TE OGH 1982/5/25 10Os65/82

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Veröffentlicht am 25.05.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 10.Februar 1982, GZ 8 Vr 1346/81-8, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Boss und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die (Zusatz-) Freiheitsstrafe auf zwei Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Juni 1962 geborene Hilfsarbeiter Gerhard A (zu I) des Verbrechens der teils (nämlich in zwei Fällen) vollendeten, teils (und zwar in einem Fall) versuchten Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 und 15 StGB, ferner (zu II 1) des Verbrechens der schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z. 1 StGB sowie schließlich (zu II 2) des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Das Vergehen liegt ihm zur Last, weil er Erika B nach der im April 1981 bei Frauenkirchen an ihr begangenen Nötigung zum außerehelichen Beischlaf (Punkt I 1 b des Urteilssatzes) durch die öußerung 'wehe, wenn du etwas sagst!', sohin durch gefährliche Drohung, zumindest mit einer Verletzung am Körper, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung nötigte.

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf die Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Er bekämpft ihn mit der Argumentation als verfehlt, daß sich dem von ihm verwendeten Ausdruck 'wehe' allein die für die Annahme einer 'gefährlichen Drohung' (i.S. der Legaldefinition des § 74 Z. 5 StGB) notwendige Ankündigung des Willensentschlusses, ein übel für einen anderen herbeizuführen, das der Drohende unmittelbar selbst oder durch eine Mittelsperson zu verwirklichen vermöge, nicht entnehmen lasse.

Die Rüge geht fehl.

Bei der Beantwortung der Frage nach dem Inhalt einer verbalen Drohung kommt es nicht allein auf den Wortlaut der öußerung an. Vielmehr ist letztere stets auf den ihr nach den Gegebenheiten des Anlaßfalls zukommenden Sinngehalt und auf ihre für den Bedrohten erkennbare Bedeutung zu untersuchen; sie muß so geartet sein, daß ihr mit Bedacht auf die Begleitumstände die (ernstzunehmende) Ankündigung der Verwirklichung eines der im § 74 Z. 5 StGB bezeichneten übel zu entnehmen ist. Welcher Sinn und welche Tragweite einer Drohung zukommt, ist dabei jedoch eine Feststellung tatsächlicher Natur, die das erkennende Gericht (nach den dargetanen Gesichtspunkten) im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen hat (vgl. ÖJZ-LSK. 1982/3 = EvBl 1982/28 u.a.).

Vorliegend nahm das Erstgericht (ersichtlich wie auch schlüssig) als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer der Erika B mit der - den Gegenstand des angefochtenen Schuldspruchs bildenden - im Anschluß an den mittels Gewalt und Androhung von Schlägen erzwungenen Beischlaf zwecks Hintanhaltung einer Anzeige hierüber (durch die damals 16-jährige) gebrauchten öußerung weitere solche Angriffe auf ihre körperliche Integrität für den Fall ankündigte, daß sie ihn anzeige, und die Genannte auf Grund seines Gesamtverhaltens den Eindruck gewinnen mußte, er werde diesfalls seine von ihr dahin verstandene Drohung, daß er ihr etwas derartiges antun werde, auch tatsächlich wahrmache; sie unterließ darum aus Furcht eine Anzeigeerstattung und eine Mitteilung an ihre Eltern (vgl. S. 63, 66 f.). Das Erstgericht hat sohin das Vorliegen einer den Erfordernissen des § 74 Z. 5 StGB Rechnung tragenden (gefährlichen) Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper ohne Rechtsirrtum (und Begründungsmangel) bejaht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 202 Abs 1 StGB zu drei Jahren (Zusatz-) Freiheitsstrafe, wobei es gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 10. November 1981, GZ 8 E Vr 933/81-10, Rücksicht nahm, mit dem er wegen der Vergehen des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB, der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Bei der Strafzumessung wertete es das reumütige Geständnis und die Tatsache, daß der Angeklagte durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, ferner sein Alter unter 21 Jahren, die durch Alkoholkonsum bewirkte Enthemmung und 'die psychische Problematik infolge seiner Wachstums- und Reifungsstörung' als mildernd, hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sowie die Wiederholung, mithin der Sache nach die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art (§ 33 Z. 1 StGB), als erschwerend.

Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, ist berechtigt.

Zusätzlich zu den vom Erstgericht berücksichtigten Milderungsgründen ist dem Angeklagten noch der Umstand als mildernd zugute zu halten, daß es in einem Fall (der Nötigung zum Beischlaf) beim Versuch blieb. Demzufolge sowie vor allen mit Bedacht darauf, daß die Tathandlungen in engem Zusammenhang mit einer Entwicklungsstörung des (erst) 19-jährigen (durchschnittlich intelligenten - vgl. S. 55) Angeklagten stehen, durch dessen umfassendes Geständnis zudem ein Teil der ihm zur Last liegenden Straftaten überhaupt erst zur Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden gelangte, ist nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Berufungswerbers eine - der Anordnung des § 40 StGB gerecht werdende - Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren angemessen. In diesem Umfang war daher der Berufung Folge zu geben.

Anmerkung

E03717

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00065.82.0525.000

Dokumentnummer

JJT_19820525_OGH0002_0100OS00065_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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