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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des P, geboren 1970, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 5. November 2002, Zl. Fr-147/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 5. November 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, laut dem Beschwerdevorbringen ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 36 Abs. 1 unter Bedachtnahme auf die §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 19. Juli 2002 im Wesentlichen ausgeführt, dass das einzige ihm vorzuwerfende Verhalten seine illegale Einreise und sein damit verbundener illegaler Aufenthalt in Österreich wären. Dieses Verhalten wäre jedoch nicht geeignet, ein Aufenthaltsverbot gegen ihn zu erlassen. Auch hätte er am 25. Juni 2001 einen Asylantrag gestellt, über den bisher noch nicht rechtskräftig abgesprochen worden wäre, und käme ihm daher jedenfalls ein Abschiebungsschutz bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens zu. Auf Grund des rechtmäßigen Aufenthaltes seiner beiden Brüder in Österreich fände auch ein unzulässiger Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben statt. Zu seiner in Serbien lebenden Familie hätte er "allfälligen" Kontakt abgebrochen.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer bereits mehrmals - und zwar zuerst in den Jahren 1994 und 1998 - illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Er habe "dann" einen Asylantrag gestellt, welcher im Juni 1998 gemäß § 7 "bzw."
§ 8 AsylG abgewiesen worden sei. Dagegen habe er Berufung erhoben, diese jedoch in der Folge zurückgezogen. Unter Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe im Rahmen der Rückkehraktion habe er das Bundesgebiet verlassen. Am 18. Juni 2001 sei er neuerlich unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet eingereist und habe erneut einen Asylantrag gestellt, der gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden sei.
Die zuletzt erfolgte illegale Einreise des Beschwerdeführers und der anschließende rechtswidrige Aufenthalt rechtfertigten für sich allein zwar noch nicht die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Halte man sich jedoch sein Gesamtfehlverhalten, nämlich die wiederholte illegale Einreise und - was auf die belangte Behörde besonders verwerflich wirke - zuletzt die sogar noch offenbar vorsätzlich missbräuchliche Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe, vor Augen, so gelange man zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, die Rechtsvorschriften - insbesondere jene, welche die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden regelten - zu beachten. Die Erstbehörde habe daher zu Recht das Aufenthaltsverbot auf den (Grund)tatbestand des § 36 Abs. 1 FrG gestützt und das Aufenthaltsverbot erlassen, lasse doch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers eindeutig die Prognose zu, dass er auch in Zukunft fremdenrechtliche Bestimmungen missachten werde. Der solcherart von ihm ausgehenden Gefährdung könne daher nur durch Erlassung eines Aufenthaltsverbotes begegnet werden.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG habe bereits die Erstbehörde festgestellt, dass die beiden Brüder des Beschwerdeführers rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig seien und in Verbindung mit seinen kurzfristigen, jedenfalls illegalen Aufenthalten mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Angesichts der genannten Prognose wögen die öffentlichen Interessen an der Erlassung dieser Maßnahme wesentlich schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers, weshalb § 37 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe.
Auch ergäben sich aus der Aktenlage keine Gründe, welche im Sinn des § 38 leg. cit. der Zulässigkeit dieses Bescheides entgegenstehen würden.
Dem Berufungsvorbringen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber unzulässig wäre, sei zu erwidern, dass der vom Beschwerdeführer angedachte Schutz von Asylwerbern nur solche mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung umfasse. Dies treffe jedoch auf ihn nicht zu.
Angesichts des genannten Verhaltens des Beschwerdeführers müsse auf Grund seiner evidenten Neigung zur vorsätzlichen Missachtung der österreichischen Rechtsvorschriften von einer "diesbezüglichen Charakterschwäche" des Beschwerdeführers ausgegangen werden, welche jedenfalls einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren erfordere, um allenfalls einen Sinneswandel hin zu einem rechtstreuen Menschen erkennen zu können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus einem der Gründe des § 42 Abs. 2 VwGG aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Unter Zugrundelegung der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen hat die belangte Behörde zutreffend keinen der in § 36 Abs. 2 FrG normierten Tatbestände als erfüllt angesehen.
Ein Aufenthaltsverbot kann jedoch - was die belangte Behörde insoweit richtig erkannt hat - auch ausschließlich auf § 36 Abs. 1 FrG gestützt werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der in § 36 Abs. 2 leg. cit. angeführten Fälle aufweisen, jedoch in ihrer Gesamtheit die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2000, Zl. 98/18/0134, und vom 15. Dezember 2004, Zl. 2004/18/0119, mwN).
2. Die belangte Behörde sah das für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs. 1 FrG bedeutsame Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers in seinen mehrmaligen (in den Jahren 1994, 1998 und 2001 erfolgten) illegalen Einreisen, dem an die zuletzt erfolgte Einreise am 18. Juni 2001 anschließenden unrechtmäßigen Aufenthalt und dem Umstand, dass er zuvor das Bundesgebiet unter rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe im Rahmen der Rückkehraktion verlassen habe. Wenngleich dieses Gesamtverhalten eine nicht unerhebliche Gefährdung der öffentlichen Interessen darstellt, so reicht dieses Verhalten, selbst wenn der von der Behörde angenommene - von der Beschwerde in Abrede gestellte - Missbrauchsvorsatz nachweisbar wäre, nicht aus, um von die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erlaubenden triftigen Gründen im besagten Sinn sprechen zu können.
3. Die belangte Behörde verkannte daher mit ihrer Auffassung, dass das von ihr herangezogene Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers zur Rechtfertigung der in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme ausreiche, das Gesetz, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 24. Mai 2005
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002180305.X00Im RIS seit
23.06.2005