Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführers in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 15, 87 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Ried im Innkreis als Schöffengerichts vom 3. Dezember 1981, GZ. 6 Vr 175/81-26, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Der am 2.August 1932 geborene Landwirt Herbert A wurde (zu A und B 1) des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 15, 87
Abs 1 StGB, (zu B 2) des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB und (zu B 3) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er dadurch versucht, nachgenannte Personen absichtlich schwer zu verletzen, daß er (zu A) am 5.März 1981 in Schärding dem Rechtsanwalt Dr. Walter B (dem Vertreter seines Gegners in einem Zivilprozeß) einen Faustschlag ins Gesicht versetzte und mit einem Stilettmesser gegen seinen Nacken einzustechen begann sowie (zu B 1) am 30.August 1981 in Mitterndorf, Gemeinde Diersbach, mit einer ca. 8 kg schweren Eisenstange wiederholt auf seinen Bruder Johann A einschlug; ferner anläßlich der zuletzt genannten Tätlichkeit (zu B 2) den Rudolf C durch einen Schlag mit dem Stiel einer Heugabel vorsätzlich am Körper verletzt (Bruch des linken Knöchels und Verrenkung beider Knöchel) und schließlich (zu B 3) Johann D, Josef D und Rudolf C mit dem Umbringen, sohin mit dem Tod, gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte aus den Gründen der Z. 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde an.
Rechtliche Beurteilung
Eine relevante Verkürzung seiner Verteidigungsrechte (§ 281 Abs 1 Z. 4 StPO) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des Antrags seines Verteidigers auf Einvernahme des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Gerhard F zu der Frage, ob er strafrechtlich verantwortlich sei oder nicht; diese Beweisaufnahme hielt das Schöffengericht nicht für erforderlich, weil das (von diesem Sachverständigen im Vorverfahren erstattete schriftliche) Gutachten (S. 133 ff. in ON. 22 = S. 83 ff.), das nachfolgend gemäß § 252 Abs 1 Z. 4 StPO - also mit dem Einverständnis beider Prozeßparteien - zur Verlesung gelangte, schlüssig sei und sich auch eingehend mit dem Gehirn des Angeklagten befasse (S. 123).
Dem weitwendigen Vorbringen zur Verfahrensrüge ist lediglich zu erwidern, daß - abgesehen davon, daß die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten, über welche (nach der allein maßgebenden Antragstellung) der Sachverständige einvernommen werden sollte, die nur vom Gericht zu beantwortende Rechtsfrage seiner Zurechnungsfähigkeit betrifft, die an sich einer Beantwortung durch den Sachverständigen entzogen ist (Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/1 Nr. 24 ff. zu § 118 StPO) - der Beschwerdeführer der Verlesung des fraglichen Gutachtens zugestimmt hat und keine Umstände hervorgekommen sind, die die persönliche Vernehmung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung im Interesse der Wahrheitsfindung geboten hätten.
Die Mängelrüge des Angeklagten (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO) wendet sich nur gegen die Schuldsprüche wegen der Vergehen der vorsätzlichen schweren Körperverletzung (B 2) und der gefährlichen Drohung (B 3).
In Bezweiflung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Schlag mit dem Stiel einer Heugabel gegen Rudolf C und dem zu einem Knöchelbruch und einer Verrenkung beider Knöchel führenden Sturz des Genannten findet der Beschwerdeführer, daß die dem Schuldspruch widersprechenden Aussagen der Zeugen Rudolf C und Josef D in den Entscheidungsgründen unberücksichtigt geblieben seien. Dem ist jedoch nicht so. Daß C (nach seiner Darstellung) ungefähr erst einen Meter außerhalb des Hoftors zu Fall kam, ist nicht unvereinbar damit, daß ihn der Angeklagte noch vor dem Passieren des Hoftors 'erwischt' hat (S. 121), sodaß er stürzte, als er 'dann aus dem Tor herauskam' (S. 122; vgl. auch ON. 22, S. 106, 179). Ob das Hoftor, das Josef D 'sogar ... noch für C aufhalten' wollte (S. 122), geschlossen war, als C den Stoß bekam, wie es die Beschwerde aus dieser Deposition (nicht zwingend) folgert, oder nicht, kann dabei dahingestellt bleiben. Genug daran, daß die schwere Verletzung durch die vom Vorsatz, seinen Gegner schwer zu verletzen (S. 133; ein Mißhandlungsvorsatz würde für einen Schuldspruch nach § 84 Abs 1 StGB ausreichen) getragene Einwirkung des Angeklagten wenigstens fahrlässig herbeigeführt wurde (§ 7 Abs 2 StGB), was hier füglich nicht bezweifelt werden kann. Daß C nach Erhalt des Stoßes erst das Tor öffnen mußte und dann noch gegangen ist, bevor er zum Sturz kam, ist eine Hypothese der Beschwerde, die in dieser Form in den Beweisergebnissen keine Deckung findet und daher auch nicht eigens erörtert werden mußte.
Unerfindlich bleibt, warum der Umstand, daß die Drohung mit dem Umbringen (B 3) aus einer Verbitterung darüber, daß Johann A den Personenkraftwagen des Angeklagten unerlaubt benützt hatte und er und seine beiden Begleiter einen arbeitsscheuen Lebenswandel führten, gefallen sei, ihr den Charakter einer bloßen Unmutsäußerung geben sollte. Es wurde vom Erstgericht ohnehin konstatiert, daß der Angeklagte seinen Bruder schon anläßlich der vorangehenden Mißhandlung beschimpfte und den Bedrohten mit einer Mistgabel nachlief, worauf diese es mit der Angst zu tun bekamen und flüchteten. Was den Angeklagten im einzelnen so in Rage gebracht hatte, betraf hier keinen entscheidenden Umstand und konnte daher auf sich beruhen.
Die vorsichtsweise Geltendmachung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO unterstellt eine bloße Unmutsäußerung, der die Ernstlichkeit mangle und geht damit nicht von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts aus. Die Rechtsfrage der Eignung der öußerung, den Bedrohten gegründete Besorgnisse einzuflößen, die von der Tatfrage der Absicht, sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, streng zu trennen ist (LSK. 1982/3), wird von der Beschwerde nicht releviert.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
Für die Verhandlung und Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E03774European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00083.82.0527.000Dokumentnummer
JJT_19820527_OGH0002_0130OS00083_8200000_000