TE OGH 1982/6/8 9Os47/82

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Veröffentlicht am 08.06.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1982 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gassner als Schriftführer in der Strafsache gegen Sonja A und andere wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 125, 126 Abs. 1 Z 3 StGB über die von den Angeklagten Thomas B und Gerhard C sowie der Christine C als gesetzliche Vertreterin des Angeklagten Gerhard C gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 24. November 1981, GZ 2 c Vr 1119/81-32, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers DDr. Hein und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas B wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich dieses Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Gerhard C dahingehend ergänzt, daß ihnen die Vorhaft vom 25. Mai 1981, 0 Uhr 30, bis 25. Mai 1981, 16 Uhr 30, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten verworfen; ihren Berufungen wird nicht Folge gegeben. Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Christine C als gesetzliche Vertreterin des Angeklagten Gerhard C werden zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 17. September 1963 geborene Sonja A, der am 2. Juli 1965 geborene Thomas B und der am 9. August 1964 geborene Gerhard C des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 125, 126 Abs. 1 Z 3 StGB schuldig erkannt, weil sie nachts zum 25. Mai 1981 in Wien im Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Heidemarie D eine fremde Sache, nämlich ein öffentliches Denkmal bzw einen Gegenstand, der unter Denkmalschutz steht, vorsätzlich verunstalteten, indem sie mit Lacksprühdosen die Worte 'No Future Volkszop' auf die Standsäule des an der rechten Vorderseite der Auffahrtsrampe zum Parlament befindlichen Denkmals 'Roßbändiger' sprühten.

Der Schuldspruch wird vom Angeklagten Thomas B mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, während der Angeklagte Gerhard C in seiner Beschwerde die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a 'bzw' 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO geltendmacht.

Mit ihren Mängelrügen vermögen die beiden Beschwerdeführer formale Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO allerdings nicht aufzuzeigen. Vielmehr bekämpfen sie nach Inhalt und Zielsetzung ihres bezüglichen Vorbringens im wesentlichen nur die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, das seine (gemäß § 258 Abs. 2 StPO auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse getroffenen) Feststellungen unter Berücksichtigung aller wesentlichen Beweistatsachen den Denkgesetzen entsprechend (schlüssig) begründet hat. Den Beschwerdeausführungen zuwider ist es keineswegs notwendig, im Urteil alle Details aus den Verfahrensergebnissen zu erörtern, die (isoliert betrachtet) unter Umständen für die Angeklagten günstiger ausgelegt werden können. Nach dem Gesetz (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) genügt es, im Urteil in 'gedrängter Darstellung' anzugeben, welche (entscheidenden) Tatsachen aus welchen (denkrichtigen) Gründen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen worden sind.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Verpflichtung hat das Erstgericht - wie bereits oben erwähnt - im vorliegenden Fall durchaus entsprochen. Es hat sich insbesondere in vollkommen ausreichender Weise mit der Verantwortung der beiden Beschwerdeführer, mit den Darstellungen der weiteren Tatbeteiligten Sonja A und Heidemarie D sowie mit den Aussagen der Zeugen Johann E, Otto F, Michael G und Markus H auseinandergesetzt und durchaus denkrichtig und lebensnah dargelegt, warum es den Angaben des Zeugen E gefolgt ist und den entgegenstehenden Angaben der übrigen Zeugen den Glauben versagte. Auf jene, sich in einer (unzulässigen) Erörterung der Beweiskraft des vom Erstgericht verwerteten Beweismaterials erschöpfenden Ausführungen, mit denen die Beschwerdeführer aus den Depositionen der erwähnten Personen andere Schlüsse ziehen wollen, als dies das Erstgericht in freier Beweiswürdigung getan hat, ist daher nicht weiter einzugehen.

Die Frage, welche 'genauen' Lichtverhältnisse zur Tatzeit auf dem Tatort herrschten, betrifft der vom Beschwerdeführer Gerhard C vertretenen Ansicht zuwider keine entscheidende im Urteil erörterungsbedürftige Tatsache, zumal das Erstgericht daran keinen Zweifel läßt, daß die Sichtverhältnisse es dem Zeugen E jedenfalls ermöglichten, die Angeklagten Thomas B und Gerhard C bis zu deren Festnahme zu beobachten.

Ebensowenig von Bedeutung ist die genaue Tatzeit, deren eingehendere Erörterung im Urteil daher ungeachtet des Umstandes unterbleiben konnte, daß der Zeuge E in der Hauptverhandlung den Zeitpunkt des Beginns der Amtshandlung - abweichend von der Zeitangabe in der Anzeige (vgl S 51) - mit 23 Uhr 50 bezeichnete (S 222); diesen Widerspruch hat er im übrigen ohnedies damit aufgeklärt, daß sich seine letzte Zeitangabe (in der Hauptverhandlung) aus einer Rückrechnung vom Zeitpunkt des Eintreffens der Einsatzfahrzeuge (vgl hiezu auch S 113) ergebe.

Da schließlich auch die genaue, vom Erstgericht mit S 3.304,-- festgestellte Schadenshöhe (S 232 d.A) keine relevante Wertgrenze berührt und (der Ansicht des Beschwerdeführers Gerhard C zuwider) im vorliegenden Fall keinen 'im Hinblick auf § 42 StGB' entscheidenden Umstand betrifft, halten die Mängelrügen nach keiner Richtung hin einer überprüfung stand.

Es gehen aber auch die Rechtsrügen fehl.

Der Angeklagte Gerhard C führt, soweit er mit Beziehung auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a 'bzw' 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO einwendet, die Tat sei 'demokratisch' gerechtfertigt, weil ihr offensichtlich 'nicht die vorsätzliche Verunstaltung einer Sache, sondern eine politische Kundgebung des Willensinhaltes einer nicht verbotenen Jugendgruppe' zugrundeliege, den behaupteten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig aus; denn das Gericht hat eine diesem Vorbringen entsprechende Feststellung nicht getroffen und es bestand im übrigen auch - selbst nach der Verantwortung der Beschwerdeführer, die eine Tatbeteiligung leugneten und sich ebensowenig wie ihre Mittäter dahingehend verantworteten - kein Anlaß zu Feststellungen in dieser Richtung. Die vom Angeklagten C in seiner Beschwerde in Erwägung gezogene Anwendung des § 42 StGB kam (vom Ausmaß der Tatfolgen ganz abgesehen) schon deshalb nicht in Frage, weil die ihm angelastete Tat gemäß § 126 Abs. 1 StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist (§ 42 Abs. 1 StGB).

Beide Beschwerdeführer können sich nicht darauf berufen, daß nur der Sockel (die Standsäule), auf dem die Statue der 'Roßbändiger' angebracht ist, und nicht auch das Denkmal selbst verunstaltet worden sei; bei der Standsäule handelt es sich nämlich im vorliegenden Fall um einen integrierenden Bestandteil des (Gesamt-)Kunstwerkes, wozu noch kommt, daß nach den Urteilsannahmen der Gesamtkomplex des Parlaments - also das Gebäude samt der integrierten Rampe -

unter Denkmalschutz steht (vgl S 232 und § 1 und 2 DenkmalschutzG BGBl 1923/533 in der Fassung BGBl 1978/167). Die Verunstaltung des Sockels als eines Teiles der Rampe, die jedenfalls für das Gesamtwerk von künstlerisch wesentlicher Bedeutung ist, verwirklicht daher die vom Erstgericht angenommene Qualifikation des § 126 Abs. 1 Z 3 StGB zumindest aus diesem Grund.

Berechtigung kommt somit nur jenen Beschwerdeausführungen zu, mit denen der Beschwerdeführer Thomas B unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 11

StPO rügt, daß ihm die Vorhaft (vom 25. Mai 1981, 00.30 Uhr bis 25. Mai 1981, 16,30 Uhr) nicht gemäß § 38 StGB auf die (wenn auch bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe angerechnet wurde. Das angefochtene Urteil war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas B durch entsprechende Anrechnung der Vorhaft gemäß § 38 StGB zu ergänzen (ÖJZ-LSK 1982/37, vgl auch EvBl 1981/6 a E) und der nur von Thomas B geltend gemachte Mangel gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Gerhard C (nicht aber auch in Ansehung der Mitangeklagten Sonja A, bei der gemäß § 13 JGG ein Strafausspruch überhaupt unterblieben ist, sodaß eine Anrechnung erst anläßlich einer allfälligen nachträglichen Strafsetzung erfolgen könnte) wahrzunehmen. Im übrigen waren jedoch die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Thomas B und Gerhard C als unbegründet zu verwerfen. Die von Christine C als gesetzliche Vertreterin des Angeklagten Gerhard C angemeldeten (vgl S 227), jedoch nicht ausgeführten Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wurden gemäß § 285 a Z 2, 294 Abs. 4

StPO zurückgewiesen, weil die Beschwerdepunkte bei der Anmeldung dieser Rechtsmittel nicht deutlich und bestimmt bezeichnet wurden und eine Ausführung derselben unterblieb.

Das Jugendschöffengericht verurteilte die Angeklagten nach § 126 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 11 Z 1 JGG zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je drei Wochen, die es gemäß § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Es nahm bei der Ausmessung dieser Strafen den bisherigen ordentlichen Wandel der Angeklagten als mildernd an. Erschwerungsgründe erachtete es als nicht gegeben.

Der Angeklagte B begehrt in seiner Berufung die echte bedingte Verurteilung im Sinne des § 13 JGG, Gerhard C hingegen strebt die Verhängung einer Geldstrafe an.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe richtig und vollständig erfaßt und zutreffend gewürdigt. Weitere Milderungsgründe liegen - entgegen den Ausführungen des Angeklagten B in seiner Berufung - nicht vor. Insbesondere konnte (auch) der Oberste Gerichtshof schon wegen der Uneinsichtigkeit der Angeklagten jugendlichen Leichtsinn und Unbesonnenheit nicht als mildernd ansehen. Gegen die Annahme dieser Milderungsumstände spricht im übrigen auch der Hergang der Tat (Verunreinigung eines Denkmals mit einem ersichtlich zu diesem Zweck mitgenommenen Spray im Zuge einer Schmieraktion).

Die Anwendung des § 13 JGG kommt bei Thomas B sowohl aus spezial-, als auch aus generalpräventiven Gründen nicht in Betracht. Der Verhängung einer Geldstrafe über Gerhard C stehen Gründe der Generalprävention im Wege. Thomas B bereitet seiner Mutter schon seit seinem fünfzehnten Lebensjahr erhebliche Erziehungsschwierigkeiten.

Er hat trotz entsprechender Begabung in der Schule versagt und geht seit der Schulentlassung (nach erfolgloser Wiederholung der fünften Klasse Gymnasium) keiner geregelten Tätigkeit nach. Er war mehrmals vorübergehend abgängig und hielt sich zeitweilig in einer Wohngemeinschaft auf. Bei der von ihm gezeigten Unstetigkeit läßt sich mithin nicht erwarten, daß ihn ein bloßer Schuldspruch von weiteren strafbaren Handlungen abhalten wird. Dazu kommt aber noch, daß sich in letzter Zeit Schmieraktionen zusehends häufen und solcherart Einzelnen und der Gemeinschaft beträchtlicher Schaden zugefügt wird. Es ist daher auch aus generalpräventiver Sicht, um der Begehung strafbarer Handlungen dieser Art durch andere entgegenzuwirken, bei Thomas B eine sogenannte echte bedingte Verurteilung und bei Gerhard C die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe (§ 37 StGB) nicht möglich. Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03736

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00047.82.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19820608_OGH0002_0090OS00047_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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