Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian A wegen des Verbrechens der versuchten Notzucht nach § 15, 201 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 18. Jänner 1982, GZ 11 b Vr 1436/81-9, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers DDr. Peter Stern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 19-jährige Fleischhauergeselle Christian A des Verbrechens der versuchten Notzucht nach § 15, 201 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 25. September 1981 in Schwarzenbach versucht hat, Hildegard B mit Gewalt gegen ihre Person widerstandsunfähig zu machen und sie in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen, indem er sie zu Boden warf, trotz ihrer Gegenwehr festhielt, ihr die Unterhose herunterriß, sie am Geschlechtsteil angriff und ihr den Mund zuhielt. Er wurde hiefür nach § 201 Abs. 1
StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 (einem) Jahr verurteilt.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis,das Alter unter 21 Jahren, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ergriffen.
Nachdem der Angeklagte die Nichtigkeitsbeschwerde im Gerichtstag zurückgezogen hat, war nur mehr über seine Berufung zu erkennen, mit welcher er die Herabsetzung der Strafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht begehrt.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
Was zunächst die Strafhöhe betrifft, so liegen zwar mehrere Milderungsgründe vor, doch steht diesen immerhin ein erschwerender Umstand gegenüber, den das Erstgericht anzunehmen unterlassen hat, nämlich die leichte Verletzung der Hildegard B. Unter Berücksichtigung der solcherart korrigierten Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Grundsätze über die Strafbemessung kann aber weder nach der Täterpersönlichkeit noch nach dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat von einem atypisch leichten Fall gesprochen werden, der die Anwendung des § 41 StGB rechtfertigen könnte. So gesehen mußte es daher bei der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe sein Bewenden haben, sodaß insoweit der Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte.
Hingegen vermeinte der Oberste Gerichtshof, daß im vorliegenden Fall der sofortige Vollzug der verhängten Freihietsstrafe weder spezialnoch auch generalpräventiv notwendig ist. Spezialpräventiv entscheidet für die Frage, ob eine Strafe bedingt nachzusehen ist, allein der Umstand, ob die in Schwebe bleibende Strafdrohung im konkreten Fall nach der Person des Täters, dem Grad seiner Schuld und seinem Vorleben kriminalpolitisch als ausreichendes, gegenüber dem sofortigen Strafvollzug zweckmäßigeres (oder zumindest gleich zweckmäßiges) Mittel anzusehen ist, um den Rechtsbrecher in Hinkunft von der Begehung von Straftaten (gleicher oder anderer Art) abzuhalten. Angesichts der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten und des Umstands, daß die Tat mit seinem bisherigen Lebenswandel ersichtlich in auffallendem Widerspruch steht, weiters seines Alters zur Tatzeit (knapp 18 3/4 Jahre), das dafür spricht, daß die Tat auf eine spätpubertäre Triebstörung zurückzuführen ist, und schließlich des Umstands, daß - entgegen der Auffassung des Erstgerichts - von einer über die Tatbestandsvoraussetzungen des § 201 Abs. 1 StGB hinausgehenden, gesondert zu wertenden Brutalität der Tatausführung wohl nicht gesprochen werden kann, reicht vorliegend die bloße Androhung des Strafvollzugs aus, um den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Nach Lage des Falles gebieten aber auch generalpräventive Erwägungen nicht den sofortigen Strafvollzug, zumal eine Beeinträchtigung der allgemeinen Rechtstreue der Bevölkerung überhaupt bzw der Mitmenschen im Wohn- und Lebensbereich des Angeklagten angesichts der Höhe der verhängten Strafe und der damit zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Mißbilligung der Tat nicht zu befürchten ist und eine bedingte Strafnachsicht generalpräventiv - sofern nicht ein Fall des § 43 Abs. 1 letzter Satz StGB gegeben ist - bei keinem Delikt generell ausgeschlossen ist. Im bezeichneten Umfang war daher der Berufung Folge zu geben, wobei die Probezeit mit drei Jahren zu bestimmen war.
Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03731European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00037.82.0513.000Dokumentnummer
JJT_19820513_OGH0002_0120OS00037_8200000_000