TE OGH 1982/2/17 11Os21/82

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Veröffentlicht am 17.02.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin A wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. November 1981, GZ 23 Vr 1.651/

81-11, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung angeordnet werden.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. Februar 1953 geborene Dachdecker Martin A des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB (Punkt 1 des Schuldspruches) und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Schuldspruches) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 11. März 1981 in St. Leonhard-Plangeross die Gendarmeriebeamten B, C und D, die im Begriffe waren, ihn festzunehmen und abzuführen, mit Gewalt, nämlich durch Losreißen und durch Versetzen von Schlägen und Tritten, an dieser Amtshandlung zu hindern versucht (1 des Urteilssatzes) und Günther E durch Versetzen eines Faustschlages, der eine Schwellung der linken Wange zur Folge hatte, vorsätzlich am Körper verletzt zu haben (2 des Urteilssatzes).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer allein auf die Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Die Verfahrensrüge bezieht sich auf die Abweisung des vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf 'Einholung eines Befundes und Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen zur Frage darüber, ob der Beschuldigte sich zum Tatzeitpunkt zufolge des Alkoholgenusses und zufolge seiner aus seinem Vorleben ersichtlichen Veranlagung in einem solchen Ausnahmezustand befunden hat, der einer vollen Berauschung gleichkommt' (S 64 d.A).

Durch das abweisende Zwischenerkenntnis wurden aber Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Zunächst ist zu bedenken, daß nach dem Gesetz nur ein die Zurechnungsfähigkeit ausschließender Rausch die Unterstellung einer Tat unter die Bestimmung des § 287 StGB ermöglicht. Die Anwendung dieser Norm auf einen 'Ausnahmezustand, der einer vollen Berauschung gleichkommt' verstieße gegen das Analogieverbot (§ 1 StGB). Derartige Zustände, die jedenfalls die Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit ausschließen müßten (vgl die Wortgruppe: '... in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden ...' im § 287 StGB), könnten nur nach dem § 11 StGB für die Schuldfrage von Relevanz sein.

Nun ist aber im vorliegenden Fall der Auffassung des Erstgerichtes, wie sinngemäß in der im Urteil nachgetragenen Begründung für das bekämpfte Zwischenerkenntnis zum Ausdruck gebracht wurde, beizupflichten, daß das Beweisverfahren keinen Anhaltspunkt für die Annahme erbrachte, der Angeklagte habe sich zur Tatzeit in einer geistigen oder seelischen Verfassung befunden, die ihn aus einem der in der vorzitierten Gesetzesstelle angeführten Gründe der Fähigkeit beraubt hätte, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Selbst die Formulierung des Beweisantrages spricht gegen eine solche Indikation, weil sie - wenn auch unter Berücksichtigung der enthemmenden Wirkung des Alkoholkonsums - auf die aus dem 'Vorleben des Angeklagten ersichtliche Veranlagung' und damit auf Charaktermängel Bezug nimmt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, Zurechnungsunfähigkeit zu begründen (vgl Foregger-Serini, Anm III zu § 11 StGB und die dort zitierte Judikatur). Der behauptete Verfahrensmangel liegt somit nicht vor. Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen

Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03589

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00021.82.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19820217_OGH0002_0110OS00021_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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