TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/24 2002/18/0246

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Veröffentlicht am 24.05.2005
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §14 Abs2 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §23 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der G, geboren 1947, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 2002, Zl. 310.591/2-III/11/00, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 18. September 2002 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer jugoslawischen Staatsangehörigen, auf "Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung" gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin am 6. März 2000 an den Landeshauptmann von Wien (der Erstbehörde) einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gestellt. Dieser Antrag sei von der Erstbehörde als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gewertet und mit Bescheid vom 13. Juni 2000 (zugestellt am 27. Juni 2000) mangels Auslandsantragstellung vor der Einreise nach Österreich abgewiesen worden.

Dagegen habe die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertreterin fristgerecht Berufung erhoben. Sie habe eingewendet, in den Jahren 1976 und 1977 jeweils "um ein Visum eingereicht" zu haben und in der Folge für die Zeit vom 3. Februar 1991 bis 1. April 1991 über ein Visum verfügt zu haben. Außerdem habe sie sich vom Jänner bis November 1990 legal in Österreich aufgehalten und hier gearbeitet. Zudem würden ihre Tochter und ihr Lebensgefährte ebenfalls in Österreich leben. Sie habe zu ihrer ehemaligen Heimat keinerlei Bindungen mehr.

Gemäß § 14 Abs. 2 FrG seien die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag könne im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen sei und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigt oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt habe.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2001 habe die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Nachweise über ihr bereits früher erteilte Aufenthaltstitel und eine genaue Dokumentation ihrer Aufenthaltsorte seit 1991 sowie die entsprechenden Meldenachweise vorzulegen. In ihrer Stellungnahme vom 27. Dezember 2001 habe die Beschwerdeführerin jedoch lediglich ausgeführt, dass es ihr nicht möglich sei, die "alten" Sichtvermerke vorzuweisen, weil sie auf ihre Reisedokumente keinen Zugriff habe. Von 1991 bis 1994 habe sie in ihrer Heimat Jugoslawien gelebt. Seit dem 20. Oktober 1994 halte sie sich ununterbrochen in Österreich auf. Zunächst habe sie in 1100 Wien, Davidgasse 38/25, und seit 20. Dezember 1999 bei ihrem Lebensgefährten in 1100 Wien, Schröttergasse 21/10, gelebt.

Auf Grund der Aktenlage und der Tatsache, dass bei der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, keine Aufzeichnungen über an sie erteilte Sichtvermerke aufliegen würden und die Beschwerdeführerin selbst auch nicht in der Lage gewesen sei, diese vorzulegen, schließe sich die belangte Behörde den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde an. Die Beschwerdeführerin sei noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen. Der gegenständliche Antrag sei als Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten und § 14 Abs. 2 FrG zu beachten. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe sich die Beschwerdeführerin eindeutig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten und somit das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Der Antrag der Beschwerdeführerin sei auf Grund dieser Tatsache "negativ zu finalisieren" gewesen.

Die Antragstellung vor der Einreise vom Ausland aus sei als Erfolgsvoraussetzung zu werten, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung eines Antrages nach sich ziehe. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, auch im Hinblick auf Art. 8 MRK, sei entbehrlich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 14 Abs. 2 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 34/2000 lautet auszugsweise:

"(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ..."

§ 23 Abs. 1 FrG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 34/2000 lautet auszugsweise:

"(1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit dem selben Zweckumfang zu erteilen. ..."

2.1. Die Beschwerdeführerin lebte in den Jahren 1991 bis 1994 unstrittig in ihrer Heimat Jugoslawien. Sie stellt auch nicht in Abrede, sich erst seit 22. Oktober 1994 wieder "ununterbrochen" in Österreich aufzuhalten. Sie bringt vor, sie habe im Jahr 1978 und in den Jahren 1990 und 1991 in Österreich gelebt und gearbeitet. Von Jänner bis November 1990 habe sie sich legal in Österreich aufgehalten. Ein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vom 23. Jänner 1996 sei abgewiesen worden. Von 1. März 1990 bis zum 31. Oktober 1990 habe sie in Linz auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung gearbeitet. Vom 30. Jänner 1990 bis zum 28. September 1990 und vom 13. November 1990 bis zum 28. Februar 1991 habe sie Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen. Daraus sei ableitbar, dass sie bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt habe. Ihr seien in der Vergangenheit "mehrere Sichtvermerke" erteilt worden. Es sei ihr jedoch nicht möglich, ihre "alten Reisedokumente" vorzulegen, weil sich diese in Jugoslawien befinden würden und sie keinen Zugriff auf sie habe. Die fremdenpolizeilichen Akten würden eine Karteikarte mit dem Vermerk enthalten, dass sie 1976 und 1977 ein Visum beantragt und vom 3. Februar bis 1. April 1991 einen Sichtvermerk besessen habe. Die belangte Behörde hätte den Antrag der Beschwerdeführerin nicht als Erstantrag, sondern als Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung qualifizieren müssen. Daher sei auch eine Inlandsantragstellung zulässig.

2.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 1 FrG 1997 nur dann vor, wenn der Fremde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der ihm erteilten Niederlassungsbewilligung weiterhin - wenn auch unter Umständen unrechtmäßig - auf Dauer niedergelassen bleibt. Ein Fremder kann jedoch - entgegen der Beschwerdeauffassung - nicht durch bloße Aufrechterhaltung seines Niederlassungswillens eine Niederlassung im Bundesgebiet auf Dauer beibehalten. Maßgebend ist vielmehr, dass er seine tatsächliche Niederlassung, sei es auch mit kurzfristigen Unterbrechungen seiner körperlichen Anwesenheit, aufrechterhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 2002, Zl. 2002/18/0229). Von einem nur kurzfristigen Auslandsaufenthalt kann aber bei der Beschwerdeführerin, die sich unstrittig in den Jahren 1991 bis 1994 in Jugoslawien aufgehalten hat, keine Rede sein. Selbst wenn die Beschwerdeführerin daher - wie sie behauptet - vor ihrer Ausreise aus dem Bundesgebiet im Jahr 1991 über einen Aufenthaltstitel verfügt haben sollte, könnte sie sich auf diesen nicht mehr berufen, weil sie nicht niedergelassen blieb (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, Zl. 2002/18/0226).

Hinsichtlich des Zeitraumes nach ihrer Rückkehr nach Österreich - ab 22. Oktober 1994 - bestehen keine Bedenken gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin über keinen (eine neuerliche Niederlassung begründenden) Aufenthaltstitel verfügt habe. Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 15. Mai 2000 von der Erstbehörde aufgefordert, "alle bisherigen Sichtvermerke" vorzulegen. Sie gab am 5. Juni 2000 u.a. an, dass sie bereits über Sichtvermerke verfügt habe. Allerdings würden sich ihre "alten" Reisepässe in Jugoslawien befinden, auf die sie keinen Zugriff mehr habe. Daher könne sie keine Sichtvermerke vorlegen. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 3. Dezember 2001 wurde sie erneut aufgefordert, "Nachweise über bestandene Aufenthaltstitel" zu erbringen und ihre Aufenthaltsorte seit 1991 - unter Vorlage der entsprechenden Meldenachweise - zu dokumentieren. In ihrer Stellungnahme vom 21. Dezember 2001 wiederholte sie u.a. ihr Vorbringen, wonach es ihr nicht möglich sei, "alte" Sichtvermerke vorzulegen. Die belangte Behörde vermochte daher keine Feststellung zu treffen, dass die Beschwerdeführerin (zumindest ab 1994) über einen zur dauernden Niederlassung berechtigenden Aufenthaltstitel verfügt hätte. Die Beweiswürdigung begegnet im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Überprüfungsbefugnis (vgl. zum Umfang derselben insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.

2.3. Beim Antrag der Beschwerdeführerin handelt es sich somit um einen solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung. Da sie diesen Antrag unstrittig vom Inland aus gestellt hat, wurde er von der belangten Behörde zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen.

3. Soweit die Beschwerdeführerin ihre privaten und familiären Interessen ins Treffen führt, ist ihr zu entgegnen, dass es sich bei der Bestimmung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG, wonach Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen sind, um eine Anordnung an die Behörde handelt, die beantragte Rechtsgestaltung nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich auch vom Ausland aus abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 FrG unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien ebenso wenig in Betracht wie eine Anwendung des § 37 leg. cit. Mit § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG hat der Gesetzgeber auf die privaten und familiären Interessen derjenigen Fremden bereits Rücksicht genommen, die sich in Österreich rechtmäßig niedergelassen hatten. Andererseits ging der Gesetzgeber bewusst davon aus, dass jene Fremde, die noch nie im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen waren (bzw. eine frühere Niederlassung tatsächlich beendet haben), gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG ihren Antrag vor einer Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 98/19/0283).

4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Mai 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002180246.X00

Im RIS seit

23.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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