Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Februar 1982
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois A und einen anderen wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach § 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB über die von den Angeklagten Alois A und Valentin B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1.Juli 1981, GZ. 3 a Vr 1402/81-40, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Proksch und Dr. Rifaat sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 31-jährige Alois A und der 40-jährige Valentin B, die beide zuletzt beschäftigungslos waren, des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach § 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 7.Feber 1981 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert Verfügungsberechtigten der Firma C AG.
mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch wegzunehmen versuchten.
Den Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden. Der Angeklagte A macht die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, '9' bzw. 9 lit. b, der Sache nach auch 10 des § 281 Abs. 1
StPO geltend, der Angeklagte B jene der Z. 5 und 9 lit. a der
zitierten Gesetzesstelle.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A:
In Ausführung seiner Mängelrüge macht dieser Angeklagte dem Ersturteil eine unvollständige und aktenwidrige Begründung des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zum Vorwurf, indem er im wesentlichen vorbringt, das Erstgericht stütze seine Feststellung, wonach sowohl er als auch der Mitangeklagte B einen Einbruchsdiebstahl durchzuführen beabsichtigten, auf die Angaben des B vor der Polizei und dabei wieder insbesondere darauf, daß B damals angegeben habe, A habe ihm gesagt, er würde 'etwas aufstellen', um zu Geld zu kommen, woraus es ableitete, daß damit die Begehung eines Diebstahls gemeint gewesen sei, während das mit B vor der Polizei aufgenommene Protokoll eine derartige Bekundung des B nicht enthalte, weshalb das Ersturteil insoweit aktenwidrig sei, sich im übrigen aber auch mit der Verantwortung beider Angeklagter, auf dem Gelände der Firma C nur einen Unterschlupf zum übernachten gesucht zu haben, nicht auseinandersetze, sodaß auch eine Unvollständigkeit des Ersturteils vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, daß die mit B am 7.Feber 1981
vor dem Bezirkspolizeikommissariat Simmering aufgenommene Niederschrift, auf welche sich das Erstgericht bezieht, eine Angabe des Inhalts, A habe dem B erklärt, 'er werde etwas aufstellen', nicht enthält, sodaß insoweit tatsächlich eine Aktenwidrigkeit vorliegt.
Diese Aktenwidrigkeit ist aber vorliegend deshalb nicht entscheidungswesentlich, weil sich das Schöffengericht insgesamt auf die damaligen Angaben des B bezogen hat und B damals zwar nicht die in Rede stehende Formulierung, jedenfalls aber andere Formulierungen gebraucht hat, aus denen für ihn (und auch für das Schöffengericht) eindeutig abzuleiten war, daß A einen Diebstahl beabsichtigte, um zu Geld zu kommen. B hatte nämlich ausgesagt, A habe erklärt, er müsse heute noch etwas 'machen', um zu Geld zu kommen, er (B) brauche keine Angst zu haben, er (A) kenne sich schon aus, B brauche nur aufzupassen, den Einbruch werde er (A) durchführen (S. 31/32 d.A.). Aus diesen Bekundungen des B konnte aber das Erstgericht - trotz der aufgezeigten Aktenwidrigkeit in bezug auf die (angebliche) weitere Äußerung des A, etwas 'aufstellen zu müssen', um zu Geld zu kommen - ableiten, daß die Begehung eines Diebstahls besprochen und beabsichtigt wurde, wozu kommt, worauf das Ersturteil ebenfalls verweist, daß A auf dem Weg zum Tatort einen Plastiksack mit diversem (Einbruchs-) Werkzeug aus einem Versteck holte und mitnahm, mit dem die Angeklagten später am Tatort auch betreten wurden. Aus den Polizeiangaben des Mitangeklagten B, auf welche sich das Erstgericht insgesamt stützte, ergibt sich daher eine durchaus hinreichende Grundlage für die Annahme, daß der Beschwerdeführer jedenfalls die Begehung eines Diebstahls mit B besprochen hat und die anschließend gesetzten Tathandlungen (Aufsuchen des Geländes der Firma C mit diversen Einbruchswerkzeugen, Durchkriechen unter der Türe des Drahtmaschenzaunes) zu dem Zweck begangen wurden, um einen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil von Verfügungsberechtigten der Firma C zu verüben.
Daß das Erstgericht auf der Basis der Angaben des B vor der Polizei zu diesen Schlußfolgerungen kam, stellt einen Akt freier richterlicher Beweiswürdigung dar, der einer Bekämpfung im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden entzogen ist. Im Rahmen dieser Beweiswürdigung hat das Erstgericht aber auch die Verantwortung sowohl des Beschwerdeführers als auch des Mitangeklagten B, sie hätten auf dem Gelände der Firma C bloß nächtigen wollen, in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen, sie jedoch als unglaubwürdig abgelehnt. Damit haftet dem Ersturteil die behauptete Unvollständigkeit nicht an. Im übrigen war das Erstgericht nicht verhalten, auf alle Einzelheiten der Verantwortung der Angeklagten in den Entscheidungsgründen einzugehen; es genügte vielmehr, daß es - entsprechend der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO - die für das Urteil entscheidenden Tatsachen und die für deren Feststellung maßgebenden Erwägungen in gedrängter Form angab, welcher Verpflichtung das Schöffengericht vorliegend nachgekommen ist.
Die Mängelrüge versagt demnach zur Gänze.
Soweit der Beschwerdeführer ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO, der Sache nach auf die Z. 10 dieser Gesetzesstelle gestützt die Qualifikation seiner Tat als Gesellschaftsdiebstahl bekämpft, weil ein Vorsatz des Angeklagten B, mit ihm gemeinsam einen Diebstahl zu begehen, nicht festgestellt worden sei, entfernt er sich von den jeder Rechtsrüge zugrundezulegenden Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils, nach denen beide Angeklagte - über Initiative des Beschwerdeführers - mit Einbruchswerkzeug das Firmengelände betraten, um einen Diebstahl auszuführen.
Eben dies, nämlich daß sie die als Entscheidungsgrundlage auch für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Erstgerichtes außer acht läßt, gilt für die ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO gestützte weitere Rüge, die Tat wäre richtigerweise mangels Diebstahlsvorsatzes dem Tatbestand des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs. 1 StGB zu subsumieren und mangels Ermächtigung diesfalls straflos gewesen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B:
Die von diesem Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge zunächst behauptete Aktenwidrigkeit der Wiedergabe der Aussagen beider Angeklagter in der Hauptverhandlung, vollkommen ortsunkundig gewesen zu sein, durch Verkehrung in ihr Gegenteil, liegt in Wahrheit nicht vor. Die Rüge wurde allerdings durch einen Fehler in der Urteilsausfertigung veranlaßt, in der tatsächlich von einer Beteuerung der Ortskundigkeit die Rede ist; in der allein maßgebenden Urschrift des Urteils sind die Aussagen der Angeklagten hingegen richtig, nämlich daß sie ihre Ortsunkundigkeit beteuerten, wiedergegeben (S. 189).
Auch die weiter behauptete Unvollständigkeit der Urteilsgründe durch Unterbleiben einer Erörterung der Aussage des Zeugen Franz D, er habe die Angeklagten dabei betreten, als sie seelenruhig über das Betriebsgelände gingen, liegt nicht vor, weil das Erstgericht sich mit dem Verhalten der Angeklagten bei Betretung durch das Wachorgan - auf dessen Zeugenaussage gestützt - ohnedies auseinandergesetzt hat (S. 192).
Sowohl als Undeutlichkeit im Rahmen der Mängelrüge als auch als Feststellungsmangel gemäß § 281 Abs. 1 Z. 9
lit. a StPO rügt der Beschwerdeführer, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, welche Ausführungshandlungen er gesetzt habe. Mangels Verwendung des Einbruchswerkzeuges könne trotz Einsteigens in das Betriebsgelände mit diesem von einer dem Diebstahl unmittelbar vorangehenden Handlung nicht gesprochen werden, zumal zwischen Einsteigen und Ergreifung ca. drei Wochen (gemeint wohl: drei Stunden, welche Zeitspanne das Erstgericht als maximale Aufenthaltsdauer der Angeklagten festgestellt hat) vergangen seien. Der, soweit sie damit die Ausführungsnähe der Handlungen des Beschwerdeführers und seines Mittäters und damit das Vorliegen strafbaren Versuches bestreitet, gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Ausführungsnähe einer Handlung jeweils in concreto anhand der dem betreffenden Tatbild entsprechenden Ausführungshandlung geprüft werden muß, ohne daß sich hiefür eine allgemeine Regel aufstellen ließe. Strafbarer Versuch beginnt, wenn das Täterverhalten mit der beabsichtigten Tat schon in einem derart sinnfälligen Zusammenhang steht, daß es direkt auf sie ausgerichtet ist und nach den Zielvorstellungen des Täters der Ausführung unmittelbar vorgelagert ist (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN. 9 und 10 zu § 15 mit den dort zitierten Entscheidungen). Unter Berücksichtigung der Ausdehnung des Betriebsgeländes der Firma C kann es keinem Zweifel unterliegen, daß bereits das Eindringen der Angeklagten in dieses unter Mitnahme von Einbruchswerkzeug und das Suchen nach einem geeigneten Objekt zur Verwirklichung ihres auf Bereicherung durch Diebstahl gerichteten Vorsatzes der Ausführung der Tat unmittelbar voranging und somit, da die entscheidende Hemmstufe vor der Tat bereits überwunden war, als versuchter Einbruchsdiebstahl strafbar ist.
Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.
Zu den Berufungen:
Das Schöffengericht verurteilte beide Angeklagten nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von je 1 (einem) Jahr. Dabei wertete es bei beiden Angeklagten als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen, daß es beim Versuch geblieben ist.
Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten die Herabsetzung der
über sie verhängten Freiheitsstrafe an.
Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Beide Berufungswerber sind mehrfach einschlägig vorbestraft. Trotz der bisher erlittenen, zum Teil empfindlichen Strafen sind sie wieder rückfällig geworden, und zwar der Angeklagte B nicht ganz drei Wochen nach Entlassung aus der letzten Strafhaft. Angesichts der erheblichen kriminellen Vorbelastung beider Berufungswerber ist die über sie vorliegend verhängte Freiheitsstrafe von je einem Jahr - auch unter entsprechender Berücksichtigung, daß die Tat beim Versuch geblieben ist -
keineswegs zu hoch, und zwar auch dann nicht, wenn beiden Angeklagten - im Sinne der Berufungsausführungen des Erstangeklagten - zugute gehalten wird, daß sie sich in einer Notlage befunden haben und nur eine geringe Beute erwarteten.
Beiden Berufungen war somit ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03563European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00168.81.0218.000Dokumentnummer
JJT_19820218_OGH0002_0120OS00168_8100000_000