Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1982
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Hammer als Schriftführers in der Strafsache gegen Andreas A und Gerhard B wegen des Verbrechens des versuchten Raubs nach § 15, 142 Abs. 1, 143
StGB über die vom Angeklagten Gerhard B gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 21. Mai 1982, GZ. 20 g Vr 13.603/81-40, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kleisinger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard B wird verworfen.
Seiner Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Gerhard B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 20.März 1959 geborene Hilfsarbeiter Andreas A und der am 14.Mai 1958 geborene Dreher Gerhard B des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach § 15, 142
Abs. 1, 143 StGB schuldig erkannt. Darnach hatten die beiden Angeklagten am 16.Dezember 1981 in Wien in Gesellschaft als Raubgenossen mittels Verwendung einer Waffe dadurch, daß Andreas A Ursula C und vier unbekannte Gäste des Kaffee 'X' unter Vorhalten einer ihm von Gerhard B übergebenen, einer echten Pistole täuschend ähnlichen Gaspistole, aufforderte, sich niederzulegen, widrigensfalls er alle erschießen werde, sowie dadurch, daß er die Kellnerin Elisabeth D unter Bedrohung mit dieser Pistole aufforderte, ihm Geld zu geben, wobei er schrie, alle zu erschießen, während Gerhard B in der Nähe der Ausgangstür stand, um niemanden flüchten zu lassen und aufpaßte, daß niemand telephonierte, Elisabeth D durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Dieses Erkenntnis beruht auf dem Wahrspruch der Geschwornen, welche die an sie gerichteten, dem Verdikt entsprechenden Eventualfragen V und VII samt den das Gesellschaftsverhältnis betreffenden Zusatzfragen VI und VIII einstimmig bejaht, die - auf vollendeten Raub gerichteten - Hauptfragen I und III jedoch ebenso stimmeneinhellig verneint und alle weiteren Zusatz- (II und IV) und Eventualfragen (IX) folgerichtig unbeantwortet gelassen hatten.
Rechtliche Beurteilung
Der erwähnte Schuldspruch wird lediglich vom Angeklagten Gerhard B mit einer auf die Z. 6 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. In deren Ausführung behauptet der Beschwerdeführer, den Geschwornen hätte auf Grund seines eigenen Vorbringens und auf Grund der Angaben der Zeugen Ursula C und Elisabeth D auch eine Zusatzfrage des Inhalts vorgelegt werden müssen, daß er vom Versuch zurückgetreten sei. Der Erwiderung auf dieses Vorbringen ist voranzustellen, daß der Gerichtshof die rechtliche Bedeutung der vorgebrachten Tatsachen in der Richtung zu prüfen hat, ob sie - ihre Wahrheit vorausgesetzt - geeignet sind, die Strafbarkeit auszuschließen oder aufzuheben und daß er bei sonstiger Nichtigkeit (Z. 6) keine Zusatzfrage stellen darf, wenn die Ergebnisse der Hauptverhandlung bei richtiger Anwendung des Gesetzes keinen Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund zu verkörpern vermöchten (Mayerhofer/Rieder, E.Nr. 27 zu § 313 StPO).
Vorliegend ging nun die Verantwortung des Beschwerdeführers von allem Anfang an dahin, das plötzliche (nicht verabredete) Ziehen der Pistole durch den Angeklagten A und die von diesem gleichzeitig erhobenen Geldforderungen hätten ihn überrascht, er habe sich an diesen Tathandlungen in keiner Weise beteiligt, sondern im Gegenteil erklärt, das sei Raub, da mache er nicht mit, und er habe darüber hinaus sogar wiederholt versucht, A von seinem Vorhaben abzubringen, indem er ihn aufforderte, aufzuhören, die Pistole einzustecken und zu gehen (S. 77 ff., 92, 93; 194 ff. und 229 ff.). Der Beschwerdeführer gab also nicht etwa zu, an einem Raubversuch mitgewirkt zu haben, von dem er dann zurückgetreten sei, sondern er leugnete eine Tatbeteiligung überhaupt. War dem aber so, dann bildeten jedenfalls seine eigenen Einlassungen keinen Grund für die gewünschte Fragestellung; denn mit diesen wurde jegliche Beteiligung an der angeklagten Tat, somit jenes vorsätzliche Verhalten bestritten, das ohnedies Gegenstand der den Geschwornen vorgelegten Schuldfragen (Haupt- und Eventualfragen) war.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Geschwornengericht verhängte über Gerhard B nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren (in Verletzung des § 260 Abs. 1 Z. 4 StPO fehlt im Urteilsspruch die angewendete Bestimmung des § 41 StGB, sie kommt nur in den Entscheidungsgründen vor). In der Bemessung der Strafe waren erschwerend die einschlägige Vorstrafe, der sehr rasche Rückfall und die zweifache Qualifikation nach dem höheren Strafsatz sowie die Verleitung des Andreas A;
mildernd war, daß die Tat nur bis zum Versuch gediehen ist, ferner die Enthemmung durch Alkohol.
Die Berufung des Angeklagten B ist nicht begründet. Daß die gegenständliche Tat auf der gleichen schädlichen Neigung beruht wie sein der Vorverurteilung wegen Diebstahls (siehe Akt 1 e E Vr 10.965/81 des Landesgerichts für Strafsachen Wien: Urteil vom 26. November 1981, § 127 Abs. 1 und 2 Z. 3 StGB) zugrundeliegendes Verhalten bedarf keiner Erörterung (§ 71 StGB). Mit der von ihm in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptung, seine Tat habe lediglich darin bestanden, daß er bei der Tür stand und nicht sofort sagte, bei der von A verwendeten Waffe handle es sich um eine Gaspistole, entfernt er sich vom Inhalt des Wahrspruchs, wonach er in der Nähe der Eingangstür aufpaßte, damit niemand flüchte und telephoniere. Fehl geht die Berufung auch in der Meinung, die Begehung der Tat in Gesellschaft und unter Verwendung einer Waffe dürfe deshalb nicht als erschwerend gewertet werden, weil beide strafsatzerhöhenden Umstände gemeinsam in der angewendeten Strafdrohung (des § 143 StGB) enthalten seien;
denn verstärkte Qualifikationsherstellungen dieser Art sind ihrem Gehalt nach den im § 33 StGB aufgezählten besonderen Erschwerungsgründen gleichwertig und darum bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Die Annahme des Geschwornengerichts hinwieder, B habe seinen Komplizen A angestiftet, findet schon darin eine ausreichende Stütze, daß der Berufungswerber unmittelbar vor der Begehung des Raubversuchs seinem Freund die Waffe übergeben hatte. Geht man aber davon und von dem im Wahrspruch festgestellten, für das Gelingen des Tatplans erkennbar bedeutsamen Tatbeitrag des Berufungswerbers aus, kann von einer bloß untergeordneten Beteiligung (§ 34 Z. 6 StGB) nicht gesprochen werden. Hingegen ist der Umstand, daß der Raubversuch fehlschlug und B ersichtlich wegen des befürchteten Eintreffens der Polizei zum Aufbruch drängte (S. 191, 204, 206), mit der Annahme nicht in Einklang zu bringen, er habe sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, freiwillig enthalten bzw. sich bemüht, weitere nachteilige Folgen zu verhindern.
Auf der Basis der gegebenen Strafzumessungsgründe erweist sich aber die - ohnehin unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung - über Gerhard B verhängte Strafe als durchaus tat- und tätergerecht und nicht reduktionsbedürftig.
Anmerkung
E03989European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00178.82.1216.000Dokumentnummer
JJT_19821216_OGH0002_0130OS00178_8200000_000