Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Kießwetter, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 1. April 1982, GZ 10 Vr 2767/81-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Beide Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andreas A (1.) des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und (2.) des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 26. August 1981 in Heiligenblut (zu 1.) die am 13. November 1966 geborene Ingrid B mit Gewalt, und zwar insbesondere dadurch, daß er sie gegen ihren Willen entkleidete und auf das Bett niederdrückte, zum außerehelichen Beischlaf genötigt sowie (zu 2.) durch die unter 1. geschilderte Straftat unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber der dort genannten, seiner Ausbildung und Aufsicht als Geschäftsführer unterstandenen minderjährigen Person diese zur Unzucht mißbraucht hatte.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.
Unbegründet ist der Vorwurf, das Erstgericht habe bei der Feststellung, daß der Beschwerdeführer den - in erster Instanz von ihm überhaupt bestrittenen - Geschlechtsverkehr an Ingrid B gegen deren erklärten Willen vollzog, unerörtert gelassen, inwieweit letztere vorher die Möglichkeit gehabt hätte, ihr Zimmer abzuschließen, als er es für einige Minuten verließ, um ihr, nachdem sie Intimitäten mit ihm abgelehnt hatte, noch einmal die Gelegenheit zu geben, sich freiwillig auszuziehen: hat doch das Schöffengericht den Umstand, daß die 14-jährige die in Rede stehende Möglichkeit (zwar hatte, aber) nicht nützte, ohnehin als erwiesen angenommen, dieses Untätigbleiben aber ausdrücklich mit ihrem schüchternen, verängstigten sowie unentschlossenen Wesen erklärt und daraus keinerlei Zweifel an der (von ihr bekundeten) Ernstlichkeit ihrer Weigerung gegen den vom Angeklagten verlangten Beischlaf mit ihr abgeleitet (S 113).
Daß sie es ihrer Darstellung nach kurze Zeit später in einer ähnlichen Situation verstand, sein neuerliches Verlangen nach einem Geschlechtsverkehr mit ihr abzuwehren (S 17, 57 f.; 64), steht der vorerwähnten Konstatierung über das Tatgeschehen keineswegs entgegen und mußte daher im Interesse einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht besonders erörtert werden.
Ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat das Erstgericht ferner die Tatsache, daß Maria B, der am nächsten oder übernächsten Tag der Tat das verstörte Verhalten der Minderjährigen auffiel und der letztere auf ihr Drängen hin weinend von dem Vorfall erzählte, darüber nicht unverzüglich Anzeige erstattete (S 112); warum es in diesem Zusammenhang auch einer Erwähnung dessen bedurft haben sollte, daß sich das Mädchen trotz guter Beziehungen zu seiner Mutter geschämt habe, jener davon zu erzählen (S 102), und daß Maria B auf die öußerung der Minderjährigen, sie traue sich das nicht, erwidert habe, sie müsse ja ihren Eltern nichts davon sagen (S 57), ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Völlig unzutreffend ist jedenfalls die (gleichfalls unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit des Urteils) erhobene Beschwerdebehauptung, bei jenem Gepräch sei (nach den Aussagen der Beteiligten) nur darüber geredet worden, 'inwieweit '' davon' ein Kind kommen könnte' (vgl dagegen S 57, 100, 102; 54 f., 103).
Ebenso betrifft die weiters relevierte Bemerkung der Maria B in der Hauptverhandlung, sie 'kenne solche Sachen' (S 104), gar nicht den ihr von der Minderjährigen mitgeteilten Vorfall, sondern ihre Befürchtungen in bezug auf ihre eigene Situation am Arbeitsplatz für den Fall, daß sie davon frühzeitig etwas weitererzählt hätte; die Frage aber, inwieweit sich die Genannte dann bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ihrem Chef gegenüber bloß allgemein über Belästigungen durch den Angeklagten beklagt oder auch dabei auf dessen hier inkriminiertes Tatverhalten konkret hingewiesen hat, betrifft keine entscheidende Tatsache im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes, sodaß sich eine Erörterung der darauf bezogenen Zeugenaussagen (S 64, 103; 84 f., 105 f.) im Urteil erübrigte. Die Mängelrüge (Z 5) geht daher fehl.
Nicht gesetzmäßig ausgeführt hinwieder ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die vom Beschwerdeführer nicht - wie hiezu erforderlich wäre - auf den in erster Instanz als erwiesen angenommenen Sachverhalt abgestellt wird, sondern auf die urteilsfremde Annahme, er habe bei der Tat keine Gewalt angewendet.
Mit dem im gegebenen Zusammenhang kaum verständlichen, auf die E JBl 1979, 551 gestützten Einwand schließlich, 'schon eine bloße' gewaltsame Einwirkung, durch welche der Wille des Opfers ausgeschaltet und dieses zu einem unwillkürlichen Verhalten gezwungen werde, sei nicht geeignet, den Tatbestand der Nötigung zu verwirklichen, führt der Angeklagte die Beschwerde (sachlich Z 10) zum einen gleichfalls nicht gesetzmäßig sowie zum anderen gar nicht zu seinen Gunsten (§ 282 StPO) aus, weil weder das Urteil noch die Aktenlage für die Annahme einer von ihm angewendeten vis absuluta einen Anhaltspunkt bieten, ihm aber außerdem in diesem Fall sogar das strenger strafbare Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB anzulasten wäre.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) und teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Ebenso war mit der Berufung zu verfahren, weil der Angeklagte dieses Rechtsmittel nicht angemeldet hat, sodaß sich dessen Ausführung als verspätet erweist (§ 294 Abs 4, 286 Abs 2 StPO).
Anmerkung
E03917European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00128.82.1109.000Dokumentnummer
JJT_19821109_OGH0002_0100OS00128_8200000_000