Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Jänner 1982
unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Bernardini, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fabrizy als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bernhard A wegen des Vergehens nach § 165 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28.September 1981, GZ 13 Vr 1576/81-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Dr. Rudolf Harramach, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Mai 1944 geborene Gebäudereiniger Bernhard A abweichend von der auf Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2
und Abs 3 StGB lautenden Anklage des Vergehens des (fahrlässigen) Ansichbringens von (gestohlenen) Sachen nach § 165 StGB schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last, am 6.Mai 1981 in Graz fahrlässig Sachen, die Alexander B und Karl C am 2.Mai 1981
bei einem Einbruchsdiebstahl in Salzburg erbeutet hatten, nämlich sieben Jagdgewehre im Werte von ca. 140.000 S, dadurch verhandelt zu haben, daß er sie dem Werner D um 40.000 S zum Kauf anbot. Gegen diesen Schuldspruch richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Bernhard A und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte strebt mit seinem Rechtsmittel einen Freispruch gemäß § 259 Z. 3 StPO oder - in Anwendung des § 42 StGB - gemäß § 259 Z. 4 StPO, die Anklagebehörde aber einen (anklagekonformen) Schuldspruch wegen Verbrechens der Hehlerei an.
Vom Angeklagten werden die Nichtigkeitsgründe der Ziffern 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO
geltend gemacht, wobei er als Begründungsmängel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen sowie Aktenwidrigkeit releviert.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Beschwerdeführer behaupteten Begründungsmängel sind jedoch nicht gegeben.
So ist die Feststellung, wonach der Zeuge B anläßlich einer Besprechung im Cafe E erstmals zu erkennen gegeben hat, daß die Gewehre aus einem Diebstahl stammten (Seite 144 d.A.), in der Verantwortung des Angeklagten gedeckt, der dies in der Hauptverhandlung ausdrücklich bestätigt hat (Seite 129 d.A.). Ebensowenig begründet es einen Widerspruch, wenn der Angeklagte nach Annahme des Erstgerichtes den Zeugen B trotz bezüglicher Bedenken zunächst nicht nach der Herkunft der Gewehre gefragt hat, sie jedoch nicht verhandelt haben würde, wenn er gewußt hätte, daß sie gestohlen waren (Seite 145 d.A.), da diese beiden Annahmen nach den Gesetzen der Logik durchaus miteinander zu vereinbaren sind. Als verfehlt erweist sich auch die Rechtsrüge des Angeklagten nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO, weil unter 'Verhandeln' im Sinne der § 164 Abs 1 Z. 1
und 2, 165 StGB jede Mitwirkung an der wirtschaftlichen Verwertung von Sachen, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, also auch bloße Vermittlungstätigkeit sowie die Anbahnung und das Führen von Verhandlungen mit - tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen - Kaufinteressenten und somit schon jedes Bemühen, eine Veräußerung zu bewirken, zu verstehen ist, mag es letztlich auch zu einer Abnahme der betreffenden Sachen nicht gekommen sein (siehe hiezu Mayerhofer/Rieder, StGB, Entscheidungen Nr. 32 ff.; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, RZ. 10 und Liebscher im Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, RN. 15 jeweils zu § 164 StGB).
Daß der Angeklagte Bernhard A die Verkaufsverhandlungen abgebrochen hat, nachdem er von der diebischen Herkunft der Gewehre erfahren hatte, schließt zwar eine Bestrafung des Angeklagten wegen (vorsätzlicher) Hehlerei nach dem § 164 StGB aus, vermag aber unter den gegebenen Umständen an seiner - bereits eingetretenen - Strafbarkeit nach dem § 165 StGB nichts mehr zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer vermeint, nicht fahrlässig gehandelt zu haben, so kann ihm hierin keineswegs gefolgt werden. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich nämlich, daß der Angeklagte es von Anfang an für möglich gehalten hatte, bei den Gewehren könne es sich um Diebsgut handeln, und dennoch, ohne B nach deren Herkunft zu fragen, mit Werner D Verkaufsverhandlungen geführt hat. übrigens hat der Angeklagte Bernhard A in der Hauptverhandlung sogar zugegeben, schlampig und nachlässig gehandelt zu haben und sich deshalb schuldig zu fühlen (Seite 131 d.A.).
Was die Rechtsrüge nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO anlangt, so kommen 'Versuch' und strafbefreiender 'Rücktritt vom Versuch' bei einem Fahrlässigkeitsdelikt nicht in Betracht, abgesehen davon, daß die Tat selbst bereits vollendet war. Tätige Reue im Sinne des § 167 StGB scheidet vorliegend schon darum aus, weil ein 'Schaden' aus der Tat noch gar nicht entstanden ist (Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, RN. 4 zu § 167 StGB).
Für eine Anwendung des § 42 StGB bleibt schließlich wegen des - dem Angeklagten bekannt gewesenen (Seite 141 d. A.) - hohen Werts der in Rede stehenden Gewehre kein Raum, da von einem Voraussetzung für die Annahme 'geringer Schuld' im Sinne des § 42 Abs 1 Z. 1 StGB bildenden erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Angeklagten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt keine Rede sein kann.
Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Beschwerde auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO
Soweit die Anklagebehörde geltend macht, aus den erstgerichtlichen Feststellungen gehe hervor, daß dem Angeklagten von Anfang an klar gewesen sei, daß die von ihm verhandelten Gewehre gestohlen waren, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt. Denn laut Entscheidungsgründen hatte der Angeklagte zunächst lediglich Bedenken wegen der Herkunft der Gewehre gehabt und es bloß für möglich gehalten, daß es sich um Diebsgut handelte (Seiten 142 und 145 d.A.).
Der Umstand, daß der Täter die Tatbildverwirklichung (vorliegend durch Verhandeln von gestohlenen Sachen) für möglich hält, kann aber gleichermaßen Ausgangspunkt für (bedingt) vorsätzliches wie für (bewußt) fahrlässiges Verhalten sein. Diese beiden Schuldformen unterscheiden sich nämlich erst in der Fortsetzung des Willensprozesses dadurch, daß der Täter im ersten Fall sich zur Tat entschließt, wobei er auch einen das Tatbild (vorliegend der Hehlerei) verwirklichenden Geschehnisablauf hinzunehmen gewillt ist, während er im anderen Fall im - wenn auch leichtfertigen - Vertrauen darauf handelt, den verpönten Erfolg nicht herbeizuführen (siehe Mayerhofer/
Rieder, StGB, Entscheidungen Nr. 14 zu § 5).
Auf den Angeklagten trifft den Urteilfeststellungen zufolge das letztere zu, weil er nach Annahme des Schöffensenates die Gewehre nicht verhandelt haben würde, falls er (von vornherein) gewußt hätte, daß sie gestohlen waren (Seite 145 d.A.).
Die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Bernhard A und der Staatsanwaltschaft waren daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 165 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 S und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend nichts, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis, sowie den Umstand an, daß aus der Straftat kein Schaden entstanden ist.
Die Berufung des Angeklagten, welche Herabsetzung der Anzahl und der Höhe der Tagessätze ebenso wie bedingte Nachsicht der Geldstrafe begehrt, ist nicht begründet.
Die Anzahl der Tagessätze entspricht dem Schuldund Unrechtsgehalt der Straftat, welcher eine Orientierung der Tagessätze an der Obergrenze des Strafrahmens gerechtfertigt erscheinen lassen. Bei einem zugegebenen Monatsnettoverdienst von 5.000 S ist auch der einzelne Tagessatz nicht als überhöht anzusehen, weil bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Berufungswerbers und seinen übrigen Verhältnissen eine Existenzgefährdung durch die Geldstrafe nicht anzunehmen ist. Der bedingten Nachsicht der Geldstrafe steht nach Lage des Falles die gewünschte Wirkung dieser Strafart entgegen.
Die Kostenersatzpflicht fußt auf § 390 a StPO
Anmerkung
E03553European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00185.81.0128.000Dokumentnummer
JJT_19820128_OGH0002_0120OS00185_8100000_000