TE OGH 1982/9/8 11Os86/82

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Veröffentlicht am 08.09.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. September 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach dem § 165 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 25. März 1982, GZ 28 Vr 4.073/81-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Aschaber und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr.Preßlauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 9. November 1951 geborene Eva B des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs 1 und 128 Abs 2 StGB sowie der am 3. September 1958 geborene Wolfgang C und der am 4. Dezember 1919 geborene Rudolf A des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach dem § 165 StGB schuldig erkannt. Laut dem Schuldspruch haben 1. Eva B am 12. (richtig: 22.) Oktober 1981 fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich 4 Holzplastiken (den Heiligen Joachim, die Heilige Mutter Anna und zwei Engel darstellend) im Gesamtwert von ca 200.000 S sowie einen eintürigen Kasten, neun Holzrohrsessel und einen Aufsatzschrank im Gesamtwert von ca 3.000 S, einem Verfügungsberechtigten der Pfarre Lähn mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern; 2. Wolfgang C sowie Rudolf A fahrlässig gestohlene Sachen an sich gebracht, und zwar a) Wolfgang C am 22. Oktober 1981

die unter 1. genannten Gegenstände, und b) Rudolf A am 22. Oktober 1981 die unter 1. angeführten Holzplastiken.

Hingegen wurde der am 8. Jänner 1959 geborene Johann D von der Anklage, den unter 1. bezeichneten Diebstahl in Gesellschaft der Eva B und des Wolfgang C als Beteiligter begangen zu haben, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hatte die unterstandslose Eva B Mitte Oktober 1981 vom zuständigen Pfarrprovisor die Erlaubnis erhalten, im ehemaligen Pfarrhof der Pfarre Lähn zu wohnen. Diese Wohnmöglichkeit benützte sie am 22. Oktober 1981 dazu, im Pfarreigentum stehende Möbelstücke und vier alte sakrale Holzplastiken mit Diebstahlsvorsatz dem Altwarenhändler Wolfgang C zum Kauf anzubieten, der den ehemaligen Pfarrhof aufgesucht und Eva B gefragt hatte, ob sie alte Sachen zu verkaufen habe. Eva B überließ dem Wolfgang C einen eintürigen Kasten, neun Holzrohrsessel und einen kleinen Aufsatzschrank ('Gesamtwert ca 3.000 S) sowie die vier Holzplastiken (Gesamtwert ca 200.000 S); für diese Gegenstände erhielt sie von Wolfgang C insgesamt 8.000 S. Hierauf brachte Wolfgang C die Sachen unter Mitwirkung seines Gehilfen Johann D aus dem Haus und transportierte sie mit seinem Auto ab. Ihnen war nicht bewußt, daß Eva B zu diesem Verkauf nicht berechtigt war, doch hätte Wolfgang C im Hinblick auf seine Erfahrungen als Händler gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung Bedenken haben müssen. Der zum gewerbsmäßigen Handel mit Antiquitäten nicht befugte Wolfgang C brachte die vier Holzplastiken noch am selben Tag zum Angeklagten Rudolf A, der vor seinem übertritt in den Ruhestand einen Antiquitätenhandel betrieben hatte.

Rudolf A kaufte von Wolfgang C die vier Holzplastiken um 110.000 S; nach Bezahlung des Kaufpreises erhielt er eine von Eva B unterfertigte Verkaufsbestätigung über das mit Wolfgang C abgeschlossene Geschäft ausgefolgt, aus deren Inhalt ihm auch der unangemessen niedrige erste Verkaufspreis bekannt wurde. Wolfgang C erklärte dem Rudolf A hiezu lediglich, daß er eben einmal im Leben Glück gehabt habe.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird nur vom Angeklagten Rudolf A mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung angefochten. Die Schuldsprüche der Eva B und des Wolfgang C sowie der Freispruch des Johann D blieben unbekämpft. Einen Begründungsmangel erblickt der Angeklagte Rudolf A darin, daß die Annahme des Erstgerichtes, er habe sich erst nach dem Abschluß des Kaufvertrages über die Holzplastiken beim Verkäufer Wolfgang C erkundigt, ob die Kunstgegenstände ehrlich erworben worden seien, in den Verfahrensergebnissen keine Deckung finde, weil er sowohl nach seiner eigenen Verantwortung als auch nach der Darstellung des Angeklagten C in der Hauptverhandlung diese Frage schon vor dem Kaufabschluß gestellt habe. Der Einwand betrifft keine für die Lösung der Schuldfrage entscheidende Tatsache, weil nach Lage des Falles - wie noch näher darzulegen sein wird - zur Erfüllung der gesetzlichen Sorgfaltspflicht eine allgemeine Frage nach dem ehrlichen Erwerb der Gegenstände und deren Bejahung durch den Verkäufer unabhängig vom Zeitpunkt der öußerungen unter keinen Umständen ausreichend war. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezieht sich daher auf eine unerhebliche Modalität des Tatgeschehens und vermag keine Nichtigkeit im Sinn der Z 5

des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO bekämpft Rudolf A die Annahme, daß er beim Ankauf der gestohlenen Holzplastiken in bezug auf deren Herkunft aus einem Vermögensdelikt fahrlässig gehandelt habe, wobei er den Standpunkt einnimmt, durch die Frage an den Verkäufer nach dem ehrlichen Erwerb der Gegenstände und durch übernahme der Verkaufsbestätigung der Eva B ohnehin ausreichende Obsorge zum Schutz fremden Vermögens aufgewendet zu haben und zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet gewesen zu sein.

Diesem Vorbringen kommt jedoch keine Berechtigung zu. Beim Fahrlässigkeitsdelikt des § 165 StGB hat sich das Maß der einzuhaltenden Sorgfaltspflicht bei der Beurteilung, ob die verhehlten Gegenstände durch Vermögensdelikte der Vortäter erlangt wurden, danach zu richten, welche Sorgfalt in der konkreten Tatsituation bei der Herkunftsprüfung von einem sich seiner Pflicht gegen die Mitwelt bewußten, dem Verkehrskreis des Täters angehörigen Menschen - objektiv betrachtet - billigerweise verlangt werden kann (SSt 50/47).

Demgemäß war der Angeklagte Rudolf A als ehemaliger Antiquitätenhändler bei dem Ankauf der Holzplastiken zum Zweck des Weiterverkaufes zu jener Vorsorge verpflichtet, die im redlichen Geschäftsverkehr mit Kunstgegenständen und Antiquitäten üblich ist. Angesichts der Problematik des Ankaufes derartiger Gegenstände hohen Wertes, die dem Käufer von im Umgang mit dieser Ware sichtlich nicht vertrauten Personen in die Wohnung gebracht werden, wäre in besonderem Maße auf einen nach menschlichem Ermessen unbedenklichen Herkunftsnachweis der Kunstwerke zu achten gewesen. Die von Wolfgang C schließlich übergebene Verkaufsbestätigung der Eva B war jedoch weder ihrer äußeren Form noch ihrem Inhalt nach geeignet, diesem Erfordernis zu genügen und das vom Beschwerdeführer bereits durch die ohne ausreichende Erkundung abgeschlossene Kaufvereinbarung eingegangene Risiko zu entschärfen. Die sakrale Wirkung der Gegenstände, die fragwürdigen Umstände des Kaufangebotes und zuletzt auch noch der aus der Verkaufsbestätigung ersichtliche besonders niedrige Kaufpreis hätten den Angeklagten Rudolf A verpflichtet, eine individuelle überprüfung der Herkunft zur Vorbedingung der übernahme der Gegenstände zu machen oder vom Erwerb Abstand zu nehmen.

Die vorgelegene Verschmutzung der Kunstgegenstände vermag die Sorglosigkeit des Beschwerdeführers keineswegs zu rechtfertigen, weil dadurch die indizierte Möglichkeit einer deliktischen Entfremdung der Holzplastiken nicht unwahrscheinlicher geworden ist. Im Zusammenhang mit dem ihm aus der bezeichneten Verkaufsbestätigung bekannten Umstand, daß Wolfgang C den Weiterverkauf noch am Tage des Ankaufes zu einem unangemessenen Preis ohne Versuch einer Verbesserung des äußeren Zustandes der Gegenstände anstrebte, hätte die Verschmutzung sogar zu erhöhter Vorsicht bei der Herkunftsklärung Anlaß geboten.

Auch der weitere Einwand des Beschwerdeführers, daß ihm eine erst nach Abschluß der Kaufvereinbarung unterlaufene Fahrlässigkeit in Ansehung der vermögensdeliktischen Verstrickung der Holzplastiken nicht angelastet werden dürfe, ist nicht zielführend, weil einerseits seine Schuld schon in einem allfälligen vorbehaltslosen Geschäftsabschluß gelegen wäre und anderseits das Erstgericht zu Recht davon ausging, daß Rudolf A anläßlich dieses Kaufes kein Eigentum erwarb, weshalb im Hinblick auf den Charakter der Hehlerei als Dauerdelikt auch ein dem Erwerbsakt nachfolgendes vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten, das einer deliktischen Begehungsform entspricht, eine strafrechtliche Haftung begründet (siehe hiezu Liebscher im WK Rz 28

zu § 164 und die dort zitierte Judikatur).

Als Nichtigkeit im Sinn der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer schließlich geltend, daß er wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 42 StGB mangels Strafwürdigkeit der Tat freizusprechen gewesen wäre.

Seinem Vorbringen zuwider ist aber keine der drei Bedingungen erfüllt, die für die Annahme mangelnder Strafwürdigkeit der Tat kumulativ gegeben sein müssen: Von einer geringen Schuld im Sinn des Zurückbleibens der Fahrlässigkeit des Täters hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt kann weder angesichts der beruflichen Erfahrungen des Angeklagten, die ihm bei Anwendung nur eines Minimums an Sorgfalt ein situationsgerechtes Handeln ermöglicht hätten, noch überhaupt nach Art der Tat die Rede sein. Der Umstand, daß Kunstgegenstände im Werte von ungefähr 200.000 S ihrem Eigentümer für rund zwei Wochen entzogen waren, kann auch nicht als unbedeutende Tatfolge angesehen werden. Zudem ist angesichts der einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten und der von ihm im Vorverfahren (ON 11 d.A) deponierten Auffassung, ein Händler habe sich für die Herkunft der von ihm gekauften Gegenstände nicht zu interessieren, von der präventiven Notwendigkeit einer Bestrafung der Tat auszugehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Rudolf A nach dem § 165 StGB eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 25 Tage Freiheitsstrafe, wobei ein Tagessatz mit 300 S bestimmt wurde. Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägige Vorstrafe als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber die volle Schadensgutmachung als mildernd.

Der Angeklagte begehrt mit seiner Berufung die Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze sowie der Höhe des einzelnen Tagessatzes. Die Berufung ist nicht berechtigt.

Ausgehend von den in erster Instanz im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen erweist sich die vom Schöffengericht verhängte Anzahl der Tagessätze schon in Anbetracht der einschlägigen Vorstrafe und des hohen Wertes der fahrlässig verhehlten Gegenstände keineswegs als überhöht. Das Erstgericht hat auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angeklagten A vor allem unter Bedachtnahme auf den konstatierten Umstand, daß er, als ihm das Diebsgut angeboten wurde, sofort über einen Geldbetrag von 110.000 S verfügte, zutreffend eingeschätzt, sodaß auch gegen die Ausmessung der Höhe des einzelnen Tagessatzes keine Bedenken bestehen.

Mithin konnte auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03835

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00086.82.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19820908_OGH0002_0110OS00086_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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