TE OGH 1982/6/8 10Os74/82

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Veröffentlicht am 08.06.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Edith A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 12. März 1982, GZ 28 Vr 1423/81-38, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Me' rey und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Edith A (im übrigen) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: des gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach § 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie in Linz mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, die jene um insgesamt mehr als 100.000 S am Vermögen schädigten, wobei sie die schweren Betrügereien in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar a) in der Zeit vom 1. bis zum 15. Juni 1981 in mehreren Angriffen Anna B durch die Vorgabe, für deren Sohn, der in Kanada in einer mißlichen Situation sei, Geld zu benötigen, zur übergabe von insgesamt 591.000 S Bargeld, b) an einem nicht mehr feststellbaren Tag im Juni 1981

Anna B durch das Auftreten als redliche Entlehnerin zur übergabe einer Uhr im Wert von etwa 1.000 S und c) in der Zeit vom 15. April bis gegen Anfang Mai 1981

Verfügungsberechtigte der Firma 'X' - Günther C, Möbelerzeugung, (durch das Vortäuschen ihrer Zahlungsfähigkeit und -willigkeit) zur Auslieferung von Möbeln im Gesamtwert von etwa 177.000 S, woraus ein Schaden in der Höhe von 143.200 S entstand.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen dieses Urteil, die über weite Strecken eine gesetzmäßige Ausführung vermissen läßt, kommt keine Berechtigung zu.

Zum Faktum a) behauptet die Beschwerdeführerin in sich widersprüchlich und völlig unsubstanziert einerseits in der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht habe sich 'mit der subjektiven Tatseite überhaupt nicht auseinandergesetzt', und anderseits in der Mängelrüge (Z 5), es habe seine Feststellungen zur subjektiven Tatseite nirgends begründet. Dazu genügt es, sie auf die im Urteil ohnedies enthaltenen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite und auf deren dafür gegebene Begründung zu verweisen; es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, auf bloß floskelhafte Einwendungen hin den vom Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis genommenen, aber durch einfaches Nachlesen feststellbaren Inhalt einer bekämpften Entscheidung im einzelnen zu wiederholen. Soweit die Rechtsrüge darauf abgestellt ist, daß das Schöffengericht den - bei der gegebenen Sachlage auf der Hand liegenden - Bereicherungsvorsatz der Angeklagten lediglich aus der Verwendung des herausgelockten Bargelds zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts abgeleitet habe, geht sie abermals nicht vom Inhalt des Urteils aus, demzufolge diese rechtliche Annahme gleichermaßen auf der Feststellung einer Reihe weiterer Verwendungszwecke beruht. Dementsprechend ist es entbehrlich, auf das darnach keine entscheidende Tatsache betreffende (jedenfalls in mehrfacher Hinsicht unvollständige) Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Mängelrüge darüber einzugehen, woraus sie ihrer Auffassung nach gemäß der Aktenlage wirklich zur Tatzeit ihren Lebensunterhalt bestritten habe.

Zum Faktum b) ist die Rechtsrüge, auch hier lasse das Urteil eine Auseinandersetzung mit der subjektiven Tatseite völlig vermissen, neuerlich in keiner Weise substanziert, nach den Urteilsfeststellungen unzutreffend sowie hinsichtlich des Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes der Angeklagten (außerdem) einmal mehr im Widerspruch zu ihrer eigenen Mängelrüge, wonach das Erstgericht die ihr - also doch -

unterstellte 'Absicht' (richtig: den Vorsatz), die (ihr auf Grund der Vorgabe des Verlustes ihrer eigenen) geliehene Uhr der Anna B nicht mehr zurückzugeben, (bloß) unzureichend begründet habe; der mit dem zuletzt bezeichneten Einwand ausdrücklich relevierte Rückschluß des Schöffengerichts vom späteren Wegwerfen der Uhr (wegen deren Unbrauchbarkeit) - von dem umgekehrt wieder in der Rechtsrüge (sachlich indessen gleichfalls Z 5) im (abermaligen) Widerspruch dazu (und folglich zu Unrecht) behauptet wird, es sei im Urteil übergangen worden - auf den vorerwähnten Vorsatz der Angeklagten zur Tatzeit jedoch ist zwar gewiß nicht zwingend, aber doch anderseits im Ergebnis durchaus lebensnah, sodaß insoweit von einer offenbar unzureichenden (Schein-) Begründung jedenfalls nicht gesprochen werden kann.

Die Konstatierung der zuvor beschriebenen Täuschung hinwieder findet in der Aussage der Zeugin B bei der Polizei vollauf Deckung; der Einwand, aus deren Angaben könne nicht geschlossen werden, daß die Beschwerdeführerin ihre eigene Uhr tatsächlich verloren gehabt habe, ist unverständlich, weil die bekämpfte Annahme, bei ihrer dahingehenden Behauptung habe es sich um eine Täuschung gehandelt, ja ohnedies gerade voraussetzt, daß ihr die Uhr in Wahrheit nicht abhanden gekommen war. Soweit schließlich mit der Rechtsrüge die erörterten Feststellungen über diese der Angeklagten angelastete Täuschung sowie über ihren Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz ignoriert werden, entbehrt die Beschwerde eben deshalb wiederum einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Zum Faktum c) verficht die Angeklagte in bezug auf die objektive Tatseite die Ansicht (Z 9 lit a), sie sei mangels Eigentumserwerbs an den herausgelockten Möbeln nicht oder doch höchstens durch deren Benützung bereichert worden, der aus letzterer entstandene Schaden aber sei 'naturgemäß nur sehr gering'. Der tatsächliche Eintritt einer Bereicherung des Täters ist jedoch zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 146 StGB (oder zu dessen Qualifikation) gar nicht erforderlich, und in Ansehung des - mit einer derartigen Bereicherung (im Sinn eines funktionalen Zusammenhangs: vgl JBl 1980, 605) 'stoffgleichen', wiewohl nicht unbedingt geldwertgleichen - Schadens, dessen wirkliche Entstehung auch nur für die Deliktsvollendung von Bedeutung ist sowie (der Höhe nach) für die (angenommene) Qualifikation nach § 147 Abs 3 (oder Abs 2) StGB relevant sein könnte (sachlich Z 10), wird mit dem in Rede stehenden Einwand, der nicht den (objektbezogenen) Umfang, sondern bloß die (wertbedingte) Höhe des Schadens betrifft, gleichfalls weder die (schon mit der Herbeiführung eines gleichwohl geringen Schadens verbundene) Vollendung der Straftat noch die (bereits im Hinblick auf das Faktum a jedenfalls gerechtfertigte: vgl § 29 StGB) Unterstellung des gesamten Betruges unter die vorerwähnte Qualifikationsbestimmung in Frage gestellt. Dementsprechend betreffen die geltend gemachten Begründungsmängel zur Feststellung der (Differenz-) Schadens-Höhe nach Lage des Falles keine entscheidende Tatsache im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO Derartige Mängel in bezug auf die Konstatierung ihres Bereicherungs-Vorsatzes hinwieder vermag die Beschwerdeführerin, die insoweit (auch im Rahmen der Rechtsrüge) der Sache nach nur unzulässigerweise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung bekämpft, nicht aufzuzeigen.

Zu Feststellungen über das nunmehr von ihr ('vorsichtshalber') reklamierte (inhaltlich Z 9 lit b) Vorliegen tätiger Reue (§ 167 StGB) schließlich bot die Aktenlage schon deswegen keinerlei Basis, weil die Angeklagte - abgesehen davon, daß sie niemals behauptet hat, die Möbel zu bloß vorübergehender (substanzschonender) Benützung herausgelockt und zur Abdeckung eines bloß durch deren Abnützung entstandenen Schadens Zahlungen geleistet zu haben - sämtliche jetzt als Gutmachung des gesamten (derartigen) Schadens deklarierten Teilzahlungen in der Höhe von zusammen 33.800 S, dem Beschwerdevorbringen zuwider, erst erbracht hat, nachdem die Behörde bereits von ihrem Verschulden erfahren hatte (s S 15 i Vgl zu S 119- 129, 144-167).

Zur Qualifikation nach § 148 StGB ficht die Angeklagte eine vermeintliche Schlußfolgerung des Schöffengerichts an (Z 5), wonach sie sich 'nur' durch wiederholte Betrügereien eine fortlaufende Einnahme habe verschaffen 'können';

eine derartige Konstatierung wird aber im Urteil gar nicht getroffen. Denn das Erstgericht hat zwar auf Grund des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin nach ihrer letzten Haftentlassung den Schluß gezogen, daß sie die Absicht hatte, sich auf die vorerwähnte Art eine laufende Einnahmsquelle zu erschließen, aber keineswegs, daß sie sich ('nur') wegen des Fehlens von Möglichkeiten zu einem redlichen Erwerb dazu genötigt gesehen hätte; zu einer Erörterung ihrer wechselhaften Darstellung über ihre Einkünfte im Tatzeitraum war es daher aus dem mit der Mängelrüge ins Treffen geführten Aspekt nicht verhalten.

Die Rechtsrüge (Z 10) letztlich führt die Beschwerdeführerin auch zu diesem Anfechtungspunkt nicht prozeßordnungsgemäß aus, weil sie dabei nicht von der Konstatierung ihrer vorerwähnten Absicht ausgeht, sondern eine solche bestreitet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte die Angeklagte nach § 28, 148, zweiter Strafsatz, StGB zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und ordnete gemäß § 23 Abs 1 StGB ihre Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an.

Bei der Strafzumessung wertete es ihre zehn einschlägigen Vorstrafen, ihren äußerst raschen Rückfall, die besondere Rücksichtslosigkeit der Tat und die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art als erschwerend, ihr Geständnis, ihre Verwahrlosung in der Jugend, 'weshalb sie nicht zwischen gut und böse zu unterscheiden gelernt habe', sowie die teilweise (objektive) Schadensgutmachung (durch Sicherstellung eines Teiles des betrügerisch Herausgelockten) dagegen als mildernd. Daraus, daß die Angeklagte trotz ihrer zahlreichen und zum Teil schweren Vorstrafen wegen Vermögensdelikten sowie ungeachtet der Bestellung eines Bewährungshelfers bereits vierzehn Tage nach ihrer bedingten Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug gemäß § 23 StGB massiv rückfällig wurde, in Verbindung mit dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen leitete es (über die Voraussetzungen nach Abs 1 Z 1 und 2 der vorerwähnten Gesetzesstelle hinaus auch) die Befürchtung ab, daß sie ohne neuerliche Anstaltseinweisung wegen ihres Hanges zu Betrügereien weiterhin solche Handlungen mit schweren Folgen begehen würde.

Der Berufung, mit welcher die Angeklagte eine Strafherabsetzung und die Ausschaltung des Ausspruchs über ihre Einweisung in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter anstrebt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu.

Die psychische Verwahrlosung der Berufungswerberin hat das Schöffengericht ohnedies als mildernd berücksichtigt; davon aber, daß die Genannte nur durch eine besonders drückende Notlage zur Tat getrieben worden wäre, kann schon im Hinblick auf den Umfang der Betrugsbeute, die sie in mehreren Angriffen herauslockte, ebensowenig die Rede sein wie von einer durch Anna B selbst initiierten besonders verlockenden Gelegenheit zum Betrug, den sie ganz im Gegenteil mit einer Reihe überaus infamer Täuschungshandlungen durchaus planmäßig ins Werk setzte. Dementsprechend sowie unter Bedacht auf das schwer getrübte Vorleben der Angeklagten, bei der selbst Freiheitsstrafen in der Dauer von insgesamt mehr als zwölf Jahren bisher keinen Sozialisierungseffekt zu erzielen vermochten und die nunmehr nach ihrer bedingten Entlassung aus einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter binnen kürzester Frist wieder rückfällig wurde, hat das Erstgericht die über sie verhängte Freiheitsstrafe trotz ihres Geständnisses und der teilweise objektiven Schadensgutmachung bei einer nach § 39 StGB gegebenen Strafmöglichkeit bis zu fünfzehn Jahren mit einer Dauer von fünf Jahren nach ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) keineswegs zu hoch ausgemessen.

Das weitere Argument der Berufungswerberin schließlich, es sei nicht auszuschließen, daß sie nach ihrer nächsten Haftentlassung mit einem für ihre weitere Entwicklung günstigen Milieu in Kontakt kommen könnte, ist rein spekulativer Art und deshalb - selbst in Verbindung mit den in der Berufung zitierten Passagen aus dem Sachverständigengutachten -

nicht geeignet, die der Anstaltseinweisung zugrunde liegende, auch das relevierte Gutachten realistisch auswertende Negativprognose des Schöffengerichts (§ 23 Abs 1 Z 3 StGB) in Frage zu stellen.

Der Berufung mußte daher ebenfalls ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E03754

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00074.82.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19820608_OGH0002_0100OS00074_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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