TE OGH 1982/5/14 10Os66/82

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Veröffentlicht am 14.05.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. Jänner 1982, GZ 6 f Vr 7919/81-16, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14. Februar 1921 geborene nunmehrige Pensionist Johann A des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2

zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er sich im Frühjahr 1979 (in Wien) ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, nämlich zwei Lastkraftfahrzeuge 'X-Chassis' mit Fahrerhaus, die ihm von der Firma C X-Y AG unter Eigentumsvorbehalt überlassen worden waren und auf die noch ein Kaufpreisrest von 165.243,40 S aushaftete, dadurch, daß er sie der Firma F GesmbH übergab und auf diese Firma ummeldete, mit dem Vorsatz zugeeignet hatte, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO, der Berechtigung nicht abgesprochen werden kann. Im angefochtenen Urteil wird der vereinbarte Kaufpreis für diese beiden LKWs zwar nicht angeführt, es wird jedoch darin (S 91/92) ausdrücklich auf die den Kauf dieser beiden Fahrzeuge betreffenden Schlußbriefe (Beilagen A und B zu ON 3) verwiesen. Daraus geht hervor, daß der (reine) Kaufpreis je Fahrzeug (einschließlich Umsatzsteuer) 705.280 S, demnach für beide Fahrzeuge insgesamt 1,410.560 S betrug, wozu noch die Zinsen und sonstige Nebenspesen (Kreditgebühren) kamen. Nach diesen Schlußbriefen war bei übernahme der beiden Fahrzeuge durch den Angeklagten eine Anzahlung von 100.000 S je Fahrzeug zu erlegen, der restliche Kaufpreis sowie die Zinsen und Nebenkosten sollten vereinbarungsgemäß in monatlichen Raten (von 17.870 S bzw 19.070 S) beglichen werden. Nach den weiteren Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte 'in der Folge Teilbeträge auf die Kaufpreise von zusammen 1,410.560 S' bezahlt (S 92). Ferner wird im Ersturteil die Bezahlung eines weiteren Betrages von 100.000 S durch den Angeklagten an die Firma X, Y AG, am 7. November 1979 (also nach der bereits im Frühjahr 1979 begangenen Veruntreuungshandlung) erwähnt (S 93). Da im Ersturteil andererseits festgestellt wird, daß im Tatzeitpunkt (Frühjahr 1979) hinsichtlich der beiden verfahrensgegenständlichen LKWs noch ein 'offener Kaufpreisrest' von zumindest 165.263,40 S aushaftete (woraus in rechtlicher Beziehung gefolgert wurde, daß der beim Kauf dieser Fahrzeuge vereinbarte Eigentumsvorbehalt zu Gunsten der Firma X zur Tatzeit noch aufrecht war - (S 92/93), diente der am 7. November 1979 vom Angeklagten erlegte weitere Betrag von 100.000 S ersichtlich zur teilweisen Tilgung dieser vorerwähnten Restschuld. In der Nichtigkeitsbeschwerde rügt der Angeklagte (formell aus der Z 5, der Sache nach aber als Feststellungsmangel im Sinne der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO) zunächst zutreffend, daß das Ersturteil nähere Feststellungen über den Wortlaut (Inhalt) des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes, aber auch über den Schuldenstand (gemeint wohl: über das Ausmaß der bereits erfolgten Zahlungen durch den Angeklagten an die Firma X) im Zeitpunkt der ihm angelasteten Veruntreuungshandlung (Frühjahr 1979) vermissen lasse. Ausserdem wendet er in seiner Rechtsrüge ein, daß nach den Urteilsannahmen im Tatzeitpunkt der vereinbarte Kaufpreis für die beiden verfahrensgegenständlichen LKW in der Höhe von insgesamt 1,410.560 S ersichtlich bereits beglichen und demnach der vereinbarte Eigentumsvorbehalt erloschen war.

Dem Ersturteil läßt sich nun nicht eindeutig entnehmen, wann der Angeklagte im einzelnen die ('in der Folge auf die Kaufpreise' bezahlten) Teilbeträge entrichtet hat, sowie ob und wann der ganze (reine) Kaufpreis für die beiden Fahrzeuge von insgesamt 1,410.560 S abgedeckt war. Die Formulierung im Ersturteil scheint eher dafür zu sprechen, daß dies (schon) im Zeitpunkt der dem Angeklagten nunmehr laut Ersturteil angelasteten Veruntreuungshandlung (im Frühjahr 1979) der Fall war. Unter diesen Umständen könnte es sich aber bei dem zur Tatzeit noch offenen Betrag (in der Höhe von 165.263,40 S) nicht um einen noch offenen Kaufpreisrest, sondern im Zweifel - zumal die bis zum Frühjahr 1979

bereits vorgenommenen Zahlungen zu Gunsten des Angeklagten mangels einer anderslautenden ausdrücklichen Widmung auf den eigentlichen Kaufpreis als die für ihn drückendere Schuld anzurechnen wären - bloß um noch offene Zinsen und sonstige Nebenspesen handeln. Dies würde aber bedeuten, daß im Tatzeitpunkt der vereinbarte Eigentumsvorbehalt zu Gunsten der Firma X Y AG an den beiden Fahrzeugen infolge vollständiger Bezahlung des (eigentlichen) Kaufpreises - wie der Beschwerdeführer argumentiert - schon erloschen gewesen wäre. In diesem Fall käme aber der Tatbestand der Veruntreuung nicht in Betracht.

Die vom Beschwerdeführer im wesentlichen zutreffend aufgezeigten Feststellungsmängel machen eine Urteilsaufhebung und die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung - gemäß § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung - unvermeidlich.

Im zweiten Rechtsgang wird auch klar- sowie festzustellen sein, ob nach den getroffenen Vereinbarungen (Beilagen A und B zu ON 3) der Firma X Y AG das Eigentum an dem jeweiligen Lieferobjekt nur bis zu Ausbezahlung des Restkaufpreises als solchen verbleiben sollte (wofür der Wortlaut der übereinkommen zu sprechen scheint), oder ob der vereinbarte Eigentumsvorbehalt bis zur gänzlichen Tilgung aller vom Angeklagten mit dem Ankauf der verfahrensgegenständlichen LKWs eingegangenen Verbindlichkeiten (also auch der Zinsen und sonstigen Nebenkosten) bestehen bleiben sollte; im letzteren Fall würde ferner darüber abgesprochen werden müssen, inwieweit und aus welchen (besonderen) Gründen sich der Angeklagte des betreffenden Umfangs der übereinkunft auch bewußt war.

Zur (im ersten Rechtsgang angenommenen) Wertqualifikation nach § 133 Abs. 2, zweiter Fall, StGB wird darauf hingewiesen, daß die beiden verfahrensgegenständlichen LKW nach einer am 14. Oktober 1981 durch einen Sachverständigen vorgenommenen Schätzung nur mehr einen Wert von 8.000 S bzw 10.000 S (Schrottwert) aufwiesen (S 61 und 63). Da bei der Veruntreuung von unter Eigentumsvorbehalt gekauften Sachen bei der Wertzurechnung zwei Grenzen zu beachten sind, und zwar a) der Verkaufswert (Verkehrswert) der veruntreuten Sache zur Tatzeit und b) der noch aushaftende Kaufpreisrest, wobei dem Täter nur der jeweils niedrigere dieser beiden Beträge angelastet werden darf (EvBl 1969/89), wären außerdem auch Konstatierungen über den Wert der beiden verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge im Tatzeitpunkt erforderlich; denn bei der derzeit gegebenen Sachlage kann jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, daß dieser Wert auch damals (im Frühjahr 1979) bereits insgesamt unter der 100.000 S-Grenze des zweiten Falles des § 133 Abs. 2 StGB lag.

Anmerkung

E03723

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00066.82.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19820514_OGH0002_0100OS00066_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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