Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Februar 1982
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Helmuth A wegen des Verbrechens des Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3, 148 (2. Fall) StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengerichtes vom 8. Oktober 1981, GZ 17 a Vr 458/81-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kahlig und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe die Taten gewerbsmäßig begangen und demzufolge über die rechtliche Beurteilung der Tathandlungen auch nach dem § 148
StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Helmuth A wird für das ihm weiter zur Last fallende Verbrechen des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3 StGB nach dem § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren verurteilt.
Der Kostenausspruch und die Entscheidung über die Privatbeteiligtenansprüche werden aus dem Urteil des Erstgerichtes übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13. Mai 1937 geborene Helmuth A des Verbrechens des 'schweren gewerbsmäßigen' Betruges nach den § 146, 147 Abs. 3, 148
StGB schuldig erkannt.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt er in der Verletzung der Vorschrift des § 271 Abs. 3 StPO durch das angebliche Unterbleiben der Protokollierung von Teilen seiner Verantwortung, ferner in der Nichterledigung einer von ihm gegen die Zurückweisung seines gegen den Schöffensenatsvorsitzenden gerichteten Ablehnungsantrages erhobenen Beschwerde durch das Oberlandesgericht Innsbruck sowie durch die angebliche Nichterledigung eines Einspruchs gegen die Anklageschrift.
Rechtliche Beurteilung
Der behauptete Nichtigkeitsgrund liegt zunächst deshalb nicht vor, weil nur die Verletzung oder Vernachlässigung der in der genannten Gesetzesstelle taxativ aufgezählten Vorschriften in der Hauptverhandlung Nichtigkeit des Verfahrens bewirkt. Zu diesen Vorschriften zählt zwar an sich der § 271 StPO über die 'Protokollführung', Nichtigkeit bewirkt nach dem ersten Absatz dieser Gesetzesstelle aber nur das gänzliche Unterbleiben der Aufnahme eines vom Vorsitzenden und dem Schriftführer unterschriebenen Protokolls. Allfällige Unvollständigkeiten oder sonstige Mängel dieser Niederschrift sind hingegen nicht mit Nichtigkeit bedroht. Die Beseitigung von Fehlern, Ungenauigkeiten und Auslassungen im Hauptverhandlungsprotokoll kann lediglich durch Ergänzung oder Richtigstellung von Amts wegen oder auf Grund eines - im vorliegenden Verfahren gar nicht gestellten - erfolgreichen Protokollergänzungs- oder Berichtigungsantrages stattfinden (Foregger-Serini, StPO 19752, Anm II und VII zu § 271). Auch die - im übrigen durch das Gesetz gedeckte -
Zurückweisung (§ 74 Abs. 3 StPO) der Beschwerde des Angeklagten gegen die Entscheidung des Vizepräsidenten des Landesgerichtes Feldkirch über seinen Ablehnungsantrag vom 17.9.1981, 20 a Ns 92/81 des Landesgerichtes Feldkirch, betrifft keine unter Nichtigkeitssanktion stehende Verletzung einer Vorschrift während der Hauptverhandlung.
Die Anklageschrift hinwieder wurde dem Angeklagten am 29. Juli 1981 - allerdings nicht durch den Untersuchungsrichter, sondern durch einen Richteramtsanwärter - kundgemacht (S 99), wobei er gemäß dem § 209 Abs. 3 StPO eine Zustellung an seinen Verteidiger beantragte. Dem daraufhin bestellten Verfahrenshelfer wurde die Anklageschrift am 3. August 1981 zugestellt (Rückschein bei ON 8), der jedoch keinen Einspruch erhob. Die in der Beschwerdeschrift zitierte Bemerkung des Angeklagten in einem (nicht in den Strafakten, sondern zu 20 a Ns 86/81 des Landesgerichtes Feldkirch, ON 9 dieses Beiaktes, erliegenden) Schreiben vom 29. September 1981, somit lange nach Ablauf der 14-tägigen Einspruchsfrist, er erkenne die Anklageschrift nicht an (S 35 des zitierten Aktes), stellt keinen fristgerecht erhobenen Einspruch dar, über den das Oberlandesgericht zu erkennen gehabt hätte. Der Hauptverhandlung ging somit die rechtskräftige Versetzung des Helmuth A in den Anklagestand voraus, sodaß auch insofern eine Gesetzesverletzung nicht vorliegt. In Ausführung der Mängelrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behauptet der Beschwerdeführer zwar Undeutlichkeit, Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit und teils unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils, vermag diese Bemängelungen aber nicht zu substantiieren, sondern beschränkt sich auf die Geltendmachung von Zweifeln an der Richtigkeit der vom Gericht der Entscheidung zugrundegelegten Gendarmerieaussage der (noch vor der Hauptverhandlung verstorbenen) Geschädigten Katharina B, sowie einer Kritik an der seines Erachtens späten Erstattung der Gendarmerieanzeige. Damit wird jedoch der geltendgemachte Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig dargestellt, sondern lediglich der unzulässige Versuch unternommen, in Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des erkennenden Schöffensenates zu bekämpfen. Der unbegründeten bzw einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung entbehrenden Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher der Erfolg zu versagen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde vermochte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon zu überzeugen, daß dem Urteil eine vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte, ihm jedoch zum Nachteil gereichende materiellrechtliche und daher von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit insoweit anhaftet, als die Betrugshandlungen des Angeklagten auch dem § 148 StGB unterstellt wurden (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO). Die im Urteilsspruch entgegen der Vorschrift des § 260 Abs. 1 Z 1 StPO nicht bezeichneten Tatumstände, welche die Qualifikation der Betrugshandlungen des Angeklagten als gewerbsmäßig gemäß dem § 148 StGB bedingen, werden nämlich in den Gründen dahin umschrieben, daß Helmuth A (nur) bei Verübung der beiden zeitlich letzten betrügerischen Darlehensherauslockungen zum Nachteil der Katharina B von 32.000 S bzw 53.000 S am 4. bzw 14.1.1980 (Pkt I 22 u 23 des Urteilssatzes) in der Absicht handelte, 'sich in Vereitelung des Strafvollzuges und durch Flucht ins Ausland noch eine fortlaufende und wiederkehrende Einlaufsquelle zu verschaffen' (S 136).
Entgegen der Begründung der Anklageschrift (ON 8, S 102) nahm der Schöffensenat somit nicht an, daß der Angeklagte sämtliche (25) Betrugstaten, deren Begehung sich nahezu über ein Jahr erstreckte, in der Absicht verübte, durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu erzielen, sondern unterstellte ihm diese Absicht allein für jene beiden letzten, zur Vorbereitung der Flucht ins Ausland verübten Taten, hinsichtlich deren eine Wiederholung, sei es wegen der Flucht ins Ausland, sei es wegen des zu gewärtigenden Strafantrittes nicht in Betracht kam. Diese auf einer Verkennung der Rechtsnatur gewerbsmäßiger Tendenz beruhenden Feststellungen vermögen die Annahme der Qualifikation der Taten nach dem § 148 StGB als gewerbsmäßiger schwerer Betrug nicht zu decken. Die bezeichnete Qualifikation war daher aus dem Urteil von Amts wegen auszuschalten und die über den Angeklagten nach dem § 147 Abs. 3 StGB zu verhängende Strafe neu zu bemessen.
Bei Abwägung der vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe (sh S 136, 137) erachtete der Oberste Gerichtshof in Anbetracht der geänderten rechtlichen Beurteilung eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen.
Helmuth A war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03538European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00191.81.0210.000Dokumentnummer
JJT_19820210_OGH0002_0110OS00191_8100000_000