TE OGH 1982/6/29 11Os88/82

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Veröffentlicht am 29.06.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführers in der Strafsache gegen Jörg A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 29. April 1982, GZ. 6 Vr 3239/81-61, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jörg A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 24. September 1981 in Graz fremde bewegliche Sachen, nämlich einen PKW im Wert von 120.000 S und 15 bespielte Musikkassetten im Wert von rund 3.000 S nach Eindringen in das genannte Fahrzeug mittels eines nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeuges dem Manfred B mit dem Vosatz wegnahm, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, daß das Urteil mit ungerügt gebliebener materieller Nichtigkeit zum Nachteil des Angeklagten behaftet ist.

Die angefochtene Entscheidung entbehrt jeglicher tatsächlicher Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Ob die Entziehung eines der im § 136 StGB bezeichneten Fahrzeuge aus der Verfügungsgewalt des Berechtigten als Diebstahl (§ 127 ff. StGB), als dauernde Sachentziehung (§ 135 StGB) oder als unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen (§ 136 StGB) zu beurteilen ist, bestimmt sich nach der inneren Tatseite, also nach dem im Zeitpunkt der Besitzentziehung bestehenden - nicht erst später gefaßten - Vorsatz des Täters. Es kommt sohin darauf an, ob der Tätervorsatz auf (unrechtmäßige) Bereicherung (Vermögensvermehrung durch Sachzueignung), auf Schädigung durch dauernden Gewahrsamsentzug oder auf bloß vorübergehenden Gebrauch gerichtet ist. Dabei handelt es sich um die Entscheidung einer Tatfrage, die das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit Bedacht auf sämtliche dafür wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu lösen hat, wobei das Gesamtverhalten des Täters, insbesondere die beabsichtigte Dauer und Art der Benützung des Fahrzeuges sowie die Möglichkeit seiner Rückstellung an den Berechtigten, zu berücksichtigen ist (vgl. Leukauf-Steininger, 2. Auflage, § 136 StGB, RN. 16 ff.).

Auch für die Frage der Abgrenzung des Diebstahls von der (Fund-)Unterschlagung (§ 134 StGB) bei der Zueignung von Sachen aus einem unbefugt in Gebrauch genommenen oder gestohlenen Kraftfahrzeug ist es wesentlich, wann der diesbezügliche Vorsatz gefaßt wurde (vgl. RZ. 1980, S. 179;

EvBl. 1980/158; Leukauf-Steininger, a.a.O., RN. 56 u.a.). Im vorliegenden Fall beschränkte sich das Erstgericht - entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO - auf die Wiedergabe der die für die Tatbestandserfüllung des § 127 StGB ua erforderliche Bereicherungstendenz beschreibenden verba legalia im Urteilsspruch, übersah jedoch hiebei, daß die Bezeichnung der Taten (und der rechtlichen Qualifikation) im Urteilstenor nur die im § 260 Abs. 1 Z. 1 und 2 StPO normierten Urteilserfordernisse erfüllt, jedoch nicht die für die überprüfung der Rechtsanwendung erforderliche Feststellung des wesentlichen Sachverhalts in den Entscheidungsgründen ersetzt (vgl Mayerhofer-Rieder II/2, § 281 Z. 9 a, Nr. 8 u.a.).

Das Fehlen der bezeichneten Konstatierungen bewirkt die (gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmende) Nichtigkeit des Urteils nach der Z. 9 lit. a bzw. der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO Da sich somit zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht eintreten kann, war das Urteil bereits in nichtöffentlicher Sitzung gemäß dem § 285 e StPO aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03769

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00088.82.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19820629_OGH0002_0110OS00088_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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