TE OGH 1983/2/24 13Os6/83

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Veröffentlicht am 24.02.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Februar 1983

unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Veith als Schriftführers in der Strafsache gegen Roman A wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 5. August 1982, GZ. 2 a Vr 7577/82-40, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Brustbauer, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schuster und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Nach § 290 Abs 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil in seinem Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wie folgt ergänzt:

Gemäß § 38 Abs 1 Z. 2 StGB wird dem Angeklagten auch die Vorhaft vom 25.März 1982, 17,45 Uhr, bis 29.März 1982, 13 Uhr, auf die Strafe angerechnet.

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 29.März 1982, GZ. 20 U 181/82-19, in Anwendung des § 40 StGB auf viereinhalb Monate herabgesetzt. Nach § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 7.Mai 1959 geborene Lagerarbeiter Roman A wurde des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 1.April 1980

in Wien den Josef B sen. durch die Äußerung, wenn er ihm nicht eine angeblich zwei Wochen vorher vom Sohn des Bedrohten, Josef B jun. dem Alexander C abgenommene Uhr zurückgebe, werde er die Wohnungstür eintreten, ihn schlagen und kaltmachen sowie am selben Abend noch einmal kommen, um die Uhr zu holen, zur Herausgabe der Uhr zu nötigen versucht hatte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5

und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung seiner Rechtsrüge bestreitet der Beschwerdeführer zunächst die Ernstlichkeit seiner Drohung, die er lediglich als 'milieubedingte Unmutsäußerung' gewertet wissen will, und behauptet insoweit Feststellungsmängel des Ersturteils zur subjektiven Tatseite;

außerdem stellt er die objektive Eignung der Drohung, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen, in Frage.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge schlägt nicht durch.

Ob einer bestimmten Äußerung die Bedeutung einer gefährlichen Drohung im Sinn des § 74 Z. 5 StGB zukommt, ist an Hand der besonderen Umstände des Einzelfalls unter Anlegung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs zu prüfen. Nach den Urteilsfeststellungen stellte der Beschwerdeführer dem Bedrohten für den Fall der Nichterfüllung seiner Forderung in Aussicht, die Wohnungstür einzutreten, aus der Wohnung eine Baustelle und alle kalt zu machen. Bei Lösung der (als Rechtsfrage objektiv zu beurteilenden) Eignung einer Drohung (LSK. 1982/3), begründete Besorgnisse einzuflößen (§ 74 Z. 5 StGB), kommt es entgegen der vom Beschwerdeführer ersichtlich vertretenen Auffassung nicht darauf an, ob bei dem Bedrohten wirklich Besorgnisse erweckt wurden, sondern vielmehr darauf, ob dieser bei unbefangener Betrachtung der Situation, in der die zu beurteilende Äußerung fällt, eine Verwirklichung des angedrohten übels erwarten und den Eindruck gewinnen konnte, der Angeklagte sei willens und in der Lage, die von ihm in seiner Drohung in Aussicht gestellten nachteiligen Folgen auch tatsächlich herbeizuführen.

Angesichts des Wortlauts und Sinngehalts der Äußerungen des Angeklagten und unter Berücksichtigung der näheren Umstände, unter denen diese gefallen sind wurde deren (objektive) Eignung als gefährliche Drohung (§ 74 Z. 5 StGB) rechtsrichtig bejaht. Aus dem Zweck der Drohung (Herausgabe der Uhr), den der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen erreichen wollte, erhellt ihre (vom Beschwerdeführer fälschlich vermißte) Ernstlichkeit. Der Beschwerdeauffassung zuwider setzt das Delikt der Nötigung keineswegs voraus, daß der Täter das angedrohte übel verwirklichen will. Es genügt, daß er nach seinen Vorstellungen beim Bedrohten diesen Eindruck erwecken will.

Mit seinen gegen die Urteilsannahme der Ernstlichkeit der Drohung gerichtete Beschwerdeausführungen vermag der Nichtigkeitswerber aber auch keinen Begründungsmangel (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO) aufzuzeigen, ist doch der dazu vom Erstgericht aus dem Verhalten des Angeklagten, insbesondere aus dem Wortlaut seiner Äußerungen, gezogene Schluß auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite, entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung vereinbar und erschien die Verwirklichungsmöglichkeit der Drohung sogar dem schwer beunruhigten B sen. keineswegs undenkbar, wobei aber eine Drohung mit dem Tod (§ 106 Abs 1 StGB) vorliegend gar nicht angenommen wurde. Soweit der Beschwerdeführer aus dem Wortlaut der Äußerungen in Verbindung mit seinem Tatverhalten andere, seiner (die Ernstlichkeit der Drohung leugnenden) Verantwortung in der Hauptverhandlung entsprechende und demnach für ihn günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen will, stellt sein Vorbringen einen unzulässigen und demnach unbeachtlichen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung dar. Der Nichtigkeitsbeschwerde war damit ein Erfolg zu versagen. Deren Erledigung gab jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO

Anlaß, die im Spruch genannte Haft, die der Angeklagte im Verfahren des Jugendgerichtshofs Wien (AZ. 20 U 181/82) erlitten und die in diesem Verfahren (ausgenommen die Zeitspanne zwischen Urteilsfällung und Enthaftung) zwar (gemäß § 38 StGB) berücksichtigt worden ist, aber zufolge Gewährung bedingter Strafnachsicht noch zu keiner Kürzung einer Strafe geführt hat (siehe Mayerhofer/Rieder E.Nr. 33 zu § 38 StGB) gemäß § 38 Abs 1 Z. 2 StGB auch im vorliegenden Verfahren anzurechnen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten eine fünfmonatige Freiheitsstrafe und wertete dabei als erschwerend eine Raubvortat des Angeklagten, als mildernd hingegen dessen einem Geständnis nahekommende Aussage, den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben ist und die Tatbegehung vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs.

Die eine Strafherabsetzung begehrende Berufung des Angeklagten ist im Recht.

Denn, wenngleich der Berufungswerber keine weiteren Milderungsgründe nennt und die Drohung - entgegen seiner Ansicht - keineswegs unbedeutend war, so wäre doch bei gemeinsamer Aburteilung der gegenständlichen Straftat mit dem vom 6.Juni 1980 bis 24.März 1982 begangenen Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB, weswegen der Angeklagte in dem bereits zur Begründung der amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO genannten Verfahren des Jugendgerichtshofs Wien, am 29. März 1982 (rechtskräftig) zu einer sechswöchigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, eine Strafe in der Dauer von insgesamt sechs Monaten dem Schuld- und Unrechtsgehalt gerecht gewesen.

Die (Zusatz-) Strafe war demgemäß herabzusetzen.

Anmerkung

E04072

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00006.83.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19830224_OGH0002_0130OS00006_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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