Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Skreinig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Dezember 1981, GZ 3 b Vr 11.286/81-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und gemäß § 43 Abs 1 StGB die über den Angeklagten verhängte (Zusatz-)Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach § 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in der Zeit vom Sommer 1980 bis zum 5. Mai 1981 in Wien gewerbsmäßig im bewußten und gewollten Zusammenwirken - mit den abgesondert Verfolgten Wilhelm B sowie (außer bei den Fakten 1 und 2) Robert A - mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, in zehn Fällen andere Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, vermeintliche Stromkreisdefekte, die in Wahrheit gleichfalls (durch das Herausschrauben von Sicherungen) nur vorgetäuscht worden waren, zu beheben und hiezu selbst beigestellte elektrotechnische Ersatzteile zu verwenden, zu Zahlungen oder zu einem Schulderlaß verleitete, die teils diese Personen und teils Dritte um insgesamt 31.150 S am Vermögen schädigten.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er nur die Annahmen der Schadenshöhe sowie der Gewerbsmäßigkeit des Betruges bekämpft, kommt keine Berechtigung zu.
In bezug auf die Schadenshöhe vermißt der Beschwerdeführer Feststellungen über den Wert des jeweils tatsächlich von ihm beigestellten Materials sowie über die hieraus resultierende entsprechende Erhöhung des Wertes der bearbeiteten Anlagen, derzufolge der Gesamtschaden nur maximal 20.000 S betrage und auch seine eigene Bereicherung um die Auslagen für den Materialankauf verringert worden sei.
Das Ausmaß der Bereicherung des Täters ist jedoch für den Tatbestand des Betruges sowie für dessen allfällige Qualifikation überhaupt nicht von Belang und in Ansehung der (an sich allerdings strafsatzrelevanten) Schadenshöhe könnte deren Reduzierung auf 20.000 S gleichfalls nicht zur Unterstellung der Tat unter ein anderes Strafgesetz führen.
Mit seinen darauf bezogenen Einwänden, die hier jedenfalls nicht gegen eine Begründung von Tatsachenfeststellungen gerichtet sind (Z 5), aber auch nicht (etwa) die Individualisierung der Tat (einschließlich der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände) betreffen (Z 3 iVm § 260 Abs 1 Z 1 StPO), vermag daher der Angeklagte schon darum eine (insoweit) der Sache nach allein geltend gemachte Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO nicht aufzuzeigen.
Die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit des Betruges ficht er vorerst mit dem Hinweis darauf, daß die Taten mit Ausnahme der Fakten 1 und 2 innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums (vom 26. Februar bis zum 5. Mai 1981) begangen wurden, und zudem mit dem weiteren Argument an, die zuvor erwähnte Materialbeschaffung habe einen erheblichen eigenen Aufwand erfordert, sodaß 'wohl kaum' davon gesprochen werden könne, die Täter hätten die Absicht gehabt, sich (solcherart) 'laufend ein Einkommen' (sichtlich gemeint: ein laufendes Einkommen) zu beschaffen.
Eben diese - die bekämpfte Qualifikation (§ 148 erster Fall StGB) in rechtlicher Hinsicht deckende - Absicht des Beschwerdeführers, sich durch die wiederkehrende Begehung gleichartiger Tathandlungen eine ständige Einkommensquelle (allenfalls zusätzlich zu seinen im übrigen eher geringen Einkünften) zu verschaffen, hat aber das Erstgericht (in tatsächlicher Hinsicht) mit detaillierter Begründung ausdrücklich als erwiesen angenommen (S 173, 181 f); soweit sich die dargelegten Gegenargumente des Angeklagten hierauf erstrecken, unternimmt er damit lediglich (nach Art einer Schuldberufung) einen im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigen Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, ohne formelle Begründungsmängel des Urteils im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO geltend zu machen.
Sofern er aber damit die Auffassung vertritt, die (seiner Ansicht nach relativ geringe) Dauer des Tatzeitraumes und die Höhe des für die Tatbegehung jeweils erforderlichen Eigenaufwands stünden einer Beurteilung des Betruges als gewerbsmäßig aus rechtlichen Gründen entgegen, ist die Rüge (Z 10) verfehlt: handelt ein Täter mit der in Rede stehenden Absicht (§ 5 Abs 2 StGB), dann hat er selbst eine einzige Tat (schon) gewerbsmäßig begangen, und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe der erstrebten fortlaufenden Einnahme, sobald letztere nur - wie hier jedenfalls - die Bagatellgrenze übersteigt. Dementsprechend ist dem Schöffengericht zum einen bei der Annahme einer Gewerbsmäßigkeit des Betruges in den unter Anklage gestellten Fällen kein Rechtsirrtum (Z 10) unterlaufen, wenn es diese Beurteilung darüber hinaus - an sich überflüssig - auch noch auf andere, nicht inkriminierte Fakten erstreckte, und zum anderen war es ihm bei der Konstatierung der maßgebenden Absicht des Beschwerdeführers (in jedem einzelnen Fall) durchaus nicht verwehrt (Z 5), auf Grund der (in der Hauptverhandlung verlesenen - S 166) Angaben des Wilhelm B bei der Polizei (S 44) und im Parallelverfahren (gegen jenen selbst; S 120) sowie seinem eigenen Zugeständnis (S 144, 151) entsprechend von einer die angeklagten Betrugsfakten übersteigenden Anzahl von 20 bis 30 gleichartigen Tathandlungen auszugehen (S 181 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 148 StGB zu 11 Monaten Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe gemäß § 31, 40 StGB zu einer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. Juni 1981, GZ 3 b E Vr 4892/81-22, wegen Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über ihn verhängten, gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt
nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 4
Monaten.
Bei der Strafbemessung (mit Bedacht auf die Anordnung des § 40 StGB) wertete es als erschwerend (im Hinblick auf das zum angefochtenen Urteil im Verhältnis des § 31 StGB stehende) Zusammentreffen (des Betrugs) mit dem Vergehen der 'gefährlichen Drohung' (ON 18, S 184; richtig: der 'Nötigung'), die Bestimmung der beiden Komplizen (zur Begehung der strafbaren Handlungen) und schließlich die Herbeiführung einer Bedrängnis der geschädigten Gastwirte durch Verursachung von Störungen der elektrischen Anlage (zum Zwecke der Verübung der Betrügereien) gerade zur Mittagsstoßzeit, bei einer Hochzeit oder unter anderen ähnlichen Umständen, als mildernd hingegen das Geständnis und die Tatsache, daß die eingetretene Bereicherung geringer als der angerichtete Schaden war. Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt nur teilweise (nämlich mit Bezug auf das letztere Begehren) Berechtigung zu.
Eine Strafermäßigung vermag der Oberste Gerichtshof schon wegen der gewerbsmäßigen Begehung der Betrugshandlungen nicht in Erwägung zu ziehen. Die vom Erstgericht verhängte Strafe erscheint übrigens auch sonst keineswegs als überhöht, zumal bei gemeinsamer Aburteilung sämtlicher dem Angeklagten zur Last liegenden Straftaten jedenfalls keine geringere Freiheitsstrafe (als insgesamt 15 Monate) ausgesprochen worden wäre.
Begründet ist hingegen das auf die bedingte Strafnachsicht gerichtete Verlangen. Das Vorleben des Angeklagten ist bisher nur durch eine einzige nicht einschlägige Vorstrafe wegen des Vergehens nach § 83 Abs 1 StGB bloß unerheblich getrübt; bis zu seinem 39. Lebensjahr hat er sich wohlverhalten und ist als ausgebildeter Elektriker einer geregelten Beschäftigung nachgegangen; offenbar durch seine Ehescheidung ist er (vorübergehend) bis zu einem gewissen Grad entwurzelt worden. Nach Lage des Falles kann sohin doch noch angenommen werden, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe genügen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten;
dies nicht zuletzt auch deshalb, weil er in gegenständlicher Strafsache eine dreimonatige Vorhaft erlitten und hiedurch das übel des Freiheitsentzugs erstmals verspürt hat.
Da auch Gründe der Generalprävention der bedingten Strafnachsicht (die vorliegend auf dem ersten Absatz des § 43 StGB fußt) nicht entgegenstehen, war wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Anmerkung
E03732European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00036.82.0427.000Dokumentnummer
JJT_19820427_OGH0002_0100OS00036_8200000_000