TE OGH 1982/9/8 11Os108/82

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Veröffentlicht am 08.09.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführers in der Strafsache gegen Harald A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1, Abs 2, erster Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 17.März 1982, GZ. 3 c Vr 1.213/82-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bernhauser und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 8 (acht) Monate herabgesetzt und gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30.Juni 1947 geborene Beamte des Österreichischen Bundesheeres Harald A des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133

(Abs 1), Abs 2, erstem Fall, StGB und des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er als der Bekleidungskammer der Sanitätsschule in Wien dienstzugeteilter Wirtschaftsunteroffizier der Stabskompanie, mithin als Beamter (und unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit), A./ ihm anvertrautes Gut des Österreichischen Bundesheeres in einem 5.000 S übersteigenden Gesamtwert sich mit dem Vorsatz zueignete, sich unrechtmäßig zu bereichern, indem er im Laufe des Jahres 1981 Bekleidungsstücke und Ausrüstungsgegenstände - darunter 20 Garnituren Eßbesteck und 10 Spaten - den Lagerbeständen entnahm und zu seinen Gunsten verkaufte und nach dem 23.Mai 1980

einen Geldbetrag von 637 S, den er als Ersatzleistung für einen verlorenen Feldpullover einkassiert hatte, für sich verbrauchte, sowie B./ echte Urkunden mit dem Vorsatz verfälschte, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise einer Tatsache, nämlich der übergabe von 350 Garnituren Eßbesteck und von 83 Spaten an andere Personen gebraucht werden, wodurch der Anschein eines vollzähligen Lagerbestandes erweckt werden sollte, indem er im Jahre 1981 einen Gegenschein betreffend die übergabe von 50 Garnituren Eßbesteck an Vizeleutnant B auf 350 Garnituren und nach dem 23. Oktober 1981 die Bestätigung im Reparaturbuch, wonach von ihm drei Spaten zur Reparatur übergeben worden waren, auf 83 Spaten abänderte.

Rechtliche Beurteilung

Nur den letzterwähnten Schuldspruch (Punkt B./) bekämpft der Angeklagte mit einer von ihm auf die Z. 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO (der Sache nach aber auf die Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO) gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er eine straflose Nachtat ('Deckungshandlung') zur Veruntreuung geltend macht, weil die Verfälschungen der Urkunden ausschließlich zur Verschleierung der unter A./ genannten Straftaten vorgenommen worden seien.

Nach den Urteilsannahmen veruntreute der Angeklagte (u.a.) 20 Garnituren Eßbesteck und zehn Spaten. Die Urkundenfälschungen betrafen 300 Garnituren Eßbesteck (Fälschung eines Gegenscheines von 50 auf 350 Stück) und 80 Spaten (Abänderung im Reparaturbuch von drei Spaten auf 83), die der Angeklagte vornahm, um Fehlbestände zu verschleiern (S. 304, 80, 278 und 297 d.A.).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde davon ausgeht, die Fälschungen seien 'ausschließlich zur Verschleierung der unter A./ genannten Straftaten' begangen wurden, verläßt sie daher den Boden der Urteilsannahmen und bringt die Rechtsrüge insoweit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Im übrigen kommt der Beschwerde auch aus nachstehenden Erwägungen keine Berechtigung zu:

Konsumtion liegt vor, wenn durch eine (oder mehrere) konkrete Tathandlung(en) zwar formal zwei Tatbestände verwirklicht erscheinen, das Tatgeschehen aber materiell nur einem der beiden Deliktstypen zu unterstellen ist, weil eine wertabwägende Auslegung zu dem Ergebnis führt, daß dieser eine Tatbestand den deliktischen Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhaltes bereits für sich allein erfaßt (sh. die bei Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN. 45 ff. zu § 28 zitierte Literatur und Judikatur). Eine hier allein in Erwägung zu ziehende straflose Nachtat (und zwar die sogenannte 'Deckungshandlung') setzt aber - soll sie von der Vortat 'konsumiert' werden -

voraus, daß der Täter dadurch kein weiteres Rechtsgut verletzt und damit nicht über die bereits mit der Vortat verbundene Rechtsgutverletzung hinausgeht. Im gegenständlichen Fall fehlt es an diesen Voraussetzungen in zweifacher Hinsicht:

Es kann von der Verletzung ein und desselben Rechtsgutes nicht gesprochen werden, denn im Strafgesetzbuch sind die Urkundendelikte als Delikte 'gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen' einem eigenen Abschnitt zugeordnet, dessen Schutzobjekt die Sicherheit des Rechtsverkehrs ist (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.

z. StGB2, RN. 2 der Vorbem. zu § 223 ff.). Der Unrechtsgehalt einer Urkundenfälschung wird daher durch den Unrechtsgehalt eines Vermögensdeliktes (sofern nicht, wie im Fall des § 147 Abs 1 Z. 1 StGB, die Urkundenbenützung eine zusätzliche Qualifikation bewirkt) nicht miterfaßt, sodaß Konsumtion ausscheidet (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/22 und 24 = EvBl 1979/106; Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht in StPdG. 6, S. 43 ff.).

Dazu kommt, daß der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen (nur) 20 Garnituren Eßbestecke und zehn Spaten veruntreute, durch die Urkundenfälschung jedoch den Fehlbestand von (insgesamt) 300 Eßbestecken und 80 Spaten abdecken wollte, der - auch nach seiner Verantwortung (S. 278 d.A.) - in dem die Veruntreuung von Eßbestecken und Spaten übersteigenden Ausmaß ein vom Angeklagten strafrechtlich nicht zu verantwortender 'Schwund' darstellte. Der strafrechtliche Gesamtunwert des zur Beurteilung stehenden Sachverhaltes wäre daher auch insofern mangels eines engen inneren Zusammenhanges der Handlungen durch ausschließliche Unterstellung unter den zunächst verwirklichten Tatbestand (der Veruntreuung) nicht (mehr) zur Gänze erfaßt.

Zutreffend beurteilte deshalb das Erstgericht sowohl die erste (§ 133 StGB) als auch die nachfolgende deliktische Handlung (§ 223 Abs 2 StGB) als Fall echter (Real-) Konkurrenz und sohin beide Taten als selbständig strafbar (ÖJZ-LSK. 1979/22 und 24). Die vom Verteidiger im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgetragene Konstruktion einer 'Teilverfälschung' - in Bezug auf (nur) 330 Garnituren Eßbesteck und 73 Spaten - ist dem Gesetz fremd. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald A war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die Wiederholung der strafbaren Zugriffe und das Zusammentreffen zweier Delikte, als mildernd die geständige Verantwortung des Angeklagten und seinen bisher untadeligen Wandel. Es verwies insbesondere auf generalpräventive Erfordernisse und die sich durch zahlreiche Zugriffe manifestierende besondere Tatintensität; es begründete allerdings nicht, weshalb eine bedingte Strafnachsicht nicht in Frage käme.

Der Berufung des Angeklagten, der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht begehrt, kommt Berechtigung zu.

Zu den vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründen tritt ein weiterer mildernder Umstand: Durch Vorlage von Zahlungsbestätigungen im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof wurde dargetan, daß der Vermögensschaden weitgehend gutgemacht wurde. Der - im erstgerichtlichen Urteil überhaupt nicht näher, sondern nur mit 'einem 5.000 S übersteigenden Gesamtwert' konstatierte - Vermögensschaden der Republik Österreich aus den vom Angeklagten verübten Veruntreuungshandlungen beträgt nach der Aktenlage unter Zugrundelegung der in der Anzeige angeführten Zeitwerte für Gegenstände, die vom Angeklagten veruntreut wurden, rund 7.900 S. Dieser Schaden ist nicht so übermäßig, daß generalpräventive Erwägungen in den Vordergrund zu treten hätten. In Relation zu diesem Schaden erschien das vom Erstgericht gewählte Strafausmaß doch etwas überhöht; es war deshalb zu reduzieren.

Die bisherige Unbescholtenheit des 35-jährigen Angeklagten und eine weitgehende Schadensgutmachung lassen die Annahme zu, daß die bloße Androhung der Vollziehung einer Freiheitsstrafe genügen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Es war daher eine bedingte Strafnachsicht zu gewähren. Die Kostenentscheidung ist in der im Spruch genannten Gesetzesstelle verankert.

Anmerkung

E03833

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00108.82.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19820908_OGH0002_0110OS00108_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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