TE OGH 1982/3/31 11Os7/82

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Veröffentlicht am 31.03.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.März 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollak als Schriftführers in der Strafsache gegen Vasilij B wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 27.Oktober 1981, GZ. 5 b Vr 7.714/81-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers DDr. Laurer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Vasilij B des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 129

Z. 1 StGB schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, in Wien am 17.Juli 1981 dadurch versucht zu haben, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert der Edith C durch Einbruch in ein Fischgeschäft mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung wegzunehmen, daß er eine Glasscheibe der Eingangstür des Geschäftes mit einem Ziegelstein einschlug.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Z. 5, 9 lit. c, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher keine Berechtigung zukommt.

Der unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund erhobene Einwand, das Urteil sei unvollständig und mit sich selbst im Widerspruch, als es einerseits feststelle, der (Zueignungs- und Bereicherungs-)Vorsatz des Angeklagten sei auf Wertgegenstände und Bargeld gerichtet gewesen (Seite 150), anderseits aber die - wegen des Tatbildes der Entwendung relevante - Frage des Motivs, nämlich ob der Angeklagte allenfalls aus Hunger handelte, offen lasse (Seite 153), betrifft den Beschwerdeausführungen zuwider keine für die rechtliche Subsumtion oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Tatsache. Der Beschwerdeführer, der selbst einräumen muß, daß der von ihm angestrebten Beurteilung seiner Tat als bloße Entwendung die diese Privilegierung ausschließende Qualifikation nach dem § 129 (Z. 1) StGB entgegenstehen könnte (§ 141 Abs. 1 StGB), irrt nämlich, wenn er in seinem Vorbringen zu den Nichtigkeitsgründen der Z. 9 lit. c (sachlich lit. b) und Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO darzulegen sucht, daß dieser Privilegierungsausschluß im § 141 StGB nur für das vollendete, nicht aber für das versuchte Delikt gelte. Die Bestimmung des § 15 Abs. 1 StGB stellt nämlich keine Sonderregelung über die Strafbarkeit des Versuches dar, sondern erweitert bloß generell die Tatbilder des Besonderen Teiles des Strafgesetzbuches, die (ausgenommen die sogenannten Vorbereitungs- und Versuchsdelikte) jeweils nur auf die Vollendung der Tat abgestellt sind, dahin, daß der jeweiligen Strafdrohung - soweit sie eine vorsätzlich begangene strafbare Handlung betrifft - auch derjenige unterliegt, der die Tat nur versucht oder sich an einem solchen Versuch beteiligt. § 15 StGB kommt somit der Charakter einer Strafausdehnungsnorm zu, aus welcher die vom Beschwerdeführer abgeleiteten privilegierenden Konsequenzen für die in diesem Entwicklungsstadium gebliebene Tat nicht zu ziehen sind. Die geringe Strafwürdigkeit des Versuchs ist lediglich bei der Strafbemessung zu berücksichtigen (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 3 zu § 15 StGB u.a.).

Das Schöffengericht ließ somit die Frage, ob der Angeklagte aus Hunger, mithin allenfalls aus Not handelte, mit Recht auf sich beruhen.

Das entscheidungswesentliche Tatverhalten des Angeklagten wurde sohin mängelfrei festgestellt und ohne Rechtsirrtum dem Tatbestand des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z. 1

StGB subsumiert.

Fehl geht letztlich auch der Beschwerdeeinwand, mit dem der Angeklagte, teils unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5, teils unter jenem der Z. 11 des § 281 Abs. 1

StPO, der Sache nach nur aus letzterem Nichtigkeitsgrund, sinngemäß einen Verstoß gegen § 38 (Abs. 1) StGB durch Nichtanrechnung der von ihm am 17.Juli 1981 zwischen 22,05 Uhr und 22,50 Uhr sowie zwischen dem 18.Juli 1981, 11,00 Uhr, und dem 16.August 1981, 11,30 Uhr, in der Haft zugebrachten Zeit behauptet.

Die Beschwerde läßt außer acht, daß Vasilij B am 17.Juli 1981 erst um 22,50 Uhr in Verwahrungshaft genommen wurde (S. 7, 17, 34) und vom 18.Juli 1981, 11,00 Uhr, bis zum 16.August 1981, 11,30 Uhr, mehrere Verwaltungsstrafen verbüßte (S. 4 des Antrags- und Verfügungsbogens), sodaß eine Berechnung dieser Zeiträume gemäß dem § 38 StGB nicht in Betracht kam. Eine ausdrückliche Feststellung dieser aktenkundigen und im erstgerichtlichen Verfahren vom Angeklagten nie bestrittenen, die Haftfrage betreffenden Umstände war - der Beschwerdeauffassung zuwider - entbehrlich. Da sohin keiner der geltendgemachten Nichtigkeitsgründe vorliegt, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen und den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen die vernachlässigte Erziehung und die Entwicklung des Delikts nur bis ins Versuchsstadium als mildernd. Der Berufung, mit welcher der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt Berechtigung zu:

Berücksichtigt man nämlich das bei der Polizei abgelegte Geständnis (S. 18) als zusätzlichen Milderungsumstand und die Gesamtumstände der Tat, die einen relativ geringen (objektiven) Unrechtsgehalt indizieren, erweist sich eine achtzehnmonatige Freiheitsstrafe selbst dann als angemessen, wenn die vom Erstgericht angeführte vernachlässigte Erziehung wegen des Alters des Angeklagten zur Tatzeit (26 Jahre) kaum mehr als mildernd ins Gewicht fällt. Aus den dargelegten Gründen war der Berufung Folge zu geben. Die weiteren, vom Angeklagten zusätzlich reklamierten Milderungsumstände der drückenden Notlage und Alkoholisierung liegen allerdings nicht vor. Erstere ist schon infolge der vom Angeklagten ausgeübten Tätigkeit als Hausierhändler (siehe dazu S. 137) auszuschließen;

die zur Tatzeit bestandene Alkoholisierung wirkt sich deshalb nicht als mildernd aus, weil der Angeklagte im berauschten Zustand (u.a.) zur Begehung von kriminellen Taten neigt (vgl. das Sachverständigengutachten ON. 14

und die Vorstrafakten), sodaß ihm der Alkoholgenuß vorzuwerfen ist (§ 35 StGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf der im Urteilsspruch zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03626

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00007.82.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19820331_OGH0002_0110OS00007_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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