Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Ahmet A ua wegen des Verbrechens nach den § 15 StGB, 12
Abs. 1 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ahmet A und die Berufung des Angeklagten Esref B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19. November 1981, GZ 8 Vr 2.715/81-39, den Beschluß gefaßt beziehungsweise zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch der Bandenqualifikation (zu allen Angeklagten) und demgemäß in sämtlichen Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Ahmet A und Esref B auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18. Februar 1944 geborene türkische Staatsangehörige Ahmet A gleich den ebenfalls türkischen Staatsangehörigen Hatice A und Esref B sowie der deutschen Staatsbürgerin Maria B des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach den § 15 StGB, 12 Abs. 1 SuchtgiftG sowie des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach den § 11, 35 Abs. 1 (38 Abs. 1 lit. b) FinStrG schuldig erkannt.
Den genannten Angeklagten liegt zur Last, am 20. August 1981 in Spielfeld als Mitglieder einer Bande versucht zu haben, 17,75 kg in einem besonderen Hohlraum eines VW-Busses verstecktes Cannabisharz einzuführen.
Dieses Urteil wird im Schuldspruch nur von dem Angeklagten Ahmet A mit einer nominell auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, im Strafausspruch aber auch vom Mitangeklagten Esref B mit Berufung bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Das Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde erschöpft sich indes in der Behauptung, 'das Beweisverfahren habe die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten strafbaren Handlungen nicht schlüssig ergeben', und es sei vom Erstgericht 'ohne entsprechende Beweisergebnisse festgestellt' worden, daß er die Mitangeklagten zur Tat angestiftet habe.
Abgesehen davon, daß die Frage der Anstiftung zur Tat im gegebenen Zusammenhang wegen der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB bzw des § 11
FinStrG nur für das Berufungsverfahren relevant sein kann, genügt die pauschale Behauptung einer Unzulänglichkeit der Beweise für die Feststellung der Schuld den Anforderungen des § 285 Abs. 1 zweiter Satz StPO nicht: Solcherart wird keiner der in den Z 1 bis 11 des § 281 Abs. 1
StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet.
Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, daß das Urteil, soweit es den Angeklagten die Begehung der Tat als Mitglieder einer Bande anlastet, mit nicht geltend gemachter materieller Nichtigkeit behaftet ist.
Bandenmäßigkeit im Sinn des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG wie auch des § 38 Abs. 1 lit. b FinStrG erfordert unter anderem den Vorsatz zu fortgesetzter Tatbegehung (vgl Foregger-Serini, StGB Erl. I und II zu § 278; Foregger-Litzka, SuchtgiftG Erl. VII zu § 12 und die jeweils dort zitierte Judikatur; Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch FinStrG E Nr 16 zu § 38). Zur Frage, ob von den Angeklagten die Begehung mehrerer (gleichartiger) Straftaten vorgesehen war, läßt das Urteil aber jede Feststellung vermissen. Der Hinweis im Rahmen der rechtlichen Ausführungen, es gehe 'bereits aus dem oben geschilderten Sachverhalt' das Handeln der Täter als Mitglieder einer Bande 'mit hinreichender Sicherheit hervor' (S 230 d.A), läßt vielmehr darauf schließen, daß das Erstgericht von der unrichtigen Vorstellung ausging, es genüge bereits der Zusammenschluß mehrerer Personen zur Begehung einer Straftat für die Bejahung der hier in Rede stehenden Qualifikation. Denn in den Urteilsfeststellungen, auf die solcherart Bezug genommen wird, ist nur von dem einen, dem Schuldspruch zugrundeliegenden Suchtgifttransport die Rede. Dieser Feststellungsmangel, der einer Unterstellung des Tatgeschehens auch unter die Bandenqualifikation entgegensteht, macht das Urteil nichtig im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO Diese allen Angeklagten zum Nachteil gereichende unrichtige Anwendung des Strafgesetzes mußte daher gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen aufgegriffen werden.
Da sich somit zeigt, daß insoweit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war bei der nichtöffentlichen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerde des weiteren wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Mit ihren durch die teilweise Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufungen, waren die Angeklagten Ahmet A und Esref B auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E03542European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00018.82.0210.000Dokumentnummer
JJT_19820210_OGH0002_0110OS00018_8200000_000