TE OGH 1983/1/11 10Os189/82

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mekis als Schriftführer in der Strafsache gegen Julius A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. September 1982, GZ 8 c Vr 8911/82-8, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Anhörung der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Öhlzand und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer - zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld wird zurückgewiesen.

Der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Julius A des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt; nach dem Urteilsspruch versuchte der Angeklagte in der Nacht zum 12. Juni 1982 in Wien in Gesellschaft zweier abgesondert verfolgter Beteiligter, einem anderen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch in ein Gebäude mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit seinen Komplizen nach vorheriger Absprache zum Trafik-Kiosk der Hilde B fuhr, auf dessen Dach kletterte und, während die Genannten Aufpasserdienste leisteten, die Abdeckung wegriß.

Inhaltlich der Entscheidungsgründe waren die Täter mit der Absicht, in den Kiosk einzubrechen, an den Tatort gefahren und der Angeklagte, dem besprochenen Tatplan gemäß mit dem Auftrag, die beste Möglichkeit eines Eindringens in das Gebäude auszukundschaften, auf dessen Dach gestiegen, das er indessen schon beschädigt vorfand. Daraufhin versuchte er - bis er von der alarmierten Polizei gestört wurde -, durch Loslösen der Eternit-Abdeckung einen Einstieg zu schaffen. Den Feststellungen zufolge hatte er, als er betreten wurde, bereits eine ca 1 x 1 m große Öffnung im Dach hergestellt, und hätte es nur noch weniger Handgriffe bedurft, um nach dem Entfernen einiger Bretter - allenfalls mit einem hiezu geeigneten Werkzeug, das die Täter den Urteilsannahmen zufolge mit hatten - in kürzester Zeit tatsächlich in das Gebäude einsteigen zu können.

Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b, sachlich lit a) stützt der Beschwerdeführer - der vorerst weitwendig und zum Teil ohne konkreten Bezug zum vorliegenden Fall (teilweise wörtlich) Kommentarstellen von namentlich nicht genannten Autoren wiedergibt (siehe dazu Leukauf-Steininger, StGB2, RN 6, 8, 9 zu § 15) - in concreto zunächst darauf, daß er die entscheidende Hemmstufe vor der Tat noch nicht überwunden habe 'bzw überwinden habe können', weil ohne die notwendigen Werkzeuge 'am Dach' ein Einsteigen in die zu vergrößernde Dachöffnung (noch) nicht möglich gewesen wäre, womit er darzutun sucht, daß seine Tat noch nicht bis ins Stadium eines ausführungsnahen Versuchs (§ 15 Abs. 2 StGB) gediehen sei; zudem sei - was er als weiteren Einwand vorbringt - mit den vom Erstgericht nicht näher beschriebenen (sowie gar nicht 'paraten') Werkzeugen ein Entfernen der Dachsparren (und demzufolge ein Eindringen in das Trafik-Gebäude) überhaupt nicht möglich gewesen, woraus er ('vorsichtshalber') auch eine absolute Untauglichkeit des Versuchs (§ 15 Abs. 3 StGB) abzuleiten trachtet.

Beide Argumente sind nicht stichhältig.

Zum einen würde sich nämlich selbst dann, wenn das Werkzeug, welches die Täter mithatten, noch nicht auf dem Dach (und damit für den Angeklagten nicht unmittelbar 'parat') gewesen sein sollte - worüber das Erstgericht keine Feststellungen traf - an der Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung der Tat als ausführungsnaher Versuch nichts ändern. Denn auch diesfalls wäre mit Rücksicht darauf, daß der Diebstahl bei einem planmäßigen Verlauf des Tätervorhabens nichtsdestoweniger in unmittelbarer Folge realisiert worden wäre, nicht im mindesten zu bezweifeln, daß das festgestellte Aufreißen des Daches zum Zweck des sofortigen Einsteigens und einer daran anschließenden alsbaldigen Sachwegnahme nach seiner äußeren (räumlichen, zeitlichen und aktionsmäßigen) Beziehung zur geplanten Vollendung des Diebstahls - als (qualifikationsbegründendes) 'Einbrechen' (§ 129 Z 1 StGB) - objektiv bereits im unmittelbaren Vorfeld der (mit dem 'Wegnehmen' beginnenden) Verwirklichung des Tatbilds nach § 127 Abs. 1 StGB lag und daß die Täter nach ihrer inneren Beziehung zu jenem Erfolg ihr Verhalten (aus objektivnormativer Sicht - vgl EvBl 1981/241 ua) sehr wohl auch schon subjektiv als den maßgebenden Schritt zur nunmehrigen Tatbegehung hin empfunden haben.

Zum anderen aber läßt die Rechtsrüge mit dem Einwand, daß das von den Tätern mitgeführte Werkzeug zum Entfernen der Dachsparren gar nicht geeignet gewesen sei, eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen, weil das Erstgericht ausdrücklich das Gegenteil als erwiesen annahm (S 88);

von einer absoluten Untauglichkeit des Versuchs kann daher gleichfalls keine Rede sein.

Ebensowenig zielführend sind auch die Verfahrens- (Z 4) und die Mängelrüge (Z 5).

Eine nähere Beschreibung des Tatwerkzeugs, deren Unterbleiben der Beschwerdeführer als Undeutlichkeit (Z 5) rügt, war im Hinblick darauf entbehrlich, daß er in der Hauptverhandlung selbst einräumte, er hätte die Bretter, die seinem Eindringen noch im Weg standen, mit einem Schraubenzieher entfernen können (S 86), und daß der Mittäter C dazu als Zeuge bestätigte, neben anderem Werkzeug jedenfalls auch einen Schraubenzieher mitgehabt zu haben (S 88). Hatten die Täter aber darnach zum Eindringen in die Trafik durch das Dach geeignetes Werkzeug bei sich, dann ist es folgerichtig ohne Belang, ob ein derartiger Einbruch - wie mit einem vom Beschwerdeführer beantragten (S 88), vom Erstgericht aber abgelehnten (S 89, 98) Augenschein am Tatort hätte nachgewiesen werden sollen - ohne Werkzeug unmöglich gewesen wäre (Z 4); gleichermaßen ist es nach dem Obengesagten für die Ausführungsnähe des Versuchs ohne Bedeutung, wie weit im Detail das Aufreißen des Daches durch den Angeklagten bis zum Einschreiten der Polizei bereits gediehen war, sodaß sich auch darüber (von ihm abermals unter dem Aspekt einer Undeutlichkeit vermißte) nähere Feststellungen erübrigten (Z 5).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die (nur angemeldete) Schuldberufung war zurückzuweisen, weil ein derartiges Rechtsmittel gegen schöffengerichtliche Urteile im Gesetz nicht vorgesehen ist (§ 283 Abs. 1 StPO).

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 129 StGB zu zwanzig Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es seine sieben einschlägigen, zum Teil gravierenden und über die Voraussetzungen des § 39 StGB hinausgehenden Vorstrafen sowie seinen überaus raschen Rückfall als erschwerend, sein Geständnis und den Umstand, daß der Diebstahl beim Versuch geblieben ist, hingegen als mildernd. Der Straf-Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt gleichfalls keine Berechtigung zu. Ein 'jugendliches Alter' kann dem immerhin bereits 24-jährigen Angeklagten als Milderungsgrund ebensowenig zugutegehalten werden wie auf Grund seiner eigenen Angaben, denen zufolge er durch Gelegenheitsarbeiten monatlich zwischen 10.000 S und 15.000 S verdiente (S 84), 'äußerst schlechte soziale Verhältnisse, um nicht zu sagen eine Notlage in wirtschaftlicher Richtung'; bei den Erschwerungsumständen dagegen ist auf die für die Strafsatzbestimmung (nach § 129 StGB) nicht relevante weitere Qualifikation des Diebstahls (nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB) zusätzlich Bedacht zu nehmen.

Im Hinblick auf die vorliegenden Strafzumessungsgründe und dabei insbesondere auf das schwer getrübte Vorleben des Angeklagten sowie darauf, daß er bereits drei Monate nach seiner Entlassung aus eineinhalbjähriger Strafhaft wieder rückfällig wurde, aber auch auf die Art der Tatbegehung, aus der eine besondere Intensität seiner deliktischen Energie zutage tritt, hat das Erstgericht die über ihn verhängte Freiheitsstrafe nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) mit zwanzig Monaten nicht zu streng ausgemessen.

Auch der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E04030

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00189.82.0111.000

Dokumentnummer

JJT_19830111_OGH0002_0100OS00189_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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