Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.November 1982
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Georg A wegen des Verbrechens des Raubs nach § 142 f. StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 5.Juli 1982, GZ. 20 v Vr 1740/82-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Cerny und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.April 1943 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Georg A (zu 1) des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 erster (und ersichtlich gemeint: auch zweiter) Fall StGB und (zu 2) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG. schuldig erkannt. Darnach hatte er in Wien am 17. September 1981 in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Radoslav B als Raubgenossen durch gegen Bedienstete und Kunden des Postamts Faulmanngasse (in Wien 4.) gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) und unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines geladenen Trommelrevolvers, der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland fremde bewegliche Sachen, und zwar 35.769,50 S Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich bzw. Radoslav B durch die Zueignung des Geldes unrechtmäßig zu bereichern, indem der mit einem von A bereitgestellten Strumpf maskierte B vereinbarungsgemäß einen von A übernommenen geladenen Trommelrevolver gegen die Bediensteten und Kunden dieses Postamts mit den Worten: 'Hände hoch, das ist ein überfall; Geld her, sonst schieße ich!' richtete, während A vor dem Postamt bzw. in dessen unmittelbarer Nähe Aufpasserdienste leistete und zum Abtransport des erbeuteten Geldes sowie der Tatwaffe bereitstand (1); ferner ab Anfang 1980 bis zum 16.September 1981 eine Faustfeuerwaffe, nämlich den (zur Begehung des unter Punkt 1 angeführten Raubes verwendeten) Trommelrevolver der Marke Black Powder Only, Kaliber 36, unbefugt besessen (2).
Diese Entscheidung erging auf Grund des Verdikts der Geschwornen, welche die anklagekonform an sie gerichteten, mit dem Schuldspruch inhaltlich übereinstimmenden Hauptfragen bejaht und die - ihnen nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 zur Beantwortung aufgetragene - Eventualfrage in Richtung einer Beihilfe des Angeklagten im Sinn der § 12, dritter Fall, 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, StGB, zu dem von dem abgesondert verfolgten Radoslav B verübten, oben geschilderten Raub durch übergabe eines zur Maskierung des Genannten bestimmten Strumpfes und eines Trommelrevolvers zwecks Verwendung bei der Tatausführung folgerichtig unbeantwortet gelassen hatten.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Tatqualifikation als Gesellschaftsraub (§ 143, erster Fall, StGB) gerichtete und der Sache nach nur auf den (primär) geltend gemachten Grund der Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A - die von ihm 'hilfsweise' zitierten Gründe der Z. 11 und 13 der vorerwähnten Gesetzesstelle kommen nach dem Beschwerdevorbringen nicht in Betracht - schlägt nicht durch.
Den Beschwerdeausführungen zuwider ist die Qualifikation als Gesellschaftsraub nach § 143 StGB nicht nur dann zu bejahen, wenn jeder der am Raub Beteiligten als unmittelbarer Täter eine dem Tatbild des § 142 Abs. 1
StGB entsprechende Ausführungshandlung setzt, sondern auch dann, wenn einer der Beteiligten unter gleichzeitiger Anwesenheit am Tatort oder in Tatortnähe im Einverständnis mit dem unmittelbaren Täter eine die Ausführung des Raubes durch diesen bloß fördernde Tätigkeit im Sinn eines sonstigen Tatbeitrags nach dem dritten Fall des § 12 StGB entfaltet (13 Os 26/76 = LSK. 1976/235 u.v.a.). Eben dies trifft aber auf das laut Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage 1 als erwiesen angenommene Verhalten des Beschwerdeführers zu, wonach er während der Begehung der Raubtat durch Radoslav B 'vor dem Postamt bzw. in unmittelbarer Nähe' Aufpasserdienste geleistet und sich dort zum Abtransport des (von B durch Raub) erbeuteten Geldes sowie der Tatwaffe bereit gehalten hatte.
Der behauptete Subsumtionsirrtum haftet daher dem Urteil nicht an. Unter Hinweis auf die Darstellung seines - im vorliegenden Verfahren - als Zeugen vernommenen Komplizen B und sonstige Verfahrensergebnisse geht der Beschwerdeführer davon aus, daß seine Anwesenheit am Tatort (oder in Tatortnähe) nicht feststehe. Damit setzt er sich über die im Wahrspruch der Geschwornen enthaltenen, oben wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen, die einer wirksamen Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entrückt sind (siehe § 337 StPO: 'bei Zugrundelegung der Tatsachen, die im Wahrspruche der Geschwornen festgestellt sind'; § 351 StPO:
'die der Feststellung durch die Geschwornen vorbehaltenen Tatsachen, die er seiner Entscheidung zugrunde zu legen hätte'), hinweg und bringt er damit den relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Der Hinweis des Beschwerdeführers endlich, Radoslav B sei in einem abgesondert geführten Strafverfahren nur des bewaffneten Raubes, nicht aber (auch) des Gesellschaftsraubes schuldig erkannt worden, ist schon deshalb belanglos, weil die Geschwornen in dem vorliegenden Verfahrens die den Beschwerdeführer betreffende Schuldfrage selbständig zu lösen hatten und bei der ihnen hier allein obliegenden Entscheidung der Tat- und Rechtsfrage an das in einem anderen Verfahren ergangene Urteil nicht gebunden waren (SSt. 26/68 u.a.).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A war sohin zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über ihn gemäß § 28, 143 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren. In deren Bemessung wertete es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, während es als mildernd das reumütige Geständnis im Punkt 2 und die Sicherstellung der Beute in Betracht zog.
Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe anstrebt, ist nicht begründet.
Davon, er sei in ganz untergeordneter Weise tätig geworden, kann angesichts des gemeinsam ausgeheckten Tatplans, seiner keineswegs unerheblichen Aufgabe im Rahmen desselben und dessen, daß er dem B die Tatwaffe und die Maske übergeben hatte, ebensowenig die Rede sein wie von einer Unbesonnenheit. Da er nach den Akten zum Zeitpunkt der Begehung des Raubes ein tägliches Krankengeld von rund 230 S bezog (siehe Beilage C zum Hauptverhandlungsprotokoll ON. 26) kommt ihm auch der Milderungsgrund nach § 34 Z. 10 StPO, der eine drückende Notlage voraussetzt, nicht zustatten. Berücksichtigt man anderseits, daß sämtliche Vorverurteilungen des Angeklagten - also auch die wegen Sachbeschädigung und wegen versuchter Entwendung - auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen wie die nunmehrige Verfehlung (§ 71 StGB), kann weder von einem überwiegen der Milderungsgründe noch davon gesprochen werden, es bestünde begründete Aussicht, der Angeklagte werde auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen. Da somit die Anwendbarkeit des § 41 StGB nicht in Betracht kommt, aber ohnehin nur die Mindeststrafe verhängt wurde, muß es bei der vom Geschwornengericht geschöpften Unrechtsfolge sein Bewenden haben.
Anmerkung
E03952European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00149.82.1104.000Dokumentnummer
JJT_19821104_OGH0002_0130OS00149_8200000_000