TE OGH 1982/5/13 13Os42/82

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Veröffentlicht am 13.05.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pribitzer als Schriftführers in der Strafsache gegen Daniel A wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146 ff. StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 24. November 1981, GZ. 3 b Vr 10.146/81-44, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Klingsbigl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Daniel A ist schuldig, zwischen dem 1.Jänner 1973 und dem 31. Dezember 1975 in Perchtoldsdorf die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zugefügt zu haben, wobei der durch die Tat herbeigeführte Schaden 5.000 S übersteigt, indem er als Bevollmächtigter der Spedition Michael B & Co. diese in wiederholten Angriffen anläßlich des Bezugs von Treibstoff bei der Tankstelle Josef C zur Bezahlung einer jeweils um 10 bis 20

Liter größeren als der tatsächlich getankten Treibstoffmenge verpflichtete und dadurch die Firma Michael B & Co. um insgesamt (mindestens) 10.729,50 S schädigte.

Daniel A hat hiedurch das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 StGB begangen und wird hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 (fünf) Monaten und gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 27.Juni 1933 geborene Kraftfahrer Daniel A wurde des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 (erster Strafsatz) StGB schuldig erkannt. Laut den wesentlichen Urteilsfeststellungen war der Angeklagte seit dem Jahr 1965 ohne Unterbrechung bei dem Speditionsunternehmen Michael B & Co. als Kraftfahrer beschäftigt. Als diese Firma wegen einer Betriebsverlegung eine neue Tankstelle suchte, machte einer der Chauffeure, Valentin D, die Tankstelle des Josef C in Perchtoldsdorf ausfindig und vereinbarte mit dem Tankstellenbesitzer, daß bei pünktlicher Bezahlung der auf Lieferschein zu beziehenden Treibstoffmengen durch Mehrverrechnung von Treibstoff zum Nachteil der Firma B ihm und den übrigen Chauffeuren dieser Firma ein 'Jausengeld' zukommen sollte.

An diesen Manipulationen nahm der Angeklagte Daniel A in der Weise teil, daß er durch seine Unterschrift auf den Lieferscheinen über die bezogenen Treibstoffmengen, die monatlich mit der Firma B abgerechnet wurden, bei jedem Tankvorgang bewußt wahrheitswidrig den Bezug einer den tatsächlich getankten Dieseltreibstoff übersteigenden Menge bestätigte und zwei Drittel des der mehrverrechneten Treibstoffmenge entsprechenden Gegenwerts zum Teil in bar ausbezahlt, zum Teil in Form von Heizöl und Dieselkraftstoff verabreicht erhielt, und zwar von Michael E in der Zeit vom 1.Jänner 1973 bis 14.Oktober 1975 zirka einmal monatlich für jeweils 10 bis 15 Liter (Punkt A des Urteilsspruchs), von Stefan F in den Jahren 1973 bis 1975 zirka ein- bis zweimal wöchentlich für jeweils 10 Liter (B) und vom 27.Oktober bis 31.Dezember 1975

von Johannes G zirka einmal wöchentlich für jeweils 15 bis 20 Liter Dieseltreibstoff (C). Der Gesamtwert der verschiedenartigen Bezüge des Angeklagten beläuft sich auf zirka 10.729,50 S. Hiebei handelte A in der Absicht, sich und die jeweils begünstigten Tankwarte zum Schaden seines Dienstgebers unrechtmäßig zu bereichern und sich durch die wiederkehrende Begehung der Tathandlungen eine zusätzliche fortlaufende Einkommensquelle zu verschaffen. Die Deliktsserie endete schließlich deshalb, weil die Firma B anfangs 1976 eine eigene Tankstelle eröffnete, wo derartige Manipulationen nicht möglich waren.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er geltend macht, daß das festgestellte Verhalten bei richtiger Gesetzesauslegung nicht als schwerer gewerbsmäßiger Betrug zu beurteilen, sondern dem (mit geringerer Strafe bedrohten) Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB zu unterstellen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde erweist sich als begründet.

Die rechtsgeschäftliche Befugnis (§ 153 Abs. 1 StGB), einen anderen zu verpflichten und Rechtshandlungen zu dessen Lasten vorzunehmen, kann auch konkludent (schlüssig) eingeräumt werden (siehe § 863 abGB.). Dem entspricht es, wenn ein Kraftfahrer von seinem Dienstgeber ermächtigt ist, auf dessen Rechnung die für das von ihm gelenkte Fahrzeug benötigten Treibstoffmengen selbständig zu beschaffen und den Treibstoffbezug mit Unterschrift zu bestätigen. Dadurch verpflichtet er seinen Dienstgeber nach außen hin rechtsgeschäftlich. Soweit in einem solchen Fall der Täter den Erhalt von Treibstoff bestätigt, der in Wahrheit nicht für ein Fahrzeug des Dienstgebers bezogen worden ist, und auf diese Weise letzteren zur Bezahlung eines höheren Betrags als des Kaufpreises für den im Fahrzeug eingefüllten Treibstoff verpflichtet, mißbraucht er eine rechtsgeschäftlich eingeräumte Vertretungsmacht und nicht bloß eine faktisch bestehende Verfügungsmöglichkeit zum Schaden des Machtgebers (9 Os 16/81).

So gesehen war dem Angeklagten in seiner wenn auch, vom gesamten Betriebsgeschehen aus betrachtet, nur untergeordneten Stellung als Kraftfahrer der Firma B durch Rechtsgeschäft die Befugnis eingeräumt, seinen Dienstgeber zu verpflichten. Diese Befugnis hat der Angeklagte nach den Konstatierungen des Schöffengerichts mißbraucht, indem er auf den Lieferscheinen auch den Bezug von in Wahrheit nicht für seinen Dienstgeber getankten Treibstoffmengen bestätigte. Daran vermag nichts zu ändern, daß beim Bezug von Treibstoff, wie im Urteil richtig aufgezeigt wird, der Kaufvertrag nicht erst mit der Bestätigung der getankten Treibstoffmenge auf einem Lieferschein, sondern schon mit der Inanspruchnahme der Leistung der Tankstelle durch den Käufer (worin sich die für den Kauf - §§ 1053 ff. abGB. - wesentliche Einigung über Ware und Preis in schlüssiger Weise äußert) zustandekommt. Ungeachtet dessen liegt nämlich der nach dem Tatplan des Angeklagten für die strafrechtliche Beurteilung entscheidende Deliktsakt in der mißbräuchlichen Bestätigung der angeblich getankten Treibstoffmenge, wodurch er seinen Dienstgeber erst zur Bezahlung einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Schuld verpflichtete und woraus sodann die Vermögensschädigung resultierte.

Nach den Urteilsfeststellungen (S. 378) kannte der Beschwerdeführer Inhalt und Umfang seiner Befugnis und war dessen gewiß, daß seine Vorgangsweise durch die ihm von seinem Dienstgeber erteilte Befugnis nicht gedeckt war. Er hat demnach seine Vertretungsmacht wissentlich (§ 5 Abs. 3 StGB) mißbraucht. überdies hat er den dadurch bewirkten Vermögensnachteil auf Seiten seines Dienstgebers vorsätzlich bewirkt, zumal - den weiteren Urteilsannahmen zufolge - der Gegenwert des zu Unrecht verrechneten Treibstoffs zu zwei Dritteln ihm selbst (und im übrigen den jeweils tatbeteiligten Tankwarten) zugekommen ist.

Da das Schöffengericht sohin alle für eine Beurteilung als Untreue erforderlichen Feststellungen zur inneren Tatseite getroffen hat, kann - wie der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmittelschrift zutreffend darlegte - sogleich in der Sache selbst entschieden und die Handlungsweise des Angeklagten dem Tatbestand des § 153 Abs. 1 und 2 StGB unterstellt werden.

Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, daß Verjährung nicht eingetreten ist, weil das vorliegende Strafverfahren seit dem Jahr 1979 (unter dem früheren Aktenzeichen 22 a Vr 8160/78 des Landesgerichts für Strafsachen Wien) bei Gericht anhängig ist (siehe

§ 57 Abs. 3 StGB und dazu u.a. S. 207).

Bei der sohin vorzunehmenden Neubemessung der Strafe erschienen die Wiederholung der Untreuehandlungen durch längere Zeit als erschwerend, hingegen der bisherige untadelhafte Wandel des Angeklagten und das längere Zurückliegen der Tat, wobei sich A (auch) seither (wieder) wohlverhalten hat, als mildernd. Dieser individuellen Strafzumessungsgründe gleichermaßen gewahr wie der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Normen (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof innerhalb des vom ersten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB bestimmten Rahmens eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten als gerecht. Der Verhängung einer Geldstrafe anstelle dieser Freiheitsstrafe (§ 37 StGB) steht die Notwendigkeit entgegen, das Rechtsbewußtsein sowohl des Angeklagten als auch seiner Kollegen gegenüber einem langjährigen Befugnis- und Vertrauensmißbrauch zu stärken.

Mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Rechtsbrechers, insbesondere sein einwandfreies Vorleben und straffreies Verhalten nach der (nunmehr länger als sechs Jahre zurückliegenden) Tat, sind alle Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 StGB gegeben, sodaß die bedingte Strafnachsicht zu gewähren war.

Anmerkung

E03699

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00042.82.0513.000

Dokumentnummer

JJT_19820513_OGH0002_0130OS00042_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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