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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. Peter Schobel, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. Jänner 2002, Zl. 225.250/0-III/07/01, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres) zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2. (Feststellung nach § 8 AsylG) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, seinen Angaben zufolge damals 15-jährig und Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 13. Juni 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag Asyl. Er gab im Wesentlichen an, im November 2000 von Rebellen aus Freetown verschleppt worden zu sein. Zwei Monate später sei er aus der Gefangenschaft der Rebellen geflohen und zu seiner Mutter nach Freetown zurückgekehrt. Im Februar 2001 sei seine Mutter verstorben, woraufhin er Sierra Leone verlassen habe, weil er dort niemanden mehr gehabt habe, der sich um ihn gekümmert hätte.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 2. November 2001 gemäß § 7 AsylG ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone gemäß § 8 AsylG für zulässig.
Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 AsylG ab. Mit Spruchpunkt 2. stellte sie gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone fest.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Insoweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Asylantrages richtet, muss sie - angesichts des vom Beschwerdeführer angegebenen Ausreisegrundes und der Feststellungen der belangten Behörde über das Fehlen einer aktuellen Bedrohung seitens der Rebellen, von denen der Beschwerdeführer zuvor entführt worden sein will, in Freetown - erfolglos bleiben.
Ihren Ausspruch gemäß § 8 AsylG hat die belangte Behörde auf Schreiben des österreichischen Honorarkonsuls in Freetown gestützt, denen zufolge das Leben in Freetown "absolut normal", "normal" und "vollkommen normal" verlaufe u.dgl.m. Die Beschwerde rügt mit Recht, dass diese Schreiben keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Frage waren, ob die Abschiebung eines allein stehenden Minderjährigen nach Freetown ohne Verstoß gegen Art. 3 EMRK in Frage kommen konnte (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 2003, Zl. 2002/01/0203 und Zl. 2002/01/0227; zum Erfordernis einer ausreichenden Bedachtnahme auf die humanitäre Lage am Zielort der aufenthaltsbeendenden Maßnahme das Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0597; zu den Schreiben des Honorarkonsuls das hg. Erkenntnis vom 8. April 2003, Zl. 2002/01/0060).
Es war daher Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 24. Mai 2005
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002010061.X00Im RIS seit
23.06.2005