TE OGH 1982/4/22 12Os34/82

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Veröffentlicht am 22.04.1982
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Der Oberste Gerichtshof hat am 22.April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Oberste Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adalbert A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB als Beteiligter nach § 12

dritter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.November 1981, GZ 1 b Vr 2680/81- 67, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Franz Bixner jun. und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.September 1950 geborene Adalbert A der Verbrechen des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB als Beteiligter nach § 12, dritter Fall, StGB und des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129

Z. 1 und 2 StGB, sowie des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er 'A/ im Juli 1978 in Wien zur Ausführung der von den abgesondert verfolgten Josef B und Walter C, welche im Juli 1978 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Rudolf D durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, um übergebenes Bargeld italienische Benzingutscheine erwerben zu wollen, zu einer Handlung, nämlich zur übergabe von 180.000 S Bargeld verleitet haben, welche Rudolf D um diesen Betrag am Vermögen schädigte, dadurch beigetragen hat, daß er ihnen die Adresse des Rudolf D bekanntgab, ihnen mitteilte, daß sich der Genannte gleichfalls mit dem An- und Verkauf von italienischen Benzingutscheinen befasse und die Möglichkeit einer Unterschlagung von zum Ankauf von Benzingutscheinen übergebenem Bargeld bestehe;

B/ am 25.Juni 1978 in Wien Johann E fremde bewegliche Sachen, nämlich 12.000 S Bargeld, durch Einbruch, nämlich durch Einsteigen durch ein Glasschiebefenster, sowie Aufbrechen einer Schreibtischlade, sohin eines Behältnisses mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

C/ am 20.Juli 1978 in St. Pölten einen amtlichen Ausweis, der für einen anderen ausgestellt ist, nämlich die am 16.Oktober 1968 vom Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Wien für Ernst F ausgestellte Lenkerberechtigung Nr. 19.551/68 im Rechtsverkehr gebrauchte, als wäre sie für ihn ausgestellt'.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch - der Sache nach allerdings nur dessen Punkte A und B - mit einer auf die Z. 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den Verfahrensmangel (Z. 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung der von seinem Verteidiger bei der Hauptverhandlung gestellten Anträge (S. 475/I) auf Vornahme eines Lokalaugenscheines im Hotel Auhof sowie auf Einvernahme des Zeugen Rudolf D. Der Ortsaugenschein hätte nach Meinung des Beschwerdeführers (zum Punkt B des Schuldspruchs) den Nachweis erbracht, daß der Diebstahl im Hotel Auhof nicht auf die von der Zeugin Melanie G geschilderte Weise durch überspringen des Pultes (und das dadurch bewirkte Einsteigen durch ein ein Meter breites Fenster) vor der Rezeption, sondern auf die von ihm beschriebene Weise, nämlich durch bloßes Hineingreifen (über den Tisch in der Portierloge hinweg) in die (unversperrte) Geldlade begangen worden sei und somit die insoweit angenommene Qualifikation nach § 129 Z. 1 (und Z. 2) StGB nicht vorgelegen sei.

Durch die Vernehmung des Zeugen Rudolf D hinwieder sollte zum Faktum C (richtig: A) nachgewiesen werden, daß die (bereits rechtskräftig abgeurteilten Mittäter und nunmehrigen) Zeugen Josef B und Walter C gegenüber Rudolf D zugegeben hätten, der Angeklagte sei an der von ihnen begangenen Tat in keiner Weise beteiligt gewesen und daß sie sich D gegenüber verpflichteten, den Schaden von 180.000 S allein gutzumachen.

Rechtliche Beurteilung

Durch das bekämpfte (abweisliche) Zwischenerkenntnis des Schöffengerichtes (S. 477 f./I) wurden indes Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt.

Denn abgesehen davon, daß die Zeugin G erklärte, ein derartiger Sprung (durch das Fenster) wäre auch ihr möglich gewesen (S. 456/I), hat der Beschwerdeführer die Unmöglichkeit der von Melanie G geschilderten Begehungsweise selbst nie behauptet, sondern lediglich darauf hingewiesen, daß er diesfalls 'sportlich gut beinander gewesen sein müsse' (S. 453, 455 f./I). Zudem entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, daß Fenster einer (Hotel-) Portierloge (vor allem auch in Bezug auf die Fensterunterkante) so angeordnet sind, daß sie die Abwicklung der Geschäfte mit den Hotelgästen ermöglichen. Daß aber am Tatort überhaupt keine (Fenster-) Öffnung bzw. eine solche nur in der Größe vorhanden war, die das Einsteigen für einen Menschen überhaupt unmöglich machen würde, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Der auf die Vernehmung des Zeugen Rudolf D über ein angebliches Gespräch mit Josef B und Walter C abzielende Antrag des Angeklagten, der selbst keinen Grund dafür anzugeben vermochte (vgl. S. 450/I), aus welchem Grund er von B und C - die den Angeklagten (in Ansehung des Faktums A) auch als Zeugen unter Wahrheitspflicht als denjenigen bezeichneten, von dem der (später realisierte) Vorschlag ausging, bei D an einen möglichst großen Geldbetrag heranzukommen (vgl. S. 459, 462 f., 468 je in Band I) - zu Unrecht belastet worden sein sollte, wurde vom Schöffengericht schon deshalb zu Recht abgewiesen, weil das Schöffengericht gestützt auf die Aussagen der Zeugen Josef B (S. 463/II) und Walter C (S. 471/II) zur überzeugung gelangte (S. 492/II), daß ein Gespräch (des vom Beschwerdeführer behaupteten Inhalts) zwischen den genannten Zeugen und Rudolf D nicht stattgefunden hat und dem Angeklagten zudem (unmittelbare) Mittäterschaft nach der ersten Alternative des § 12 StGB gar nicht angelastet wird.

Verfahrensmängel sind sohin nicht unterlaufen.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO bezeichnet der Beschwerdeführer das Urteil in Ansehung des die Diebstahlsqualifikation nach § 129 Z. 1 und 2 StGB bewirkenden Tatverhaltens mit der Argumentation als unvollständig begründet, daß die Eingangstür möglicherweise offen und auch die Geldlade nicht verschlossen gewesen sei; er vermag allerdings formale Begründungsmängel des Urteils in Ansehung entscheidungswesentlicher Tatsachenfeststellungen nicht darzutun. Denn mit all dem, was er unter den obigen Gesichtspunkten gegen das Urteil ins Treffen führt, behauptet er - wie zum Teil allein schon das Beschwerdevorbringen, ansonsten aber zumindestens dessen Vergleich mit den Urteilsgründen und den bezogenen Verfahrensergebnissen zeigt - sachlich keinen Begründungsmangel. Er beschwert sich in Wahrheit vor allem darüber, daß das Gericht der Darstellung der Zeugin G höhere Glaubwürdigkeit beigemessen hat, als seiner (insoweit leugnenden) eigenen Verantwortung und auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht zu für ihn günstigeren Konstatierungen gelangt ist. Die als Mängelrüge deklarierten Ausführungen des Beschwerdeführers enthalten demnach einen unzulässigen (und damit unbeachtlichen) Angriff auf die Beweiswürdigung, in deren Rahmen das Erstgericht die Bekundungen der genannten Zeugin wie des Angeklagten einer ausreichenden Analyse unterzog. Daß aber die (zuvor unbeschädigt gewesene - vgl. S. 456/I) Geldlade gewaltsam aufgebrochen wurde, ergibt sich aus den von der Polizei (am 25.Juni 1978) am Tatort durchgeführten Erhebungen (vgl. S. 64/I).

Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen des Angeklagten, mit dem er abermals von seiner (leugnenden) Verantwortung ausgehend eine offenbar unzureichende Begründung des Urteils in Ansehung des Schuldspruchs Punkt A ins Treffen zu führen versucht. Denn abgesehen davon, daß er solcherart abermals nur in unzulässiger (und damit unbeachtlicher) Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung bekämpft, hat das Erstgericht unter aktengetreuer Wiedergabe der verwerteten Verfahrensergebnisse (vgl. insbesondere S. 459, 462, 463, 468/I) mit einer den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Begründung zum Ausdruck gebracht, aus welchen Erwägungen es den (den Angeklagten belastenden) Angaben der Zeugen B und C Glauben geschenkt hat (S. 490 ff.).

Soweit der Beschwerdeführer aber sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Begründungsmangels nach der Z. 5 wie auch unter dem eines Subsumtionsirrtums nach der Z. 10

des § 281 Abs 1 StPO - in Wahrheit nur letztgenannten Nichtigkeitsgrund ausführend - behauptet, seine Tat wäre als (Beitragstäterschaft zur) Veruntreuung nach § 133 StGB oder als (Verbrechen der) Hehlerei zu beurteilen, läßt er vollkommen unberücksichtigt, daß die Zeugen B und C nach den Feststellungen des Schöffengerichtes (S. 488/I) schon bei der übernahme des Geldes (gerade an einem Donnerstag wo - worauf sie vom Angeklagten ausdrücklich aufmerksam gemacht worden waren - wegen der an diesem Tag längeren Öffnungszeiten der Banken die Ausfolgung höherer Geldbeträge - zum Ankauf von italienischen Benzingutscheinen - als an den übrigen Tagen erwarten konnten) mit dem Vorsatz handelten, dieses für die beabsichtigte Südamerikareise zu verwenden. Demzufolge ist aber der Schaden bei Rudolf D bereits dadurch eingetreten, daß er den ihn (nach dem gemeinsamen Tatplan mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz) listig täuschenden Zeugen B und C den Geldbetrag übergab. Es handelt sich sohin um eine 'Selbstschädigung', die das Charakteristikum des Betruges darstellt und nicht um eine schädigende Handlung der Täter (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN. 51 zu § 146). Einer Beurteilung der Tat als Hehlerei hinwieder stellt sich entgegen, daß der Beschwerdeführer nach den Konstatierungen des Schöffengerichtes bereits an der Vortat von B und C als Beteiligter, und zwar (zumindest) als Beitragstäter nach der dritten Alternative des § 12 StGB mitgewirkt hat (vgl. Leukauf-Steininger a.a.O., RN. 4 zu § 164 ebenso RN. 47 zu § 12 StGB). Wenn auch das Erstgericht in den Urteilsgründen (S. 491) die Formulierung gebrauchte, B und C (die insoweit vom Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ. 1 b Vr 3300/79 mit Urteil vom 5.Februar 1980

gleichfalls des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt wurden), hätten das ihnen von D und H übergebene Geld 'veruntreut', so vermag dies als bloße sprachliche Ungenauigkeit der (im übrigen) richtigen Beurteilung der Tat als Betrug (vgl. insbesondere S. 483, 484/I) keinen Abbruch zu tun. Wenn der Beschwerdeführer schließlich unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO seine Straflosigkeit daraus abgeleitet wissen will, daß er selbst D und H kein Geld herausgelockt und solcherart von der 'geplanten Veruntreuung überhaupt Abstand genommen' habe, verkennt er zum einen das Wesen der Beitragstäterschaft (§ 12, dritter Fall, StGB) und weicht im übrigen von den Konstatierungen des Erstgerichts ab, welches insoweit mit mängelfreier Begründung zum Ausdruck brachte, daß der Angeklagte zum vereinbart gewesenen Tatzeitpunkt bloß deshalb selbst keine Akontozahlung (zum damals vorgetäuschten Ankauf von Benzingutscheinen für Rudolf D) übernahm, um seine Tatbeteiligung zu verschleiern. Demzufolge wurde sein Tatverhalten vom Schöffengericht nicht als unmittelbare Täterschaft, sondern rechtsrichtig als Beitragstäterschaft nach der zuvor bezeichneten Gesetzesstelle gewertet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf die Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6.März 1979, GZ 4 a E Vr 1015/79-39, (mit dem er wegen der Vergehen nach § 107 Abs 1; 125; 223 Abs 2, 224; 229 Abs 1 StGB sowie wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffG. zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde) und des Amtsgerichtes Kempten (Allgäu) vom 30.April 1981, Geschäftsnummer Ds 23 Js 2391/81, (mit welchem er 'wegen eines Vergehens der Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit einem fortgesetzten Vergehen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis' nach § 267 Abs 1, 53 dStGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt wurde) zu einer (Zusatz-) Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren. Dabei wertete es das teilweise Geständnis als mildernd, hingegen das Zusammentreffen verschiedener Straftaten, die einschlägigen Vorstrafen und die mehrfache Qualifikation des Diebstahls als erschwerend.

Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Für eine vom Angeklagten als Milderungsgrund reklamierte Tatbeteiligung 'nur in entferntester Weise' bieten die schöffengerichtlichen Konstatierungen keinen Raum.

Diesen ist vielmehr in Verbindung mit den Feststellungen in dem die bereits rechtskräftig abgeurteilten Mittäter Josef B und Walter C betreffenden Verfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, AZ. 1 b Vr 3300/79

(vgl. insbesondere S. 209) zu entnehmen, daß der Berufungswerber an der dem Punkt A des Urteilssatzes zugrunde liegenden Straftat führend beteiligt gewesen ist, was ihm gemäß § 33 Z. 4 StGB als zusätzlicher Erschwerungsgrund anzulasten gewesen wäre. Auch sonst vermag der Angeklagte keine neuen Aspekte aufzuzeigen, die bei der Strafbemessung zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen könnten. Im Hinblick auf die tat- und persönlichkeitsbezogene Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) - bei dem die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB

vorliegen und der die in Rede stehenden Straftaten nach der Flucht aus dem Vollzug einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe begangen hat - hat das Schöffengericht die über ihn verhängte Zusatz-Freiheitsstrafe mit dreieinhalb Jahren, die mit Rücksicht auf das Ausmaß der mit den vorerwähnten früheren Urteilen verhängten Freiheitsstrafen eine gesamte Strafdauer von vier Jahren und elf Monaten ergeben, keineswegs zu hoch ausgemessen.

Der Berufung mußte demnach gleichfalls ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03632

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00034.82.0422.000

Dokumentnummer

JJT_19820422_OGH0002_0120OS00034_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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