TE OGH 1982/5/19 12Os65/82

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Veröffentlicht am 19.05.1982
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Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens nach § 64 (§ 63 Abs. 1 Z. 2) LMG. 1975 über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Berufungsgericht vom 31.Oktober 1980, AZ. 13 e Bl 791/80, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

In dem Strafverfahren gegen Josef A wegen § 64 LMG. 1975, AZ. 6 U 2072/78 des Strafbezirksgerichtes Wien, verletzt das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Berufungsgericht vom 31. Oktober 1980, AZ. 13 e Bl 791/80, soweit damit in Stattgebung der Berufung des Angeklagten Josef A wegen Nichtigkeit und Schuld der Genannte gemäß § 259 Z. 4 StPO freigesprochen wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 42 StGB

Text

Gründe:

Mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 26.Juni 1980, GZ. 6 U 2072/78-35, wurde Josef A (als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma A GesmbH. & Co. KG.) des Vergehens nach § 64

(§ 63 Abs. 1 Z. 2) LMG. 1975 u.a. deshalb für schuldig erkannt, weil er in der Zeit ab 1.März 1977 bis August 1978 in Wien zu wiederholtem Male (und zwar am 1.März 1977, 1.Juli 1977, Ende 1977 und im August 1978) fahrlässig verfälschte 'Pflaumen in Armagnac' in Verkehr gebracht hatte (Punkt 2.) bis 5.) des schuldigsprechenden Teiles dieses Urteiles). Auf Grund einer gegen diesen Teil des Schuldspruchs gerichteten Berufung des Josef A - der weitere in diesem Urteil enthaltene Schuldspruch des Genannten wegen Vergehens nach § 64 LMG. 1975 in Ansehung anderer Lebensmittel sowie ein Teilfreispruch blieben unbekämpft - hat das Landesgericht für Strafsachen Wien als Berufungsgericht mit Entscheidung vom 31. Oktober 1980, AZ. 13 e Bl 791/80

(ON. 45 des bezirksgerichtlichen Aktes), in Stattgebung der Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit und Schuld den bekämpften Schuldspruch (Punkt 2.) bis 5.) des Ersturteils) aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt, daß Josef A von dem Anklagevorwurf, in der Zeit ab 1.März 1977 bis August 1978 in Wien fahrlässig verfälschte 'Pflaumen in Armagnac' in Verkehr gebracht und hiedurch das Vergehen nach § 64

LMG. 1975 begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 4 StPO freigesprochen wird.

Den Strafausschließungsgrund des § 42 StGB hielt das Berufungsgericht in diesen, von der Anfechtung durch den Angeklagten Josef A erfaßten Fällen deshalb für gegeben, weil das Verschulden des Angeklagten nicht erheblich sei, zumal er zuletzt im Jahre 1974 ein Gutachten der Lebensmittelversuchsanstalt in 1190 Wien, Blaasstraße 29, über das - von ihm als allein verantwortlicher Geschäftsführer der Firma A GesmbH. & Co.

KG. - laufend aus dem Ausland eingeführte Produkt 'Pflaumen in Armagnac' eingeholt und laut diesem Gutachten dieses Produkt damals zu einer Beanstandung nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch keinen Anlaß gegeben hatte, im übrigen besondere Tatfolgen nicht eingetreten seien, zumal über Kundenreklamationen nichts bekanntgeworden sei und es sich bei diesem Produkt auch nicht um ein spezifisches Grundnahrungsmittel handle, daß aber auch spezialund generalpräventive Belange nicht unbedingt eine Bestrafung des Angeklagten wegen dieses Fahrlässigkeitsdeliktes erforderten (S. 283 ff. d.A.).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Freispruch des Angeklagten Josef A durch das Landesgericht für Strafsachen Wien als Berufungsgericht gemäß § 259 Z. 4 StPO steht mit dem Gesetz (§ 42 Abs. 1 StGB) nicht im Einklang:

Die zur Anwendung des § 42 StGB u.a. erforderliche geringe Schuld des Täters verlangt ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens sowohl hinsichtlich des Schuldgrades als auch hinsichtlich der Sozialschädlichkeit und des Störwertes hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat (Pallin, Die Strafzumessung in rechtlicher Sicht, RN. 153; Leukauf-Steininger, RN. 9 zu § 42 und die dort zitierte Judikatur). Nun kann aber schon angesichts der großen Menge der vom Angeklagten Josef A während des hier in Rede stehenden längeren Tatzeitraumes vom März 1977 bis August 1978 - wenn auch bloß fahrlässig - (durch Einfuhr, Lagern und Weiterverkauf) in Verkehr gebrachten (vgl. § 1 Abs. 2 LMG. 1975) Flaschen mit verfälschten 'Pflaumen in Armagnac' (vgl. hiezu insbesondere ON. 11 a , aus der allein eine Flaschenanzahl von über 15.000 hervorgeht) und der oftmaligen Wiederholung der Tat von einer geringen Schuld des Angeklagten, die deutlich unter der Norm liegt, nicht gesprochen werden.

Den Angeklagten Josef A traf vielmehr als verantwortlichen Großimporteur dieses (verfälschten) Produktes ein gesteigertes Maß an Sorgfaltspflicht (vgl. Kapitel A 1 Z. 50 und 51 des ÖLMB., III. Auflage). Unter diesem Aspekt sowie bei Berücksichtigung der oftmaligen Tatwiederholung innerhalb eines größeren Zeitraumes (hier:

von weit über einem Jahr; vgl. hiezu auch ÖJZ-LSK. 1978/183) und der großen Menge des - wenn auch nur fahrlässig - in Verkehr gebrachten (verfälschten) Produktes und somit der nicht mehr geringen Schuld des Angeklagten hat das Landesgericht für Strafsachen Wien in seiner Berufungsentscheidung vom 31.Oktober 1980, Zl. 13 e Bl 791/80, jedenfalls die im § 42 Abs. 1 Z. 1 StGB normierte Voraussetzung der Straflosigkeit des Angeklagten mangels Strafwürdigkeit der Tat zu Unrecht bejaht. Da dieser Rechtsirrtum des Berufungsgerichtes zum Freispruch des Angeklagten gemäß § 259 Z. 4 StPO führte, muß es bei der Feststellung dieser Gesetzesverletzung sein Bewenden haben. Es war daher auf Grund der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E03696

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00065.82.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19820519_OGH0002_0120OS00065_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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