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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §23;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/01/0544Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Markus Boesch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juni 2004, Zl. 250.482/0-V/13/04, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 3. September 2004, Zl. 250.482/3-V/13/04, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 981,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein gemäß seinen Angaben am 2. Oktober 2003 in das Bundesgebiet eingereister Staatsangehöriger von Gambia, beantragte die Gewährung von Asyl, was er zusammenfassend damit begründete, dass er wie sein mehrfach verhafteter Vater als Mitglied/Sympathisant der UDP staatliche Verfolgung befürchten müsse.
Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 19. Mai 2004 zur Zl. 03 29.956-BAW gemäß § 7 AsylG ab, stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia zulässig sei und wies ihn schließlich gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2004 wies die belangte Behörde die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung "gemäß §§ 7, 8 AsylG" ab. Sie begründete diesen Bescheid nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesstellen - § 8 Abs. 2 AsylG fehlt allerdings - in Verbindung mit dazu entwickelten abstrakten Rechtssätzen wie folgt:
"Ergänzend wird ausgeführt, dass in Nigeria überdies derzeit keine dergestalt exzeptionelle Situation (Bürgerkrieg, Seuchenkatastrophe bzw. Hungersnot) besteht, wodurch eine Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK indiziert wäre.
Der Entscheidung der Behörde erster Instanz wird vollinhaltlich beigetreten und werden die begründenden Passagen des bekämpften Bescheides vom 05.06.2003, Zl. 03 15.236-BAW, zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erklärt.
Betont sei, dass die Antragstellerin einerseits keinerlei staatliche Verfolgung im Verfahren behauptete und sie sich andererseits auf subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung von Seiten Angehöriger zweier Volksstämme ihrer engeren Heimatregion bezog. Wie im bekämpften Bescheid fundiert dargelegt, steht der Antragstellerin jedenfalls eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative dergestalt offen, dass sie sich durch einen Ortswechsel ihr allenfalls drohender Verfolgung von Seiten privater Personen endgültig entziehen kann. Dass der Antragstellerin ein solcher Domizilwechsel unzumutbar wäre, ist im Verfahren nicht hervorgetreten.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden."
Mit Bescheid vom 3. September 2004 berichtigte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 23. Juni 2004 dahingehend, dass sie an Stelle der bisherigen Begründung zur Gänze eine neue setzte, die im Wesentlichen insoweit von der alten abweicht, als in der eben wörtlich wiedergegebenen Textpassage "Nigeria" durch "Gambia" ersetzt und der vorletzte Absatz (beginnend mit: "Betont sei ...") eliminiert ist.
Über die gegen den berichtigten Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Auch nach seiner Berichtigung (deren Zulässigkeit hier nicht beurteilt werden muss) haftet dem bekämpften Bescheid ein Begründungsmangel an. Zwar kann sich eine Berufungsbehörde gegebenenfalls, wenn die Berufung keine zu erörternden Einwände enthält, mit der Verweisung auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz begnügen (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 (2004) zu § 67 unter 2a. bis c. wiedergegebene hg. Judikatur). Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde allerdings auch nach Berichtigung ausgeführt, "die begründenden Passagen des bekämpften Bescheides vom 05.06.2003, Zl. 03 15.236-BAW, zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides" zu erklären. Beim genannten Bescheid vom 5. Juni 2003 handelt es sich jedoch nicht um den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid, sondern - wie vom Verwaltungsgerichtshof ermittelt - um einen Bescheid, mit dem der Asylantrag einer nigerianischen Staatsangehörigen gemäß § 7 AsylG abgewiesen und mit dem gemäß § 8 AsylG ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt wurde und der naturgemäß noch keinen Ausspruch nach § 8 Abs. 2 AsylG (ein solcher kommt erst nach Inkrafttreten der Asyl-Novelle 2003 am 1. Mai 2004 in Betracht) enthält. Durch die Übernahme der Begründung dieses real existierenden Bescheides - was insoweit mit dem restlichen Begründungsteil in Einklang steht, als in diesem (siehe oben) nur "§ 8 AsylG" (ohne den durch die Asyl-Novelle 2003 angefügten Abs. 2) erwähnt wird - wird die hier zu beurteilende Berufungsabweisung mit Argumenten gerechtfertigt, die am Fall vorbeigehen. Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Der Zuspruch war allerdings auf die geltend gemachten Kosten zu beschränken.
Wien, am 24. Mai 2005
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004010543.X00Im RIS seit
30.06.2005