Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollak als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian A und einen anderen wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB über die vom Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 19. Jänner 1982, GZ 11 Vr 2.847/81-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Amhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Paulsen und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Bassler zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am 9. Juni 1966 geborene Kochlehrling Christian A des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 StGB schuldig erkannt. Der Ausspruch (und die Vollstreckung) der deswegen verwirkten Strafe wurde für eine Probezeit in der Dauer von drei Jahren vorläufig aufgeschoben. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Christian A mit einer allein auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er - das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42
StGB behauptend - seinen Freispruch nach dem § 259 Z 4 StPO anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Nach dem § 42 Abs. 1 StGB ist eine von Amts wegen zu verfolgende, nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedrohte Tat nicht strafbar, wenn die Schuld des Täters gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Nur wenn alle angeführten Voraussetzungen (kumulativ) vorliegen, mangelt es an der Strafwürdigkeit der Tat; fehlt auch nur eine von ihnen, ist die Tat strafbar. Nach den insoweit maßgebenden, durch das Geständnis des Angeklagten (S 130 in Verbindung mit S 53/54 d.A) und die Angaben des Kochlehrlings Wolfgang B (S 65/66 d. A) gedeckten Urteilsannahmen stahl der 15-jährige Angeklagte am 29. August 1981 in Gesellschaft des gesondert verfolgten Wolfgang B, dem zahlreiche weitere Diebstahlsfakten zur Last liegen, aus der Garderobe des Union-Tennisplatzes in Klagenfurt der Ursula C zwei Tennisschläger der Marke Kneissl, White Star Pro, im Gesamtwert von ca 5.000 S. Anläßlich seiner (zweiten) polizeilichen Vernehmung am 12. September 1981 (S 53; siehe auch S 37
d. A) folgte er das Diebsgut der Polizei aus (S 55 d.A), welche die beiden Tennisschläger am 19. September 1981 der Bestohlenen zurückstellte (S 71 d.A).
Bei dieser Sachlage kann - wie die Generalprokuratur zutreffend ausführt - vorliegend schon von geringer Schuld im Sinn des § 42 Abs. 1 Z 1 StGB nicht gesprochen werden.
Geringe Schuld verlangt nämlich ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt (vgl ÖJZ-LSK 1976/379 ua), wogegen sich aus dem planmäßigen und zielgerichteten Zusammenwirken des Angeklagten mit Wolfgang B bei Begehung der Tat in genauer Kenntnis der Qualität und somit des Wertes der gestohlenen Tennisschläger (vgl S 37 d.A: 'da ich selbst ein Tennisspieler bin' und S 53 d.A: 'Ich beziffere den Wert eines Schlägers mit mindestens 2.000 S') eine derart erhebliche Intensität des deliktischen Verhaltens ergibt, daß - auch bei Berücksichtigung der führenden Rolle des Wolfgang B (vgl S 138 d.A) - nicht mehr gesagt werden kann, es handle sich um einen Fall, der, was Schuldgehalt, Sozialschädlichkeit und Störwert für die Umwelt anlangt, deutlich unter der Norm liegt (vgl ÖJZ-LSK 1976/346 = EvBl 1977/102 ua).
Da eine Anwendung des § 42 StGB somit schon mangels der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 dieser Gesetzesnorm nicht in Frage kommt, erübrigt es sich, auf die Behauptung einzugehen, daß die Tat wegen der drei Wochen nach ihrer Begehung durch Rückstellung der Tennisschläger stattgefundenen (vollständigen) Schadensgutmachung keine Folgen (§ 42 Abs. 1 Z 2 StGB) nach sich gezogen habe (vgl hiezu jedoch ÖJZ-LSK 1977/293;
1978/129; 9 Os 100/81; Steininger in RZ 1981, S 31 mit FN 89;
anderer Ansicht Zipf, Die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat, 27 f;
jüngst Burgstaller, Der Ladendiebstahl und seine private Bekämpfung, S 62, 63; Pallin, Strafzumessung, RZ 156).
Beizupflichten ist dem Beschwerdeführer lediglich darin, daß es mit Rücksicht auf das reumütige Geständnis und die familiäre und soziale Integration des Angeklagten (siehe die Erhebungen des Jugendamtes ON 15) vertretbar ist, seine Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen als entbehrlich anzusehen. Anderseits bedarf es jedoch - worauf das Erstgericht richtig hinweist - aus generalpräventiven Gründen einer Reaktion der Gesellschaft wenigstens in Form eines Schuldspruches (§ 13 JGG). Wie sich aus den Urteilsannahmen ergibt, wurden unter Führung des gesondert verfolgten 17-jährigen Wolfgang B sowie unter Mitwirkung des 15-jährigen Rainer D aus den Garderoberäumen des Union-Tennisplatzes in Klagenfurt mehrere Diebstähle begangen, wobei der Beschwerdeführer allerdings nur an dem oben erwähnten Faktum (Punkt I A 1 des Urteilssatzes) beteiligt war. Die Taten wurden jedoch im Rahmen des Tennisbetriebs auf dem Union-Tennisplatz in Klagenfurt ersichtlich einer Vielzahl von Personen bekannt. Täter und Opfer gehören nach den Verfahrensergebnissen einem untereinander bekannten und am Verfahrensausgang interessierten, überschaubaren Personenkreis an. Es muß daher im konkreten Fall angenommen werden, daß das Unterbleiben jeder Sanktion für die Diebstahlstat des Angeklagten bei anderen potentiellen Tätern die Neigung zur Begehung ähnlicher Straftaten verstärken würde, weil der Eindruck entstünde, man könne (insbesondere als Jugendlicher) derartige Delikte folgenlos begehen (vgl Steininger in RZ 1981, S 32 und Burgstaller aaO S 65 ff /insbesondere S 68/).
Da so gesehen zuletzt auch generalpräventive Erwägungen gegen den Entfall eines Strafbedürfnisses beim Angeklagten Christian A sprechen, war dessen Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Anmerkung
E03657European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00043.82.0428.000Dokumentnummer
JJT_19820428_OGH0002_0110OS00043_8200000_000