Norm
ABGB §869Kopf
SZ 56/11
Spruch
Ein durchschauter geheimer Vorbehalt, das Wissen des Empfängers einer Erklärung von der Mentalreservation des Erklärenden, läßt keinen Vertrag zustande kommen
OGH 24. 1. 1983, 1 Ob 36/82 (OLG Graz 6 R 68/82; LG Klagenfurt 27 Cg 336/80)
Text
Mit Notariatsakt vom 19. 5. 1953 übergaben Siegfried und Margarethe P die ihnen gehörigen Liegenschaften EZ 14 und EZ 15 KG A mit allem rechtlichen und natürlichen Zubehör, jedoch mit Ausnahme der damit verbundenen Fischereirechte, bestehend in der ideellen Hälfte des Fischereirechts am Gurkfluß und einigen Bächen an Maria P. Die vorgenannten Fischereirechte waren nach dem Inhalte des Notariatsaktes von der EZ 14 KG A abzuschreiben und in der EZ 32 KG N ersichtlich zu machen. Die Vertragsteile willigten auch in die Übertragung dieser Fischereirechte im Fischereikataster ein. In der EZ 32 KG N wurde unter AOZ 5 ersichtlich gemacht, daß mit dieser Liegenschaft die ideelle Hälfte der vorgenannten Fischereirechte verbunden ist. Mit Kaufvertrag vom 7. 1. 1954 erwarb der Kläger von Siegfried und Margarethe P die Liegenschaft EZ 32 KG N. Der Kläger übte das bei der EZ 32 KG N ersichtlich gemachte Fischereirecht teils persönlich, teils durch seine Angehörigen aus und vergab auch Fischereikarten an Interessenten. Der Beklagte trat im Jänner 1980 mit dem Kläger wegen des Erwerbs der Liegenschaft in Verbindung. Vor Kontaktnahme mit dem Kläger hatte er sich durch Einsichtnahme in das Grundbuch Gewißheit darüber verschafft, daß nach dem Buchstand mit der EZ 32 KG N die vorgenannten Fischereirechte verbunden sind. Im April 1980 entschloß sich der Kläger zum Verkauf und beauftragte seinen Sohn Siegfried K mit der Führung der Verkaufsverhandlungen. Er beschränkte seinen Sohn in der Verhandlungsvollmacht nicht, trug ihm aber auf, daß er die Fischereirechte nicht verkaufen solle; vom Kaufpreis wolle er 1 Million S für sich erhalten. Das Fischereirecht repräsentiert einen Wert von 622 613 S, der Wert der Liegenschaften (ohne Fischereirecht) beträgt 1 695 600 S.
Im Zuge der folgenden Verkaufsgespräche zwischen Siegfried K und dem Beklagten wurde über den Kaufpreis verhandelt, ohne daß ein detaillierter Quadratmeterpreis zur Sprache gekommen wäre. Das Fischereirecht wurde mit keinem Wort erwähnt. Auch als am 10. 5. 1980 Einigung über den Kaufpreis in der Höhe von 1 750 000 S erzielt worden war, wurde über das Fischereirecht nicht gesprochen. Am 11. 5. 1980 verfaßte der Beklagte einen Vorvertrag, wonach sich der Kläger verpflichtete, mit dem Beklagten einen verbücherungsfähigen Vertrag über die Liegenschaft EZ 32 KG N abzuschließen. Als Kaufpreis wurde der Betrag von 1 750 000 S genannt. Die Streitteile waren sich einig, daß in dem zu errichtenden Kaufvertrag der Kaufpreis lediglich mit 1 Million S beziffert und der Restbetrag von 750 000 S "schwarz" bezahlt werden sollte. Der am 14. 5. 1980 zwischen den Streitteilen abgeschlossene, vom Beklagten verfaßte Kaufvertrag sieht vor:
"1. Georg K, geb. 1912, ist auf Grund des Kaufvertrages vom 8. 1. 1954 Eigentümer der Liegenschaft EZ 32 KG N. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehören die Grundstücke 66 Baufläche, Wohnhaus Nr. 12, 375/2 Wald, 395 Weide, 396 Weide, 397 Weide, 398 Weide, 399 Weide, 400/1 Wald, 375/4 Weide, 401 Wald, 375/5 Weide, 375/6 Wald und 400/2 Weide im Gesamtausmaße von 12 ha 81 ar 41 m2. Baulichkeiten sind in der Natur keine mehr vorhanden. Sämtliche Grundstücke liegen in der KG N.
2. Herr Georg K, geb. 1912, verkauft und übergibt hiemit an Herrn Franz L, geb. 1933, und dieser kauft und übernimmt von ersterem in seinen Besitz und Eigentum die Liegenschaft EZ 32 KG N mit allem rechtlichen und natürlichen Zubehör, Rechten, Befugnissen und Grenzen, wie der Verkäufer diese Liegenschaft bisher selbst besessen und benützt hat oder hiezu berechtigt gewesen wäre, ohne Haftung für das genannte Ausmaß und die Beschaffenheit um den einverständlich festgesetzten Kaufpreis von einer Million Schilling. Der Kaufpreis wird wie folgt berichtigt: 500 000 S am 10. 8. 1980 und der Rest von 500 000 S am 10. 1. 1981."
Der Beklagte wurde am 18. 7. 1980 als Eigentümer der EZ 32 KG N einverleibt. Am 13. 8. 1980 suchte er bei der Politischen Expositur Feldkirchen der BH Klagenfurt um seine Eintragung im Fischereikataster an und berief sich zum Nachweis des Erwerbes des Fischereirechts auf den Kaufvertrag vom 14. 5. 1980. Mit Bescheid vom 29. 8. 1980 wurde der Beklagte als Fischereiberechtigter der ideellen Hälfte des Fischereieigenrevieres "Gurk-Teilstrecke mit W-Bach und R-Bach" vorgemerkt. Die dagegen vom Kläger erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 13. 3. 1981, Zl. 1 OR-336/1/1981, zurückgewiesen; dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des VfGH vom 27. 11. 1981, B 168/81-8, aufgehoben.
Der Kläger stellte das Begehren, es werde gegenüber dem Beklagten festgestellt, daß mit dem Kaufvertrag vom 14. 5. 1980 die in AOZ 5 der EZ 32 KG N ersichtlich gemachten Fischereirechte nicht auf den Beklagten übergegangen, sondern im Eigentum des Klägers verblieben seien (Punkt I/1); der Beklagte sei schuldig, in die Übertragung dieser Fischereirechte auf die Liegenschaft EZ 17 KG N oder eine andere Liegenschaft des Klägers und damit in die Löschung dieser Rechte bei der Liegenschaft EZ 32 KG N einzuwilligen (Punkt I/2). Weiters wurde das Eventualbegehren gestellt, daß der zwischen den Streitteilen am 14. 5. 1980 abgeschlossene Kaufvertrag rechtsunwirksam sei, die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten gelöscht und die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Kläger wiederhergestellt werde (Punkt II). Weder bei den mündlichen Vorverhandlungen noch im schriftlichen Kaufvertrag sei von einer Übertragung der Fischereirechte die Rede gewesen. Er, Kläger, habe an die Zubehöreigenschaft dieser Rechte zur EZ 32 KG N nicht gedacht. Dieser Irrtum sei vom Beklagten veranlaßt worden und hätte diesem auffallen müssen, weil der Kaufpreis nur den Grundwert und den Holzbestand abgelte. Der Kaufpreis verletze den wahren Wert über die Hälfte. Jedenfalls sei es zu keiner Willensübereinstimmung der Streitteile gekommen, sodaß der Vertrag ungültig sei.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der wahre Wille der Streitteile decke sich mit dem Inhalt des Kaufvertrages, wonach die "Liegenschaft samt allem Zubehör, Rechten und Befugnissen" auf den Beklagten übertragen werde. Nach dem Grundbuchsstand habe kein Zweifel darüber bestehen können, daß mit der EZ 32 KG N auch die Fischereirechte verbunden seien. Der Kläger habe die Fischereirechte nicht vom Verkauf ausgenommen. Der Kaufpreis sei angemessen.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab, gab dem Eventualbegehren statt und sprach aus, daß die Einverleibung der Löschung des Eigentumsrechtes des Beklagten und die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Klägers Zug um Zug gegen Zahlung des Betrages von 1 750 000 S zu erfolgen habe. Das Erstgericht stellte fest:
Siegfried K und der Kläger hätten es bei den Verkaufsgesprächen vermieden, das mit der EZ 32 KG N verbundene Fischereirecht zu erwähnen, weil sie dieses Recht nicht verkaufen, aber trotzdem einen hohen Preis erzielen wollten; der Beklagte habe vermieden, davon zu sprechen, weil er - gestützt auf den Grundbuchsstand - hoffte, mit einem günstigen Preis auch das Fischereirecht zu erwerben. Die Verhandlungspartner hätten sich durch bewußtes Aufrechterhalten einer unklaren Lage gegenseitig über den eigenen Vertragswillen täuschen wollen.
In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die Streitteile hätten bei Vertragsabschluß nicht dasselbe gewollt. Ihr Abschlußwille habe in der Frage der Mitveräußerung der Fischereirechte differiert. Das Fischereirecht sei für beide Teile wesentlicher Punkt des Vertrages gewesen, über den die Parteien zu einer Einigung hätten kommen müssen, damit ein gültiger Vertrag vorliege. Dem Beklagten, dem die Vorliebe des Klägers für die Fischerei bekannt gewesen sei, habe beim Vergleich des ausgehandelten Kaufpreises von 1 750 000 S mit dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses allerdings nur annähernd bekannten Wert der Waldgrundstücke von 1 695 000 S erkennen können, daß das Fischereirecht im Preis nahezu nicht abgegolten werde. Wenn der Beklagte den Kläger auf diesen Umstand nicht aufmerksam gemacht habe, falle ihm Arglist zur Last. Darüber hinaus hätten beide Seiten einen geheimen Vorbehalt gemacht, der vom anderen Vertragsteil durchschaut worden sei. Demnach sei aber der abgeschlossene Kaufvertrag rechtsunwirksam, sodaß dem Eventualbegehren stattzugeben sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils, gab der Berufung des Klägers nicht Folge und bestätigte die Abweisung des Hauptbegehrens. In Stattgebung der Berufung des Beklagten änderte es das angefochtene Urteil dahin ab, daß es auch das Eventualbegehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 2 000 S übersteigt. Nach dem Wortlaut des Kaufvertrages sei Kaufgegenstand die Liegenschaft EZ 32 KG N mit allem rechtlichen und natürlichen Zubehör gewesen. Damit sei aber, da die Fischereiberechtigung im Grundbuch ersichtlich gemacht gewesen sei, eindeutig auch das Fischereirecht Gegenstand des Kaufvertrages gewesen. Daß der Kläger nicht die Absicht gehabt habe, das Fischereirecht mitzuverkaufen, stelle einen geheimen Vorbehalt dar, der die Gültigkeit des Vertrages nicht berühre. Die Formulierung des Kaufvertrages beziehe jedenfalls zweifelsfrei auch die Fischereirechte in den Kaufvertrag ein. Demnach sei aber die Abweisung des Hauptbegehrens gerechtfertigt. Es liege auch kein Dissens vor, wenn auch die subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner über den Kaufgegenstand auseinandergegangen seien. Bei Verkehrsgeschäften komme es nicht auf diesen inneren Willen, sondern auf die objektive Erklärung in dem Sinne an, wie sie vom Partner verstanden werden mußte. Ein geheimer Vorbehalt übe auf die Gültigkeit eines entgeltlichen Geschäftes keinen Einfluß, es sei denn der andere Vertragsteil hätte den geheimen Vorbehalt durchschaut, wofür aber Anhaltspunkte fehlten. Auch List liege nicht vor, weil diese voraussetze, daß der eine Vertragsteil positive Kenntnis vom Irrtum des anderen habe, was gleichfalls nicht feststehe. Auch die Verletzung einer Aufklärungspflicht sei nicht gegeben, weil der Beklagte vom wahren Vertragswillen des Klägers nicht Kenntnis gehabt habe.
Über Revision des Klägers hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen insoweit auf, als das unter Punkt I/1 erhobene Hauptbegehren (Feststellungsbegehren) und das Eventualbegehren (Punkt II) abgewiesen wurden; die Rechtssache wurde in diesem Umfang an das Erstgericht zur Fortsetzung der Verhandlung und neuen Entscheidung zurückverwiesen. Im übrigen wurde der Revision mit Teilurteil nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach Lehre und Rechtsprechung ist das Fischereirecht dort, wo es vom Eigentum abgesondert in Erscheinung tritt, ein selbständiges dingliches Recht (SZ 51/160; SZ 48/74; SZ 47/88; SZ 47/59; SZ 46/82; Klang in seinem Komm.[2] II 251). Es kann nach den allgemeinen Vorschriften über den Besitz und Erwerb von Privatrechten besessen und erworben werden (Koziol - Welser, Grundriß[6] II 50). Das Kärntner Fischereigesetz 1951, LGBl. 43 (im folgenden: FG), normiert in seinem § 2 Abs. 1, daß das Fischereirecht in Gewässern, die nicht Privatgewässer des Fischereiberechtigten sind, als Grunddienstbarkeit zu behandeln ist, wenn es mit dem Eigentum einer Liegenschaft verbunden ist, sonst als unregelmäßige, im Regelfall veräußerliche und vererbliche persönliche Dienstbarkeit. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß das in Rede stehende Fischereirecht eine Grunddienstbarkeit ist. Gemäß § 2 Abs. 2 FG (gleichlautend bereits § 2 Abs. 2 Kärntner Fischereigesetz vom 29. 4. 1931, LGBl. 35) kann vom Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes an das Fischereirecht in fremden Gewässern nur auf die im § 481 ABGB angeführte Art erworben werden, somit, wenn das dienende Gut verbüchert ist, durch Einverleibung (bzw. Vormerkung), sonst durch Urkundenhinterlegung. Die Hinterlegung der im § 481 ABGB bezeichneten Urkunden über den Erwerb von Grunddienstbarkeiten sieht § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a UHG ausdrücklich vor. Darüber hinaus sind gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AGAG die mit dem Eigentum am Grundbuchskörper verbundenen Rechte wie insbesondere Grunddienstbarkeiten (§ 9 AGAG) im Gutsbestandsblatt anzugeben (ersichtlich zu machen), auch wenn das dingliche Recht an einem in das Grundbuch nicht aufgenommenen öffentlichen Gut besteht (SpR 141 alt = GlU 12 250; SZ 12/292). Fischereirechte, die Grunddienstbarkeiten sind, sind daher im A-Blatt des herrschenden Guts ersichtlich zu machen (vgl. NZ 1930, 70). § 11 Z 2 GV findet demnach in § 7 Abs. 1 und § 9 AGAG Deckung, sodaß die von der Revision gerügte Verfassungswidrigkeit schon aus diesem Gründe nicht gegeben ist. Rechtsbegrundender Akt für die Erwerbung der Grunddienstbarkeit ist aber nicht die Ersichtlichmachung beim herrschenden Grundstück, sondern die Einverleibung im Lastenblatt des dienenden Grundstücks bzw. die Urkundenhinterlegung (SZ 45/26; SZ 44/110; SZ 12/292; Koziol - Welser aaO 132; Klang aaO 561; Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht 31). Demzufolge ist aber die Abweisung des auf Rückübertragung der Fischereirechte durch Löschung der Ersichtlichmachung dieser Rechte in der EZ 32 KG N gerichteten Begehrens jedenfalls gerechtfertigt, sodaß der Revision insoweit nicht Folge zu geben ist.
Gemäß § 485 ABGB kann eine Servitut nicht eigenmächtig von der dienstbaren Sache abgesondert und auf eine andere Sache oder Person übertragen werden. Lehre und Rechtsprechung verstehen diese Bestimmung dahin, daß eine Grunddienstbarkeit nicht ohne Zustimmung des Verpflichteten auf eine andere Person oder ein anderes herrschendes Grundstück übertragen werden kann. Es steht nur den Beteiligten frei, die Servitut aufzuheben und an ihrer Stelle eine andere zu begrunden (Koziol - Welser aaO 127; Klang aaO 566; SZ 5/325). Ob der Kläger mit der Liegenschaft EZ 32 KG N das streitgegenständliche Fischereirecht erworben hat, kann auf Grund der getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Die bloße Ersichtlichmachung dieser Rechte in der EZ 32 KG N als neuem herrschendem Grundstück reichte dazu nicht aus. Die Übertragung hätte nur mit Zustimmung des Eigentümers des dienenden Grundstücks durch Einverleibung der Rechte am dienenden Grundstück bzw. Urkundenhinterlegung erfolgen können (vgl. auch Waschnig, Die Rechtsnatur, der Erwerb und die Sicherung von Fischereirechten nach dem Kärntner Fischereigesetz, JBl. 1952, 254). Ob diese notwendigen Akte für die EZ 32 KG N gesetzt wurden, steht nicht fest.
Waren die Fischereirechte mit der EZ 32 KG N nicht rechtswirksam verbunden, weil eine Übertragung in der vorerwähnten Weise (durch Einverleibung bzw. Urkundenhinterlegung) nicht stattgefunden hat, stellten diese Rechte auch kein Zubehör der Liegenschaft dar. Eine ausdrückliche Vereinbarung, daß die Fischereirechte auf den Beklagten übertragen werden, wurde zwischen den Streitteilen nicht getroffen. Die allgemeine Vertragsbestimmung in Punkt 2 des Kaufvertrages vom 14. 5. 1980, wonach der Beklagte die Liegenschaft EZ 32 KG N "mit allem rechtlichen und natürlichen Zubehör, Rechten, Befugnissen und Grenzen, wie der Verkäufer diese Liegenschaft bisher selbst besessen und benützt hat oder hiezu berechtigt gewesen wäre" überträgt, reichte nicht aus, um ein Recht zu übertragen, das dem Verkäufer selbst nicht zustand. Daß der Kläger diese Rechte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses faktisch ausgeübt hat, ist nicht entscheidend, weil die Vertragsbestimmung nur dahin verstanden werden kann, daß Rechte, die dem Verkäufer zustanden, in dem Umfang, wie er sie selbst ausgeübt hat oder hätte ausüben können, übertragen werden. Hiebei kann es sich im Zweifel nur um dingliche, mit der verkauften Liegenschaft verbundene Rechte gehandelt haben. Stand dem Kläger selbst aber das dingliche Fischereirecht nicht zu, weil es nicht rechtswirksam mit der Liegenschaft EZ 32 KG N verbunden war, kann es nicht als vom Kaufvertrag umfaßt angesehen werden. Hiezu hätte es einer ausdrücklichen Vereinbarung dahin bedurft, daß der Kläger dem Beklagten diese Rechte verschaffen werde. Das Feststellungsbegehren ist darauf gerichtet, daß die Fischereirechte nicht mit dem Kaufvertrag übergegangen sind, sondern im Eigentum des Klägers verblieben. Hätte der Kläger diese Rechte selbst nicht erworben gehabt, wäre der letztere Teil des Feststellungsbegehrens nicht gerechtfertigt. Es wäre ihm aber dennoch ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß diese Rechte nicht (als Zubehör) auf den Beklagten übertragen wurden, gegeben. Da der Kläger das Fischereirecht tatsächlich ausübte und seinen Rechtsvorgängern gegenüber den Anspruch haben könnte, ihm das Fischereirecht mit dinglicher Wirkung zu übertragen, der Beklagte aber den Standpunkt vertritt, zur Ausübung des Fischereirechtes berechtigt zu sein, könnte der Kläger ein Interesse an der Feststellung haben, ob diese Rechte Gegenstand des Kaufvertrages waren, weil nur dadurch klargestellt wird, ob der Kläger, wenn ihm das Recht rechtswirksam übertragen werden sollte, seinerseits zu einer Übertragung an den Beklagten verpflichtet wäre. Zur Klärung der Rechtslage bedarf es ergänzender Tatsachenfeststellungen, welche dinglichen und allenfalls obligatorischen Rechte ihm für das Fischereirecht zustanden.
War das Fischereirecht rechtswirksam mit der Liegenschaft EZ 32 KG N verbunden und damit vom Kaufvertrag umfaßt, sodaß Punkt I/1 des Hauptbegehrens abzuweisen wäre, ist die Rechtssache in Ansehung des Eventualbegehrens noch nicht spruchreif.
Der Erstrichter gelangte zur Stattgebung des Eventualbegehrens in der Erwägung, daß beide Seiten einen geheimen Vorbehalt gemacht hätten, der vom anderen Vertragspartner durchschaut worden sei. Feststellungen liegen aber nur dahin vor, daß Siegfried K und sein Vater es vermieden hätten, bei den Verkaufsverhandlungen vom Fischereirecht zu sprechen, weil sie es nicht mitverkaufen wollten, wogegen der Beklagte hoffte, durch Ausnützung des Grundbuchstandes das Fischereirecht zu dem vereinbarten Preis miterworben zu haben. Festgestellt wurde auch, daß sich die Verhandlungspartner durch bewußtes Aufrechterhalten einer unklaren Lage gegenseitig über den eigenen Vertragswillen täuschen wollten. Daß der Beklagte den Vorbehalt des Klägers durchschaut habe, wurde nicht mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt. Davon ging auch das Berufungsgericht aus, das darüber hinaus meinte, es könne ein durchschauter geheimer Vorbehalt auch nicht zwingend den Umständen entnommen werden. Dies schließt es aus, die vom Erstrichter getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen in dem Sinn zu deuten, der Beklagte habe die Absicht des Klägers, das Fischereirecht nicht zu verkaufen, erkannt. Da ein vom Beklagten durchschauter geheimer Vorbehalt des Klägers aber nach den Ausführungen des Erstgerichtes durchaus in Betracht kam und der Kläger sein Eventualbegehren auch darauf gestützt hatte, es sei zu keiner Willenseinigung gekommen, welche Voraussetzung auch bei einem vom Beklagten durchschauten geheimen Vorbehalt des Klägers vorläge, durfte das Berufungsgericht über die Klagsbehauptung bei nur mangelhaften Feststellungen des Erstgerichtes, die immerhin zu einem Erfolg des Eventualbegehrens führten, nicht hin weggehen bzw. die Behauptung des Klägers damit erledigen, daß ein durchschauter geheimer Vorbehalt nicht zwingend den Umständen entnommen werden könne.
Von einem geheimen Vorbehalt (einer Mentalreservation) spricht man, wenn der Erklärende absichtlich etwas erklärt, was er in Wahrheit insgeheim nicht will (Koziol - Welser, Grundriß[5] I 102; Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts 167). Der Erklärende meint, die Rechtsfolgen seiner Erklärung dadurch ausschließen zu können, daß er sie - ohne diese zu äußern - nicht will (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 98). Der geheime Vorbehalt ist im ABGB nicht deutlich geregelt. Nach § 869 letzter Satz ABGB verpflichtet er zu voller Genugtuung. Daraus ist jedoch nicht zu folgern, daß er die Erklärung ungültig macht. Die Erklärung bleibt vielmehr, jedenfalls im Bereich der Geltung der Vertrauenstheorie, also bei entgeltlichen Rechtsgeschäften, grundsätzlich gültig, allfällige Folgen verpflichten denjenigen, der den Vorbehalt machte, zum Schadenersatz (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 99; Koziol - Welser aaO 102). Von einem durchschauten geheimen Vorbehalt spricht man dann, wenn der Empfänger der Erklärung von der Mentalreservation weiß. Welche rechtliche Bedeutung dem durchschauten geheimen Vorbehalt zukommt, ist umstritten (Koziol - Welser aaO 102; diese nehmen selbst nicht Stellung). Ehrenzweig, System[2] I/1, 220, meint, es sei gleichgültig, ob der andere Teil den Vorbehalt errät oder nicht, die gegenteilige Regelung des § 116 zweiter Satz BGB sei "himmelschreiend" (aaO FN 11). Bydlinski, Privatautonomie 113, führt aus, daß im österreichischen Recht trotz der unklaren Regelung des § 869 ABGB der durchschaute geheime Vorbehalt mit Recht als unbeachtlich angesehen werde, verweist aber ebenfalls auf gegenteilige Meinungen. Vor allem Wolff, Mentalreservation, Jherings JB 81, 53, hat in eingehender Untersuchung die Beachtlichkeit des durchschauten, unter bestimmten Voraussetzungen auch des erkennbaren, wenn auch nicht durchschauten geheimen Vorbehalts vertreten (vgl. aaO 144). Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 99 erachtet den durchschauten geheimen Vorbehalt mangels eines schutzwürdigen Vertrauens des Vorbehaltsgegners ebenfalls als beachtlich und stützt sich dabei auch auf einen Umkehrschluß aus § 916 Abs. 2 ABGB: Wenn man das Scheingeschäft dem gegenüber einwenden könne, der davon Kenntnis gehabt habe, müsse Analoges auch für den Vorbehalt gelten, der durchschaut wurde. In der Rechtsprechung wurde verschiedentlich die Beachtlichkeit des durchschauten geheimen Vorbehalts erwähnt (EvBl. 1955/325; MietSlg. 27 246, 17 117), doch war diese Rechtsansicht jeweils nicht von entscheidender Bedeutung und wurde auch nicht näher begrundet.
Im Recht der Bundesrepublik Deutschland erklärt § 116 erster Satz BGB den geheimen Vorbehalt des Erklärenden, das Erklärte nicht zu wollen, als bedeutungslos. Gemäß § 116 zweiter Satz BGB ist die Erklärung jedoch nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt erkennt. Diese Regelung hat Kritik erfahren. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts[4] 319, meint, daß der geheime Vorbehalt regelmäßig auf den wenngleich untauglichen Versuch hinauslaufe, den Geschäftsgegner zu täuschen, sodaß nicht der Erklärende, sondern der Geschäftsgegner schutzwürdig sei. Er sollte den Erklärenden, auch wenn er dessen Täuschungsabsicht durchschaue, beim Wort nehmen können. Daß das Gesetz anders entschieden habe, sei nur als Nachwirkung der Willenstheorie zu verstehen. Zwar müsse der Geschäftsgegner einen von ihm durchschauten Irrtum des Erklärenden beachten und die Erklärung entweder im gemeinten Sinn gelten lassen, wenn er diesen erkennt, oder um Aufklärung bitten. Hier handle es sich aber nicht um einen Irrtum, sondern um eine gewollte Irreführung des Gegners. Die Rücksicht auf den absichtlich unterdrückten "wahren Willen" des Erklärenden sei rechtspolitisch verfehlt. Die Bedenken von Larenz werden auch von Soergel - Hefermehl, BGB[11] § 116 Rdz. 2, geteilt. Kramer, Münchener Komm. § 116 Rdz. 12, nimmt eine vermittelnde Position ein. Er schließt sich grundsätzlich den dargestellten Bedenken an, meint aber, es werde der Übung des redlichen Verkehrs entsprechen, daß der Erklärungsgegner, wenn er vom Vorbehalt vor oder bei Vertragsabschluß Kenntnis erhält, sich noch einmal ernstlich bei seinem Partner versichere, ob er die Erklärung nun wirklich endgültig bindend abgeben wolle. Erkläre ihm sein Partner dann noch einmal seine bestimmte Absicht, eine bindende Willenserklärung abgeben zu wollen, liege ein geheimer Vorbehalt vor, auf den sich der Erklärende nicht berufen könne. Flume, Das Rechtsgeschäft[2] 403, erachtet die Kritik an der Regelung des § 116 zweiter Satz BGB als nicht gerechtfertigt. Werde bei der empfangsbedürftigen Willenserklärung der geheime Vorbehalt erkannt, sei er nicht mehr geheim, der offen gewordene, wenn auch geheim gewollte Vorbehalt stehe der protestatio facto contraria für die rechtliche Wertung nicht gleich. Auch Krüger - Nieland, BGB-RGRK 12 § 116 Rdz. 5, teilt die gegen die in Rede stehende Bestimmung geäußerten rechtspolitischen Bedenken nicht, weil im Falle des § 116 zweiter Satz BGB kein Bedürfnis bestehe, den Geschäftsgegner zu schützen.
Die gegen die Beachtlichkeit des durchschauten geheimen Vorbehalts angeführten Bedenken sind nach Meinung des erkennenden Senats nicht durchschlagskräftig. Es ist zunächst auch nach österreichischem Recht nur der durchschaute geheime Vorbehalt von Bedeutung; daß der Gegner den Vorbehalt bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können, reicht zweifellos nicht aus (vgl. Gschnitzer in Klang aaO 99; Flume aaO 403). Dem Geschäftspartner obliegt keine Nachforschungspflicht, ob der andere Vertragsteil einen von der objektiven Bedeutung der Erklärung abweichenden rechtsgeschäftlichen Willen hat, sodaß fahrlässige Unkenntnis bedeutungslos ist. Der durchschaute geheime Vorbehalt ist aber, wie Flume treffend aufzeigt, nicht mehr geheim. Der eine Vertragspartner kennt den wahren Willen und damit die in Wahrheit gewollte Bedeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärung des anderen. Erkennt dieser aber, was sein Partner in Wahrheit will, ist er nicht schutzwürdig, sodaß ihm nicht zugestanden werden darf, seinen Partner am Wortlaut einer Erklärung, deren wahre Bedeutung ihm bekannt ist, festzuhalten. Im vorliegenden Fall haben beide Teile über den Gegenstand ihres divergierenden Willens - hier über die Mitübertragung des Fischereirechtes - bewußt geschwiegen und meinten, durch das Schweigen das Recht behalten bzw. zu einem günstigen Preis erhalten zu können. In einem solchen Fall sind beide Teile nicht schutzwürdig. Es besteht dann kein Grund, den Fall anders zu behandeln als bei Aufdeckung des vom anderen Teil ohnehin erkannten wahren (divergierenden) Willens der Vertragspartner. Im vorliegenden Fall betraf der geheime Vorbehalt nicht den Abschluß des gesamten Rechtsgeschäftes, sondern nur den Verkauf des Fischereirechtes. Erkannte der Beklagte, daß der Kläger nur dieses Recht nicht mitveräußern wollte, so ist die Frage, welche Auswirkung dies auf die Gültigkeit des Vertrages hat, analog § 878 zweiter Satz ABGB nach dem (hypothetischen) Parteiwillen zu prüfen (SZ 47/8 ua.; Koziol - Welser aaO 120; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 167; vgl. Soergel - Hefermehl aaO § 116 Rdz. 8). Nach den Feststellungen hätte sich der Kläger auf einen Verkauf des Fischereirechtes auch dann nicht eingelassen, wenn der Kaufpreis wesentlich erhöht worden wäre. Der Erwerb des Fischereirechtes war aber auch für den Beklagten wesentlicher Geschäftsinhalt, sodaß er den Vertrag ohne Erwerb dieses Rechtes zum vereinbarten Kaufpreis nicht abgeschlossen hätte. Demnach würde auch der allein das Fischereirecht betreffende durchschaute geheime Vorbehalt die Rechtsunwirksamkeit des gesamten Vertrages nach sich ziehen. In Wahrheit bestand keine Willensübereinstimmung, weil der Kläger seine Liegenschaft ohne ein Fischereirecht verkaufen, der Beklagte aber die Liegenschaft um den gebotenen Preis nur mit dem Fischereirecht erwerben wollte. Ohne wahre Einwilligung besteht aber kein Vertrag, was die Rückstellung der beiderseitigen Leistungen zur Folge hat. Gerade dies ist der Inhalt des Eventualbegehrens. Dieses Ergebnis wäre befriedigender als der Schutz desjenigen, der den Partner beim Wort nimmt - hier:
sich auf die Worte "mit allem rechtlichen und natürlichen Zubehör, Rechten, Befugnissen und Grenzen, wie der Verkäufer diese Liegenschaft bisher selbst besessen und benützt hat oder hiezu berechtigt gewesen wäre" im Vertrag berufen zu können glaubt -, obwohl er weiß, daß der Partner dies nicht so meinte.
Hätte auf Grund der zu ergänzenden Feststellungen der Beklagte den geheimen Vorbehalt des Klägers nicht erkannt, wäre die vom Erstrichter erwogene Anfechtung des Rechtsgeschäftes wegen List nicht gerechtfertigt. Der Erstrichter erblickt ein arglistiges Vorgehen darin, daß der Beklagte, dem die Vorliebe des Klägers und seiner Familienangehörigen für die Fischerei bekannt gewesen sei, bei einem Vergleich des ausgehandelten Kaufpreises mit dem (wenn auch damals nur annähernd bekannten) Wert der Waldgrundstücke erkannt haben müsse, daß das Fischereirecht nahezu unentgeltlich übertragen werde; der Beklagte, dem auch bekannt gewesen sei, daß das Fischereirecht in den Kaufverträgen des Klägers mit den Voreigentümern erwähnt worden war, hätte auf eine Aufklärung dringen müssen, ob auch das Fischereirecht als mitverkauft zu gelten habe. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Wollte der Kläger das mit dem Eigentum an der Liegenschaft verbundene und damit Zubehör der Liegenschaft darstellende Fischereirecht nicht mitverkaufen, lag es an ihm, dies klarzustellen und auf eine entsprechende Regelung im Vertrag zu dringen. Die Tatsache allein, daß der Beklagte die Liegenschaft samt dem ihr Zubehör bildenden Fischereirecht insgesamt um einen günstigen Preis erwarb, verpflichtete ihn nicht, den Kläger über den wahren Wert des Kaufgegenstandes aufzuklären. Bei wirtschaftlichen Umsatzgeschäften, bei denen Leistungen entgeltlich ausgetauscht werden, sind, insbesondere für die für die Preisbildung maßgeblichen Umstände, im Regelfall schon wegen der bei der Preisbildung prinzipiell unterschiedlichen Interessenlage nur geringe Aufklärungspflichten anzunehmen (JBl. 1982, 86; Bydlinski, Über listiges Schweigen beim Vertragsabschluß, JBl. 1980, 393). Einem unangemessenen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung beugt ohnehin die Regelung des § 934 ABGB vor.
Der Erstrichter wird seine Feststellungen in den aufgezeigten Richtungen zu ergänzen haben. Eine abschließende rechtliche Beurteilung wird erst nach Verbreiterung der Tatsachengrundlage möglich sein.
Anmerkung
Z56011Schlagworte
Mentalreservation, kein Vertrag bei Wissen um -, Vorbehalt, durchschauter, geheimer, Vorbehalt s. a. s. a., MentalreservationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0010OB00036.82.0124.000Dokumentnummer
JJT_19830124_OGH0002_0010OB00036_8200000_000