TE OGH 1982/10/27 11Os148/82

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Veröffentlicht am 27.10.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Oktober 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführers in der Strafsache gegen Georg Johann A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs. 1, 129 Z. 1 und 2 StGB über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Jugendschöffengerichtes vom 16.März 1982, GZ. 22 Vr 1.205/81-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Stoff zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Georg Johann A ist schuldig, er hat am 21.Februar 1981 in Mandling eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich einen Geldbetrag in der Höhe von 554 S, Verfügungsberechtigten der ÖBB durch Einbruch und durch Öffnen eines Behältnisses mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Er hat hiedurch das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129 Z. 1 und 2 StGB begangen.

Gemäß dem § 13 Abs. 1 JGG. wird der Ausspruch und die Vollstreckung der wegen dieser Jugendstraftat zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorläufig aufgeschoben.

Gemäß den § 389, 390 a StPO hat der Angeklagte die Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz zu ersetzen.

Text

Gründe:

Das Erstgericht erkannte den am 25.Juni 1966 geborenen Mechanikerlehrling Georg Johann A des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs. 1, 129 Z. 1 und 2 StGB schuldig, weil er am 21.Februar 1981 im Bahnhof Mandling einem Verfügungsberechtigten der ÖBB mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung einen Geldbetrag von 554 S durch Einbruch und Öffnen eines Tresors mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel wegzunehmen versucht habe.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen gelangte der jugendliche Angeklagte am Tag der Tat um etwa 0,30 Uhr nach Aufzwängen der verschlossenen Eingangstür des Bahnhofsgebäudes mit einem Stemmeisen u. a. in den Fahrdienstleiterraum, nahm von einem Schrank neben der Eingangstür einen dort liegenden Schlüsselbund mit dem Tresorschlüssel, schloß damit den durch ein Bild verdeckten Wandtresor auf, entnahm Münzen im Gesamtwert von 554 S und steckte den Geldbetrag in die linke Hosentasche.

Nachdem er den Tresor wieder verschlossen und den Schlüsselbund an seinen Platz zurückgelegt hatte, wurde der Angeklagte, als er gerade das Bahnhofsgebäude durch die Eingangstür verlassen wollte, von einem Gendarmen angehalten. Dieser Beamte ging mit ihm in den Fahrdienstleiterraum, wo der Angeklagte in der Folge auf 'diesbezügliches' Befragen die Tat gestand und die Beute herausgab.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der sie die rechtliche Annahme bloßen Diebstahlsversuches statt Diebstahlsvollendung rügt.

Dies zu Recht:

Vollendet ist der Diebstahl mit dem Vollzug des Gewahrsamswechsels, d. h. mit der Begründung des neuen Gewahrsams an der Sache durch den Täter. Beim strafrechtlichen Gewahrsam handelt es sich um ein faktisch-normatives Herrschaftsverhältnis, dessen Vorliegen an Hand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen ist und das sich einer schematischen Beurteilung entzieht (vgl. u.a. Kienapfel BT II, RZ. 54 f., 109, 114 ff., Leukauf-Steininger2, RN. 16 je zu § 127 StGB; EvBl. 1981 Nr. 174; 13 Os 64/81).

Unter diesen Gesichtspunkten ist der Gewahrsamswechsel bei kleineren Sachen, welche der Täter am Körper, in seiner Kleidung oder in mitgebrachten Behältnissen (z.B. einer Tasche) versteckt, in der Regel schon mit dem eigenmächtigen Einstecken des Gegenstandes vollzogen. Eine intensivere Sachherrschaft ist, wie die Beschwerde zutreffend hervorhebt, kaum denkbar. Ob die Wegnahme im räumlichen Machtbereich (z.B. in der Wohnung oder in einem Geschäftsraum) des Bestohlenen oder außerhalb vor sich geht, ist dabei ohne Bedeutung (Kienapfel a.a.O., RZ. 116 f. und die dort zitierte Judikatur). Somit fand aber der Gewahrsamsübergang, entgegen der Ansicht des Erstgerichtes, auch im vorliegenden Fall, in welchem der Angeklagten den Geldbetrag im Fahrdienstleiterraum in seine Hosentasche steckte und solcherart in seiner Kleidung verbarg, bereits im unmittelbaren Tatortbereich statt. Damit war der Diebstahl schon vollendet, als der Angeklagte später von dem Gendarmeriebeamten angehalten wurde. Soweit das Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - der Sache nach unter Heranziehung der sogenannten Wachsamkeits- und Sichtbarkeitsaspekte (vgl. auch 11 Os 35/81), die jedoch allenfalls bloße Indizien, nicht aber in jedem Fall ausschlaggebende Kriterien für die Frage des Gewahrsamswechsels sind (Kienapfel a.a.O. RZ. 123 Ende; 13 Os 64/81) - Diebstahlsvollendung deshalb verneinte, weil der Angeklagte bei der Tat beobachtet worden sei (S. 54 d.A.), so ergibt sich aus den tatsächlichen Urteilsfeststellungen - in übereinstimmung mit den Gendarmerieerhebungen (S. 7, 46 d.A.) - vielmehr - zumindest dem Sinn nach -, daß der Angeklagte erst beim Verlassen des Bahnhofsgebäudes, also nicht schon bei der Ansichnahme des Geldes, ertappt wurde (S. 51 f.d.A.). Daß dem Angeklagten noch auf dem Bahnhofsgelände die Beute abgenommen werden konnte, vermag an der durch den Gewahrsamsübergang bereits stattgefundenen Tatvollendung nichts zu ändern.

Da das Ersturteil in der rechtsirrigen Verneinung der Vollendung des Diebstahls mit materieller Nichtigkeit behaftet ist, war der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst spruchgemäß zu erkennen.

Unter übernahme der vom Erstgericht diesbezüglich zutreffend angeführten Erwägungen sprach der Oberste Gerichtshof hiebei neuerlich eine (echte) bedingte Verurteilung nach dem § 13 Abs. 1 JGG. aus und sah eine dreijährige Probezeit als angemessen an. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03933

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00148.82.1027.000

Dokumentnummer

JJT_19821027_OGH0002_0110OS00148_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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