TE OGH 1982/12/16 12Os173/82

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Veröffentlicht am 16.12.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hankiewicz als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter A und Erna B wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 28.Juni 1982, GZ 27 Vr 1/82-28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Günter A, Rechtsanwalt Dr. Robert Langer-Hansel, und des Verteidigers der Angeklagten Erna B, Rechtsanwalt Dr. Friedebert C, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung der Angeklagten Günter A und Erna B im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten Günter A und Erna B werden für die im angefochtenen Urteil näher bezeichneten Verbrechen nach § 130 höherer Strafsatz StGB., Günter A unter Anwendung des § 41 StGB.

nach §§ 31, 40 StGB. zu dem Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 24. Februar 1982, GZ 20 U 348/82-3 zu einer Zusatzstrafe in der Dauer von acht Monaten und zehn Tagen Freiheitsstrafe, Erna B unter Anwendung der §§ 28, 41 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB. werden die über Günter A und Erna B verhängten Freiheitsstrafen jeweils unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die Entscheidung über die Anrechnung der Vorhaft gemäß § 38 StGB. auf die über die Angeklagten Günter A und Erna B verhängten Strafen wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Günter A und Erna B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Günter A und Robert D des`nerbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z 1 und 130 StGB und die Angeklagte Erna B des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 129 Z. 1, 130 StGB. sowie überdies des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 StGB schuldig erkannt und alle Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt. Inhaltlich der Schuldsprüche haben im November und Dezember 1981 die Angeklagten Günter A und Robert D in Gesellschaft als Beteiligte zwölf Einbruchsdiebstähle in Kellerabteile mit einer Gesamtschadenssumme von zumindest 5.075 S (Urteilsfaktum A) I.)), der Angeklagte Robert D in Gesellschaft der Erna B als Beteiligte einen Kellereinbruch mit einer Schadenssumme von 246 S (Urteilsfaktum A) II.)), Günter A in Gesellschaft der Erna B als Beteiligte einen Kellereinbruch mit einer Schadenssumme von 200 S (Urteilsfaktum A) III.)), Robert D allein zwei Kellereinbrüche mit einer Gesamtschadenssumme von 1.940 S (Urteilsfaktum A) IV.)), weiters Erna B den Diebstahl eines Klappfahrrades im Werte von 800 S (Urteilsfaktum A) V.)) verübt, wobei die Angeklagten 'die schweren Diebstähle in der Absicht begingen, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen' (S. 211 d. A.). Erna B liegt überdies Hehlerei in Ansehung der gegenständlichen, von den Mitangeklagten Günter A und Robert D durch Einbruch gestohlenen Lebensmittel und Getränke zur Last, die sie sich in der Zeit von November 1981 bis Jänner 1982 in Kenntnis deren Herkunft aus Einbruchsdiebstählen durch (Mit-) Verbrauch zueignete (Urteilsfaktum B)).

Das Verfahren gegen Robert D wurde vom Obersten Gerichtshof am 16. Dezember 1982 in analoger Anwendung des § 56 StPO. ausgeschieden.

Rechtliche Beurteilung

Die Schuldsprüche wegen Diebstahls (Faktengruppe A)) bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 4 (gemeint: Z. 5), Z. 10 und Z. 11

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie sich gegen die Nichtanwendung des höheren Strafsatzes des § 130 StGB. aus dem Grunde des § 129 (Z. 1) StGB. wendet.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt - aus dem letztbezeichneten Nichtigkeitsgrund - Berechtigung zu.

Zunächst zeigt die Staatsanwaltschaft in formeller Hinsicht an sich zutreffend auf, daß der Urteilssatz durch den Ausspruch, demzufolge die Angeklagten 'die schweren Diebstähle in der Absicht begangen haben, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen', mit den Urteilsgründen insoweit nicht übereinstimmt, als in letzteren festgestellt ist, die Absicht der Angeklagten sei auf wiederkehrende Begehung von Kellereinbrüchen zur Schaffung einer fortlaufenden Einnahme gerichtet gewesen, nicht aber darauf, gewerbsmäßig in jedem Einzelfall für sich allein schwere Diebstähle (im Sinn des § 128 Abs 1 Z. 4 StGB.) zu verüben. Nach § 130 zweiter Satz StGB. ist nun mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen, wer einen schweren Diebstahl (§ 128 StGB.) oder Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen (§ 129 StGB.) in der Absicht begeht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Infolge der Gleichwertigkeit der drei strafsatzerhöhenden Qualifikationen nach dieser Gesetzesstelle kann sich die Staatsanwaltschaft durch das offensichtliche Vergreifen des Erstgerichtes im Ausdruck (durch irrtümliche Ausführung des Qualifikationsmerkmales 'schwerer' Diebstahl bei Annahme der Gewerbsmäßigkeit im Schuldspruch, wohingegen das Erstgericht - wie aus den Entscheidungsgründen erhellt - erkennbar auf wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen im Sinne des § 70 StGB. abstellt) im Ergebnis allerdings nicht beschwert erachten, zumal die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes für die Subsumtion der Taten der Angeklagten unter § 130

zweiter Satz, zweiter Fall StGB. ('durch Einbruch') vorliegen und die rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht als Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 130 StGB. in Ansehung des Angeklagten Günter A sowie als Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 129 Z 1, 130 StGB in Ansehung der Angeklagten Erna B irrtumsfrei erfolgte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist im Recht, wenn sie mit Beziehung auf § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. die Anwendung (bloß) des ersten Strafsatzes des § 130 StGB. als strafbestimmende Norm als rechtsirrig bekämpft und die Bemessung der Strafe nach dem höheren Strafsatz der genannten Gesetzesstelle verlangt. Denn nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB. ist, wie dargetan, nicht nur der Täter zu bestrafen, der - unter Außerachtlassung des Zusammenrechnungsprinzips - gewerbsmäßig 'schwere' Diebstähle nach § 128 StGB. begeht, sondern auch derjenige, dessen Absicht - wie im vorliegenden Fall - darauf gerichtet ist, sich durch wiederkehrende Begehung von nach § 129 (Z. 1-3) StGB. qualifizierten Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung der Angeklagten A und B im Strafausspruch aufzuheben. Gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. war in der Sache selbst zu erkennen und die Angeklagten A und B für die im angefochenen Urteil näher bezeichneten Verbrechen nach § 130 2.Strafsatz StGB. zu bestrafen. Bei der Strafbemessung war bei A erschwerend das Zusammentreffen mit einem Vergehen, auf das gemäß §§ 31, 40 StGB. Bedacht genommen wurde, mildernd die Unbescholtenheit, das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und die Notlage; bei Erna B war das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen erschwerend, mildernd das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und die Notlage. Die drückende Notlage war als Milderungsgrund zu berücksichtigen, weil nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß die Angeklagten aus Arbeitsscheu gestohlen haben. Weil die Tat durch gewerbsmäßige Begehung qualifiziert ist, kommt die Wiederholung der Angriffe als erschwerend nicht in Betracht. Auch die Vorkriminalität und der rasche Rückfall fallen bei gewerbsmäßiger Begehung einer Tat nicht ins Gewicht (vgl. Leukauf-Steininger2, § 32 RN. 13, § 33 RN. 5 und § 34 RN. 16).

Bei A und B überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich. Bei diesen beiden Angeklagten - A ist unbescholten, B nur geringfügig vorbestraft - besteht die begründete Aussicht, daß sie auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werden. Die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs 1 Z 4 StGB liegen somit vor. Bei A war zum Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 24.Februar 1982, GZ 20 U 348/82-3 (mit diesem Urteil, das am 25.März 1982 in Rechtskraft erwachsen ist, wurde er nach § 83 Abs 1 StGB. zu einer Geldstrafe in der Höhe von 40 Tagessätzen zu je 50 S, im Nichteinbringungsfall 20 Tage Freiheitsstrafe verurteilt und die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen) gemäß §§ 31, 40 StGB. eine Zusatzstrafe zu verhängen. Bei dem relativ geringen Wert der gestohlenen Sachen erscheint bei A eine Zusatzfreiheitsstrafe von acht Monaten und zehn Tagen und bei B von sieben Monaten angemessen. Auch liegen die Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 StGB. vor, sodaß die über diese beiden Angeklagten verhängten Strafen unter Setzung einer angemessenen Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen waren.

Der Ausspruch des Erstgerichtes über die Anrechnung der Vorhaft wurde übernommen.

Mit der Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04023

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00173.82.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19821216_OGH0002_0120OS00173_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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