TE OGH 1982/4/27 10Os3/82

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Veröffentlicht am 27.04.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr Skreinig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf (Josef) A wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Ried im Innkreis vom 9. Dezember 1981, GZ 6 Vr 729/80- 66, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, sowie der Ausführungen des Verteidigers DDr. Peter Stern und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Rudolf Josef A (1.) des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2

StGB sowie (2.) des Verbrechens des Mordes gemäß § 75 StGB schuldig erkannt und nach § 28, 75 StGB zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt; gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde ihm die Vorhaft vom 8. September 1980, 16 Uhr, bis zum 15. September 1980, 11 Uhr, und vom 27. Oktober 1981, 23 Uhr, bis zum 9. Dezember 1981, 18 Uhr 30, darauf angerechnet.

Als Mord liegt ihm zur Last, gegen Anfang November 1979 in Haigermoos, Gemeinde St. Pantaleon, oder an einem anderen Ort Siegfried B mit einer Vorderladerwaffe durch einen Kopfschuß vorsätzlich getötet zu haben.

Von der weiteren Anklage, durch diesen Mord dem Tatopfer mit Gewalt gegen dessen Person 50.000 S Bargeld und eine Armbanduhr geraubt zu haben, wurde A hingegen - nach der Verneinung der betreffenden Hauptfrage (3) durch die Geschwornen - gemäß § 259 Z 3 StPO (richtig: § 336 StPO) freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen den Schuldspruch wegen Mordes sowie gegen den Strafausspruch gerichteten, auf § 345 Abs 1 Z 5, 6, 8, 9 und 13 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z 5) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung (S 226/II) seines Antrags auf Veranlassung einer psychiatrischen Untersuchung der Zeugin Friederike C darüber, daß der Inhalt ihrer Aussage infolge einer dem hysterischen Formenkreis zugeordneten neurotischen Störung nicht mit dem tatsächlich Erlebten übereinstimme (S 110, 181/II), durch den Schwurgerichtshof.

Die Rüge geht fehl.

Die Untersuchung des Geisteszustands eines Zeugen setzt zum einen, soll sie nicht auf die unzulässige Aufnahme eines reinen Erkundungsbeweises hinauslaufen, konkret erhebliche Bedenken gegen dessen allgemeine Wahrnehmungs- oder Wiedergabefähigkeit (§ 151 Z 3 StPO) oder doch gegen seine (vom Einzelfall unabhängige) Aussageehrlichkeit schlechthin (gegen die derartige Bedenken bei Erwachsenen nur ausnahmsweise aktuell sein werden) voraus (vgl SSt 49/55, EvBl 1975/120 u a m) und ist zum anderen, weil sich die Zeugenpflicht nur auf das Erscheinen vor Gericht und auf das Ablegen des Zeugnisses erstreckt (§ 150, 160 StPO), lediglich mit seiner Zustimmung gestattet (vgl ÖJZ-LSK 1979/177, SSt 29/85 u a m); Umstände dagegen, die bloß gegen die Glaubwürdigkeit oder Verläßlichkeit eines Zeugen im gegebenen Anlaßfall sprechen, unterliegen ausschließlich der Beweiswürdigung durch das Gericht. Im vorliegenden Fall hat der Verteidiger zur Begründung seiner prozessualen Behauptung einer durch eine neurotische Störung bedingten Wahrnehmungs- oder Wiedergabeunfähigkeit der Zeugin C keinerlei Tatsachen vorgebracht. Schon darum konnten durch die Abweisung seines Psychiatrierungsantrags, die der Schwurgerichtshof darauf stützte, daß die Genannte zwar einen unbeholfenen und primitiven Eindruck mache, für das Bestehen einer Geisteskrankheit oder einer neurotischen Störung aus dem Gebiet des hysterischen Formenkreises aber keine wie immer gearteten Anhaltspunkte vorliegen, Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt werden (vgl EvBl 1958/174 u a); davon, daß hiedurch den Geschwornen 'die Würdigung der Abnormität in der Persönlichkeit der Zeugin' vorweggenommen worden wäre, kann dementsprechend - mangels jeglicher Anhaltspunkte für eine derartige Abnormität - keine Rede sein. Im übrigen wären aber, wie der Vollständigkeit halber bemerkt sei, auch die nunmehr in der Rechtsmittelschrift hervorgehobenen Aspekte - Widersprüche in der Zeugenaussage, unterdurchschnittliche Intelligenz sowie besondere Scheu und Angst der Zeugin - (noch) nicht geeignet gewesen, maßgebende Bedenken der in Rede stehenden Art hervorzurufen. Die Beschwerdebehauptung, der Schwurgerichtshof habe 'offensichtlich' selbst solche Bedenken gehegt, weil er sich die Entscheidung über den Beweisantrag bis nach der Vernehmung der Zeugin vorbehalten und sodann kein abgesondertes Protokoll nach § 277 StPO (wegen der Wahrscheinlichkeit einer wissentlich falschen Zeugenaussage) mit ihr aufgenommen habe, wird nicht nur eben durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis widerlegt, sondern ist schon an sich völlig willkürlich. Zu einer Prüfung der Frage, ob die Zeugin einer Untersuchung ihres Geisteszustands überhaupt zugestimmt hätte, wie der Angeklagte nunmehr behauptet, bestand daher im gegebenen Fall gar kein Anlaß.

Als Verstoß gegen § 313 StPO rügt der Beschwerdeführer weiters (Z 6) das Unterbleiben einer Zusatzfrage nach (seiner) Zurechnungsfähigkeit (§ 11 StGB) zur Hauptfrage (2) nach Mord mit der Begründung, bei einem Mörder sei 'zunächst grundsätzlich davon auszugehen, er könnte einen geistigen oder seelischen Defekt haben oder seine Sinne bzw sein Bewußtsein könnten gestört sein', und im gegebenen Fall sei diese Frage speziell durch die Art der Tatbegehung (Kopfschuß aus nächster Nähe und Beseitigung der Leiche durch deren Verbergen in der Senkgrube einer Klosettanlage) aktuell. Auch damit ist er nicht im Recht.

Gemäß § 313 StPO ist eine Zusatzfrage nach einem Schuld-(Straf-) Ausschließungsgrund nur dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, die - falls sie als erwiesen angenommen werden - auf dessen Vorliegen gerade bei der inkriminierten Tat konkret hinweisen. Der in der Begehung jedes Verbrechens zum Ausdruck kommende Gegensatz zum Normalverhalten eines rechtsgetreuen Durchschnittsmenschen (und nicht anders auch die durch jede überlegte Tötung eines Menschen zutage tretende gravierende Abweichung von durchschnittlicher Denkweise und Entschlußfassung) bietet aber für sich allein noch keine ausreichende Grundlage für Bedenken gegen die Zurechnungsfähigkeit des Täters (vgl SSt 19/75), und auch aus dem konkreten Tatgeschehen als solchem - ohne Zusammenhang mit der Täterpersönlichkeit des Angeklagten, die ihrerseits für die Annahme einer Zurechnungsunfähigkeit keinerlei Anhaltspunkt lieferte - können derartige Hinweise nicht abgeleitet werden.

Den Vorwurf einer Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung (Z 8) stützt der Beschwerdeführer zum einen auf den Einwand, den Geschwornen sei kein Hinweis darauf gegeben worden, daß bei einer Verneinung der Hauptfrage nach Raub auch das in der Anklage angenommene Mordmotiv wegfiele.

Gegenstand der (von der hier relevierten Nichtigkeitssanktion allein erfaßten) schriftlichen Rechtsbelehrung (§ 321, 323 Abs 1 und 3, 327 Abs 1 und 2 StPO) ist indessen (unter anderem) nur jenes prozessual-formale 'Verhältnis der Fragen zueinander', welches deren jeweilige Aktualität im Rahmen des konkreten Fragenschemas betrifft, sowie die daraus resultierenden 'Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage' und nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, eine allenfalls beweismäßig-faktische Verknüpfung einzelner Frageninhalte miteinander und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beantwortung der Fragen:

für derartige Erörterungen ist vielmehr die - im Anschluß an die mündliche Rechtsbelehrung (§ 323 Abs 1 StPO) abzuhaltende - Besprechung des Vorsitzenden mit den Geschwornen (§ 323 Abs 2 StPO) vorgesehen, bei der er (auch) die in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlungen auf den ihnen zugrundeliegenden Sachverhalt zurückzuführen, die für die Beantwortung entscheidenden Tatsachen hervorzuheben und, ohne sich in eine Würdigung der Beweismittel einzulassen, auf die in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweise zu verweisen hat (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 75 zu § 345 Z 8). Für die vom Beschwerdeführer vermißte Bezugnahme auf den mit einer Verneinung der Hauptfrage nach Raub (möglicherweise) verbundenen Wegfall des (ihm mit der Anklage unterstellten) Mordmotivs war daher in der Rechtsbelehrung kein Raum.

Auch von einer durch die Bejahung der Hauptfrage (2) nach Mord trotz der folgenden Verneinung der Hauptfrage (3) nach Raub bewirkten Undeutlichkeit oder inneren Widersprüchlichkeit des Wahrspruchs (Z 9) eben im Hinblick darauf, daß ihm ein für beide Taten gemeinsames Motiv angelastet worden war, kann keine Rede sein. Denn solche Mängel könnten ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst - dessen Sinngehalt aber völlig eindeutig ist und innerhalb dessen die relevierten Antworten auf die Hauptfragen 2 und 3 nach den Denkgesetzen durchaus miteinander vereinbar sind - abgeleitet werden, aber keineswegs aus Umständen, die darin keinen Niederschlag finden, wie etwa aus einem vom Angeklagten behaupteten Fehlen eines nicht in einem Raubvorsatz gelegenen eindeutigen Tatmotivs für den Mord. Insoweit bringt der Beschwerdeführer demnach den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur (prozeßordnungsgemäßen) Darstellung.

Unrichtig war allerdings die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung zur subjektiven Tatseite des Mordes (§ 75 StGB). Denn zu deren Verwirklichung bedarf es mitnichten einer 'Absicht', worunter im Hinblick auf die klare Terminologie des Gesetzes nur ein 'absichtliches Handeln' im Sinn des § 5 Abs 2 StGB verstanden werden kann, sondern es genügt jede Art eines in § 5 StGB beschriebenen 'vorsätzlichen Handelns' (§ 5 Abs 1 erster Halbsatz als Oberbegriff), also auch bedingter Vorsatz (Abs 1 zweiter Halbsatz) oder Wissentlichkeit (Abs 3). Diese Fehlerhaftigkeit der Belehrung, daß das 'Tatbild' (richtig: der Tatbestand) des Mordes eine 'Absicht' des Täters erfordere, einen Menschen zu töten, wird dadurch, daß nachträglich immerhin doch auch der bedingte Vorsatz als ausreichend bezeichnet wird, noch nicht behoben, ordnen die Erläuterungen doch dabei jene Vorsatzform abermals rechtsirrig der 'Absicht' (als vermeintlichem Oberbegriff) unter und erwähnen sie doch außerdem die Wissentlichkeit als weitere (zur Tatbestandsverwirklichung hinreichende) Variante des Vorsatzes nach wie vor nicht.

Die damit dem bejahenden Wahrspruch zur Hauptfrage 2 zugrunde liegende, strafbarkeitseinschränkend wirkende Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung hat jedoch keine Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 8 StPO zur Folge (vgl 10 Os 10/82).

Denn ebenso wie die Zulässigkeit von Rechtsmitteln überhaupt (in bezug auf deren Zielrichtung) eine Beeinträchtigung der Rechte (Beschwer) desjenigen voraussetzt, zu dessen Gunsten sie ergriffen werden (§ 282 StPO; vgl SSt 31/

54, 26/59 uva), ist jede Nichtigkeitssanktion nach dem Sinn des Gesetzes nur auf die Behebbarkeit solcher Fehler gerichtet, die zu einer Verletzung der vom Beschwerdeführer vertretenen Interessen der Strafverfolgung oder der Verteidigung geführt haben oder zumindest ihrer Art nach (in abstracto) führen konnten. Diese teleologische Grundvoraussetzung für die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen findet zum Teil in der Strafprozeßordnung ausdrücklich Niederschlag, wie etwa in § 281 Abs 2 in bezug auf Abs 1 Z 1 a und in § 345 Abs 4 (erste Fallgruppe) in bezug auf Abs 1 Z 2 und Z 7; im übrigen aber, insbesondere in Ansehung der materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe sowie jener nach § 281 Abs 1 Z 7 und Z 8, wird sie als selbstverständlich nicht besonders erwähnt (vgl Lohsing-Serini, Strafprozeßrecht4 S 559; Foregger-Serini, StPO2, Anm I 5 zu § 281;

Bertel, Strafprozeßrecht, S 159 f, Roeder, Lehrbuch2, S 281 f). Zum zuletzt angeführten Bereich gehört auch der Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 8 StPO insoweit, als einem für den Beschwerdeführer nachteiligen Wahrspruch zu einer bestimmten Frage eine seine Position begünstigende Unrichtigkeit der hiezu erteilten Rechtsbelehrung zugrunde liegt: kann sich doch ein strafbarkeitserweiternd wirkender Mangel dieser Art niemals zum Nachteil des Anklägers auswirken, ein strafbarkeitseinschränkender niemals zum Nachteil des Angeklagten. Dem klaren Sinn des Gesetzes entsprechend bedarf daher der Wortlaut der in Rede stehenden Sanktion einer dementsprechenden - im Strafprozeßrecht durchaus zulässigen (vgl Lohsing-Serini, aaO, S 33 f, Roeder, aaO, S 8) - teleologischen Reduktion (wie etwa: '...

es sei denn, daß die Unrichtigkeit eine den Beschwerdeführer begünstigende Belehrung zu einer für ihn nachteilig beantworteten Frage betrifft').

Der Umstand, daß die Erteilung einer unrichtigen Rechtsbelehrung (Z 8) nicht im Katalog (§ 345 Abs 3 und Abs 4, zweite Fallgruppe, StPO) jener (prozessualen) Nichtigkeitsgründe (§ 345 Abs 1 Z 3 bis 6 und 10 StPO) aufscheint, bei denen (darüber hinaus noch) zu prüfen ist, ob der jeweils aktuelle Mangel auch im betreffenden Einzelfall (wie etwa unter Bedacht auf die Gestaltung des konkreten Fragenschemas und auf das Ergebnis des Wahrspruchs) einen - in abstracto jedenfalls denkbaren - Einfluß auf die Entscheidung zu üben vermochte oder nicht, hat mit dem hier maßgebenden (von Bertel, aaO, S 166, anscheinend nicht in den Kreis seiner Erwägungen einbezogenen) generellen Fehlen schon einer überhaupt denkbaren Benachteiligung des Beschwerdeführers nichts zu tun (i d S, obgleich zum Teil unter mißverständlicher Bezugnahme auf einen Mangel an 'Beschwer', bereits SSt 9/22, 32/77, EvBl 1970/287 u a m). In der auf Z 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge schließlich macht der Angeklagte Verstöße gegen § 38 StGB bei der Anrechnung der Vorhaft sowie - in Form eines Nachtrags im Rahmen der Berufung - eine überschreitung der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes geltend, jedoch gleichfalls zu Unrecht. Zu seinem Vorbringen, er sei nicht erst am 8. September 1980 um 16 Uhr verhaftet worden, sondern schon am 7. September 1980 um 22 Uhr, ergibt sich aus dem Akt (S 6, 15, 17, 283, 285, 329/I, 167/II), daß zwar ab dem zuletzt genannten (früheren) Zeitpunkt Befragungen des Beschwerdeführers durch Gendarmeriebeamte in den Räumen des Gendarmeriepostenkommandos Wildshut stattgefunden haben, seine Verhaftung aber (nach einer Konkretisierung des Tatverdachts) über richterlichen Auftrag erst am 8. September 1980 um 16 Uhr erfolgt ist.

Der im fraglichen Zeitraum durch Vernehmungen verursachte Aufenthalt des Angeklagten bei einer Gendarmeriedienststelle hatte demnach ungeachtet seiner Bezeichnung als solcher in deren Formblättern (S 9, 139/I) nicht den Charakter einer Verwahrungshaft, weil ihm nicht eine primär auf die unmittelbare Herbeiführung einer Freiheitsbeschränkung gerichtete Amtshandlung der staatlichen Vollzugsgewalt zugrundelag (vgl VfSlg 3022 und 6102). Bei der Festsetzung des Beginnzeitpunkts der angerechneten Vorhaft ist daher kein Gesetzesverstoß unterlaufen.

Ebenso hält auch der weitere Einwand gegen die Nichtanrechnung des Zeitraums vom 15. September 1980, 11 Uhr, bis zum 27. Oktober 1981, 23 Uhr, als Vorhaft einer überprüfung nicht stand, weil der Beschwerdeführer nach den darauf bezogenen Berichten des kreisgerichtlichen Gefangenenhauses Ried im Innkreis (S 75, 77/I, S 81/II) diese Zeit zur Gänze in einem anderen Verfahren (AZ 18 Vr 1305/78-86 des Landesgerichtes Salzburg) in Strafhaft zugebracht hat, sodaß die Voraussetzungen des § 38 (Abs 1) StGB insoweit nicht vorlagen.

Mit der an sich zutreffenden - zwar im Rahmen der Berufung erhobenen, aber auch die Z 13 des § 345 Abs 1 StGB relevierenden und demnach hier zu erledigenden - Rüge aber, daß die vom Schuldspruch erfaßten Taten nach dem Zeitpunkt ihrer Begehung gemeinsam mit den dem Verfahren zum AZ 6 E Vr 674/79 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis zugrundeliegenden Taten hätten geahndet werden können, - er war mit Urteil vom 14. April 1980 rechtskräftig zu einer Geldstrafe in der Höhe von 240 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden -, woraus er folgert, daß demgemäß nur eine (zeitliche) Zusatzstrafe (§ 31, 40 StGB) und daher keine lebenslange Freiheitsstrafe über ihn zu verhängen gewesen wäre, vermag der Angeklagte eine überschreitung des gesetzlichen Strafrahmens (Z 13) nicht aufzuzeigen.

Gemäß § 31 Abs 1 StGB darf (1.) eine Zusatzstrafe das Höchstmaß jener Strafe nicht übersteigen, die für die nachträglich abzuurteilende Tat angedroht ist (zweiter Satz), und außerdem darf

(2.) die aus der Zusatzstrafe und aus der mit dem früheren Urteil verhängten Strafe resultierende Strafensumme nicht höher sein als die Strafe, die bei gemeinsamer Aburteilung nach § 28, 29 StGB zulässig gewesen wäre (letzter Satz). Mit der solcherart vorgeschriebenen Ermittlung der Strafrahmenobergrenze im Einzelfall durch eine Subtraktion (der mit dem ersten Urteil verhängten Strafe von jener, die bei gemeinsamer Aburteilung zulässig gewesen wäre) stimmt auch die Bemessungsvorschrift des § 40 (erster Satz) StGB überein, wonach die konkrete Zusatzstrafe innerhalb des (so ermittelten) Strafrahmens derart festzusetzen ist, daß die Strafensumme derjenigen Strafe entspricht, die bei gemeinsamer Aburteilung (hypothetisch) zu verhängen gewesen wäre, also gleichfalls im Weg einer Subtraktion (der mit dem früheren Urteil verhängten von der bei hypothetisch gemeinsamer Aburteilung angemessenen Strafe).

Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist aber im Hinblick auf die zwangsläufige Unbestimmtheit ihrer Dauer, also auf die Unmöglichkeit, letztere mit einem von vornherein bestimmten (Zeit-) Maß festzusetzen, eine Subtraktion bestimmter (zeitlicher) Strafen, seien es primäre Freiheitsstrafen oder seien es Ersatzfreiheitsstrafen als insoweit allein in Betracht kommendes öquivalent mit gesetzlich (§ 19 Abs 3 StGB) bestimmter Relation für eine Geldstrafe schon begrifflich ausgeschlossen. Daraus folgt, daß sowohl die zweite Strafrahmenbegrenzung in § 31 Abs 1 (letzter Satz) StGB als auch die Strafbemessungsvorschrift des § 40 erster Satz StGB nur für die Verhängung bestimmter (zeitlicher) Strafen als Zusatzstrafen gelten, nicht aber für solche Fälle, in denen bei einer nachträglichen Verurteilung die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe geboten erscheint (vgl auch SSt 48/92, ÖJZ-LSK 1976/106 ua).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht nahm bei der Festsetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die einschlägige Vorstrafe wegen Raubes und den Umstand als erschwerend an, daß der Angeklagte seinen Wohltäter getötet hat, hingegen das Teilgeständnis (zum Betrugsfaktum) als mildernd. Auch der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine zeitliche Freiheitsstrafe - als Zusatzstrafe zur oben angeführten Verurteilung durch das Kreisgericht Ried im Innkreis vom 14. April 1980 - anstrebt, kommt keine Berechtigung zu, zumal das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt und schon angesichts der offenkundig kaltblütigen Begehung eines Kapitalverbrechens (Mord!) durch den Angeklagten dem (demgemäß) hohen Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat entsprechend (§ 32 StGB) mit Fug die gesetzliche Höchststrafe verhängt hat, gegen die auch der Berufungswerber (nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes) nichts derart gewichtiges zu seinen Gunsten ins Treffen zu führen vermag, daß deshalb mit einer zeitlichen (Zusatz-)Strafe das Auslangen gefunden werden könnte.

Es war daher der Berufung ebenfalls ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E03796

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00003.82.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19820427_OGH0002_0100OS00003_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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