangene Tat sei von allem Anfang an nicht nur mit Wissen und Billigung, sondern sogar unter aktiver Beteiligung von Mitarbeitern und Organen der X verübt worden, ohne den Kreis dieser Tatbeteiligten und Mitwisser näher und konkret zu bezeichnen, und aus der auf Grund der Zeugenaussage des Wolfgang E ganz allgemein als erwiesen angenommenen, hinsichtlich ihres Umfanges jedoch nicht näher erläuterten Mitwisserschaft des - dem Personenkreis des § 28 Abs. 5, letzter Satz, FinStrG. allenfalls zuzurechnenden - Dr. Geza H auf eine Mitwirkung des 'gesamten Führungsgremiums' an sämtlichen Tathandlungen schloß, läßt das Urteil, wie in der Beschwerde unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO richtig aufgezeigt wird, eine denkmögliche Begründung vermissen; geht es doch andererseits davon aus, daß die höchsten Organe der X von den Schmuggeltransporten allenfalls erst am 14. Februar 1975 Kenntnis erhielten, bezieht sich hiebei jedoch ausdrücklich auf den Aktenvermerk des Zollamtes Wien vom genannten Tag, der am 5. Verhandlungstag zwar - ohne entsprechende Protokollierung - zum Akt genommen (vgl. den entsprechenden Beilagenumschlag), entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des § 258 Abs. 1 StPO jedoch nicht durch Verlesung in die Verhandlung eingeführt und damit auch nicht zu einem zulässigerweise verwertbaren Beweismittel gemacht wurde.
Der die X als Dienstgeberin des Angeklagten betreffende Haftungsausspruch ist im übrigen auch insoweit mit - allerdings nicht geltend gemachter - Nichtigkeit gemäß der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, als die Haftung der X zur ungeteilten Hand mit dem Verurteilten ausgesprochen wurde. Zum Unterschied von der Haftung nach dem § 28 Abs. 1 FinStrG. ist jene nach den Abs. 2 und 3 dieser Gesetzesstelle nämlich nur subsidiär und tritt daher nur ein, wenn Geldstrafen und Wertersätze aus dem (beweglichen) Vermögen der Verurteilten nicht eingebracht werden können (§ 28 Abs. 7 FinStrG.) Sie stellt sich solcherart - im Gegensatz zur Mithaftung des Abs. 1 - als bloße Ausfallshaftung dar (vgl. LSK. 1978/96; SSt. 43/39). Der Ausspruch einer Haftung des Dienstgebers zur ungeteilten Hand mit dem Dienstnehmer war daher in dieser Richtung auch rechtlich verfehlt.
Bei der durch die teilweise Aufhebung notwendig gewordenen Strafneubemessung für die dem Angeklagten weiterhin zur Last fallenden Taten wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, deren Fortsetzung - und zwar auch nach teilweiser Aufdeckung durch die österreichischen Zollbehörden - durch längere Zeit sowie den außergewähnlich hohen Schadensbetrag als erschwerend; als mildernd fand demgegenüber nur der bisherige ordentliche Lebenswandel des Angeklagten Berücksichtigung. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen erachtete der Oberste Gerichtshof auf der Grundlage der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) eine Geldstrafe von 250 Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten als tatschuldangemessen.
Hiebei fanden zwar auch der durch den Wegfall des Vorwurfes der gewerbsmäßigen Tatbegehung verminderte Schuldgehalt der Tathandlungen sowie die persönlichen Verhältnisse und die nach der Aktenlage relativ geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten entsprechend Berücksichtigung (§ 23 FinStrG.), jedoch mußte anderseits die außergewähnliche Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages besonders beachtet werden, dem nach dem Willen des Gesetzgebers deswegen signifikante Bedeutung für die Strafbemessung zukommt, weil an ihn die - generell nicht determinierte - Höhe der Strafobergrenze (auch) des vorliegenden Einzelfalls speziell geknüpft ist (vgl. 11 Os 56/81).
Die Verhängung einer Freiheitsstrafe (neben der Geldstrafe)
entspricht der Bestimmung des § 15 Abs. 2 (§ 38 Abs. 1) FinStrG. Ihre Höhe von achtzehn Monaten, somit in jenem Ausmaß, welches bereits das Erstgericht verhängte, trägt in Anbetracht des Umstandes, daß die vorliegende Finanzstrafsache im Hinblick auf den Umfang und die exorbitante Schadenshöhe den größten bisher bekannt gewordenen Zigarettenschmuggel in Österreich betrifft, dem hohen Handlungs- und Erfolgsunwert der vom Angeklagten zu verantwortenden Taten Rechnung und nimmt auch auf die im vorliegenden Fall gewichtigen Erfordernisse der Generalprävention gebührend Bedacht.
Die Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung, der Grad der Vorwerfbarkeit des deliktischen Verhaltens und der weithin bekanntgewordene soziale Störwert lassen auch die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht nicht zu.
Bei der Neubemessung des Wertersatzes mit einhundert Millionen Schilling und dem Vorbehalt eines Wertersatzanteils für abgesondert verfolgte Mittäter wurden die diesbezüglichen, zutreffenden Erwägungen des Erstgerichtes übernommen. Für den Fall der Uneinbringlichkeit des Wertersatzes war die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe mit einem Jahr zu bestimmen.
Die Neubemessung der Strafen und des Wertersatzes hatte zur Folge, daß der Angeklagte, die Haftungsbeteiligte und das Zollamt Wien mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen waren. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstellen. Der im angefochtenen Urteil enthaltene Ausspruch, wonach die Kosten des Zollamtes Wien gemäß dem § 227 Abs. 1 FinStrG. mit 8.320 S bestimmt werden, war im Gegensatz zu den von der teilweisen Aufhebung nicht berührten Aussprüchen über die Anrechnung der erlittenen Vorhaft und den Verfall nicht zu übernehmen. Die Bestimmung des § 227 Abs. 1 FinStrG. ergänzt nämlich nicht die Vorschrift des § 389 StPO, nach der im Urteil (nur) grundsätzlich über die Kostenersatzpflicht abzusprechen ist, sondern die des § 381 StPO über die Art der einzelnen Verfahrenskosten, deren Vergütung durch die zum Kostenersatz verpflichtete Partei in Betracht kommt. Die zuletzt genannte Bestimmung gelangt aber erst bei der beschlußmäßigen Festsetzung der Kosten auf der Basis der im Urteil nur allgemein auszudrückenden Verbindlichkeit zum Kostenersatz zur Anwendung (vgl. SSt. 43/40).
Durch die Ausschaltung des auf den § 227 Abs. 1 StPO gestützten Kostenausspruches wurde die in diesem Zusammenhang erhobene Kostenbeschwerde des Angeklagten (ON. 74) gegenstandslos.
Anmerkung
E03634European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00157.81.0127.000Dokumentnummer
JJT_19820127_OGH0002_0110OS00157_8100000_000