Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1982
unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Hon.Prof.Dr.
Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mekis als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Vergehens des Glücksspieles nach § 168 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Urteile des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 26. November 1981, GZ. U 467/81-6 und des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 27. Jänner 1982, AZ. 7 b Bl 183/81, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach der am 23. November 1982 durchgeführten öffentlichen Verhandlung, bei der der Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, die Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, und die Ausführungen des Verteidigers Dr. Pölzl angehört wurden, in Anwesenheit des Verteidigers Dr. Wille und des genannten Vertreters der Generalprokuratur zu Recht erkannt:
Spruch
In der Strafsache gegen Herbert A, AZ. U 467/81
des Bezirksgerichtes Gloggnitz, verletzen das Urteil dieses Gerichtes vom 26. November 1981, GZ. U 467/81-6, sowie das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 27. Jänner 1982, AZ. 7 b Bl 183/81, das Gesetz in der Bestimmung des § 168 Abs. 1 StGB Die beiden Urteile sowie alle darauf beruhenden weiteren Verfügungen des Bezirksgerichtes Gloggnitz werden aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Herbert A wird von dem gegen ihn erhobenen Antrag auf Bestrafung, er habe in der Zeit von 1979
bis 9. März 1981 in Naßwald durch Aufstellen und Betrieb eines Glücksspielautomaten der Marke 'Ambassador' im Gastgewerbebetrieb der Renate B ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen und das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet, um sich aus dieser Veranstaltung einen Vermögensvorteil zuzuwenden, und habe hiedurch das Vergehen des Glücksspieles nach § 168 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Text
Gründe:
I. Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 26. November 1981, GZ. U 467/81-6, wurde der am 21. April 1931 geborene Geschäftsführer Herbert A des Vergehens des Glücksspiels nach § 168 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Inhaltlich des Schuldspruches lag ihm zur Last, 'in der Zeit von 1979 bis 9. März 1981 in Naßwald im Gastgewerbebetrieb der Renate B einen Glücksspielautomaten der Marke 'Ambassador' aufgestellt und betrieben zu haben, sohin ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet zu haben, um aus dieser Veranstaltung sich einen Vermögensvorteil zuzuwenden, wobei der Beschuldigte gewerbsmäßig beteiligt war.' Den Urteilsfeststellungen zufolge hatte Herbert A in der Zeit von 1979 bis 9. März 1981 im Gasthaus der Renate B in Naßwald einen Glücksspielautomaten der Marke 'Ambassador' aufgestellt, bei dem durch Münzeinwurf zu tätigende Spieleinsätze von 5 S und 10 S vorgesehen und - entgegen einer durch verwaltungsbehördlichen Bescheid über die Aufstellung des Spielautomaten erteilten Auflage - Spielgewinne mit einem Wert zwischen 100 S und 600 S erzielbar waren. Diese Gewinne wurden von der Lokalinhaberin durch Erbringung von Gasthausleistungen (Getränken, Speisen, Rauchwaren) im Werte der jeweiligen Gewinnhöhe abgegolten; der Gesamtwert aller erzielten Gewinne lag im monatlichen Durchschnitt zwischen 800 S und 1.000 S. Die Nettoeinnahmen aus dem Automatenbetrieb wurden zwischen der vom Beschuldigten vertretenen 'Stifter GesmbH' und der Gastwirtin Renate
B im Verhältnis 70 : 30 geteilt.
Bei der rechtlichen Beurteilung ging das Bezirksgericht Gloggnitz davon aus, daß es sich beim Betrieb eines derartigen Automaten um ein Glücksspiel im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB handelt, welches (auch) nach dem Glücksspielgesetz verboten ist. Das Gericht hob hervor, daß derartige Gewinnausfolgungen die Spieltätigkeit anregen und lehnte die Auffassung, es sei nur um geringe Beträge gespielt worden, mit der Begründung ab, daß auch bei Einzeleinsätzen von 5 S und 10 S die Summe des Gesamteinsatzes und möglichen Spielverlustes nach einer längeren Spieldauer mehrere hundert Schilling betrage. Gegen dieses Urteil wurde vom Angeklagten Herbert A Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe erhoben. Das Kreisgericht Wiener Neustadt als Berufungsgericht wies mit dem Urteil vom 27. Jänner 1982, GZ. 7 b Bl 183/81, die Berufung wegen Nichtigkeit zurück und gab ihr punkto Schuld und Strafe keine Folge, änderte jedoch in Anwendung des § 477 Abs. 1 StPO von Amts wegen das angefochtene Urteil dahin ab, daß der im erstinstanzlichen Schuldspruch enthaltene Zusatz 'wobei der Beschuldigte gewerbsmäßig beteiligt war' zu entfallen habe, die Tat § 168 Abs. 1 StGB unterstellt und Herbert A nach dieser Bestimmung bestraft wurde (ON. 10 d.A.). Das Berufungsgericht beurteilte den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht ebenfalls dahin, daß der Angeklagte durch Aufstellung und Betrieb des Glücksspielautomaten ein Spiel im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB veranstaltet habe, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, und daß Straflosigkeit dieses Verhaltens unter dem Gesichtspunkt eines bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge durchgeführten (Unterhaltungs-)Spieles nicht gegeben sei, weil unter der Voraussetzung längerer Spieldauer erfahrungsgemäß von einem Spieler nicht unbeträchtliche Geldbeträge aufgewendet würden, wenn eine Gewinnchance wie im vorliegenden Fall bestehe. Da sich die strafrechtliche Haftung des Angeklagten aus dessen Veranstaltertätigkeit (§ 168 Abs. 1 StGB) und nicht (zusätzlich) aus seiner Beteiligung an diesem Spiel als Spieler (§ 168 Abs.2 StGB) ergebe, sei die Tat allein nach dem erstgenannten Tatbestand zu beurteilen.
II. Die Generalprokuratur erhob gemäß § 33 Abs. 2
StPO eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes und beantragte festzustellen, daß die erwähnten Urteile des Bezirksgerichtes Gloggnitz und des Kreisgerichtes Wiener Neustadt das Gesetz in der Bestimmung des § 168 Abs. 1 StGB verletzen, diese beiden Urteile aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Gloggnitz zu verweisen. Sie führte in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aus:
'Ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet derjenige, der einem Interessentenkreis ein solches effektiv durchgeführtes Spiel durch Schaffung einer Spielgelegenheit ermöglicht. Eine Spielgelegenheit kann auch durch das organisatorische Zusammenwirken mehrerer als Veranstalter anzusehenden Personen eingerichtet werden, wie dies im vorliegenden Fall durch die einander ergänzenden Tätigkeiten eines Automatenaufstellers und eines Gastwirtes geschehen ist. Ein vollendetes Veranstalten ist aber erst gegeben, wenn tatsächlich (zumindest) ein derartiges Spielgeschehen - dem für die Tatbestandserfüllung die Straflosigkeitsvoraussetzungen nach § 168 Abs. 1, letzterem Nebensatz, StGB fehlen müssen - stattgefunden hat (siehe hiezu Liebscher im Wiener Kommentar, Rz 7 zu § 168 und die dort zitierte Literatur). Demgemäß ist es für die Annahme eines (vollendeten) Vergehens des Glücksspiels nach § 168 Abs. 1 StGB durch Veranstalten nicht ausreichend, daß durch Aufstellung eines Spielautomaten dem Publikum die unbenützt gebliebene Gelegenheit eingeräumt worden ist, ein derartiges Spiel nicht bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge zu spielen. Soweit daher das Bezirksgericht Gloggnitz und das Kreisgericht Wiener Neustadt eine tatbestandsmäßig vollendete Spielveranstaltung allein in der durch die öffentliche Aufstellung eines Glücksspielautomaten geschaffenen Möglichkeit erblickt haben, durch längeres Automatenspiel aus Gewinnsucht oder um die Geringfügigkeitsgrenze übersteigende Beträge zu spielen, ohne für die rechtliche Beurteilung darauf abzustellen, ob diese Möglichkeit auch effektiv dazu benützt worden ist, entbehrt jedenfalls die Subsumtion (als vollendetes Delikt) einer tragfähigen Grundlage, weil nach den getroffenen Konstatierungen - unter der Voraussetzung eines entsprechenden Tätervorsatzes - lediglich die objektiven Kriterien für die Annahme eines versuchten Vergehens nach § 168 Abs. 1 StGB gegeben wären (siehe hiezu Höpfel in ÖJZ. 1978, 424 f.).
Der in den Urteilen beider Instanzen erwähnte Spielanreiz, welcher von ausgesetzten Gewinnen ausgeht, allein muß einem Spiel noch nicht den Charakter eines Zeitvertreibes nehmen, solange dabei auch ein Unterhaltungseffekt erhalten bleibt, wofür in einem gewissen Ausmaß die Auszahlung des Gewinnes nicht als Geldleistung, sondern als Gasthauskonsumation spricht. Würde sich allerdings die Motivierung zum Spiel auf ein Streben nach Einnahmenerzielung beschränken, so läge keine auf bloßen Zeitvertreib ausgerichtete Beschäftigung mehr vor, wie sie für ein straflos bleibendes 'Bagatellspiel' nach § 168 Abs. 1 StGB Bedingung ist.
Rechtliche Beurteilung
Bei der für die Strafbarkeit der Veranstaltung des Automatenspieles entscheidenden Beurteilung, ob bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird, sind das Bezirksgericht Gloggnitz und das Kreisgericht Wiener Neustadt mit Recht davon ausgegangen, daß bei einem straflos bleibenden Glücksspiel auch die Summe der von einem Spieler im Verlaufe einer ganzen Spielveranstaltung eingesetzten Vermögenswerte gering sein muß (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2 RN 7 zu § 168), woraus sich für Glücksspielautomaten ergibt, daß alle durch ein auf ein spielerisches Verhalten von einiger Dauer ausgerichtetes Bestreben nach Zeitvertreib motivierten und in einem temporären Zusammenhang stehenden Spieleinsätze eines Spielers insgesamt nur einen als absolute Größe anzusehenden geringen Betrag ausmachen dürfen. Für die Bestimmung dieser Größe ist unter Bedachtnahme auf den maßgebenden Zweck des § 168 StGB, der vor allem dem Schutz des Vermögens der Spieler dient (RV, 313), mag er auch nebenbei fiskalische Interessen schützen (siehe hiezu Liebscher im Wiener Kommentar, Rz 1 f.; Kienapfel, Besonderer Teil II, RN 2 zu § 168), von einem Aufwand für anderen Zeitvertreib - zum Beispiel für den Besuch einer Unterhaltungsveranstaltung - auszugehen, dessen Inanspruchnahme allgemein noch nicht als nennenswerte Vermögensverringerung empfunden wird. In diesem Zusammenhang lassen sich vergleichsweise auch jene Kosten heranziehen, die bei Teilnahme an der Unterhaltung dienenden Wettkämpfen oder Spielen entstehen, welche nicht dem Glücksspielbegriff des § 168 Abs. 1 StGB entsprechen und deren Veranstaltung unabhängig von der Höhe der Einsätze strafgesetzlich nicht verboten ist. Aus dieser Sicht liegt ein geringer Betrag im Sinne des § 168 Abs. 1 StGB vor, solange der Gesamteinsatz eines Spielers im Zuge einer Spielveranstaltung im dargelegten Sinn die Summe von 200 S nicht übersteigt. Dieser Wert wird einerseits der überlegung gerecht, daß das Eingreifen des Kriminalstrafrechtes erst bei ausreichender Manifestation einer Vermögensgefährdung gerechtfertigt ist - unter diesem Aspekt wurde bei Schaffung des StGB angenommen, daß zum Beispiel von Glücksspielautomajpn in der Regel nicht die durch das Verbot des Glücksspiels abzuwendende sozialschädliche Wirkung ausgeht (RV, 315) - und berücksichtigt andererseits den Umstand, daß gerade durch Spielleidenschaft gefährdete Personen öfter ihre Teilnahme an Spielveranstaltungen kurzfristig - etwa jeweils an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen - wiederholen, wobei sich durch Summierung der Spielverluste eine relevante Vermögensgefährdung ergeben oder vertiefen kann, weshalb ein höheres Ansetzen der Geringfügigkeitsgrenze -
insbesondere in der bei den von der Zielsetzung her allerdings nicht vergleichbaren Vermögensdelikten nach § 141 Abs. 1 StGB und nach § 150 Abs. 1 StGB zum Begriff des geringen Sachwerts und des geringen Schadens von der Judikatur entwickelten Höhe - der Norm im wesentlichen Umfang ihren Schutzzweck nehmen könnte (zu den unterschiedlichen Ansichten über die Geringfügigkeitsgrenze siehe Leukauf-Steininger a.a.0.).
Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß weder jeder dem Glücksspielgesetz zuwiderlaufende und daher eine Verletzung des Glücksspielmonopols darstellende Spielautomatenbetrieb unbedingt auch eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB nach sich zieht, noch der vom Glücksspielmonopol nicht erfaßte Bereich des Automatenwesens einer Anwendung dieser Strafbestimmung schlechthin unzugänglich ist. So liegt auf der Hand, daß gemeinnützigen Zwecken dienende Spielveranstaltungen, mögen sie auch aus der Sicht des Glücksspielgesetzes rechtswidrig sein, in keinem Fall eine Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 StGB nach sich ziehen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß die Abgrenzung des Glücksspielmonopols, insbesondere im Bereich des Spielautomatenwesens, nach fiskalischen Gesichtspunkten und nicht nach dem vom § 168 Abs. 1 StGB für straflos erklärten Bereich der Unterhaltungsspiele erfolgt ist:
Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten unterliegen gemäß § 4 Abs. 2 und 3 Glücksspielgesetz dem Glücksspielmonopol, wenn der Einwurf den Betrag oder Wert von 5 S und der Gewinn den Betrag oder Wert von 100 S übersteigen; Automaten dieser Art dürfen nur in einer Spielbank betrieben werden. Monopolverletzungen unterliegen der Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde (§ 50 Glücksspielgesetz). Diese Regelung über Höchstgrenzen für Einsatz und Gewinn des dem Monopol nicht unterliegenden Automatenspiels kann aber nicht als abschließende gesetzliche Umschreibung der vom gerichtlichen Glücksspielstrafrecht ausgenommenen Unterhaltungsspiele mit Glücksspielautomaten angesehen werden (andere Meinung: Kummer in ÖJZ. 1980, 348), weil sie nicht von den für die Regelung des StGB bestimmenden Interessen ausgehend vor allem den Schutz von Spielleidenschaft geleiteter und durch das kriminogene Milieu staatlich nicht kontrollierter Spielveranstaltungen besonders gefährdeter Menschen, sondern den Zielsetzungen der geltenden Glücksspielgesetznovelle 1979 (BGBl. 1979/98) entsprechend zunächst weitere Einnahmen aus der Spielbankabgabe und ferner die Ausklammerung von Automatenspielen mit geringerem Spielanreiz aus dem Monopol im Auge hat, wobei die Monopoleinschränkung unter Hinweis auf bestehende oder zu erlassende landesgesetzliche Verbote derartiger Spielveranstaltungen erfolgt ist (siehe die Erläuterungen zur Regierungsvorlage und den Bericht des Finanz- und Budgetausschusses GP XIV RV 1162, AB 1182). Die unterschiedlichen Zielsetzungen der gesetzlichen Vorschriften lassen es daher nicht zu, in Ansehung des Betriebes von Glücksspielautomaten dem Glücksspielgesetz eine unmittelbare Aussage über die Reichweite des Vergehenstatbestandes nach § 168 Abs. 1 StGB zuzuschreiben. Vielmehr begründet nicht jede Verletzung des Glücksspielmonopols durch Betrieb eines sogenannten 'Großautomaten' (Einwurf im Betrag oder Wert von mehr als 5 S und Gewinn in einem Betrag oder Wert von mehr als 100 S) außerhalb einer Spielbank auf jeden Fall auch eine Verletzung des Strafgesetzes;
dies insbesondere dann nicht, wenn die betreffende Spielveranstaltung nur auf Zeitvertreib und geringe Einsätze abzielt, wobei eine derartige Einschränkung sich etwa daraus ergeben könnte, daß eine oftmalige und zur überschreitung der maßgebenden Wertgrenze führende Erneuerung des Einsatzes durch einen Spieler von vornherein nicht in Betracht kommt oder doch nicht zu erwarten ist oder aber vom Veranstalter hintangehalten wird.
Umgekehrt kann auch durch den vom Glücksspielmonopol nicht erfaßten Betrieb eines sogenannten 'Bagatellautomaten', wenn er nicht zum Zeitvertreib, sondern ausschließlich zur Gewinnerzielung betätigt wird oder wenn er von einem Spieler so atypisch lange in Benützung genommen wird, daß die Summe der aufgewendeten Einsätze keinen geringen Betrag mehr darstellt, ein gemäß § 168 StGB strafbares Spiel durchgeführt werden.
Im übrigen enthalten die Vorschriften des Glücksspielgesetzes in der derzeit geltenden Fassung der Ansicht des Erstgerichtes und des Berufungsgerichtes zuwider kein ausdrückliches spezifisches Verbot des Spieles mit 'Großautomaten', welches ja in Spielbanken durchgeführt werden darf; ein derartiges Verbot ergab sich aber für den vorliegenden Fall aus § 19 des Niederösterreichischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. 7070-0. Allerdings wird auch die Veranstaltung eines solchen verbotenen Spieles von der Strafbestimmung des § 168 Abs. 1 StGB dann nicht erfaßt, wenn bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.
In der gegenständlichen Strafsache haben das Erstgericht und das Brufungsgericht die im Sinne der vorstehenden überlegungen zur rechtlichen Beurteilung erforderlichen Feststellungen in objektiver und subjektiver Richtung nicht getroffen und offen gelassen, ob eine Spielveranstaltung in der Bedeutung einer Deliktsvollendung stattgefunden hat, durch die der in § 168 Abs. 1
StGB umschriebene Bereich der straflosen Unterhaltung verlassen worden ist, und ob der Tätervorsatz auch einen Spielbetrieb umfaßt hat, der nicht nur zum Zeitvertreib und mit geringen Einsätzen im dargelegten Sinn stattfinden sollte. Da die aufgezeigten Feststellungsmängel sich zum Nachteil des Verurteilten Herbert A ausgewirkt haben könnten, erscheint eine Erneuerung des gegen ihn durchgeführten Verfahrens geboten.' III. Die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ist im Ergebnis berechtigt, ihren Ausführungen kann jedoch nur zum Teil gefolgt werden. Zuzustimmen ist der Generalprokuratur in ihren Ausführungen zur Frage der Vollendung des Veranstaltens eines durch § 168 Abs. 1 StGB verpönten Glücksspiels;
in der Tat ist für die Vollendung das Stattfinden zumindest eines dieser Gesetzesstelle unterfallenen Spielgeschehens erforderlich (Liebscher im Wiener Kommentar, RZ 7 zu § 168 StGB; Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN 9 zu § 168; Foregger-Serini, StGB2, Anm. II zu § 168; Mayerhofer-Rieder, StGB2, Anm. 2 zu § 168). Das Bezirksgericht Gloggnitz und das Kreisgericht Wiener Neustadt gingen jedoch ohnedies in ihren Urteilen davon aus, daß an dem verfahrensgegenständlichen Automaten gespielt wurde, weil nach den Urteilskonstatierungen sogar Spielgewinne zwischen 100 S und 600 S in einem 'Wertbetrag' von insgesamt 800 S bis 1.000 S monatlich in Form von Konsumation abgegolten wurden (S. 25 und 40 d.A.). Vor allem aber vermag der Oberste Gerichtshof der von der Generalprokuratur in ihren weiteren Ausführungen eingenommenen Position nicht zu folgen, wonach es auf einen temporären Zusammenhang der Spieleinsätze eines Spielers bei einem Automaten ankäme, deren Summe einen noch geringen Betrag im Sinn des § 168 StGB ausmachen müsse.
Ein Spielautomat ist nämlich - zum Unterschied von den üblichen Kartenspielen, bei denen - meistens - nach einer vorangegangenen Vereinbarung der Spielpartner über den Gewinn erst nach mehreren Einzelspielen entschieden wird, die nach den Spielregeln in einer Einheit zusammengefaßt werden - seiner technischen Konstruktion nach so angelegt, daß bereits ein Spielvorgang über Gewinn oder Verlust entscheidet; es kann somit jeder Spieler das Spielen am Automaten an sich jederzeit beenden, es sei denn, daß der Veranstalter der Spiele andere Spielbedingungen festgelegt hat. Die Frage, ob nur um einen geringen Betrag gespielt wird, ist demnach grundsätzlich und so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich 'Serienspiele' veranlaßt oder in konkreten Fällen zu solchen Gelegenheit bietet.
Das bloße 'Inkaufnehmen' der abstrakten Möglichkeit, es könnte ein Spieler den an sich für Spiele um kleine Beträge und zu Zeitvertreib gedachten Automaten zur Erzielung von Vermögensvorteilen oder zum gewerbsmäßigen Spiel (§ 168 Abs. 2 StGB) mißbrauchen, stellt nicht die zum Tatbestand des § 168 Abs. 1 StGB gehörige subjektive Tatseite her.
Der vom Angeklagten A im Gasthaus der Renate B aufgestellte Spielautomat war nach den Feststellungen des Bezirksgerichtes Gloggnitz (bloß) für Spieleinsätze von 5 S oder 10 S pro Spiel vorgesehen. Derartige Beträge sind unzweifelhaft gering im Sinne des letzten Halbsatzes des § 168 StGB Im vorliegenden Fall fehlt es somit schon deshalb am Tatbestandserfordernis des § 168 Abs. 1 StGB, weil in Einzelspielen nur (zum Zeitvertreib und) um geringe Beträge gespielt werden konnte. Schon aus diesem Grund waren die Urteile des Bezirksgerichtes Gloggnitz und des Kreisgerichtes Wiener Neustadt aufzuheben, ohne daß auf die weiteren Ausführungen der Generalprokuratur einzugehen war, die auf der Grundlage einer Zusammenrechnung von im temporären Zusammenhang stehenden Spieleinsätzen beruhen.
Die Aktenlage bietet keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß ein Spieler vorsätzlich zu 'Serienspielen' und damit zu einem nicht bloß geringen Gesamteinsatz veranlaßt werden sollte. Es ist nicht zu erwarten, daß ein weiterer Verfahrensgang im vorliegenden Fall ein derartiges Beweisergebnis bringen könnte. Deshalb war sogleich in der Sache selbst zu erkennen und der Angeklagte von dem wider ihn erhobenen Strafantrag gemäß § 259 Z. 3 StPO freizusprechen.
Anmerkung
E03979European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00137.82.1214.000Dokumentnummer
JJT_19821214_OGH0002_0090OS00137_8200000_000