Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Dezember 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof.
Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hankiewicz als Schriftführer in der Strafsache gegen Reinhard A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2
zweiter Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. August 1982, GZ. 8 c Vr 5106/82-23, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt DDr. Peter Stern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird das angefochtene Urteil gemäß § 290 Abs. 1 StPO im Ausspruch nach § 38 StGB dahin ergänzt, daß gemäß Abs. 1 Z. 2 dieser Gesetzesstelle auch die vom Angeklagten in der Zeit vom 3. Februar 1982, 18,00 Uhr, bis 9.Februar 1982, 10,45 Uhr, im Verfahren AZ. 7 E Vr 125/82 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis erlittene Vorhaft auf die Strafe angerechnet wird.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 36-jährige Kaufmann Reinhard A des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB (mit einem Wert des veruntreuten Gutes von rund 1,10 Mill. S) schuldig erkannt. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten hiefür (nach § 133 Abs. 2 StGB) zu 22 Monaten Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe gemäß § 31, 40 StGB zu den Urteilen des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 5.März 1982, GZ. 7 E Vr 125/82 (= 7 E Vr 1070/81)-13 und des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 9.März 1982, GZ. 9 Vr 582/82-25, mit welchen über ihn im ersten Fall wegen des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 2 (Schaden: ca. 9.000 S) eine (bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe von zwei Monaten und im zweiten Fall wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB (mit einem Wert des veruntreuten Gutes von ca. 220.000 S) sowie des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB eine (gleichfalls bedingt nachgesehene) Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verhängt worden war.
Bei der Strafbemessung wertete es eine einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall, die Tatwiederholung und den hohen Schaden als erschwerend, das Geständnis sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung hingegen als mildernd.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB rechnete das Erstgericht schließlich dem Angeklagten die Vorhaft vom 20.Juni 1982, 10,45 Uhr, bis 12.August 1982, 10,10 Uhr, auf die Strafe an.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 25.November 1982, GZ. 12 Os 182/82-6, schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen.
Gegenstand des Gerichtstages war sohin nur noch die Berufung und die vom Obersten Gerichtshof im Zusammenhang mit der Vorhaftanrechnung vorbehaltene Ausübung der ihm gemäß § 290 Abs. 1 StPO zustehenden Befugnis.
Was zunächst diesen Vorbehalt anlangt, so hat sich der Oberste Gerichtshof aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten mit einer (von diesem nicht geltend gemachten) materiellrechtlichen Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO behaftet ist. Wie sich aus dem Akt 7 E Vr 125/82 des Kreisgerichtes n ied im Innkreis ergibt, wurde der Angeklagte vom 3.Februar 1982, 18 Uhr, bis 9.Februar 1982, 10,45 Uhr, in Untersuchungshaft angehalten. In jenem Verfahren wurde er - wie bereits dargelegt - mit Urteil vom 5.März 1982 zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Der Umstand, daß dem Angeklagten die zuletzt bezeichnete Vorhaft dort angerechnet wurde, stand der (neuerlichen) Anrechnung bei Verkündung des vorliegenden Urteils am 12.August 1982 nicht entgegen, weil die im bezeichneten Verfahren des Kreisgerichtes Ried im Innkreis verhängte Freiheitsstrafe (gemäß § 43 Abs. 1 StGB) bedingt nachgesehen und demzufolge (noch) nicht in Vollzug gesetzt wurde. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 StGB ist aber unter Anrechnung auf eine andere Strafe erst die tatsächliche Berücksichtigung beim jeweiligen Strafvollzug zu verstehen; dementsprechend hat die Anrechnung von Vorhaftzeiten in Urteilen, die aus zueinander im Verhältnis des § 56 StPO stehenden Strafverfahren resultieren, unter Umständen doppelt zu erfolgen; erst bei der Vollstreckung ist die Vorhaft sodann auf die zunächst zu vollziehende Strafe faktisch anzurechnen, worauf die spruchgemäße Anrechnung in dem anderen Urteil gegenstandslos wird (vgl. 10 Os 138/82, 160/81; ÖJZ-LSK. 1976/122, 1977/6, 94; Leukauf-Steininger, Kommentar2 § 38 StGB, RN. 7
und die dort zitierte Judikatur).
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft (gemäß § 38 StGB) war
sohin wie aus dem Spruch ersichtlich zu ergänzen.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der
(zusätzlich ausgesprochenen) Freiheitsstrafe an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Von einer Unbesonnenheit oder einer berücksichtigungswürdigen Notlage des Berufungswerbers als Triebfeder für seine Straftaten kann nach Lage des Falles keine Rede sein.
Die von ihm ins Treffen geführten Sorgepflichten für die Ehefrau und zwei Kinder hinwieder können bei einer Freiheitsstrafe - anders als bei Geldstrafen - keine Berücksichtigung finden.
Bei den vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründen, denen der Berufungswerber sohin nichts stichhältiges entgegenzuhalten vermag, ist die Zusatzstrafe (in der Dauer von 22 Monaten) mit Bedacht auf die im § 40 StGB festgelegten Grundsätze nach der tatund persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten innerhalb des von einem bis zu zehn Jahren reichenden Strafrahmens keinesfalls zu hoch ausgemessen worden. Es konnte deshalb eine Minderung nicht Platz greifen und mußte der Berufung daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03962European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00182.82.1216.000Dokumentnummer
JJT_19821216_OGH0002_0120OS00182_8200000_000