TE OGH 1982/2/10 11Os186/81

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Veröffentlicht am 10.02.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Februar 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Christine A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahles nach den § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 3, 128 Abs. 2 und 130

StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 21. September 1981, GZ. 3 d Vr 5.252/81-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wechsler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt wird.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 8.Oktober 1954 geborene Christine A des in der Zeit von Oktober 1979 bis Dezember 1980 in Wien zum Nachteil der Firma B Handelswaren GesmbH. und Co.KG., bei der sie als Bedienerin beschäftigt gewesen war, verübten Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 3, 128 Abs. 2, 130 StGB von jeweils mindestens 200 Stück Blusen, 120 Stück Kleidern, 10 Stück Kostümen, 15 Stück Mänteln, 60 Stück Strickteilen (Pullis, Westen), 100 Stück Röcken, 10 Stück Jacken, 100 Stück Tüchern, 10 bis 20 Paar Strümpfen, ferner von Putzmitteln, Büromaterial, Glühlampen, Kleiderhaken, einer Etikettenrolle und zwei Verrechnungsblöcken im Gesamtwert von mindestens 1,000.000 S schuldig erkannt.

Die Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Sachlich in Ausführung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrundes, ziffernmäßig teils auch unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO, rügt die Beschwerdeführerin zunächst, daß ihren in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen auf Zuziehung eines Sachverständigen aus der Modebranche und eines weiteren Sachverständigen für Psychiatrie (vgl. S. 335, 336) nicht entsprochen wurde. Hiedurch trat jedoch - wie das Erstgericht mit im Urteil nachgeholter, zutreffender Begründung darlegte - eine Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte nicht ein. Eine genauere Erfassung der Diebsbeute 'nach Umfang und Wert' (S. 336) konnte nach Lage des Falls durch die Zuziehung eines Sachverständigen aus der Modebranche weder erwartet werden noch war sie notwendig, zumal die Angeklagte im Umfang der Verurteilung (neben der auch ein in Rechtskraft erwachsener Teilfreispruch erging) geständig war und auch einen Mindestschadensbetrag von 1,000.000 S zugestand (S. 315, 316). Im übrigen weist die Beschwerdeführerin, die auch in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde einräumt, der Wert der Diebsbeute übersteige jedenfalls die für die Unterstellung der Tat (auch) unter die Bestimmung des § 128 Abs. 2 StGB entscheidende Wertgrenze von 100.000 S, mit der Behauptung, die Einvernahme des beantragten Sachverständigen hätte ein zur Klärung der Ersatzansprüche der Privatbeteiligten, zur Feststellung des Strafausmaßes, für die Frage der Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes und für die allfällige Gewährung einer bedingten Strafnachsicht bedeutsames Ergebnis gebracht, nur auf Umstände hin, die mit Berufung geltend zu machen sind, ohne aufzeigen zu können, daß der Beweisantrag eine für die rechtliche Beurteilung der Tat oder für die Wahl des Strafsatzes entscheidende Tatsache betroffen hätte.

Das Erstgericht begründete jedoch auch ausreichend und schlüssig, warum es die Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen nicht für notwendig hielt (S. 361, 363). Es gelangte auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens und des von der Angeklagten gewonnenen persönlichen Eindrucks in freier Beweiswürdigung zu der überzeugung, daß diese für ihre umfangreichen Taten voll verantwortlich ist.

Da demgegenüber der bloße Hinweis auf die Möglichkeit einer kleptomanischen Veranlagung der Angeklagten (S. 336) nicht ausreichen kann, den in Rede stehenden Antrag zu rechtfertigen, muß die Verfahrensrüge zur Gänze versagen.

Auch die Mängelrüge ist nicht zielführend.

Soweit mit den bezüglichen Ausführungen die über Umfang und Wert der Diebsbeute getroffenen Feststellungen bezweifelt und als undeutlich und unzureichend begründet bezeichnet werden, kann im wesentlichen auf das oben Gesagte verwiesen werden. Die bekämpften - durchaus eindeutigen, Mindestmengen und einen Mindestwert ausdrückenden - Feststellungen finden (wie erwähnt) in dem dem Erstgericht vor allem als Feststellungsgrundlage dienenden Geständnis der Angeklagten in der Hauptverhandlung (S. 315, 316), das - wie im Urteil schlüssig dargelegt wird - auch mit den übrigen Ergebnissen des Beweisverfahrens (welche die Beschwerdeführerin zum Teil sogar in einem ihr Geständnis übersteigenden Umfang belasten) im Einklang steht, volle Deckung.

Die Beschwerdeführerin vermag aber formale Begründungsmängel im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO auch nicht aufzuzeigen, soweit sie behauptet, die zur Frage der Gewerbsmäßigkeit getroffenen Urteilsfeststellungen seien unzureichend begründet. Aus dem Umfang der von Anfang an große Warenmengen umfassenden Diebstähle, die jenes Maß weit überstiegen, das noch einem allfälligen Eigengebrauch oder einer Verwendung für Geschenkzwecke entsprechen konnte, aus der wiederholten Tatbegehung durch längere Zeit und aus dem - wenn auch nur teilweise erfolgten - Verkauf des Diebsgutes konnte das Erstgericht in jeder Beziehung schlüssig, lebensnah und in übereinstimmung mit den Verfahrensergebnissen die Absicht der Angeklagten ableiten, durch die Wiederholung der (schweren) Diebstahlstaten eine fortlaufende Einnahmsquelle erschließen zu wollen. Demgegenüber erschöpfen sich die bezüglichen Beschwerdeausführungen ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach in dem im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, aus den Beweisergebnissen andere Schlüsse zu ziehen, als dies das Erstgericht in freier Beweiswürdigung getan hat, und die Frage der Gewerbsmäßigkeit getroffenen Tatsachenfeststellungen durch andere - für die Angeklagte günstigere

-

Konstatierungen zu ersetzen.

Diese (erstgerichtlichen) Feststellungen, wonach die Angeklagte von Anfang an die Absicht hatte, das durch Ratenzahlungen für einen Hausbau angespannte Familienbudget durch die wiederkehrende Begehung von (schweren) Diebstählen und den Verkauf der Diebsbeute aufzubessern und sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. S. 361), decken der von der Beschwerdeführerin mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO vertretenen Ansicht zuwider die Annahme gewerbsmäßigen Handelns auch in rechtlicher Beziehung (vgl. dazu u. a. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN. 3 ff. zu § 70 StGB und RN. 2 ff. zu § 130 StGB sowie die dort zitierte Judikatur). Es geht daher auch die Rechtsrüge fehl, mit der im übrigen über weite Strecken nur das Vorliegen der Voraussetzungen für eine bedingte Strafnachsicht nach dem § 43 Abs. 2 StGB und damit neuerlich Umstände behauptet werden, die mit Berufung geltend zu machen sind, ohne daß insoweit der Nichtigkeitsgrund der Z. 10 oder der (in diesem Zusammenhang gleichfalls angerufene) Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO oder irgendein anderer Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig ausgeführt würde.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war mithin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung den hohen Wert des Diebsgutes sowie die oftmalige Tatwiederholung während eines langen Zeitraumes im Rahmen des Erschwerungsgrundes der Gewerbsmäßigkeit als erschwerend, hingegen das Geständnis der Angeklagten, deren bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die mit Hilfe der Angeklagten bewerkstelligte Zustandebringung eines Großteiles der Diebsbeute als mildernd.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.

Das Begehren um Herabsetzung der Freiheitsstrafe ist berechtigt:

Auf der Basis der vom Schöffengericht im wesentlichen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe erachtet der Oberste Gerichtshof insbesondere wegen der bisherigen Unbescholtenheit der Berufungswerberin die Reduzierung der Freiheitsstrafe auf fünfzehn Monate für geboten.

Das weitere, auf die Gewährung der bedingten Strafnachsicht gerichtete Berufungsbegehren scheitert jedoch an dem Fehlen der im § 43 Abs. 2 StGB verlangten besonderen Gründe für die Gewähr künftigen Wohlverhaltens. Die hier gegebene gewerbsmäßige Tatbegehung schließt nämlich eine solche Gewähr aus.

Zum Vorbringen der Berufungswerberin, sie habe die Diebstähle durch eine besonders verlockende Gelegenheit verüben können, was ihr zusätzlich als mildernd zuzubilligen wäre, ist noch zu bemerken, daß dieser Umstand - sollte er vorgelegen sein - angesichts des zwischen der Angeklagten und ihrem Dienstgeber bestehenden Vertrauensverhältnisses keine Bedeutung zu erlangen vermag. Die Kostenentscheidung stützt sich auf im Urteilsspruch angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03537

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00186.81.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19820210_OGH0002_0110OS00186_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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